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Urteil vom 20.04.2023 · IWW-Abrufnummer 238390

Landesarbeitsgericht Düsseldorf - Aktenzeichen 13 Sa 535/22

Stellt die Arbeitgeberin für Gehaltserhöhungen eines definierten Mitarbeiterkreises ein Gesamtbudget zur Verfügung, das sich nach einem festgelegten Prozentsatz der Vergütung aller dieser Mitarbeiter bestimmt, unterfallen die Gehaltsanpassungen auch dann dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie hierfür keine nachvollziehbaren Kriterien vorsieht, sondern den jeweiligen Vorgesetzten die Entscheidung nach deren Gutdünken überlässt. Der einzelne Mitarbeiter hat dann einen Anspruch auf eine Gehaltserhöhung um den höchsten Prozentsatz, um den die Arbeitgeberin eine Gehaltsanpassung bei einem der Mitarbeiter vorgenommen hat.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 07.07.2022 - 10 Ca 5382/21 - teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 3.418,44 € brutto nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 100,73 € seit 01.04.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.05.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.06.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.07.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.08.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.09.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.10.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.11.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.12.2019,

aus weiteren 100,73 € seit 01.01.2020,

aus weiteren 100,73 € seit 01.02.2020,

aus weiteren 100,73 € seit 01.03.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.04.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.05.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.06.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.07.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.08.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.09.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.10.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.11.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.12.2020,

aus weiteren 184,14 € seit 01.01.2021,

aus weiteren 184,14 € seit 01.02.2021 und

aus weiteren 184,14 € seit 01.03.2021

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5 zu tragen.

Die Revision wird für die Beklagte bezogen auf die Zahlungsansprüche zugelassen. Im Übrigen wird die Revision für die Beklagte nicht zugelassen.

Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

Bei der Beklagten handelt es sich um die Obergesellschaft eines Versicherungskonzerns. Der Kläger ist bei ihr bzw. anderen Konzernunternehmen seit dem 01.12.1999 angestellt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildet zuletzt der Arbeitsvertrag vom 14.02./15.03.2006 (Bl. 9 ff. d. A.). Seit 01.01.2004 ist er als leitender Angestellter eingestuft. Bis zum 30.06.2013 war der Kläger als Abteilungsleiter Produktkonzepte- und Management Versorgung tätig. Nach Wegfall dieser Stelle nimmt der Kläger seit dem 01.07.2013 auf der Grundlage seines Vertrages als leitender Angestellter (Prokura und Gehaltsbewertung Grade 3) Sonderaufgaben in der Einheit Produktmanagement Vollversicherung PMGK, die von Herrn Y. geleitet wird und dem der Kläger unterstellt ist, wahr. Der Kläger verantwortete seitdem keine Abteilung mehr und ihm sind keine Mitarbeiter unterstellt. Ein Angebot der Beklagten, mit ihm eine Vereinbarung über eine sogenannte "Entleitung" abzuschließen, lehnte der Kläger ab. Daraufhin erhöhte sie sein Fixgehalt im Jahr 2013 und im Jahr 2014 nicht.

Bis ins Jahr 2017 erhielt der Kläger neben einem Fixgehalt einen Bonus, der zuletzt bis zu 27.000,00 € betragen konnte. Unter dem 28.02./09.04.2018 vereinbarten die Parteien die Umwandlung des Bonus in eine sogenannte "wandelbare Zulage", die beginnend mit dem Monat Januar 2018 monatlich zu gleichen Teilen ausgezahlt wird. Gemäß Ziffer 3 dieser Zusatzvereinbarung (Bl. 65 f. d. A.) kann die Zulage von der Beklagten widerrufen werden. Im Falle eines Widerrufs ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein Angebot auf einen den aufsichtsrechtlichen Anforderungen genügenden bzw. einen variablen Vergütungsbestandteil zu unterbreiten, der (bei einer Zielerreichung von 100 %) der Höhe nach der widerrufenen Zulage entspricht.

Die Beklagte verwendet intern für Mitarbeiter ab einem bestimmten Level die Bezeichnung "leitende Angestellte". Für diese über 400 Mitarbeiter finden bei ihr keine Regelanpassungen der Gehälter statt. Vielmehr stellt sie - sofern eine Anpassung erfolgen soll - für die leitenden Angestellten den jeweiligen Vorgesetzten ein durch einen jeweils festgesetzten Prozentsatz gedeckeltes Budget zur Verfügung. Es bleibt dann der Entscheidung des einzelnen Vorgesetzten überlassen, welcher leitende Angestellte in ihrer Abteilung zukünftig ein höheres Arbeitsentgelt erhalten soll. In einem über die Gehaltsanpassung für die Jahre 2013 und 2014 geführten Rechtsstreit stellte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit rechtskräftigem Urteil vom 02.10.2014 zum Az. 6 Sa 587/14 fest, die Beklagte habe dem Kläger ab dem 01.04.2013 ein (monatliches) Fixgehalt von 8.654,57 € und ab dem 01.04.2014 ein Fixgehalt von 8.784,57 € zu zahlen. In einem weiteren Rechtsstreit über eine Gehaltsanpassung im Jahr 2015 stellte das Landesarbeitsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 26.09.2017 (- 8 Sa 289/17 -) fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 01.04.2015 ein Fixgehalt in Höhe von 8.942,50 € brutto monatlich zu zahlen.

