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15.07.2005 · IWW-Abrufnummer 052021

Landgericht Coburg: Urteil vom 06.05.2005 – 32 S 25/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


IM NAMEN DES VOLKES!

Endurteil

In dem Rechtsstreit
- Klägerin u. Berufungsbeklagte -
gegen
- Beklagte u. Berufungsklägerin

wegen Forderung

hat die 3 . Zivilkammer des Landgerichts Coburg durch den Richter am Landgericht XXX, der Richterin am Landgericht XXX und der Richterin XXX im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis 29.04.2005, eingereicht werden konnten am 06. Mai 2005 für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Amtsgerichts Coburg vom 03.03.2005 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 56,70 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.
Die Parteien streiten um die Höhe von Rechtsanwaltsgebühren als Schadensposten nach einem Verkehrsunfall.

Am 27.05.2004 wurde der ordnungsgemäß in einer Tiefgarage in Wiesbaden abgestellte Pkw der Klägerin (amtliches Kennzeichen XXX)
durch eine Kollision mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XXX beschädigt. Die volle Haftung der Beklagten ist außer Streit. Mit anwaltschaftlichem Schreiben vom 15.07.2004 bezifferte die Klägerin gegenüber der Beklagten den ihr aus dem Verkehrsunfall entstandenen Schaden, u. a. Rechtsanwaltskosten von 265,70 Euro (1,3 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 2.717,03 Euro). Mit Schreiben vom 19.07.2004 anerkannte und regulierte die Beklagte den Schaden nahezu vollständig. Lediglich das Anwaltshonorar beglich sie in Höhe von 209,00 Euro (1,0 Geschäftsgebühr aus einen Streitwert von. 2.717,03 Euro). Die Differenz von 56,70 Euro ist Gegenstand der Klage.

Das Amtsgericht Coburg hat der Klage mit Endurteil vom 03.03.2005 stattgegeben. Auf das Urteil wird Bezug genommen (Blatt 49 - 54 der Akten).

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie wendet hauptsächlich ein, eine generelle Festlegung einer konkreten Gebühr für eine Vielzahl von Einzelfällen, ohne Zugrundelegung der Bemessungskriterien des § 14 RVG sei gesetzeswidrig. Es sei stets auf den Einzelfall abzustellen. Da vorliegend der Sachverhalt, die Haftung und die Schadenshöhe von ihr - der Beklagten - zu keinem Zeitpunkt - in Abrede gestellt worden sei, sei eine Geschäftsgebühr vor. 1,3 nicht gerechtfertigt.

Sie beantragt daher zu erkennen:

1. Das Urteil des Amtsgerichts Coburg vom 03.03.2005, Az.:11 C 1347/04, wird aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trage im Wesentlichen vor, die Regelgebühr liege bei 1,3. Im Übrigen, habe ein wenigstens durchschnittlich gelagerter Schadensfall vorgelegen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Parteien haben sich mit schriftlicher Entscheidung einverstanden erklärt.

II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die zulässige Klage hat nämlich in der Sache keinen Erfolg, Der Klägerin steht im Rahmen des Schadensersatzanspruches nach §§ 7, 17 StVG, 3 Nr. 1 PflVG jedenfalls keine über 1,0 hinausgehende Geschäftsgebühr hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten zu (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB).

1
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Vergütung in Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Vermögens- und Einkommens-Verhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Gegebenenfalls ist auch ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwaltes bei der Bemessung einzubeziehen. (§ 14 Abs. 1 Satz 2 u. 3 RVG). Die Bestimmung ist verbindlich, wenn sie keinen Ermessenfehler erkennen, lässt. Nur wenn der Anwalt seine Gebühr in einer sachfremden, nicht nachvollziehbaren Weise berechnet hat, kann das Gericht in das grundsätzlich dem. Anwalt vorbehaltene Bestimmungsrecht eingreifen und die Berechnung zum Nachteil des Anwalts korrigieren. (vgl. Hartung/Römermann,, Praxiskommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, § 14 RVG Randnummern 44 ff.

