Urteil vom 04.07.2023 · IWW-Abrufnummer 238777
Landesarbeitsgericht Düsseldorf - Aktenzeichen 3 Sa 118/23
1. Die symptomlose SARS-CoV-2 (Corona) - Infektion eines Arbeitnehmers begründet für sich genommen keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 3 Abs. 1 EFZG .
2. Die symptomlose SARS-CoV-2 (Corona) - Infektion eines Arbeitnehmers begründet allerdings einen in seiner Person liegenden Verhinderungsgrund im Sinne von § 616 Satz 1 BGB .
3. Der Zeitraum der wegen einer SARS-CoV-2 (Corona) - Infektion angeordneten Absonderung (Quarantäne) von zwei Wochen bzw. 11 Arbeitstagen betrifft im Falle eines langjährig beschäftigten Arbeitsnehmers eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit im Sinne von § 616 Satz 1 BGB .
4. Einen Arbeitnehmer, der in ein als Risiko-, nicht jedoch als Hochrisikogebiet eingestuftes Land verreist, für das zum Zeitpunkt des Reiseantritts - wie auch der gesamten Reise - keine behördliche Reisewarnung ausgesprochen ist, trifft kein Verschulden an der Arbeitsverhinderung, wenn nach Reiserückkehr eine SARS-CoV-2 (Corona) - Infektion festgestellt wird.
Tenor: I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 22.12.2022 - Az.: 1 Ca 330/22 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.073,60 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 01.09.2021 zu zahlen. II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. III. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt der Kläger, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte zu 46% und der Kläger zu 54%. IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 16. bis 30.08.2021.
Der Kläger ist seit dem 01.05.2008 bei der Beklagten, die ein Galvanik- und Polierzentrum betreibt, auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 30.04.2008, wegen dessen Inhalts auf Blatt 57 ff. der erstinstanzlichen Akte Bezug genommen wird, als Helfer beschäftigt.
Der doppelt gegen das SARS-CoV-2 Virus geimpfte Kläger befand sich vom 23.07.2021 bis zum 14.08.2021 in der Türkei. Zum Zeitpunkt der Reise hatte das Robert-Koch-Institut die Türkei durch Mitteilung vom 04.06.2021 für die Zeit ab 06.06.2021 als sog. "Risikogebiet" eingestuft. Risikogebiete waren zum damaligen Zeitpunkt laut Information des Robert-Koch-Instituts vom 04.06.2021 zur Ausweisung internationaler Risikogebiete unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass es in dem jeweiligen Staat oder der jeweiligen Region in den letzten sieben Tagen mehr als 50 an SARS-CoV-2-Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gab. Sie unterschieden sich von den Hochrisikogebieten vor allem dadurch, dass jene besonders hohe Fallzahlen von mehr als 200 an SARS-CoV-2-Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen aufwiesen. Für Risikogebiete bestand zum damaligen Zeitpunkt keine offizielle Reisewarnung, von nicht notwendigen, touristischen Reisen wurde lediglich "abgeraten".
Laut täglichem Lagebericht des Robert-Koch-Instituts vom 23.07.2021 (Blatt 77 ff. der erstinstanzlichen Akte), dem Tag der Abreise des Klägers in die Türkei, wies der Wohn- und Arbeitsort E. des Klägers zum damaligen Zeitpunkt mit 67,8 den höchsten in Deutschland zu verzeichnenden Inzidenzwert der an SARS-CoV-2-Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner auf.
Zum 17.08.2021 wurde die Türkei als Hochrisikogebiet eingestuft. Mit Wirkung vom 17.08.2021 wurde eine offizielle Reisewarnung vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in die Türkei ausgesprochen.
Mit Ordnungsverfügung der Stadt Solingen vom 17.08.2021, wegen deren Inhalts im Übrigen auf die Anlage zur Klageschrift (Blatt 12 ff. der erstinstanzlichen Akte) Bezug genommen wird, wurde gegenüber dem Kläger angeordnet, dass dieser sich vom 16.08.2021 bis einschließlich zum 30.08.2021 in seiner häuslichen Wohnung in Quarantäne zu begeben und mithin gemäß § 30 IfSG abzusondern habe. Grundlage der Ordnungsverfügung war nach deren Begründung eine am 16.08.2021 mit positivem Ergebnis bei dem Kläger durchgeführte Testung auf eine SARS-CoV-2 Infektion.
Der Kläger befolgte die Ordnungsverfügung und erschien dementsprechend in der Zeit von Montag, 16.08.2021 bis Montag, 30.08.2021 auch nicht bei der Beklagten zu Arbeitsleistung. Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für diesen Zeitraum existiert nicht. Die Beklagte zahlte für den Zeitraum an den Kläger kein Entgelt. Hätte der Kläger in dem Zeitraum gearbeitet, wären arbeitstäglich in der Fünf-Tage-Woche 8 Stunden, bei 11 ausgefallenen Arbeitstagen im Streitzeitraum mithin 88 Arbeitsstunden angefallen; der im Streitzeitraum relevante Stundenlohn des Klägers betrug 12,20 € brutto.
Wegen etwaiger Entschädigungsleistungen nach § 56 IfSG erfolgte ein Email-Schriftverkehr zwischen der hierfür zuständigen Abteilung des Landschaftsverbandes Rheinland und der Beklagten, der mit Email vom 08.09.2021, 15:35 Uhr zu der Rückmeldung der Sachbearbeiterin Frau N. gegenüber der Beklagten führte, dass sie - ebenso wie zuvor die Beklagte nach eigener Prüfung - zu dem Ergebnis gelangt sei, dass im vorliegenden Fall kein Entschädigungsanspruch bestehe (Anlage B2, Blatt 62 ff. der erstinstanzlichen Akte).
Mit Schreiben der den Kläger vertretenden Z. vom 17.09.2021 (Blatt 8 der Akte) wurde die Beklagte erfolglos zur Lohnzahlung für den Streitzeitraum in Höhe eines Betrages von 1.164,24 € brutto aufgefordert.