Zum Stichtag 01.04.2019 stellte die Beklagte im Rahmen des oben geschilderten Verfahrens ein Budget von 3,0 % und zu den Stichtagen 01.04.2020 und 01.04.2021 ein solches von jeweils 2,0 %. zur Verfügung. Im Jahr 2019 erhielten nach der Behauptung der Beklagten 70,8 %, im Jahr darauf 63,1 % und 2021 65,0 % der leitenden Angestellten eine Gehaltsanpassung. Bei denjenigen leitenden Angestellten, welche eine Gehaltsanpassung erhielten, kam es zu durchschnittlichen Erhöhungen von 3,9 % zum 01.04.2019 und von 2,7 % zum 01.04.2020. Für das Jahr 2020 betrug die durchschnittliche Erhöhung unter Einbeziehung auch der nicht bedachten Mitarbeiter bei 1,8 %. Das Gehalt des Klägers im März 2019 setzte sich aus einem Fixum von 8.192,50 € brutto und einer wandelbaren Zulage von 2.250,00 € brutto zusammen. Zum 01.04.2019 erhöhte sie das Fixgehalt um 1,86 %. Zum 01.04.2020 nahm sie keinerlei Erhöhung vor. Allerdings erbrachte sie im Dezember 2020 eine Einmalzahlung von 1.250,00 € brutto. Zum 01.04.2021 erhöhte sie das Fixgehalt um 140,83 € brutto und die wandelbare Zulage um 83,33 € brutto, was insgesamt zu einer Gehaltserhöhung von 1,97 % führte.