2.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe war die vom Rechtsanwalt der Klägerin getroffene Bestimmung der Geschäftsgebühr von. 1,3 des unstreitigen. Gegenstandswertes von 2.717,03 Euro unbillig und daher unverbindlich (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG.) .

Unzutreffend ist schon der Ansatz, die Schwellengebühr von 1,3 (Nr. 2400 des Vergütungsverzeichnisses -VV-) stelle die Regelgebühr dar.

Seit der Reform des anwaltlichen Vergütungsrechts zum 01.07.2004 beträgt die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 W 0,3 2,5. Die Mitte l gebühr ist damit. 1,5, Mach der Anmerkung zu Nr. 2400 VV kann jedoch mehr als eine Gebühr von 1,3 (sogenannte Schwellengebühr) nicht gefordert v/erden, wenn die Sache nicht umfangreich oder nicht schwierig war. Im Durchschnittsfall beträgt die Schwellengebühr 1,3. Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass jede Angelegenheit, die nicht umfangreich oder nicht schwierig ist, eine durchschnittliche Angelegenheit ist, die den Ansatz der Schwellengebühr rechtfertigt. Dann hätte es nämlich des Rahmens von 0,5 - 2,5 nicht bedurft. Die Mindestgebühr hätte mit 1,3 festgelegt werden können. Daher macht die Einführung der Schwellengebühr die Ausübung sachgerechten Ermessens mit Hilfe des Katalogs nach. § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG nicht entbehrlich (so auch Hartung/Römermann, a. a. O., § 14 RVG Randnummern 66 ff.).

Die vom anwaltschaftlichen Vertreter der Klägerin nachträglich aufgeführten Ermessenskriterien aus § 14 Abs. 1 RVG rechtfertigen - unabhängig von der streitigen Frage, ob der Rechtsanwalt sein Ermessen auch nach dem Zugang der Berechnung nach § 10 RVG beim Auftraggeber noch und/oder neu ausüben darf (vgl. hierzu Hartung/Römermann, a. a. 0., § 14 RVG, Randnummer 76 ff.) sowie unter Berücksichtigung eines dem Rechtsanwalt zuzubilligenden Toleranzbereichs von etwa 20 % (vgl. Hartung/Römermann, a. a. 0.» § 14 RVG, Randnummer 89 ? 91) - im konkreten Fall nicht den Ansatz einer Geschäftsgebühr von 1,3.

Der Umfang der anwaltschaftlichen Tätigkeit erschöpfte sich hier in dem Anfertigen des Schriftsatzes vom 15.07.2004 (vgl. Anlage K 1). Die Beklagte beglich die geltend gemachten Schadenspositionen - bis auf die vorliegend in Streit stehende Differenz der Geschäftsgebühr von 0,3 - umgehend. Der Umfang der Tätigkeit ist daher als unterdurchschnittlich zu bewerten. Die Beklagte hat die Haftung ihrer Versicherungsnehmerin am gegenständlichen Verkehrsunfall und den der Klägerin hierdurch, entstandenen Schaden zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt, so dass von einer unterdurchschnittlichen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit auszugehen ist. Da die Beklagte den klägerischen Schaden auch unverzüglich nach Eingang des Schreibens vom 15.07.2004 reguliert hat, kommt dem Merkmal "Bedeutung der Angelegenheit" ebenfalls nur unterdurchschnittliche Bedeutung zu. Lediglich die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Klägerin sind nach ihrem unwidersprochenen Vortrag als durchschnittlich zu werten. Unter Berücksichtigung und Abwägung sämtlicher vorgenannter Faktoren handelt es sich im Streitfall um eine unterdurchschnittlich schwierige und unterdurchschnittlich umfangreiche Angelegenheit, die jedenfalls eine- Geschäftsgebühr über 1,0 nach Nr. 2400 VV nicht rechtfertigt. Eine Geschäftsgebühr von 1,0 des Gegenstandswertes von 2.717,03 Euro hat die Beklagte vorliegend unstreitig gezahlt:.

III.

Die Kostenentscheidung beruhe auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 703 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Streitwertfestsatzung für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG.
Die Voraussetzungen für eins Zulassung der Revision gemäß §§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

RechtsgebietRVGVorschriften§ 14 RVG Nr. 2400 VV

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