Mit seiner am 05.04.2022 bei dem Arbeitsgericht Solingen eingegangenen und der Beklagten am 19.04.2022 zugestellten Klage hat der Kläger seinen Zahlungsanspruch sodann gerichtlich weiterverfolgt. Er hat behauptet, er habe vor der Rückreise aus der Türkei am 13.08.2021 einen Corona-Test durchgeführt, der negativ ausgefallen sei. Am Montag, den 16.08.2021 bzw. am 17.08.2021 habe er in Deutschland einen PCR-Test durchgeführt, der positiv ausgefallen sei. Ihm sei es schlecht gegangen, er habe seine Ärztin angerufen und die Symptome geschildert, woraufhin diese ihm zu einem Test geraten habe. Er sei in dem streitgegenständlichen Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Die Quarantäne sei aufgrund der Krankheit angeordnet worden. Während seiner Reise habe er sich an alle Schutzvorschriften gehalten. Er hat die Ansicht vertreten, er habe durch die Reise in die Türkei das Risiko einer Erkrankung nicht erhöht. Die Regelungen des IfSG seien so auszulegen, dass wenn die Reise das Risiko nicht erhöhe, diese einem Entschädigungsanspruch nicht entgegenstehe. Seinen Zahlungsanspruch stütze er vorrangig auf das Entgeltfortzahlungsgesetz und hilfsweise auf seinen Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 5 IfSG.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.164,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.09.2021 zu zahlen.Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.Sie hat bestritten, dass der Kläger im Rechtssinne arbeitsunfähig gewesen sei. Selbst wenn, habe der Arbeitsausfall nicht monokausal auf einer etwaigen Erkrankung beruht, sondern auch auf der behördlichen Quarantäneanordnung. Zudem habe der Kläger das Risiko einer etwaigen Erkrankung durch die Reise in ein Risikogebiet erhöht. Er habe sich die Infektion in der Türkei zugezogen. Der Anspruch aus § 56 IfSG bestehe zudem nicht gegenüber dem Arbeitgeber, dieser sei insoweit lediglich Zahlstelle.
Das Arbeitsgericht Solingen hat die Klage mit Urteil vom 22.12.2022 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die von dem Kläger geltend gemachten Anspruchsgrundlagen den Zahlungsanspruch nicht begründeten. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch aus § 3 EFZG bestehe nicht, denn der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger habe eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht hinreichend dargelegt. Wenn wie hier eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht vorliege, müsse der Arbeitnehmer substantiiert dazu vortragen, welche Krankheit vorgelegen habe, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden hätten und welche Verhaltensmaßregeln oder Medikamente ärztlich verordnet worden seien. Der Arbeitnehmer müsse also zumindest laienhaft bezogen auf den gesamten Entgeltfortzahlungszeitraum schildern, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit welchen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit bestanden hätten. Der Kläger habe seine Arbeitsunfähigkeit nicht diesen Anforderungen entsprechend hinreichend dargelegt. Allein die Infektion mit SARS-CoV-2 sei dafür nicht ausreichend. Tatsachen, die seine Arbeitsunfähigkeit begründen, habe der Kläger nicht dargelegt. Er habe lediglich vorgetragen, dass er "arbeitsunfähig erkrankt" sei. Damit habe er lediglich eine Wertung bzw. Schlussfolgerung vorgetragen, nicht aber tatsächliche Umstände, die es dem Gericht ermöglichten zu bewerten, ob er tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist. Eine Einlassung des Klägers, was denn konkret seine Symptome (Fieber, Ermüdung, Schlappheit etc) gewesen seien, sei nicht erfolgt. Daher sei auch dem Beweisangebot des Klägers auf Vernehmung seiner Ärztin nicht nachzugehen. Werde ein Beweis angetreten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsachen fehle und sollten durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, sei der Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich. Abgesehen davon habe die von dem Kläger als Zeugin benannte Ärztin Frau Dr. med. B. schon deshalb nicht zu vernehmen gewesen, weil der Beweisantritt an der fehlenden Schweigepflichtentbindungserklärung des Klägers scheitere. Der Zahlungsanspruch könne schließlich auch nicht erfolgreich als Entschädigungsanspruch auf § 56 Abs. 5 IfSG gestützt werden. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei insoweit zwar eröffnet. Der Anspruch scheitere aber schon daran, dass die Beklagte für den Entschädigungsanspruch nicht selbst passivlegitimiert, sondern nach § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG lediglich "Zahlstelle" für die zuständige Behörde sei. Ansprüche nach §§ 56 - 58 IfSG seien gemäß § 66 IfSG gegen das Land NRW zu richten.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen ist dem Kläger über seine Prozessbevollmächtigten am 24.01.2023 zugestellt worden. Er hat mit am 20.02.2023 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt, die er - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 28.04.2023 - mit am 28.04.2023 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten begründet hat.
Der Kläger verfolgt sein Klageziel unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Er rügt die rechtliche Bewertung des Falles durch das Arbeitsgericht als fehlerhaft. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts folge der Entgeltfortzahlungsanspruch im vorliegenden Fall schon daraus, dass Arbeitsunfähigkeit infolge der Unzumutbarkeit der Erbringung der Arbeitsleistung vorgelegen habe, jedenfalls wenn und weil wie hier die Unzumutbarkeit auf der Infektion mit einem Virus beruhe, der zu einer hochansteckenden Krankheit führe, die nicht selten einen tödlichen Verlauf nehme. Zudem habe der Kläger in ausreichendem Maße Auskunft über seinen Gesundheitszustand gegeben und die Symptomatik bekundet. Schließlich habe das Arbeitsgericht die Prüfung unterlassen, ob der klägerseitig begehrte Anspruch auf § 616 BGB gestützt werden könne. Insoweit mache der Kläger sich das Bestreiten der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit durch die Beklagte nunmehr hilfsweise zu eigen und stütze seinen Zahlungsanspruch hilfsweise darauf, im Streitzeitraum nicht krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen zu sein, aufgrund der festgestellten SARS-CoV-2 Infektion und der hierauf beruhenden Quarantäneanordnung aber gleichwohl ohne Verschulden durch einen in seiner Person liegenden Grund für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an der Arbeitsleistung verhindert gewesen zu sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 22.12.2022 - 1 Ca 330/22 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.164,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.09.2021 zu zahlen.Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und rügt bereits die Zulässigkeit des Rechtsmittels mangels hinreichender Begründung. Sollte die Berufung zulässig sein, sei sie aber jedenfalls nicht begründet. Unverändert trage der Kläger nicht schlüssig und substantiiert zu einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vor; diese bleibe ebenso wie schon die Infektion des Klägers mit dem SARS-CoV-2 Virus als solche bestritten. Zu einer etwaigen Klageänderung in der Berufungsinstanz durch den Hilfsvortrag des Klägers zu § 616 BGB lasse sie sich zwar ausdrücklich rügelos ein, halte aber auch diesen Anspruch für unbegründet. Dem Anspruch stehe schon entgegen, dass der Kläger durch die Reise in die Türkei, die bereits bei Reiseantritt Risikogebiet gewesen sei, eine etwaige SARS-CoV-2 Infektion und Erkrankung schuldhaft herbeigeführt habe.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen in erster und zweiter Instanz sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b) ArbGG. Ferner ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Eine hinreichende Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Entscheidungsgründen liegt jedenfalls im Sinne von § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO und damit insgesamt die Zulässigkeit des Rechtsmittels begründend vor, indem der Kläger die Rechtsansicht des Arbeitsgerichts entscheidungserheblich zum Entgeltfortzahlungsanspruch dahingehend angreift, dass aus seiner Sicht schon die sich aus der festgestellten SARS-CoV-2 Infektion und der Quarantäneanordnung ergebende Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung zur Annahme von Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 3 Abs. 1 EFZG ausreiche.
