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27.06.2007 · IWW-Abrufnummer 071495

Hessisches Finanzgericht: Beschluss vom 31.01.2005 – 6 V 3493/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


HESSISCHES FINANZGERICHT

Geschäftsnummer: 6 V 3493/04

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit XXX

w e g e n
Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1992-1997

hat der 6. Senat des Hessischen Finanzgerichts am 31. Januar 2005 beschlossen:

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe:

I.

Strittig ist, ob der Antragsteller durch Nichterklärung von Einnahmen aus Kapitalvermögen Steuerhinterziehung begangen hat und deshalb die Einkommensteuerbescheide 1992 bis 1997 noch geändert werden durften.

Der ? steuerlich beratene ? Antragsteller betrieb in den Streitjahren eine Pizzeria, aus der er Einkünfte aus Gewerbetrieb erzielte. In seiner Einkommensteuererklärung 1992 vom 19.04.1994 gab er in der Anlage KSO hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen an: ?unter 1.400,-DM? und in den Steuererklärungen 1993 bis 1997 kreuzte er jeweils an: ?Die Einnahmen aus Kapitalvermögen betragen nicht mehr als 6.100,-- DM, bei Zusammenveranlagung 12.200,-- DM?.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen Herren A und B als Verantwort-liche der Firma C Ltd. sagte der ? am 26.11.2001 als Zeuge vernommene ? Antragsteller bei der Kriminalpolizei u.a. aus, dass er am 15.01.1994 einen Betrag von 150.000,- DM bei der Firma C angelegt habe. Das Geld habe er dem Herrn A am 15.1.1994 in bar übergeben. Für die Kapitalanlage seien ihm zwischen 15% und 20% Zinsen zugesagt worden. Außerdem habe ihm Herr A versprochen, dass die Kapitalanlage eine sichere Sache sei und er mit einer vier-wöchigen Kündigungsfrist wieder an das Geld kommen könne. Er habe zu-nächst alle drei Monate, später alle vier Monate Kontoauszüge erhalten. Der letzte Auszug stamme vom 31.08.1999 und weise ein Guthaben über 194.603,12 US-Dollar aus. In 1999 habe er vergeblich versucht, von seiner Anlage 20.000 US-Dollar zu bekommen. Während der Laufzeit habe er keinen Pfennig zurückbekommen.

Auf der Grundlage eines Verfahrens zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen nach § 208 Abs. 1 Nr. 2 AO forderte die Steuerfahndung des FA den Antragsteller mehrfach auf, die Herkunft des Anlagebetrages mitzuteilen, Erträgnisaufstellungen/Zinsbescheinigungen vorzulegen und den (ausweislich des Strafurteils des LG vom 18.12.2002 gegen Herrn A) von der Firma C Ltd. erhaltenen Scheck über 5.000 DM als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erklären. Als der Antragsteller dem nicht nachkam, forderte und erhielt die Steuerfahndung von der Sparkasse sowie von der Bank die entsprechenden Auskünfte und beendete die Fahndungsprüfung mit dem Bericht vom 11.06.2003. Danach seien die buchmäßig gutgeschriebenen und wiederangelegten ?Renditen? entweder als Einnahmen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 EStG oder im Jahr der Gutschrift und Wiederanlage der ?Vergütungen? (Novation) als Kapitaleinnahmen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in folgender Höhe zu erfassen: 28.462,-- DM (1994), 35.335,-- DM (1995), 42.331,-- DM (1996) und 50.713,-- DM (1997); auf den tatsächlichen Geldzufluss komme es nicht an. Nach der als Anlage beigefügten ?Auswertung der Erträgnisaufstellungen und Saldenbestätigungen? seien darüber hinaus 10.615,00 DM in 1992 und 9.760,00 DM in 1993 als Erträge anzusetzen, weil davon auszugehen sei, dass der Antragsteller die am 15.01.1994 dem Herrn A übergebenen 150.000 DM in 1992 und 1993 angelegt und hieraus Kapitalerträge in der geschätzten Höhe erzielt habe (Bl. 22 Band Einkommensteuerakten 1997). Weiterhin habe der Antragsteller aus Zinsgutschriften bei diversen Konten der Sparkasse bzw. der Bank folgende Erträge erzielt: 11.000,00 DM (1992), 11.447,00 DM (1993), 10.282,-- DM (1994), 10.010,00 DM (1995), 8.792,-- DM (1996) und 7.353,-- DM (1997).

