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Beschluss vom 19.06.2023 · IWW-Abrufnummer 238336

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein - Aktenzeichen 2 Ta 40/23

Es ist Aufgabe des Prozessbevollmächtigten, nach einem dezidierten Auflagenbeschluss des Arbeitsgerichts mit Fristsetzung die nachgereichten Unterlagen auf Vollständigkeit zu überprüfen. Trotz eines entsprechenden Hinweisverlangens des Prozessbevollmächtigten bei fehlenden Unterlagen ist das Gericht nicht verpflichtet, nochmals auf fehlende Unterlagen hinzuweisen.(Rn.8) Außerhalb der gesetzten Frist nachgereichte Unterlagen sind nach Abschluss der Instanz vom Arbeitsgericht nicht mehr zu berücksichtigen.(Rn.9)


Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 09.05.2023 - 1 Ca 571/23 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien des Rechtsstreits stritten in der Hauptsache um Zahlungsansprüche und um ein qualifiziertes Arbeitszeugnis.

2

Mit Erhebung der Klage am 30.03.2023 beantragte der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten. In dem zeitgleich eingereichten Formular "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" hat der Kläger angegeben Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zu haben (E.1.), kein Arbeitslosengeld zu beziehen und auch kein Arbeitslosengeld II zu beziehen.

3

Das Verfahren endete durch den Abschluss eines Vergleichs in der Güteverhandlung vom 17.04.2023. Im Gütetermin ist dem Kläger aufgegeben worden eine aktuelle Entgeltabrechnung über einen vollen Beschäftigungsmonat zur Akte zu reichen. Des Weiteren ist dem Kläger aufgegeben worden, einen aktuellen Kontoauszug, aus dem sich der Kontostand ergibt, zur Akte zu reichen sowie geeignete Unterlagen zur Akte zu reichen, aus denen sich die aktuellen Wohnkosten und die Zahlungen hierauf ergeben. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht dem Kläger aufgegeben, geeignete Unterlagen zur Akte zu reichen, aus denen sich die angegebene besondere Belastung betreffend der verbleibenden Restschuld in Höhe von 400,00 € und einer hierauf gegebenenfalls erfolgenden Ratenzahlung ergibt. Der Kläger ist auf die Rechtsfolgen einer nicht oder nur ungenügend beantworteten gerichtlichen Frage unter Verweis auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO hingewiesen worden. Dem Kläger ist für die Einreichung der Unterlagen eine Frist bis zum 08.05.2023 gesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 05.05.2023 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Unterlagen eingereicht, nicht jedoch die vom Gericht mit der Auflage vom 17.04.2023 geforderte Entgeltabrechnung über das Einkommen. Aus den eingereichten Kontoauszügen ergeben sich keinerlei Entgeltzahlungen aus selbständiger Arbeit.

4

Mit Beschluss vom 09.05.2023 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. In der Begründung hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der Kläger innerhalb der gesetzten Frist die geforderte Entgeltabrechnung aus seinem aktuellen Arbeitsverhältnis nicht vorgelegt habe. Die Einkommenssituation des Klägers könne daher nicht abschließend beurteilt werden und Prozesskostenhilfe daher nicht, auch nicht zum Teil, bewilligt werden. Der Kläger sei über die Rechtsfolgen einer nicht oder nur ungenügend beantworteten Frage hinreichend belehrt worden. Dieser Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers elektronisch am 11.05.2023 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 23.05.2203 legte der Kläger Beschwerde gegen den ablehnenden PKH-Beschluss vom 09.05.2023, legte die Gehaltsabrechnungen für März und April 2023 vor und verwies darauf, dass der Prozessbevollmächtigte mit seinem Schreiben vom 05.05.2023 um einen richterlichen Hinweis gebeten hatte, für den Fall, dass Unterlagen fehlen würden. Stattdessen sei sogleich der angefochtene PKH-Beschluss abgesetzt worden.

5

Mit Beschluss vom 29.05.2023 half das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde des Klägers vom 23.05.2023 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 09.05.2023 nicht ab und legte die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.

II.

6

1. Die als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft und auch frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

7

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO .

8

a) Zunächst wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des Arbeitsgerichts in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 29.05.2023 Bezug genommen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass es Aufgabe des Prozessbevollmächtigten sei, die durch die Partei zur Akte gereichten Unterlagen darauf hin zu überprüfen, ob durch ihre Einreichung die gerichtliche Auflage vollständig und umfassend erfüllt wird. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts nach einer deutlich formulierten, auf die Einzelheiten der fehlenden Unterlagen hinweisenden Auflage nochmals den Prozessbevollmächtigten auf das Fehlen einzelner Unterlagen hinzuweisen. Es wäre Aufgabe des Prozessbevollmächtigten gewesen in der gesetzten Frist die eingereichten Unterlagen auf Vollständigkeit zu überprüfen und ggf. nachzufordern.

9

b) Die verspätet eingereichten Unterlagen hat das Arbeitsgericht zu Recht nicht mehr berücksichtigt.

10

Dem Kläger war in der Güteverhandlung vom 17.04.2023 aufgegeben worden, seine Einkommensverhältnisse durch Vorlage einer Entgeltabrechnung für einen vollen Beschäftigungsmonat glaubhaft zu machen. Dem ist der Kläger innerhalb der ihm gesetzten Frist bis 08.05.2023 nicht nachgekommen. Über die rechtlichen Folgen einer nicht oder nur ungenügend beantworteten gerichtlichen Frage gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO wurde ausreichend hingewiesen. Über einen rechtzeitig eingereichten Prozesskostenhilfeantrag mit unvollständigen Angaben und Unterlagen kann auch dann noch nach Abschluss der Instanz bzw. des Verfahrens zugunsten des Antragstellers entschieden werden, wenn das Gericht eine Frist zur Nachreichung der fehlenden Unterlagen und Belege gesetzt hat. Soweit dem Antragsteller nach Ende der Instanz eine solche gerichtliche Nachfrist gesetzt worden ist, muss diese Nachfrist - anders als eine vor dem Ende der Instanz ablaufende Nachfrist - jedoch zwingend eingehalten werden ( Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 2. Februar 2012 - 6 Ta 28/12 -, juris). Vorliegend war der Rechtsstreit durch Abschluss des gerichtlichen Vergleichs am 17.04.2023 beendet. Der Kläger hätte daher zwingend alle geforderten Unterlagen bis zum 05.05.2023 einreichen müssen. Da dies unterbleiben ist, war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen.

11

3. Der Kläger trägt, da die Beschwerde erfolglos ist, die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, ohne dass es eines Kostenausspruchs bedarf (hierzu Zöller/Philippi, Rz. 39 zu § 127 ZPO ). Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Vorschriften§ 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO, § 114 ZPO, § 127 ZPO