II.
Die Berufung ist mit dem Hauptvorbringen nicht, mit dem Hilfsvorbringen des Klägers im Berufungsverfahren jedoch größtenteils begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte für den Streitzeitraum ein Zahlungsanspruch weder aus § 3 Abs. 1 EFZG noch aus § 56 Abs. 5 IfSG zu. Insoweit ist dem Arbeitsgericht in seiner rechtlichen und tatsächlichen Würdigung zu folgen.
Mit dem Hilfsvorbringen des Klägers hingegen ist sein Zahlungsanspruch in Höhe von 11 Tagen á 8 Stunden = 88 Stunden zu dem unstreitig maßgeblichen Stundenlohn von 12,20 € brutto und mithin in der Gesamthöhe von 1.073,60 € brutto (nebst Zinsen) aus § 616 Satz 1 BGB begründet.
Im Einzelnen:
1. Die Zahlungsklage kann für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 16.-30.08.2021 nicht erfolgreich mit dem Hauptvorbringen des Klägers auf § 3 Abs. 1 EFZG oder § 56 Abs. 5 IfSG gestützt werden. Dies hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend festgestellt und dem schließt sich die Berufungskammer an.
a. So sind zunächst die Voraussetzungen für einen Entgeltfortzahlungsanspruch aus § 3 Abs. 1 EFZG nicht erfüllt. Danach hat der Arbeitnehmer für die Dauer von bis zu sechs Wochen gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er infolge Krankheit arbeitsunfähig wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft.
Der Beweis krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit wird in der Regel durch die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG geführt. Ihr kommt - soweit sie ordnungsgemäß ausgestellt worden ist - aufgrund der normativen Vorgaben im Entgeltfortzahlungsgesetz ein hoher Beweiswert zu (BAG vom 08.09.2021 - 5 AZR 149/21, juris, Rz. 12 m.w.N.). Wird der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert oder kann - wie hier - von vornherein schon gar keine solche vorgelegt werden, trägt der klagende Arbeitnehmer die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Es ist dann seine Sache, konkrete Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den Schluss auf eine bestehende Erkrankung zulassen (BAG vom 08.09.2021 - 5 AZR 149/21, juris, Rz. 15). Hierzu ist substantiierter Vortrag z.B. dazu erforderlich, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben und welche Verhaltensmaßregeln oder Medikamente ärztlich verordnet wurden (BAG vom 08.09.2021 - 5 AZR 149/21, juris, Rz. 15; BAG vom 17.06.2003 - 2 AZR 123/02, juris, Rz. 30). Der Arbeitnehmer muss also zumindest laienhaft bezogen auf den gesamten Entgeltfortzahlungszeitraum schildern, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit welchen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit bestanden haben (BAG vom 08.09.2021 - 5 AZR 149/21, juris, Rz. 15). Soweit er sich für die Behauptung, aufgrund dieser Einschränkungen arbeitsunfähig gewesen zu sein, auf das Zeugnis der behandelnden Ärzte beruft, ist dieser Beweisantritt nur ausreichend, wenn er die Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbindet. Ob dies konkludent, zB durch die Benennung als Zeuge, geschehen kann, erscheint nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mit Blick auf die höchstpersönliche Natur des Schutzinteresses des Arztgeheimnisses schon grundsätzlich nicht frei von Zweifeln (BAG vom 08.09.2021 - 5 AZR 149/21, juris, Rz. 15 a.E. m.w.N.). Jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem das Arbeitsgericht bereits in seinem Urteil unter I.2 auf Seite 4 der Entscheidungsgründe das Beweisangebot der Vernehmung von Frau Dr. med. B. als Zeugin an der Unzulässigkeit des Beweisantritts mangels eindeutiger Schweigepflichtentbindungserklärung des Klägers scheitern lässt, kann eine konkludente Entbindung von der Schweigepflicht nicht mehr angenommen werden, wenn dieser Teil der erstinstanzlichen Entscheidungsbegründung gar nicht in der Berufung angegriffen wird. Im Übrigen ist der Ansicht des Arbeitsgerichts beizupflichten, dass jedenfalls eine lediglich als "gegebenenfalls" und ohne nähere Spezifizierung des "Umfangs der unter Beweis gestellten Tatsachen" angekündigte Schweigepflichtentbindung keine solche ist, sondern eben nur deren Inaussichtstellung. Das reicht zur Annahme einer konkludenten Schweigepflichtentbindung nicht aus. Damit ist der Kläger für die Behauptung einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit von vornherein schon beweisfällig geblieben.
Unabhängig hiervon liegt aber auch gar kein hinreichender Sachvortrag zur Begründung krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 16.-30.08.2021 vor. Schon nach dem eigenen, bestrittenen Vorbringen des Klägers hat er seine Ärztin nicht etwa aufgesucht und wurde von ihr untersucht, sondern er rief sie an, schilderte ihr seine "Symptome", die er allerdings lediglich pauschal mit "Unwohlsein" darlegt, und erhielt dann von ihr den Rat, einen PCR-Test durchführen zu lassen. Dieser sei dann positiv ausgefallen, was nachfolgend zur Quarantäneanordnung führte. Mit diesem Vorbringen kann eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht begründet werden. Es werden, wie schon das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, keine konkreten Symptome vorgetragen, die eine Bewertung überhaupt erst zuließen, ob krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat oder nicht. Die unspezifizierte Darlegung eines "Unwohlseins" ohne Beschreiben näherer Symptome wie z.B. Fieber, Ermüdung, Schlappheit ist, auch das hat das Arbeitsgericht bereits hinlänglich ausgeführt, unzureichend. Selbst in der Berufungsinstanz hat der Kläger sein Vorbringen hierzu in keiner Weise spezifiziert. Damit fehlt jede Grundlage für die Feststellung einer von Krankheitssymptomen begleiteten SARS-CoV-2 Infektion.