Das FA folgte den Feststellungen der Steuerfahndung und erließ unter dem 4.7.2003 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1992 bis 1997. Dagegen legte der Antragsteller am 1.8.2003 Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung, die das FA mit Verfügung vom 5.8.2003 ? befristet bis 1 Monat nach Bekanntgabe der außergerichtlichen Rechtsbehelfsentscheidung ? gewährte.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens übersandte das FA den steuerlichen Bevollmächtigten des Antragstellers eine Zusammenstellung der Kontostände mit den Zinsen für die einzelne Jahre nebst einer Stellungnahme der Steuerfahndung und bat darum, die Einsprüche innerhalb von 4 Wochen eingehend zu begründen. Als dies auch nach einer Erinnerung vom 14.10.2003 nicht erfolgte, wies das FA mit der Einspruchsentscheidung vom 18.11.2003 die Einsprüche als unbegründet zurück und beendete entsprechend der vorgesehenen Befristung die zunächst gewährte Aussetzung. Am 27.09.2004 teilte die Vollziehungsbeamtin des FA dem Antragsteller im Rahmen einer Zahlungsaufforderung zur Beitreibung der Rückstände mit, dass er am 29.09.2004 nicht angetroffen worden sei und er aufgefordert werde, die fälligen Beträge umgehend auf ein Konto des FA einzuzahlen. Ansonsten würde er am 4.10.2004 erneut aufgesucht und ggf. Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt werden.

Mit seinem daraufhin bei Gericht gestellten Aussetzungsantrag verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter und trägt zur Begründung vor:
a) Die Änderung der Steuerfestsetzung sei wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist unzulässig gewesen. Da ihm hinsichtlich der nicht angegebenen Kapitaleinkünfte bei der dem Schneeballsystem zugrunde liegenden Beteiligung an der C Ltd. keine vorsätzliche Steuerhinterziehung nachgewiesen werden könne, betrage die Festsetzungsfrist vier und nicht zehn Jahre.
b) Er habe in den Streitjahren keine Zahlungen aus seiner Beteiligung erhalten. Allein die Tatsache, dass ihm durch Kontoauszüge der Stand seiner Beteiligung mitgeteilt wurde, reiche nicht aus, um eine vorsätzliche Steuerhinterziehung zu unterstellen. Eine Steuerhinterziehung setze die Kenntnis voraus, dass die Aufstockung der Beteiligung als Kapitaleinkünfte zu bewerten sei. Da der BFH noch im Jahre 2001 darüber zu entscheiden gehabt habe, ob eine Beteiligung an einer dem Schneeballsystem unterliegenden Kapitalanlage ? bei der der Anleger keine Zahlungen erhält und letztlich seine gesamte Einlage verliere ? eine Steuerhinterziehung darstelle, könne nicht von seinem Vorsatz ausgegangen werden.
c) Soweit er Kapitaleinkünfte bei der Sparkasse und der Bank erzielt habe, lägen diese bis auf das Streitjahr 1992 unterhalb der Freigrenze für Kapitalerträge von 12.000,-- DM. Für 1992 ergebe sich unter Berücksichtigung von Kapitaleinkünften in Höhe von 11.000,00 DM eine Einkommensteuer von 1.027,69 EUR, sodass einschließlich Nebenforderungen der Vollzug in Höhe von 1.212,79 EUR auszusetzen sei.

Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1992 bis 1997 für die Dauer der Rechtshängigkeit des Klageverfahrens in folgender Höhe auszusetzen: 1.212,79 EUR (1992), 1.240,57 EUR (1993), 3.290,14 EUR (1994), 5.567,35 EUR (1995); 8.686,74 EUR (1996) sowie 6.987,53 EUR (1997).