Der Kläger hat gemeint, die Beklagte sei aus Gründen der Gleichbehandlung verpflichtet, sein Gehalt so zu erhöhen wie durchschnittlich bei den leitenden Angestellten, die eine Anpassung erhalten hätten. Einen Anlass dafür, dass er bei den Gehaltsrunden herausgreifend benachteiligt worden sei, kenne er nicht. Da nach Angaben der Beklagten die Gehaltsanpassungen keinen Kaufkraftausgleich enthielten, könnten diese nur nach leistungsbezogenen Aspekten erfolgt sein. Infolgedessen hat er zum 01.04.2019 eine Erhöhung des Fixgehalts um 3,9 % abzüglich der bereits vorgenommenen Erhöhung von 1,86 % und zum 01.04.2020 um 2,0 % verlangt. Die im Dezember 2020 erfolgte Einmalzahlung hat er dabei in Abzug gebracht. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Klageschrift Bezug genommen. Aufgrund eines Hinweises des Arbeitsgerichts auf § 315 BGB hat er gemeint, sein Anspruch bestehe in derselben Höhe, wenn sein Anspruch auf dieser Regelung beruhe. Für das Jahr 2021 hat er einen Auskunftsanspruch geltend gemacht, da ihm unbekannt sei, in welcher Höhe die Beklagte die Gehälter der leitenden Angestellten, die zum 01.04.2021 eine Gehaltserhöhung erhalten hätten, angepasst habe. In dem Auskunftsanspruch sei die Gehaltsanpassung, die alle leitenden Angestellten im Durchschnitt erhalten hätten, als Minus enthalten. Weiterhin hat er gemeint, die Beklagte sei nicht berechtigt, die Erhöhung seines Grundgehaltes um 1,97 % per Stichtag 01.04.2021 durch teilweise Erhöhung der "wandelbaren Zulage" (anstelle des Fixgehaltes) vorzunehmen. Der Anteil der Zulage an der Barvergütung liege bei ihm bereits oberhalb des für Grade-3-Leitende geltenden Wertes.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.993,84 € brutto nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 218,17 € seit 01.04.2019, aus weiteren 228,17 € seit 01.05.2019, aus weiteren 228,17 € seit 01.06.2019, aus weiteren 228,17 € seit 01.07.2019, aus weiteren 228,17 € seit 01.08.2019, aus weiteren 228,17 € seit 01.09.2019, aus weiteren 228,17 € seit 01.10.2019, aus weiteren 228,17 € seit 01.11.2019, aus weiteren 228,17 € seit 01.12.2019, aus weiteren 228,17 € seit 01.01.2020, aus weiteren 228,17 € seit 01.02:2020, aus weiteren 228,17 € seit 01.03.2020, aus weiteren 542,15 € seit 01.04.2020, aus weiteren 542,15 € seit 01.05.2020, aus weiteren 542,15 € seit 01.06.2020, aus weiteren 542,15 € seit 01.07.2020, aus weiteren 542,15 € seit 01.08.2020, aus weiteren 542,15 € seit 01.09.2020, aus weiteren 542,15 € seit 01.10.2020, aus weiteren 542,15 € seit 01.11.2020, aus weiteren 542,15 € seit 01.12.2020, aus weiteren 542,15 € seit 01.01.2021, aus weiteren 542,15 € seit 01.02.2021 und aus weiteren 542,15 € seit 01.03.2021 zu zahlen; 2. die Beklagte zu verurteilen, ihm mitzuteilen, wie hoch die durchschnittliche Erhöhung der Gehälter der leitenden Angestellten war, die zum 01.04.2021 eine Gehaltserhöhung erhalten haben; 3. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Erhöhung seines Grundgehaltes um 1,97 % per Stichtag 01.04.2021 durch teilweise Erhöhung der "wandelbaren Zulage" (anstelle des Fixgehaltes) vorzunehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, dem Kläger stehe ein weitergehender Anspruch auf Gehaltserhöhungen nicht zu. Es fehle an einem generalisierenden Prinzip. Über die Gehaltsanpassungen entscheide individuell der Vorgesetzte. Sie gebe nur die Deckelung des Gesamtvolumens vor. Eine Vergleichsgruppe der leitenden Angestellten lasse sich nicht bilden. Ihre leitenden Angestellten der Beklagten übten unterschiedliche Funktionen und Auf/gaben auf unterschiedlichen Hierarchieebenen aus. Jedenfalls gebe es leitende Angestellte mit und solche ohne Führungsverantwortung. Auch mit Blick auf die Leistungsabhängigkeit der Gehaltsanpassung sei nach den wahrzunehmenden Aufgaben zu differenzieren. Sie hat zudem die Auffassung vertreten, eine teilweise Anrechnung der Gehaltserhöhung auf die wandelbare Zulage sei zulässig. Bei einem Angestellten mit Grade 3 betrage deren Anteil 10 bis 20 %,

Mit Urteil vom 07.07.2022 hat das Arbeitsgericht unter Abweisung im Übrigen der Klage teilweise stattgegeben. Es hat angenommen, der Kläger könne seine Ansprüche nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Er habe jedoch aus § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB einen Anspruch auf eine Erhöhung seines Gehalts um den Prozentsatz der Budgetvorgabe, also 3 % zum 01.04.2019 und um 2 % zum 01.04.2020. Der Auskunftsanspruch stehe ihm nicht zu, weil nicht ersichtlich sei, dass er nach Erteilung der Auskunft einen darauf aufbauenden Anspruch auf Gehaltanpassung geltend machen könne. Der zulässige Feststellungsantrag sei begründet, weil die Beklagte nicht darzulegen vermocht habe, dass die teilweise Anrechnung der Gehaltserhöhung zum 01.04.2021 auf die wandelbare Zulage billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB entspreche. Ergänzend verweist er darauf, die Beklagte habe - unstreitig - selbst vorgetragen, es gebe für die Vorgesetzten bei ihrer Entscheidung keine fixen Kriterien; sie entschieden letztlich selbst darüber, welche Kriterien sie anwendeten.