Die positive Testung auf das SARS-CoV-2 Virus als solche, also die symptomlose SARS-CoV-2 Infektion begründet entgegen der Rechtsansicht des Klägers noch keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. Krankheit im Sinne des § 3 Abs. 1 EFZG ist jeder regelwidrige Körper- oder Geisteszustand. Die Regelwidrigkeit wiederum ist dadurch definiert, dass der Zustand nach allgemeiner Erfahrung unter Berücksichtigung eines natürlichen Verlaufs des Lebensgangs nicht bei jedem anderen Menschen gleichen Alters und Geschlechts zu erwarten ist (BAG vom 07.12.2005 - 5 AZR 228/05, juris, Rz. 35; LAG Thüringen vom 31.05.2023 - 4 Sa 131/19, juris Rz. 20; LAG Köln vom 13.12.2021 - 2 Sa 488/21, juris, Rz. 14; ErfK/Reinhard, 23. Auflage, § 3 EFZG Rn. 5; HWK/Vogelsang, 10. Auflage, § 3 EFZG Rn. 34). Zwar begründet danach die SARS-CoV-2 Infektion einen regelwidrigen Körperzustand. Die Infektion des Klägers ist durch einen positiven PCR-Test am 16.08.2021 festgestellt worden. Das ergibt sich aus der hierauf beruhenden und dies noch einmal gesondert feststellenden Ordnungsverfügung der Stadt Solingen vom 17.08.2021 (dort Seite 2). Das gleichwohl unveränderte Bestreiten des Testergebnisses durch die Beklagte erfolgt vor diesem Hintergrund ins Blaue hinein. Sie tritt der Ordnungsverfügung selbst und deren Begründung und Inhalt nicht entgegen, sondern macht sich diese im Schriftsatz vom 20.06.2022 ausdrücklich dahingehend zu eigen, dass auch sie vorträgt, der Kläger habe sich in der Zeit vom 16.08.2021 bis 30.08.2021 "aufgrund der von ihm vorgelegten Ordnungsverfügung der Stadt Solingen wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne" befunden. Dann ist es aber widersprüchlich und damit unbeachtlich, parallel hierzu gleichwohl die positive PCR-Testung des Klägers am 16.08.2021 zu bestreiten, die ja gerade zu der Ordnungsverfügung geführt hat.
Der infolge der Infektion regelwidrige Körperzustand des Klägers führt allerdings nur zur Arbeitsunfähigkeit, wenn ihm hierdurch aufgrund bestimmter körperlicher oder anderer Symptome die Arbeitsleistung unmöglich wird. Weder eine Zurückweisung der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber wegen der Ansteckungsgefahr für Dritte noch die Weigerung beispielsweise von Arbeitskollegen, mit einem infizierten Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten, begründen eine solche Unmöglichkeit der Arbeitsleistung (LAG Köln vom 13.12.2021 - 2 Sa 488/21, juris, Rz. 15, 16). Unmöglichkeit der Arbeitsleistung liegt auch nicht schon im Falle der Annahme einer Unzumutbarkeit für den infizierten Arbeitnehmer vor, weil dieser - verständlicherweise - die Ansteckung Dritter vermeiden möchte (Schmitt, EFZG, 9. Auflage, § 3 Rn. 67; Düwell, BB 2020, 891, 893; Preis/Mazurek/Schmid, NZA 2020, 1137, 1139; Weber in: vom Stein/Rothe/Schlegel, Gesundheitsmanagement und Krankheit im Arbeitsverhältnis, 2. Auflage, § 23 Rn. 9, 12; a.A. HWK/Vogelsang, 10. Auflage, § 3 EFZG Rn. 43; Schaub/Linck, Arbeitsrechtshandbuch, 19. Auflage, § 98 Rn. 14, soweit die Arbeitsleistung - wie hier - nicht im Home Office erbracht werden kann; unklar ErfK/Reinhard, 23. Auflage, § 3 EFZG Rn. 10 einerseits, Rn. 19a andererseits). § 275 Abs. 3 BGB, der von der Gegenansicht zur Begründung herangezogen wird, hat keinen direkten Bezug zur Frage des Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit, also zur Frage krankheitsbedingter Unmöglichkeit der Arbeitsleistung, sondern regelt ein Leistungsverweigerungsrecht bei Unzumutbarkeit (Grüneberg, BGB, 82. Auflage, § 275 Rn. 32). Es handelt sich also um eine Einrede, die erhoben werden muss - was hier schon nicht ersichtlich durch den Kläger geschehen ist. Die Ansteckungsgefahr für Dritte mag dabei - soweit und solange noch kein behördliches Einschreiten erfolgt ist - durchaus das Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB begründen (so auch Erman/Ulber, BGB, 17. Auflage, § 275 Rn. 83). Dessen Rechtsfolgen ergeben sich dann aber aus §§ 275 Abs. 4, 326 Abs. 1 BGB und führen zum Wegfall des Entgeltanspruchs, soweit keine Sonderregelung wie beispielsweise § 616 Satz 1 BGB (hierzu ErfK/Preis, 23. Auflage, § 616 BGB Rn. 1, 3) eingreift. Damit begründet § 275 Abs. 3 BGB aber keinen (Unter-)Fall der Arbeitsunfähigkeit, sondern es bedarf auch im Falle des § 275 Abs. 3 BGB weiterhin deren positiver Begründung und Feststellung, um die anderenfalls eintretende gesetzliche Folge des Verlustes des Gegenleistungs-, hier also des Lohnanspruchs zu verhindern. Der Arbeitnehmer, der symptomlos mit einem ansteckenden Virus infiziert ist, seine Arbeitsleistung damit aber durchaus, wenn auch unter Inkaufnahme der Gefährdung Dritter erbringen könnte und der sich dann deshalb auf Unzumutbarkeit beruft, ist nicht arbeitsunfähig, also nicht unfähig, die Arbeitsleistung zu erbringen. Er ist arbeitsunwillig, nämlich nicht bereit, sie unter Inkaufnahme der Gefährdung Dritter zu erbringen und seine Unwilligkeit führt wegen § 275 Abs. 3 BGB zur berechtigten Leistungsverweigerung, damit aber nicht zugleich über § 3 Abs. 1 EFZG zum Erhalt seines grundsätzlich nach § 275 Abs. 4, 326 Abs. 1 BGB wegfallenden Gegenleistungsanspruchs.
Im Falle des Klägers ist die (subjektive) Unmöglichkeit der Arbeitsleistung im Betrieb der Beklagten erst aufgrund der behördlichen Absonderungsverfügung nach § 30 IfSG der Stadt Solingen vom 17.08.2021 eingetreten. Denn mit dieser, sofort vollziehbaren Ordnungsverfügung wurde ihm zugleich die Arbeitsleistung im Betrieb der Beklagten untersagt und damit aus rechtlichen Gründen unmöglich gemacht. Hiervon erneut zu unterscheiden ist aber eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, bei der die Erbringung der Arbeitsleistung nicht aus Rechtsgründen, sondern tatsächlich unmöglich wird. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch lässt sich auch insoweit mithin nicht begründen, denn es ist die behördliche Anordnung und nicht - erst recht nicht allein - eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, die den Arbeitnehmer an der Erbringung der Arbeitsleistung hindert (ebenso vom Stein/Rothe/Schlegel, Gesundheitsmanagement und Krankheit im Arbeitsverhältnis, 2. Auflage, § 23 Rn. 12; Schmitt, EFZG, 9. Auflage, § 3 Rn. 67).
b. Der Zahlungsanspruch des Klägers lässt sich nicht aus § 56 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 IfSG herleiten. Zutreffend hat das Arbeitsgericht hierzu zunächst ausgeführt, dass mit der Geltendmachung dieser Anspruchsgrundlage keine Änderung des Streitgegenstandes einhergeht. Antrag und zugrundeliegender Lebenssachverhalt bleiben insoweit unverändert. Das Arbeitsgericht hat auch zutreffend seine Rechtswegzuständigkeit bejaht (vgl. hierzu auch LAG Düsseldorf vom 10.10.2022 - 3 Ta 278/22, juris, Rz. 25) - was für das Berufungsgericht allerdings ohnehin nach § 65 ArbGG bindend wäre.
