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28.09.2006 · IWW-Abrufnummer 062825

Kammergericht Berlin: Urteil vom 13.09.2005 – 14 U 17/04

1. Die Feststellung von echtem Hausschwamm ist nicht Gegenstand der Feststellung und Dokumentation des Bautenstandes.


2. Bei der Feststellung von echtem Hausschwamm handelt es sich um eine Leistung der Fachberatung zum Holzschutz und Holzschadensfall.


Kammergericht

Im Namen des Volkes

verkündet am: 13. September 2005
14 U 17/04

In dem Rechtsstreit XXX

hat der 14. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die mündliche Verhandlung vorn 13. September 2005 durch die Richterin am Kammergericht Dr. Hollweg-Stapenhorst als Vorsitzende und die Richter am Kammergericht Schlecht und Jaeschke

für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Januar 2004 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 104 O 178/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, eine Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin hat die Beklagte auf der Grundlage einer Vereinbarung der Parteien gemäß Schreiben vom 13. September/15. September 2000 (Anlagen K 2, K 3) im ersten Rechtszug im Wege einer Teilklage auf Schadensersatz wegen eines unterlassenen Hinweises auf Hausschwammbefall in von der Klägerin erworbenen Häusern in Anspruch genommen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen in erster Instanz wird auf das am 15. Januar 2004 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin Bezug genommen, durch das die Klage abgewiesen wurde.

Gegen dieses ihr am 28. Januar 2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 10. Februar 2004 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Nach einem am Montag, dem 29. März 2004 eingegangenen Antrag ist die Berufungsbegründungsfrist bis zum 29. April 2004 verlängert worden. Die Berufungsbegründung ist an diesem Tage eingegangen.

Die Klägerin wendet sich gegen die angefochtene Entscheidung insgesamt und macht im zweiten Rechtszug klageerweiternd den nach ihrer Behauptung gegebenen Nettobetrag für die Sanierung des Befalls mit echtem Hausschwamm im Hause M#####straße 22, B##### geltend; auf die Anlage K 13 wird Bezug genommen. Sie habe die Sanierungskosten in Höhe der Klagesumme entsprechend den Belegen in der Anlage K 16 auch bezahlt.

Die Klägerin macht Rechtsausführungen zur Frage der Schadensberechnung und behauptet, der Kaufpreis für die hier fraglichen Grundstücke entspreche dem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Verkehrswert ohne Schwammbefall.

Sie ist weiterhin der Auffassung, der Beklagten sei als Pflichtenverstoß vorzuwerfen, dass sie nicht über den durchaus erkennbaren vorhandenen Hausschwamm aufgeklärt habe.

Die Beklagte habe gewusst, dass ihre Gutachtertätigkeit entscheidend für die Entscheidungsfindung auf Klägerseite gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 15.01.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin, Az. 104 O 178/03 die Beklagte zu verurteilen, an sie ? 251.020,17 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.07.2003 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung und die Klageerweiterung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vor, sie habe der Klägerin aufgrund ihrer Sanierungserfahrung bei vergleichbaren Objekten weit vor der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrages weitergehende Untersuchungen im Hinblick auf Holzschäden, Hausschwamm und Feuchtigkeitsschäden nachdrücklich empfohlen. Allerdings habe sie insoweit schon keine Pflicht zu Fachberatungsleistungen insbesondere beim Holzschutz gehabt. In der vorbehaltlosen Zahlung auf die Schlussrechnung liege ein Anerkenntnis der mangelfreien Leistungserbringung. Die Beklagte macht sich hilfsweise das Vorbringen der Klägerin zu Eigen, nach dem diese bei Kenntnis des Schwammbefalls fristgemäß vom Grundstückskauf zurückgetreten wäre. Deshalb, so meint die Beklagte, könne die Klägerin höchstens das negative Interesse verlangen. Die Schwammbildung sei im vorliegenden Fall beim Kaufpreis kein selbstständiger wertbildender Faktor gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung und die gemäß § 533 ZPO zulässige Klageerweiterung haben in der Sache keinen Erfolg. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beide Berufungsgründe greifen hier nicht durch.

Die Klage ist im Ergebnis vom Landgericht zu Recht abgewiesen worden, weil der Klägerin Schadensersatzansprüche sei es aus § 635 BGB a. F., sei es wegen einer Nebenpflichtverletzung aus positiver Forderungsverletzung oder culpa in contrahendo nicht zustehen.

Denn nach dem Sachvortrag der Parteien kann eine mangelhafte Vertragserfüllung bzw. eine Vertragspflichtverletzung der Beklagten nicht festgestellt werden. Die Beklagte war nicht dafür verantwortlich, dass die Klägerin innerhalb der intern gegenüber ihrem Grundstücksverkäufer bestehenden Rücktrittsfrist vom Schwammbefall Kenntnis nehmen konnte.