Gegen das ihm am 19.07.2022 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.08.2022 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19.10.2022 - mit einem an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Zur Begründung seiner Berufung führt er aus, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts könne er sich auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Zwar sei dem Arbeitsgericht zuzugeben, dass die Beklagte keine Regelanpassung vornehme in dem Sinn, dass sie einen bestimmten Prozentsatz für die Gehaltsanpassung festsetze. Es erscheine jedoch kaum nachvollziehbar, dass es sich um eine willkürliche Vorgehensweise ohne jedwede Kriterien handele. Eine Berücksichtigung der individuellen Leistung stehe der erforderlichen Regelhaftigkeit nicht entgegen. Auch eine willkürliche Festsetzung stelle allerdings einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Zudem müsse der Beklagten schon deshalb die Letztentscheidung zustehen, damit es nicht zu Budgetüberschreitungen komme. Da er einen Anspruch auf Anpassung auf der Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes habe, stünden ihm auch die verlangten Auskünfte zu.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Düsseldorf vom 07.07.2022 - 10 Ca 5382/21 1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 3.418,44 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 100,73 seit 01.04.2019 aus weiteren 100,73 seit 01.05.2019, aus weiteren 100,73 seit 01.06.2019, aus weiteren 100,73 seit 01.07.2019, aus weiteren 100,73 seit 01.08.2019, aus weiteren 100,73 seit 01.09.2019, aus weiteren 100,73 seit 01.10.2019, aus weiteren 100,73 seit 01.11.2019, aus weiteren 100,73 seit 01.12.2019, aus weiteren 100,73 seit 01.01.2020, aus weiteren 100,73 seit 01.02.2020, aus weiteren 100,73 seit 01.03.2020, aus weiteren 184,14 seit 01.04.2020, aus weiteren 184,14 seit 01.05.2020, aus weiteren 184,14 seit 01.06.2020, aus weiteren 184,14 seit 01.07.2020, aus weiteren 184,14 seit 01.08.2020, aus weiteren 184,14 seit 01.09.2020, aus weiteren 184,14 seit 01.10.2020, aus weiteren 184,14 seit 01.11.2020, aus weiteren 184,14 seit 01.12.2020, aus weiteren 184,14 seit 01.01.2021, aus weiteren 184,14 seit 01.02.2021und aus weiteren 184,14 seit 01.03.2021 zu zahlen. 2. die Beklagte zu verurteilen, ihm mitzuteilen, wie hoch die durchschnittliche Erhöhung der Gehälter der Leitenden Angestellten war, die zum 01.04.2021 eine Gehaltserhöhung erhalten haben, hilfsweise, im Unterliegensfall hinsichtlich des Klageantrages zu 2), 3. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über die für die Bestimmung maßgeblichen Kriterien zu erteilen, nach denen die Beklagte zum 01.04.2021 bei den leitenden Angestellten Gehaltsanpassungen vorgenommen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 07.07.2022 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil im Umfang der Klageabweisung unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag. Es gebe keine fixen Kriterien, nach denen die Gehaltsanpassungen durch die Vorgesetzten vorgenommen würden. Diese entschieden letztlich selbst darüber, welche Kriterien sie anwendeten und ob ein Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung erhalte.

Im Wege der Anschlussberufung verfolgt sie das Ziel der vollständigen Klageabweisung. Bei der ausgeurteilten Zahlung habe das Arbeitsgericht ihren Vortrag außer Betracht gelassen, sie unterscheide leitende Angestellte mit und ohne Führungsverantwortung sowie solche im Innendienst und solche im Außendienst. Es werde auf ein möglichst gleichwertiges Verhältnis der einzelnen Vergütungsbestandteile geachtet. Auch verfolge sie das Ziel eines ausgeglichenen Niveaus der Vergütungsabstände der leitenden Angestellten. Es sei außerdem ermessensfehlerhaft, wenn das Arbeitsgericht bei der Ersatzleistungsbestimmung die Unterscheidung zwischen leitenden Angestellten mit und ohne Führungsverantwortung sowie solchen im Innendienst und solchen im Außendienst nicht zugrunde lege. Die von ihr für den Stichtag 01.04.2021 vorgenommene teilweise Erhöhung der wandelbaren Zulage anstelle des Fixgehalts habe entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts billigem Ermessen der anwendbaren Regelung § 315 Abs. 1 BGB entsprochen. Sie habe in I. Instanz vorgetragen, das Verhältnis von Grundgehalt und wandelbarer Zulage dürfe nach ihrer Vorgabe einen bestimmten Prozentsatz nicht überschreiten. Wäre sie zu einer Erhöhung über die vorgenommenen 1,97 % hinaus verpflichtet, wäre der Prozentsatz von 20 % überschritten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere unter Beachtung der Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II. Die Anschlussberufung der Beklagten ist nach § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO unzulässig, soweit sie sich gegen die vom Arbeitsgericht ausgeurteilte Feststellung richtet. Sie ist nicht in einer den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Weise begründet worden.

1. Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO nur dann, wenn sie klar und konkret erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt.