In der Sache scheitert ein Anspruch des Klägers aus § 56 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 IfSG ungeachtet der Subsidiarität des Entschädigungsanspruchs (vgl. hierzu OVG NRW vom 10.03.2023 - 18 A 1460/22, juris, Rz. 42) gleich aus mehreren Gründen. Zum einen fehlt der insoweit gemäß § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG lediglich als Zahlstelle "für die zuständige Behörde" eingebundenen Beklagten bzgl. der Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs durch den Arbeitnehmer die Passivlegitimation. Denn nach § 66 Abs. 1 Nr. 2 IfSG sind Ansprüche nach § 56 IfSG gegen das Land zu richten, in dem das Absonderungsgebot angeordnet oder erlassen wurde, hier also gegen das Land NRW. Die beklagte Arbeitgeberin ist als bloße Zahlstelle des Entschädigungsanspruchs nicht selbst zahlungsverpflichtete Schuldnerin, sondern kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung allein das Land NRW (im Einzelnen näher hierzu schon LAG Düsseldorf vom 10.10.2022 - 3 Ta 278/22, juris, Rz. 31). Auch gegen das Land NRW - dies nur der Vollständigkeit halber - hätte der Kläger zum anderen allerdings keinen Entschädigungsanspruch, denn gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG ist dieser ausgeschlossen, wenn eine Absonderung durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet hätte vermieden werden können. Nun war die Türkei bei Antritt der - vermeidbaren - Urlaubsreise des Klägers zwar kein Hochrisikogebiet mehr, aber immer noch (einfaches) Risikogebiet. Die zeitlichen Zusammenhänge der Reise und unmittelbar hierauf folgenden Virusinfektion und darauf beruhenden Absonderungsverfügung deuten klar darauf hin, dass der Kläger durch den Nichtantritt dieser Reise in ein Risikogebiet die Absonderung hätte vermeiden können. Einen Entschädigungsanspruch gegen den Staat schließt dies aus.
2. Die Klage - und mit ihr die Berufung - ist jedoch in Höhe von 1.073,60 € brutto nebst Zinsen aus § 616 Satz 1 BGB begründet. Denn aufgrund der - wenn auch symptomlosen - SARS-CoV-2 Infektion wurde der Kläger durch behördliche Ordnungsverfügung vom 17.08.2021 für die Zeit vom 16.-30.08.2021 nach § 30 IfSG abgesondert und war in dieser Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne Verschulden an seiner Dienstleistung verhindert. Den Zeitraum von 11 Arbeitstagen erachtet die erkennende Berufungskammer auch als verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit im Sinne des § 616 Satz 1 BGB, so dass der Kläger von der Beklagten für diesen Zeitraum, da die disponible Norm hier auch nicht abbedungen worden ist, Entgeltfortzahlung verlangen kann.
a. Der Kläger, der seinen Anspruch erstinstanzlich allein auf krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und als Entschädigungsanspruch gegen die Beklagte verfolgt hat, stützt sein Zahlungsbegehren in der Berufungsinstanz nunmehr auch auf § 616 Satz. 1 BGB und macht sich hilfsweise das Vorbringen der Beklagten zu eigen, er sei im Streitzeitraum vom 16.-30.08.2021 nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Sollte darin eine Klageänderung liegen, bestehen gegen deren Zulässigkeit jedenfalls gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 533 ZPO keine Bedenken. Denn ungeachtet dessen, dass die Berufungskammer eine solche Klageänderung für sachdienlich hielte, um den Kläger nicht prozessunökonomisch zu einer weiteren Klage zu zwingen, obwohl der Rechtsstreit auch hinsichtlich des Anspruchs aus § 616 Satz 1 BGB unmittelbar entscheidungsreif ist, hat die Beklagte jedenfalls in der mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich erklärt, sich rügelos zu einer etwaigen Klageänderung einzulassen. Die rügelose Einlassung führt nach § 267 ZPO zur Annahme der Einwilligung in die Klageänderung gemäß § 533 Nr. 1 ZPO (vgl. auch Seiler in: Thomas/Putzo, ZPO, 44. Auflage, § 533 Rn. 3). Die der Anspruchsprüfung zugrunde zu legenden Tatsachen sind allein die nach § 529 ZPO ohnehin in dem Berufungsverfahren zu berücksichtigenden, so dass auch die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO vorliegen.
b. Der Zahlungsanspruch des Klägers ist für den Zeitraum vom 16.-30.08.2021 in Höhe von 1.073,60 € brutto aus § 616 Satz 1 BGB begründet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm liegen vor.
aa. Der Kläger war in der Zeit vom 16.-30.08.2021 an der Dienstleistung, hier konkret an der Erbringung seiner Arbeitsleistung im Betrieb der Beklagten, verhindert. Durch die behördliche Absonderungsverfügung vom 17.08.2021 wurde ihm für die Zeit vom 16.-30.08.2021 nach § 30 IfSG aufgegeben, sich in häuslicher Quarantäne abzusondern.
bb. Die Absonderungsverfügung begründet zudem einen in der Person des Klägers liegenden Verhinderungsgrund. Ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Verhinderungsgrund ist dann gegeben, wenn der Verhinderungsgrund sich speziell auf den Arbeitnehmer und nicht auf einen größeren Personenkreis erstreckt (ErfK/Preis, 23. Auflage, § 616 BGB Rn. 3 m.w.N.). Ein solcher ist mit der gegen den Kläger ergangenen Absonderungsverfügung vom 17.08.2021 gegeben. Denn sie ist - wie dem Bescheid der Stadt Solingen zu entnehmen ist - ergangen aufgrund einer am 16.08.2021 bei dem Kläger positiv durch Testung festgestellten SARS-CoV-2 Infektion. Die infektionsschutzrechtliche Anordnung ist also ergangen aufgrund der - schon begrifflich nun wirklich eindeutig - "in der Person" des Klägers festgestellten Infektion mit einem hochansteckenden Virus, die zu gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit führt, jedoch unmittelbar allein den Kläger betrifft und auf ihn persönlich bezogen ist. Mit der Quarantäneanordnung erfolgt eine personenbezogene Gefahrenabwehrmaßnahme, die ihn zugleich hindert, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Das erfüllt den Tatbestand des § 616 Satz 1 BGB (ebenso zu Quarantäneanordnungen die ganz h.M.: BGH vom 30.11.1978 - III ZR 43/77, juris, Rz. 20; OVG NRW vom 10.03.2023 - 18 A 1460/22, juris, Rz. 64 ff.; OVG NRW vom 10.03.2023 - 18 A 563/22, juris, Rz. 76 ff.; OLG Hamm vom 29.10.2021 - I-11 U 60/21, juris, Rz. 25; OVG Lüneburg vom 02.07.2021 - 13 LA 258/21, juris, Rz. 10; ErfK/Preis, 23. Auflage, § 616 BGB Rn. 6a; Balkau, NJW 2023, 1768, 1772; Noack, NZA 2021, 251, 253; Preis/Mazurek/Schmid, NZA 2020, 1137, 1140; Hohenstatt/Krois, NZA 2020, 413, 415; a.A. ArbG Iserlohn vom 03.05.2022 - 2 Ca 1848/21, juris, Rz. 69; Kraayvanger/Schrader, NZA 2020, 623, 626).