Es ist zunächst bereits nicht ersichtlich, dass die Mitteilung über Hausschwammbefall zum vertraglichen Aufgabenbereich der Beklagten gehörte. Beide Parteien sind im Baubereich tätig. Die Kenntnis der grundlegenden Regelungszusammenhänge der HOAI kann für beide Seiten unterstellt werden. Im Angebotsschreiben der Beklagten vom 13. September 2000 ist darauf hingewiesen, dass die Angebotspreise die Leistungsbilder der HOAI in den jeweiligen Leistungsphasen enthalten. Die Beklagte hatte insofern angeboten ?Aufmaß des Bestandes einschl. Keller und Dach, Erstellen von Bestandsplänen, technische Bestandsaufnahme" für 62.000,00 DM und ?Grundlagenermittlung, Vorplanung und Entwurfsplanung" für 170.000,00 DM. Die Klägerin hat ausdrücklich allein und ausschließlich die für 62.000,00 DM angebotene Position des Aufmaßes etc. angenommen. Es ist also nicht richtig, wenn die Klägerin etwa in der Klageschrift undifferenziert vorträgt, die Pflichten der Beklagten hätten sich aus der Leistungsphase 1, der Grundlagenermittlung, ergeben.

Die Feststellung von Bauschäden wie Hausschwammbefall war ausdrücklich im Angebotsschreiben der Beklagten nicht vorgesehen. Eine Pflicht zur Feststellung von Schäden oder Schadensbildern kann auch nicht nach Sinn und Zweck .aus den konkret in Auftrag gegebenen Tätigkeiten des Aufmaßes und der Bestandsaufnahme hergeleitet werden. Dabei kann der genauere Vertragsinhalt in Anlehnung hier an § 15 HOAI näher bestimmt werden (vgl. allg. Koeble u.a., HOAI, 8. Auflage 2002, § 15 Rn. 7). Bei den von der Beklagten zum Kostenpunkt der 62.000,00 DM beschriebenen Tätigkeiten handelte es sich im Kern um einzelne sogenannte Besondere Leistungen für die weitergehende umfassende Grundlagenermittlung, die als solche aber gerade nicht Gegenstand des Vertrages vom 13./15. September 2000 war. In § 15 Abs. 2 HOAI ist nun insofern die Bestandsaufnahme genannt, in § 15 Abs. 4 HOAI wird das Aufmaß erwähnt. Bei der Bestandsaufnahme geht es (nur) um die Beschreibung des interessierenden Baubestandes in räumlicher und technischer Hinsicht .an sich (vgl. zum Gegenstand etwa Koeble u.a., a.a.O. § 15 Rn. 21). Das Vorhandensein von echtem Hausschwamm ist ein Holzschadensfall, aber kein Element des Baubestandes an sich. § 15 Abs. 4 HOAI zeigt, dass aus objektiver Sicht der mit Architektenleistungen befassten Kreise die Erfassung und Bewertung von Bauschäden eine gesonderte Leistung des Architekten darstellt, da die Schadenskartierung und das Ermitteln von Schadensursachen als gesonderte Leistungen angeführt. sind. Sie sind keine Bestandteile der reinen maßlichen Bestandsaufnahme von Baulichkeiten. Nur soweit der Baubestand sich selbst als äußeres Schadensbild darstellt, ist dies bei der. Bestandsaufnahme wiederzugeben, ohne dass bei fehlender vertraglicher Grundlage Ursachenforschung oder die tiefer gehende Schadensverbreitung festzustellen sind. Für die Zwecke der hier nur vereinbarten Bestandsaufnahmegenügen vor diesem Hintergrund jedenfalls die Darlegungen der Beklagten in ihrem schriftlichen Bericht vom November 2000 (Anlage K 4), insbesondere die Wohnungsbeschreibungen mit den Fotografien zu den äußeren Schadensbildern etwa in Form von aufgerissenen Böden und beschädigten Holzbalken.