Dabei dürfen im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie zwar keine unzumutbaren Anforderungen an den Inhalt von Berufungsbegründungen gestellt werden. Die Berufungsbegründung muss aber konkret auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen. Andernfalls kann die Berufungsbegründung ihren Zweck, eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs herbeizuführen, Berufungsgericht und Gegner darüber zu unterrichten, wie der Berufungskläger den Streitfall beurteilt wissen will, und sie in die Lage zu versetzen, sich auf die Rechtsmittelangriffe erschöpfend vorzubereiten, nicht erfüllen (BAG 10.02.2005 - 6 AZR 183/04 - EzA § 64 ArbGG 1979 Nr. 40; 14.12.2004 - 1 AZR 504/03 - NZA 2005, 818; 16.06.2004 - 5 AZR 529/03 - AP § 551 ZPO 2002 Nr. 2). Dementsprechend reicht es grundsätzlich nicht aus, die Rechtsausführungen aus der Vorinstanz zu wiederholen (vgl. BAG 19.02.2008 - 1 AZR 1004/06 - NZA 2008, 719). Entsprechendes gilt für die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung (vgl. BAG 28.01.2009 - 4 AZR 912/07 - AP ZPO § 551 Nr. 66; 13.10.2009 - 9 AZR 875/08 - NZA 2010, 245; 18.05.2011 - 10 AZR 346/10 - NZA 2011, 878).

Wird die Berufung mit neuen Angriffs- bzw. Verteidigungsmitteln begründet, müssen diese in der Berufungsbegründung bezeichnet werden. Außerdem hat der Berufungskläger grundsätzlich darzulegen, warum sie das angefochtene Urteil im Ergebnis infrage stellen sollen. Die Entscheidungserheblichkeit braucht allerdings ausnahmsweise nicht gesondert dargetan zu werden, wenn sie sich unmittelbar aus dem angefochtenen Urteil und den Ausführungen in der Berufungsbegründung ergibt. Anders als bei den ordentlichen Gerichten muss der Berufungsführer keinen Vortrag zur Zulässigkeit des neuen Vorbringens halten; von Darlegungen nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 Halbs. 2 i. V. m. §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO ist der Berufungsführer dispensiert (vgl. insgesamt BAG 21.05.2019 - 2 AZR 574/18 - juris RN 19).

Für jeden selbständigen Anspruch bedarf es einer eigenen Begründung; lediglich eine Berufung bezogen auf einen Anspruch, der von einem mit der Berufung angegriffenen anderen Anspruch abhängt, braucht nicht mit einer eigenen Begründung angegriffen zu werden (BAG 16.03.2004 - 9 AZR 323/03 - NZA 2004, 1047).

Nach § 524 Abs. 3 Satz 2 ZPO gilt Vorstehendes auch für die Anschlussberufung.

2. Danach erweist sich die Anschlussberufung im benannten Umfang als unzulässig.

a) Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung zum Feststellungsantrag damit begründet, die Beklagte habe nicht darzulegen vermocht, dass die von ihr vorgenommene teilweise Anrechnung der Gehaltserhöhung auf die wandelbare Zulage billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB entspreche. Die Anrechnung auf das Fixgehalt sei für den Kläger günstiger. Zum gerichtlichen Hinweis, eine teilweise Anrechnung dürfe nur dann billigem Ermessen entsprechen, wenn sie bei den übrigen leitenden Angestellten im gleichen Umfang wie beim Kläger erfolgt sei, habe sie keinen konkreten Sachvortrag gehalten. Sie habe lediglich pauschal vorgetragen, die Anpassung sei grundsätzlich so vorzunehmen, dass das Verhältnis zwischen beiden Gehaltsbestandteilen mindestens gleichbleibe. Ihr Verhalten im Jahr 2019 zeige, dass sie von diesem Grundsatz durchaus abweiche. Zudem habe sie selbst vorgetragen, der Anteil der wandelbaren Zulage solle bei einem Gesamtgehalt nach Grade 3 zwischen 10 % und 20 % liegen; befinde sich ein leitender Angestellter mit seiner Zulage bereits am Maximum, erfolge eine Anpassung grundsätzlich nur auf das Fixgehalt. Durch die teilweise Anrechnung zum 01.04.2021 habe sich der Anteil der wandelbaren Zulage an der Gesamtvergütung von 19,7 % auf 20 % erhöht. Nach alledem könne die Kammer nicht erkennen, dass die teilweise Anrechnung billigem Ermessen entsprochen habe.

b) Die Beklagte hat sich in der Begründung der Anschlussberufung zunächst der Wertung des Arbeitsgerichts angeschlossen, die Frage der Zuordnung der Gehaltsanpassung zu den Gehaltsbestandteilen richte sich nach § 315 BGB. Sie habe hierzu vorgetragen, das Verhältnis von Grundgehalt und wandelbarer Zulage dürfe nach ihrer Vorgabe einen bestimmten Prozentsatz nicht überschreiten. Bei einer Erhöhung um 1,97 % sei nach Darstellung des Gerichts der maximale Prozentsatz von 20 erreicht. Wäre die Beklagte dagegen verpflichtet, eine weitere Erhöhung vorzunehmen, d. h. über 1,97 %, wäre der Wert von 20 % bereits überschritten. Es entspreche daher billigem Ermessen, wenn sie sich dazu entschieden habe, die Gehaltserhöhung im Jahr 2021 der wandelbaren Zulage zuzuschreiben, um das Verhältnis zum Grundgehalt zu wahren.