cc. Die Verhinderung des Klägers im Umfang von 11 Arbeitstagen bzw. zwei Wochen betrifft eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit im Sinne von § 616 Satz 1 BGB.
Was unter einer verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit im Sinne dieser Norm zu verstehen ist, wird allgemein und speziell aber auch bezogen auf die Fälle der SARS-CoV-2 Infektionen mit einhergehender Quarantäne unterschiedlich beurteilt.
Sehr weitgehend, wenngleich sehr eingehend begründet vertritt das OVG NRW die Ansicht, dass ein Zeitraum von bis zu sechs Wochen Dauer eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit im Sinne von § 616 Satz 1 BGB sein könne (OVG NRW vom 10.03.2023 - 18 A 1460/22, juris, Rz. 74 ff., 120; OVG NRW vom 10.03.2023 - 18 A 563/22, juris, Rz. 90 ff., 136; kritisch hierzu Balkau, NJW 2023, 1768, 1772). Ob dem zu folgen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Der hier relevante Zeitraum von 11 Arbeitstagen bzw. zwei Wochen ist deutlich kürzer.
Auch für einen solchen Zeitraum ist allerdings umstritten und höchstrichterlich ungeklärt, ob er noch als verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit im Sinne von § 616 Satz 1 BGB gelten kann.
Im arbeitsrechtlichen Schrifttum wird teilweise angenommen, dass der Begriff der verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit im Sinne von § 616 Satz 1 BGB sehr eng auszulegen sei, grundsätzlich nur Zeiträume von wenigen, in der Regel nicht mehr als 5 bis maximal 10 Tagen umfasse und daher unter anderem der während der Corona-Pandemie im Jahr 2021 regelmäßige - und auch im vorliegenden Fall angeordnete - Quarantänezeitraum von zwei Wochen nicht hierunter falle (HWK/Krause, 10. Auflage, § 616 BGB Rn. 41; Schaub/Linck, Arbeitsrechtshandbuch, 19. Auflage, § 97 Rn. 16; Balkau, NJW 2023, 1768, 1772; Noack, NZA 2021, 251, 253; Hohenstatt/Krois, NZA 2020, 413, 416).
Demgegenüber wird aber auch - und speziell mit Bezug zur Corona-Pandemie - vertreten, dass jedenfalls bei langjährig beschäftigten Arbeitnehmern noch ein Zeitraum von bis zu 14 Tagen nicht erheblich im Sinne von § 616 Satz 1 BGB sein könne (ErfK/Preis, 23. Auflage, § 616 Rn. 10b; Preis/Mazurek/Schmid, NZA 2020, 1137, 1141; weitergehend schon ab einem Jahr Betriebszugehörigkeit diesen Zeitraum als Höchstgrenze bejahend: Erman/Riesenhuber, BGB, 17. Auflage, § 616 Rn. 50). Langjährig, nämlich seit 2008 und damit mehr als 13 Jahre zum Zeitpunkt des Verhinderungsfalles beschäftigt war der Kläger. Soweit die Vertreter dieser Ansicht allerdings einen Zeitraum der Verhinderung von bis zu 14 Tagen nur für langjährig Beschäftigte im Sinne von § 622 Abs. 1 Nr. 6 BGB annehmen (ErfK/Preis, 23. Auflage, § 616 Rn. 10b; Preis/Mazurek/Schmid, NZA 2020, 1137, 1141), würde er hierunter nicht fallen.
Die erkennende Berufungskammer folgt zunächst der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dazu, dass der Begriff der verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit bei § 616 Satz 1 BGB nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen ist (BAG vom 11.08.1988 - 8 AZR 721/85, juris, Rz. 43; BAG vom 13.11.1969 - 4 AZR 35/69, juris, Rz. 24; BAG - Großer Senat - vom 17.12.1959 - GS 2/59, juris, Rz. 59). Dabei sind zur Bestimmung dessen, was im jeweiligen Einzelfall noch "verhältnismäßig nicht erheblich" ist, unter anderem die Dauer des Verhinderungsfalles und die Dauer der Betriebszugehörigkeit ins Verhältnis zu setzen (BAG vom 13.11.1969 - 4 AZR 35/69, juris, Rz. 24; BAG - Großer Senat - vom 17.12.1959 - GS 2/59, juris, Rz. 59).
Das VG Koblenz und das OLG Hamm gelangen auf dieser Abwägungsgrundlage bei einer mindestens einjährigen Betriebszugehörigkeit bereits zu dem Ergebnis einer verhältnismäßig unerheblichen Verhinderungsdauer bei Anordnung einer zweiwöchigen (Regel-)Quarantäne (VG Koblenz vom 10.05.2021 - 3 K 107/21.KO, juris, Rz. 30; OLG Hamm vom 29.10.2021 - I-11 U 60/21, juris, Rz. 29; ebenso Erman/Riesenhuber, BGB, 17. Auflage, § 616 Rn. 50).