Soweit sich demgegenüber aus der von der Klägerin vorgetragenen Teilrechnung der Beklagten mit dem Datum vom 02.11.00 (Anlage K 5) ergibt, dass zu diesem Zeitpunkt bereits über die zunächst im September 2000 noch nicht vereinbarte ?Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfsplanung" abgerechnet wurde, hat die Klägerin nicht dargelegt, ob und wann die generelle Grundlagenermittlung vertraglich vereinbart wurde. Selbst wenn man aber von einer vertraglich vereinbarten Grundlagenermittlung ausgehen wollte und in diesem Rahmen die Feststellungs- und Aufklärungspflichten der Beklagten auch zu den Schadensbildern bei der Bestandsaufnahme umfangreicher als vorstehend geschehen ansetzen wollte, dann bleibt doch darauf hinzuweisen, dass die schadensbegründende Pflichtverletzung nach dem Klägervortrag in der nicht rechtzeitigen Information vor Ablauf der Rücktrittsmöglichkeit aus dem Grundstückskaufvertrag liegt. Dann hätte die Rücktrittsfrist aus dem Vertrag der Klägerin mit der Grundstücksverkäuferin aber zugleich auch eine bindende vertragliche Zeitbestimmung für die Pflichten der Beklagten sein müssen. Das ist nicht vorgetragen oder sonst erkennbar. Der Vertrag zwischen den Parteien kam mit den Schreiben vom 13. bzw. 15. September 2000 zustande. Zu diesem Zeitpunkt gab es keinen notariell beurkundeten Kaufvertrag zwischen der Klägerin und dem Grundstücksverkäufer, an dessen Rücktrittspflichten sich die Beklagte beim zeitlichen Ablauf und beim Inhalt ihrer Arbeit hätte orientieren müssen. Deshalb heißt es im Annahmeschreiben der Klägerin vom 15. September 2000 auch, dass der Vertrag mit der Beklagten schon kündbar sei mit ihrer Erklärung, das Objekt nicht erwerben zu wollen. Der Beklagten waren von Anfang an also keine Fristen gesetzt worden. Ihre Arbeiten sind nach diesem Schreiben damit nicht als entscheidende Voraussetzung der evtl. Kaufentscheidung der Klägerin zugeordnet worden. Diese konnte sich nach der Kündigungsregelung viel- mehr erkennbar auch ganz unabhängig von der Tätigkeit der Beklagten entwickeln. Die Klägerin hat sodann auch nicht ansatzweise durch Tatsachen dargelegt, dass die Parteien nach der Vereinbarung des Rücktrittsrechtes in dem am 27. Oktober 2000 abgeschlossenen Grundstückskaufvertrag den Vertragsinhalt geändert hätten und die Beklagte nun beauftragt war, alle Umstände fristgerecht bis zum 20. November 2000 mitzuteilen, die in irgendeiner Weise für das Rücktrittsrecht hätten von Bedeutung sein können. Die Tätigkeit der Beklagten lief vielmehr isoliert neben den Kaufverhandlungen und der Kaufvertragsentscheidung der Klägerin ab und wurde in augenscheinlich jeweils vertraglich erweiterter Weise in der Folgezeit danach umfassend fortgesetzt.

Zu alledem tritt hinzu, dass die Beklagte in ihrem Angebotsschreiben vom 13. September 2000 bereits in eindeutiger und unmissverständlicher Weise für alle möglichen an der HOAI ausgerichteten Vertragsstufen darauf hingewiesen hatte, dass in ihrem Leistungsangebot keine Fachplanungs- und Fachberatungsleistungen wie z. B. die Erstellung von Holzschutzgutachten enthalten sind. Beim echten Hausschwamm handelt es sich um eine holzschädigende bzw. -zerstörende Pilzart. Unstreitig auch nach den Ausführungen der Klägerin und ausweislich des vorgetragenen ?Holzschutztechnischen Gutachtens" des Sachverständigen Dr. S bedarf es zur Feststellung des Hausschwammbefalls umfangreicher Untersuchungen, mag es auch erste äußere Anhaltspunkte wie eine Braunverfärbung und den, sogenannten Würfelbruch geben. Fragen des Hausschwammbefalls sind damit dem Bereich der von der Beklagten ausdrückliche vom Leistungsinhalt ausgeschlossenen Fachberatung zum Holzschutz zuzuordnen. Darin ist insbesondere im vorliegenden Fall weder eine unbillige Benachteiligung der Klägerin entgegen § 242 BGB zu sehen noch löste der Ausschluss der Fachberatung gesonderte Hinweispflichten auf die Notwendigkeit der Einholung eines anderweitigen Gutachtens aus. Denn ausweislich § 5.4.2. des Grundstückskaufvertrages war der Holzschwammbefall Gegenstand einer ausdrücklichen Gewährleistungsregelung und er ist generell ein latentes Thema bei einem Haus der vorliegenden Art, der vorhergehenden Nutzung und des gegebenen Alters. In Kenntnis der vertraglichen Regelung mit der Beklagten hätte es daher der Klägerin oblegen, sogleich für Klarheit zu diesem Punkt ggfls. durch eine gesonderte, im Übrigen auch für den Umfang und die Folgen des Schwammbefalls notwendige fachliche Untersuchung und Beratung zu sorgen.

Da eine Vertragspflichtverletzung der Beklagten nicht festzustellen ist, kommt es auf ihre unter Beweis gestellte Behauptung nicht an, bereits im Vorfeld des Vertragsschlusses habe sie auf die Möglichkeit des Schwammbefalls hingewiesen. Es kann ebenfalls unentschieden bleiben, ob die von der Klägerin in Anlehnung an eine Entscheidung des OLG Köln vorgetragene Schadensberechnung zutreffend ist oder ob bei einer Berechnung des Schadens nach der sogenannten Differenzhypothese nicht bereits richtigerweise im ersten Rechtszug durch Sachverständigengutachten darüber hätte Beweis erhoben werden müssen, dass der Kaufpreis dem Verkehrswert ohne eine gesondert anzusetzende Wertminderung für Schwammbefall entsprochen habe.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO nicht zuzulassen. Denn der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, da er keine entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfragen aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen oder die Interessen der Allgemeinheit berühren; ebenso erfordern auch die Fortbildung des Rechts oder die Einheitlichkeit der Rechtsprechung die Zulassung nicht, da insbesondere von bisheriger Rechtsprechung nicht abgewichen wird (vgl. allg. u.a. BGH NJW 2002, S. 2473 ff., NJW 2003, S. 65 ff.).

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB a.F. § 635

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