c) Abgesehen davon, dass diese Begründung die Argumentation des Arbeitsgerichts nur unzureichend bzw. verfälschend wiedergibt, reicht sie nicht aus, um diese im dargestellten Sinn in Frage zu stellen. Das Urteil des Arbeitsgerichts beruht bezogen auf die in der Anschlussberufungsbegründung angesprochenen Argumentation darauf, dass der Anteil der wandelbaren Zulage sich beim Kläger bereits am oberen Ende der Vorgabe befinde. Die Formulierung der Beklagten, bei einer weiteren Erhöhung wäre der Wert von 20 % bereits überschritten, könnte diese Argumentation nur angreifen, wenn bei einer Gehaltsanpassung allein zugunsten des Grundgehalts der Maximalwert überschritten würde. Allerdings ist genau das Gegenteil der Fall, weil bei einer Erhöhung nur des Fixgehalts zwangsläufig der Anteil der wandelbaren Zulage sinkt. Womöglich beruht die Begründung der Beklagten auf einer Verkennung der mathematischen Gegebenheiten. Sie ist jedenfalls nicht geeignet, die Gründe der angefochtenen Entscheidung infrage zu stellen. Der letzte Satz der Anschlussberufungsbegründung wiederum stellt lediglich eine bezugslose Rechtsansicht dar. Sofern sie auf den Grundsatz gemünzt sein soll, das Verhältnis zwischen beiden Gehaltsbestandteilen solle mindestens gleichbleiben, fehlt es an jeder Auseinandersetzung mit der Argumentation des Arbeitsgerichts, sie sei von einem solchen Grundsatz durchaus abgewichen.

B.

Die Berufung ist teilweise begründet, die Anschlussberufung - soweit sie zulässig ist - erweist sich hingegen als unbegründet.

I. Dem Kläger stehen die bereits erstinstanzlich ausgeurteilte Summe sowie die zusätzlich verlangten Beträge zu. Aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz folgt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Gehaltsanpassung in dem höchsten Prozentsatz zusteht, den die Beklagte bei einem ihrer leitenden Angestellten angewendet hat.

1. Das Arbeitsgericht hat sein Urteil auf § 315 BGB gestützt. Dabei handelt es sich hier im Verhältnis zu einer Prüfung nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht um einen anderen Streitgegenstand. Vielmehr stellt sich nur die Frage, ob der Antrag unter Zugrundelegung desselben Lebenssachverhalts erfolgreich auf die genannte Norm oder den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt werden kann.

2. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist die Berufungskammer der Ansicht, dass die Regelung des § 315 BGB auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt unanwendbar ist.

Sie setzt nämlich voraus, dass die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden soll. Dabei muss dieses Leistungsbestimmungsrecht zwischen den vertragsschließenden Parteien vereinbart worden sein. Eine bloße faktische Befugnis zur Leistungsbestimmung durch eine Partei bildet keinen Fall des § 315 BGB (BGH 05.12.2012 - IV ZR 110/10 - juris RN 21 mwN). Eine Vereinbarung der Parteien dazu, dass und nach welchen Maßstäben Gehaltsanpassungen erfolgen, ist nicht ersichtlich. Vielmehr liegt sowohl das "Ob" als auch das "Wie" ausschließlich in der Entscheidung der Beklagten.

3. Die streitgegenständlichen Zahlungsansprüche stehen dem Kläger jedoch aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu, so dass sich seine Berufung insofern als begründet, die gegen die Zahlung gerichtete Anschlussberufung als unbegründet erweisen.

a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz stellt die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG dar. Er findet stets Anwendung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet den Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regel gleichzubehandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Stellt der Arbeitgeber hingegen nur einzelne Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen besser oder ist die Anzahl der begünstigten Arbeitnehmer im Verhältnis zur Gesamtzahl der betroffenen Arbeitnehmer sehr gering, kann ein nicht begünstigter Arbeitnehmer aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz nichts herleiten (vgl. nur BAG 20.03.2018 - 3 AZR 861/16 - juris RN 28; BAG 21.08.2012 - 3 AZR 81/10 juris - RN 24 f. mwN). Trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch bei der Zahlung der Arbeitsvergütung anwendbar, wenn diese durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben wird oder der Arbeitgeber die Leistung nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG 27.04.2016 - 5 AZR 311/15 - juris RN 35). Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz findet auch dann Anwendung, wenn der Arbeitgeber - nicht auf besondere Einzelfälle beschränkt - nach Gutdünken oder nach nicht sachgerechten oder nicht bestimmbaren Kriterien Leistungen erbringt (BAG 27.04 2021 - 9 AZR 662/19 - RN 17 mwN; BAG 12.10.2022 - 5 AZR 135/22 - RN 25).