Aus Sicht der erkennenden Berufungskammer ist jedenfalls bei einer wie hier 13-jährigen Betriebszugehörigkeit einerseits und andererseits einer Quarantäneanordnung im Zusammenhang mit einer Pandemielage, bei der im Falle einer Infektion erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen bis hin zum Tode drohen, die Zeit der regelmäßigen Absonderungsdauer von zwei Wochen als verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit im Sinne von § 616 Satz 1 BGB anzusehen. Ob eine Verhinderung im Umfang von zwei Wochen schon immer dann, wenn ein Arbeitsverhältnis mehr als ein Jahr besteht, verhältnismäßig unerheblich und damit dem Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung zuzumuten ist, erscheint durchaus fragwürdig. Letztlich überzeugt diese zeitliche Grenze ebenso wenig wie die Annahme, es bedürfe des Überschreitens der Grenze des § 622 Abs. 2 Nr. 6 BGB von 15 Jahren Betriebszugehörigkeit zur Begründung der Verhältnismäßigkeit eines Verhinderungszeitraums von zwei Wochen. Der vorliegende Fall zeigt dies anschaulich: Der Kläger überschreitet mit 13 Jahren Betriebszugehörigkeit bereits die Grenze des § 622 Abs. 2 Nr. 5 BGB, jedoch nicht die des § 622 Abs. 2 Nr. 6 BGB. Entscheidend dürfte vielmehr im Rahmen der erforderlichen Abwägung sein, dass es sich um ein langjähriges Arbeitsverhältnis handelt. Das ist bei mehr als einem Jahrzehnt des Bestehens des Arbeitsverhältnisses der Fall, reicht allein zur Begründung der Verhältnismäßigkeit eines zweiwöchigen Verhinderungszeitraums allerdings noch nicht aus. Vielmehr muss eine ereignisbezogene Komponente hinzukommen, anderenfalls ist auch bei derart langjährigen Arbeitsverhältnissen - aber auch bei noch länger bestehenden - eine Verhinderung im Umfang von zwei Wochen nicht mehr als unerheblich, sondern als erheblich und damit im Rahmen des § 616 Satz 1 BGB anspruchsausschließend anzusehen.
Die ereignisbezogene Komponente resultiert hier aus der besonderen Pandemielage im Zusammenhang mit dem SARS-CoV-2 Virus. Die Pandemielage, die im Jahr 2021 andauerte, war einerseits durch ein neuartiges, hochansteckendes und bis hin zur Todesgefahr gesundheitsgefährdendes Virus mit weltweiter Verbreitung gekennzeichnet, andererseits durch eine gerade begonnene Impfkampagne unter anderem in Deutschland mit bislang erstmals zur Anwendung gelangten, neuartigen Impfstoffen. Die Pandemielage war hochgradig dynamisch und führte zu immer wieder erforderlichen Anpassungen behördlicher Entscheidungsprozesse bis hin auch zur Anpassung infektionsrechtlicher gesetzlicher Grundlagen.
Vor diesem Hintergrund waren Arbeitnehmer wie alle Menschen jederzeit der Gefahr einer SARS-CoV-2 - Infektion ausgesetzt und im Falle der Infektion unmittelbar eine Gefahr für ihre Umwelt und damit auch für alle anderen Arbeitnehmer ihres Betriebes, für ihren Arbeitgeber bzw. dessen Vertreter sowie für Kunden. Die infektionsschutzrechtlichen, gefahrenabwehrrechtlichen Ordnungsverfügungen zur Absonderung nach § 30 IfSG - wie hier konkret die gegenüber dem Kläger am 17.08.2021 erlassene Verfügung der Stadt Solingen - dienten dem Schutz nicht nur der Allgemeinheit, sondern als Teil dessen auch der Arbeitskollegen betroffener Arbeitnehmer, ihres Arbeitgebers, der Kunden und schlechthin des Betriebes vor wirtschaftlicher Existenzgefährdung im Falle einer Infektion weiter Teile oder der ganzen Belegschaft und damit einer notwendigen Einstellung der Betriebstätigkeit. In diesem Fall hätte - anders als im Fall einer pandemiebedingten allgemeinen, behördlich angeordneten Betriebsschließung (BAG vom 04.05.2022 - 5 AZR 366/21, juris, Rz. 23) - der Arbeitgeber das allgemeine Wirtschafts- oder das sich konkret ergebende Betriebsrisiko zu tragen und unter anderem seinen Arbeitnehmern deren Entgelt nach § 615 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BGB fortzuzahlen (BAG vom 04.05.2022 - 5 AZR 366/21, juris, Rz. 19).
Wenn demgemäß ein langjährig beschäftigter Arbeitnehmer ohne Verschulden, was weitere Voraussetzung des Anspruchs aus § 616 Satz 1 BGB ist, im Rahmen der SARS-CoV-2 Pandemie positiv auf das Virus getestet und demgemäß per Ordnungsverfügung nach § 30 IfSG einer Regel-Quarantäne von zwei Wochen unterworfen wird, dient diese Anordnung und damit sein Fernbleiben unter anderem auch der Sicherung der Betriebstätigkeit seines Arbeitgebers. Das lässt es durchaus zumutbar erscheinen, jedenfalls für den Regel-Zeitraum der Quarantäne, der im Jahr 2021 zwei Wochen betragen hat und auch hier mit der Anordnung für den Zeitraum von 16.-30.08.2021 zur Anwendung gelangte, bei langjährig beschäftigten Arbeitnehmern das Entgeltrisiko dem Arbeitgeber aufzuerlegen, der zwar von der Verhinderung und dem Leistungsausfall des Arbeitnehmers betroffen ist, aber zugleich auch durch die ihr zugrundeliegende Anordnung geschützt wird. Es mag sein, dass der erst wenige Monate beschäftigte Arbeitnehmer im Falle einer solchen Regel-Quarantäne noch unverhältnismäßig lange verhindert ist, bei dem mehr als ein Jahrzehnt im Betrieb Beschäftigten macht eine zweiwöchige, konkret 11 Arbeitstage umfassende Verhinderung wie hier vom 16.-30.08.2021 unter Berücksichtigung des mit der ihr zugrundeliegenden Quarantäne-Anordnung auch einhergehenden Schutzes des Betriebes und aller seiner Angehörigen keinen verhältnismäßig erheblichen Zeitraum aus.
dd. Der Kläger war ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung im Zeitraum 16.-30.08.2021 verhindert. Dabei kann hier unterstellt werden, dass er sich tatsächlich während des unmittelbar zuvor mehrwöchig in der Türkei verbrachten Urlaubs mit dem SARS-CoV-2 Virus infizierte. Damit realisierte sich jedoch lediglich das allgemeine, damalige Lebensrisiko, was von vornherein kein Verschulden des Klägers zu begründen vermag.
Verschulden im Sinne von § 616 Satz 1 BGB liegt vor, wenn der Arbeitnehmer gröblich gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt (BAG vom 19.10.1983 - 5 AZR 195/81, juris, Rz. 22). Es gelten damit insoweit dieselben Grundsätze wie beim Entgeltfortzahlungsanspruch aus § 3 Abs. 1 EFZG (allg. M.: ErfK/Preis, 23. Auflage, § 616 BGB Rn. 11; jurisPK-BGB/Legleitner, 10. Auflage, § 616 Rn. 18; Erman/Riesenhuber, BGB, 17. Auflage, § 616 Rn. 42; HWK/Krause, 10. Auflage, § 616 BGB Rn. 44). Erforderlich ist also ein grober oder gröblicher Verstoß gegen das Eigeninteresse eines verständigen Menschen und damit ein besonders leichtfertiges oder vorsätzliches Verhalten (BAG vom 26.10.2016 - 5 AZR 167/16, juris, Rz. 36; BAG vom 18.03.2015 - 10 AZR 99/14, juris, Rz. 14). Das Risiko der Unaufklärbarkeit eines möglichen Verschuldens des Arbeitnehmers liegt beim Arbeitgeber (BAG vom 26.10.2016 - 5 AZR 167/16, juris, Rz. 36; BAG vom 18.03.2015 - 10 AZR 99/14, juris, Rz. 16).
