12.07.2006 · IWW-Abrufnummer 061993
Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Beschluss vom 23.02.2006 – 16 Ta 88/06
1. Hat nach § 769 Abs. 1 ZPO das Prozessgericht eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung angeordnet, kann eine zusätzlich beantragte Aufhebung bereits getroffener Vollstreckungsmaßregeln des Vollstreckungsgerichts (hier: Kontopfändung) nach §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 Halbs. 2 ZPO nur erfolgen, wenn mit oder neben der Entscheidung des Prozessgerichts nach § 769 Abs. 1 ZPO auch die Aufhebung der bisherigen Vollstreckungshandlungen angeordnet ist.
2. Zuständig für diese Anordnung ist das Prozessgericht, nicht das Vollstreckungsgericht.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF
BESCHLUSS
16 Ta 88/06
In dem Rechtsstreit
(Zwangsvollstreckungsgegenklage)
hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf am 23.02.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kaup
beschlossen:
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 21.01.2005 gegen den Anordnungs-Beschluss des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 11.01.2006 - 6 Ca 4658/05 -, zugestellt am 18.01.2006, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Beschwerdewert: 1.000,00 ¤.
Gründe:
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig: Sie ist nach §§ 793, 567 Abs. 1 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht (§ 569 ZPO) eingelegt worden.
2. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Die vom Arbeitsgericht erlassene Anordnung über die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungs-Beschlusses des Vollstreckungsgerichts/Amtsgerichts Wuppertal vom 27.09.2005 - 44 M 6614/05 - ist zutreffend.
a) Handelt es sich um Fälle des § 775 Nr. 1 und 3 ZPO, hat das Vollstreckungsgericht, hier der Rechtspfleger nach § 20 Nr. 17 RPflG, die Zwangsvollstreckung nicht nur gemäß § 775 ZPO einzustellen bzw. zu beschränken; es hat vielmehr gemäß § 776 Satz 1 ZPO ohne weitere Anordnung bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln zugleich aufzuheben. Handelt es sich dagegen - wie im vorliegenden Fall - um eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 ZPO, dann gelten die Regelungen der §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 Halbs. 2 ZPO: Die bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln bleiben vorerst bestehen, sofern nicht mit der betreffenden Entscheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung (§ 775 Nr. 2 ZPO) auch die Aufhebung der bisherigen Vollstreckungsmaßnahmen angeordnet ist. Das Vollstreckungsgericht kann im Fall des § 775 Nr. 2 ZPO im Gegensatz zu den Fällen des § 775 Nr. 1 und 3 ZPO nicht von sich aus bereits getroffene Vollstreckungsma ßregeln aufheben, sondern nur auf entsprechende Anordnung gemäß § 776 Satz 2 Halbs. 2 ZPO. Zuständig für diese Anordnung ist, wenn es sich - wie hier - um eine einstweilige Einstellung nach § 769 Abs. 1 ZPO gehandelt hat, nicht das Vollstreckungsgericht selbst, sondern - wie sich aus der Gesetzessystematik ergibt - ausschließlich das Prozessgericht. Nur auf dessen Anordnung kann das Vollstreckungsgericht (Rechtspfleger) in derartigen Fällen die von ihm bereits eingeleiteten und nach §§ 769 Abs. 1, 775 Nr. 2 ZPO einstweilig "eingefrorenen" Vollstreckungsmaßregeln auch aufheben (vgl. auch Münch-KommZPO-Schmidt, 2. Aufl., § 776 Rdn. 12 a. E.; Rosenberg/Gaul/Schilken, ZwangsvollstrR, 11. Aufl., § 45 I 3 a cc, S. 730; LG Frankenthal v. 15.12.1994, Rpfleger 1995, 307). Auf die Ausführungen im Beschluss des Beschwerdegerichts vom 22.04.2005 - 16 Ta 173/05 - (JURIS) wird ergänzend Bezug genommen.
b) Hinsichtlich der Gründe für die vom Arbeitsgericht angeordnete Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungs-Beschlusses vom 27.09.2005 wird auf die nicht anfechtbare Entscheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung im Beschluss des Arbeitsgerichts vom 30.11.2005 - 6 Ca 4658/05 - verwiesen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.