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt, dass eine vorgenommene Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung verstößt erst dann gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt (vgl. nur BAG 12.08.2014 - 3 AZR 764/12 - juris RN 25 mwN). Maßgeblich für die Beurteilung, ob für die unterschiedliche Behandlung ein hinreichender Sachgrund besteht, ist vor allem der Regelungszweck; dieser muss die Gruppenbildung rechtfertigen; die Gruppenbildung muss einem legitimen Zweck dienen und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen sein (BAG 14.11.2017 - 3 AZR 516/16 - juris RN 20; BAG 12.08.2014 - 3 AZR 764/12 - juris RN 26 mwN).

b) Auf dieser Grundlage liegt im Vorgehen der Beklagten ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Ihre Entscheidung, für Anpassungen der Gehälter ihrer leitenden Angestellten zu einem bestimmten Stichtag ein festgelegtes Budget zur Verfügung zu stellen, unterliegt dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Sie gewährt damit nicht nur im Einzelfall Leistungen, ohne hierfür nachvollziehbare Kriterien festzulegen. Die Verteilung des Budgets überlässt sie ihren Vorgesetzten, ohne diesen Vorgaben zu machen. Das steht einer Leistung nach Gutdünken gleich. Es schließt zwar nicht aus, dass der einzelne Vorgesetzte nach einem abstrakten Prinzip vorgeht, möglicherweise sogar einem solchen, das dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz genügt. Allein die fehlende Vorgabe und die damit verbundene Zufälligkeit und Unterschiedlichkeit im Handeln der Vorgesetzten führt jedoch zu einer Leistung nach Gutdünken. Das System einer Verteilung nach nicht festgelegten Kriterien gibt die Beklagte den Vorgesetzten vor. Deren Handeln ist ihr damit zuzurechnen. Als Aktiengesellschaft kann sie ohnehin nicht persönlich agieren. Nicht der Vorgesetzte, sondern die Beklagte ist Vertragspartner des Klägers.

Das Vorgehen der Beklagten erklärt sich dabei nur als - vergeblicher - Versuch, eine gerichtliche Überprüfung der Gehaltsanpassungen zu vermeiden. Bezweckt bzw.jedenfalls zwangsläufig verbunden ist damit zugleich, dass weniger ein Leistungsanreiz für die leitenden Angestellten gesetzt wird, sondern deren Disziplinierung die Folge ist. Ein legitimer Zweck, der geeignet ist, einen sachlichen Grund zu bilden, liegt hierin nicht.

Eine Differenzierung nach leitenden Angestellten ohne und solche mit Führungsverantwortung erfolgt dabei nicht. Die Angestellten beider Funktionen tragen in derselben Höhe, nämlich mit dem einheitlich festgelegten Budgetprozentsatz, zu der Gehaltsanpassung bei. Bereits das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine aus der fraglichen Funktion unterschiedliche Wertigkeit der Tätigkeit bereits im Gehalt abgebildet wird. Eine unterschiedliche Erhöhung würde diese Relation verschieben. Ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung ist daher in keiner Weise gegeben. Die Beklagte trägt auch selbst nicht vor, ihren Vorgesetzten eine unterschiedliche Behandlung bezogen auf die fraglichen Funktionen vorzugeben. Erst recht gilt Vorstehendes für die Ansicht der Beklagten, die einzelnen leitenden Angestellten seien untereinander aufgrund ihrer unterschiedlichen Funktionen und Verantwortlichkeiten sämtlich nicht vergleichbar.

c) Die Zahlungsanträge sind in der geltend gemachten Höhe begründet.

(1) Rechtsfolge einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist die Korrektur des arbeitgeberseitigen gleichbehandlungswidrigen Vorgehens durch ein gleichbehandlungskonformes. Der Arbeitnehmer, der ohne sachliche Rechtfertigung ungleich behandelt wurde, kann die Leistung, von der er nach der Regelbildung des Arbeitgebers wegen Nichterfüllung des gleichbehandlungswidrigen Tatbestandsmerkmals ausgeschlossen war, von diesem verlangen, wenn es keine weiteren Voraussetzungen gibt oder etwaige weitere Voraussetzungen von ihm erfüllt werden (BAG 03.06.2020 - 3 AZR 730/19 - RN 46; BAG 14.08.2018 - 1 AZR 287/17 - RN 25; BAG 21.05.2014 - 4 AZR 50/13 - juris RN 22 f. mwN).