In Anwendung dieser Grundsätze trifft den Kläger an der seiner Verhinderung zugrundeliegenden Virusinfektion und der hierauf beruhenden Absonderungsverfügung nach § 30 IfSG kein Verschulden. Richtig ist zwar, dass er sich mit seiner Urlaubsreise vom 23.07. bis 14.08.2021 in die Türkei in ein Gebiet begeben hatte, das im Reisezeitraum als Risikogebiet eingestuft war. Das bedeutete, dass es in der Türkei damals mehr als 50 an SARS-CoV-2-Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gab, aber noch weniger als 200 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner, denn bei Überschreiten dieses Wertes wäre eine Einstufung als Hochrisikogebiet erfolgt. Dementsprechend bestand im Reisezeitraum des Klägers für die Türkei keine Reisewarnung. Vielmehr wurde (abrufbar unter www.rwarchiv.de) im Reisezeitraum des Klägers von Reisen in die Türkei lediglich "abgeraten". Eine behördliche "Reisewarnung" erging erst mit Wirkung ab 17.08.2021, als die Türkei wegen gestiegener Fallzahlen wieder als Hochrisikogebiet galt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Kläger bereits wieder in Deutschland.
Die Reise in ein Land, für das im gesamten Reisezeitraum keine behördliche "Reisewarnung" gilt, kann keinesfalls als grober Verstoß gegen das Eigeninteresse eines verständigen Menschen und damit als besonders leichtfertig hinsichtlich der damit verbundenen Gefahr einer Virusinfektion angesehen werden. Das wäre möglicherweise bei einer trotz offizieller Reisewarnung erfolgenden Reise in ein Hochrisikogebiet der Fall. Wenn aber das Reiseland nicht Gegenstand behördlicher Reisewarnungen ist, überspannt es den Maßstab des groben Verschuldens gegen sich selbst deutlich, eine Reise, von der nur abgeraten, vor der aber nicht gewarnt wird, bei nachfolgender Infektion als besonders leichtfertig einzustufen (so aber HWK/Krause, 10. Auflage, § 616 BGB Rn. 44; a.A. zu Recht Fuhlrott/Fischer, NZA 2020, 345, 347; ErfK/Reinhard, 23. Auflage, § 3 EFZG Rn. 26). Das überspannt den gesetzlichen Verschuldensmaßstab. Dass der Gesetzgeber in § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG einen Anspruch auf Entschädigung ausschließt, wenn die Infektion und hierauf beruhende Absonderung durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet hätte vermieden werden können, ändert nicht den eingeschränkten Verschuldensmaßstab im Rahmen des § 616 Satz 1 BGB. Entschädigungsrechtlich mag es gerechtfertigt erscheinen, Reisen in einfache Risikogebiete, vor denen der Staat nicht warnt, sondern von denen er nur abrät, bei nachfolgender Infektion zum Anlass für einen Ausschluss von Entschädigungsansprüchen zu nehmen. Hier richtet sich der Anspruch gegen die Allgemeinheit, so dass schon unter deutlich geringeren Voraussetzungen als der Annahme groben Verschuldens gegen sich selbst Ansprüche ausgeschlossen werden können.
Im Falle des Anspruchs aus § 616 Satz 1 BGB unterliegt die Annahme eines anspruchsausschließenden Verschuldens hohen Anforderungen. Diese können nicht für den Pandemiefall außer Kraft gesetzt werden. In Anwendung dieser Grundsätze bleibt im Falle des Klägers festzustellen, dass dieser unstreitig zweifach gegen das SARS-CoV-2 Virus geimpft war und damit die seinerzeit zur Verfügung stehenden Schutzimpfungen vollständig in Anspruch genommen hatte. Ferner widersetzte er sich nicht einer offiziellen Reisewarnung. Welchen Unterschied sollen aber aus Sicht eines verständigen Arbeitnehmers Reisewarnung und ein "Abraten" von Reisen machen und welchen Unterschied soll es aus seiner Sicht machen, dass eine Einstufung als Risiko- oder Hochrisikogebiet vorliegt, wenn schon die Reise, von der nur abgeraten wird, ein grobes Verschulden gegen sich selbst begründete? Das macht keinen Sinn. Allenfalls bei Reisen trotz offizieller Reisewarnung, also insbesondere solchen in ein Hochrisikogebiet, kann von einem leichtfertigen Umgang mit der eigenen Gesundheit und dem Risiko einer Infektion ausgegangen werden.
Ganz besonders trifft dies auf den vorliegenden Fall zu, in dem der Wohn- und Arbeitsort des Klägers, der Stadtkreis Solingen zum Zeitpunkt des Reiseantritts am 23.07.2021 mit einem Inzidenzwert von 67,8 den Spitzenplatz in Deutschland belegte und, nähme man die für Auslandsreisen durch das RKI vorgenommene Länderkategorisierung auch für innerdeutsche Reisen vor, damit selbst Risikogebiet gewesen wäre. Wenn aber die Ansteckungsgefahr am Wohn- und Betriebssitz ähnlich hoch wie im Risikogebiet ist, setzt sich der in ein Risikogebiet reisende Arbeitnehmer keiner signifikant erhöhten Gefahr aus, sondern allein dem allgemeinen Lebensrisiko (Fuhlrott/Fischer, NZA 2020, 345, 347). Das schließt die Annahme von Verschulden im Sinne des § 616 Satz 1 BGB aus.
ee. Der dem Grunde nach mithin gegebene Anspruch des Klägers aus § 616 Satz 1 BGB auf Fortzahlung seiner Vergütung im Absonderungszeitraum vom 16.-30.08.2021 besteht der Höhe nach im Umfang der für die ausgefallene Arbeitszeit geschuldeten Vergütung. Ausgefallen sind an den 11 Arbeitstagen der Absonderung im Streitzeitraum unstreitig jeweils 8 Arbeitsstunden, in Summe somit 88 Stunden á 12,20 € brutto. Das ergibt eine berechtigte Klageforderung von 1.073,60 € brutto. Soweit der Kläger mehr eingeklagt hat, sind Klage und Berufung unbegründet.
c. Die Zinsforderung rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 92 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Revision wird gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zur Klärung entscheidungserheblicher Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, speziell zur Auslegung der Begriffe der "Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit" bei § 3 Abs. 1 EFZG und vor allem der "verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit" im Sinne von § 616 Satz 1 BGB sowie zur Anwendung des dortigen Verschuldensbegriffs bei Reisen in Risikogebiete, die nicht Gegenstand von Reisewarnungen sind, zugelassen.
Klein Büchling Schönebeck