Kann der Arbeitgeber den Begünstigten die in der Vergangenheit gewährten Leistungen nicht mehr entziehen, kommt regelmäßig nur eine Anpassung "nach oben" in Betracht, um die Diskriminierung zu beseitigen. Die Anpassung "nach oben" beruht auf dem u. a. durch das nationale Recht vorgegebenen Rechtsbefehl, eine den Gleichbehandlungsgeboten entsprechende Ordnung herzustellen. Sie berücksichtigt damit nicht zuletzt auch, dass ein den rechtlichen und gesellschaftlichen Zielvorstellungen entsprechender Zustand nicht erreicht werden kann, wenn es sich "nicht lohnt", auf eine sachwidrige Ungleichbehandlung mit einem Gang vor Gericht zu reagieren. Die Anpassung "nach oben" scheidet selbst dann nicht aus, wenn sie zu erheblichen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers führt (BAG 09.12.2020 - 10 AZR 334/20 - RN 88; BAG 21.02.2013 - 8 AZR 68/12 - juris RN 26).

(2) Danach kann der Kläger eine Erhöhung seines Gehalts um den höchsten Prozentsatz verlangen, um den die Beklagte eine Gehaltsanpassung bei einem leitenden Angestellten vorgenommen hat. Nur diese beseitigt die gesetzeswidrige Ungleichbehandlung vollständig. Allerdings macht der Kläger weniger, nämlich die durchschnittliche Erhöhung der positiv bedachten leitenden Angestellten geltend. In der Sache handelt es sich damit um eine zulässige Teilklage. Nach § 308 ZPO ist die Berufungskammer gehindert, dem Kläger höhere Beträge zuzusprechen.

4. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe mit dem Kläger für das Jahr 2020 eine abschließende anderweitige Vereinbarung getroffen, vermag sich die Berufungskammer dem nicht anzuschließen. Sie hat sich lediglich darauf berufen, der Kläger habe "sich mit seinem Vorgesetzten dazu ausgetauscht, dass er für das Jahr 2020 mit der vereinbarten Einmalzahlung [...] zunächst einverstanden" sei. Es fehlt daher bereits an einem konkreten Vorbringen, dass der "Austausch" eine bindende Vereinbarung dargestellt haben soll. Außerdem ist nicht vorgetragen oder sonst erkennbar, dass der Vorgesetzte des Klägers zum Abschluss einer solchen Vereinbarung überhaupt berechtigt gewesen sein soll, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass nach der vorgelegten E-Mail der Austausch auch eine Regelung für das Folgejahr beinhaltete.

II. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet. Die verlangte Auskunft steht dem Kläger nicht zu.

1. Mit dem Hauptantrag verlangt er die Auskunft, wie hoch die durchschnittliche Erhöhung der Gehälter der leitenden Angestellten war, die zum 01.04.2021 eine Gehaltserhöhung erhalten haben. Diese Auskunft benötigt der Kläger nicht. Die Beklagte hat mitgeteilt, 65 % der leitenden Angestellten hätten im Jahr 2021 eine Anpassung erhalten; der Schnitt inklusive der nicht bedachten liege bei 1,8 %. Die vom Kläger verlangte Zahl kann er daher nach diesen Angaben leicht errechnen. Ein eventueller Auskunftsanspruch ist daher bereits erfüllt.

Außerdem steht nach den Darlegungen unter I. dem Kläger ein Anspruch auf Gleichbehandlung nicht mit dem Durchschnitt des Kreises von Mitarbeitern zu, für den er die Auskunft verlangt, sondern ein höherer. Da sich der Hauptanspruch nicht nach den verlangten Daten richtet, besteht der entsprechende Hilfsanspruch ebenfalls nicht.

2. Hilfsweise, im Unterliegensfall hinsichtlich des Hauptantrags, verlangt der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über die für die Bestimmung maßgeblichen Kriterien zu erteilen, nach denen die Beklagte zum 01.04.2021 bei den leitenden Angestellten Gehaltsanpassungen vorgenommen hat. Aus der Begründung des Hilfsantrags auf Seite 9 der Berufungsbegründung ergibt sich, dass der Antrag nur für den Fall gestellt wird, dass die Kammer der Auffassung ist, der Anspruch ergebe sich nicht wie der Kläger meint, aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, sondern aus § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Diese zulässige Bedingung ist nicht eingetreten, so dass die Berufungskammer über den Hilfsantrag nicht zu entscheiden hatte.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 92 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Zulassung der Revision im tenorierten Umfang beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Im Übrigen bestand für die Zulassung der Revision kein gesetzlich vorgesehener Anlass.

NüboldSchier Keller

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