Das FA beantragt,
die Anträge abzuweisen.

a) Der Antragsteller habe durch die Nichtangabe der Kapitalerträge eine vorsätzliche Steuerhinterziehung begangen, da allgemein bekannt sei, dass Zinsen in den Einkommensteuererklärungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen anzugeben seien. Dies müsse auch der Antragsteller gewusst haben. Der Fall sei nicht anders zu beurteilen wie bei Kapitalanlagen, die bei einer Bank getätigt würden. Auch eine Bank zahle die Zinsen im Regelfall nicht aus, sondern schreibe die Zinsen nur dem Konto gut. Mit der Gutschrift auf dem Konto liege der Zufluss vor, da ab diesem Zeitpunkt über die Zinsen verfügt werden könne. Mit den Zinsen der C verhalte es sich ebenso. Der Antragsteller habe alle drei, später alle vier Monate Kontomitteilungen über sein Guthaben und Gutschriften über die Zinsen erhalten, zuletzt noch am 31.08.1999 über 194.603,12 US-Dollar.
b) Der Verlust des Kapitals spiele keine Rolle, da der Antragsteller bei Abgabe der Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1992 bis 1997 noch gar nicht habe wissen können, dass sein gesamtes Kapital verloren war. Bei Abgabe der Erklärung habe daher noch nicht strittig sein können, ob die Zinsen auch bei Verlust des Kapitals zu versteuern seien. Der Antragsteller habe vielmehr bei Abgabe seiner Steuererklärungen davon ausgehen müssen, dass er sein Kapital behalten werde.
c) Der Bundesfinanzhof habe nicht erst im Jahr 2001, sondern bereits in der Urteilsserie vom 22.07.1997 über unterschiedlich gelagerte Fallgestaltungen aus der Beteiligung an dem Schneeballsystem Ambros S.A. entschieden, dass Erträge aus Schneeballsystemen auch dann steuerpflichtig sind, wenn das gesamte Kapital verloren geht.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antragsteller hat zwar erst am 19.10.2004 und damit nach Eingang seines Aussetzungsantrages bei Gericht am 12.10.2004 einen Aussetzungsantrag beim FA gestellt. Dies steht der Zulässigkeit seines Aussetzungsantrages jedoch nicht entgegen, weil bereits bei Eingang des Antrages die Vollstreckung aus den streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheiden drohte (§ 69 Abs. 4 Nr. 2 FGO): Die Vollziehungsbeamtin des FA hatte den Antragsteller am 27.09.2004 aufgesucht und ihm eine Zahlungsaufforderung hinterlassen, nach der die nicht entrichteten Beträge umgehend auf ein Konto des FA einzuzahlen seien. Ansonsten werde sie am 4.10.2004 erneut aufsuchen und erforderlichenfalls Vollstreckungsmaßnahmen durchführen (Bl. 38 A.d.V.-Akte).

2. Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheides auf Antrag aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheides ist ernstlich zweifelhaft, wenn die Prüfung der Sach- und Rechtslage auf Grund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhaltes in entscheidungserheblicher Weise zu Unsicherheiten in der Beurteilung der Rechtslage oder zu Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen führt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17. Mai 1978 I R 50/77, BFHE 125, 423, BStBl II 1978, 579; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 69 Anm. 86 ff. m.w.N.). Eine unbillige Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 FGO ist anzunehmen, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheides wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Steuerzahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer wieder gutzumachen sind (vgl. BFH-Beschluss vom 24. 11.1988 IV S 1/86, BFH/NV 1990, 295).

Aufgrund dieser Beurteilungsmaßstäbe hat der Senat keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Entgegen der Ansicht des Antragstellers war am 4.7.2003 die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuerbescheide 1992 bis 1997 noch nicht abgelaufen. Die (älteste) Einkommensteuererklärung 1992 wurde zwar am 10. Mai 1994 abgegeben, sodass die reguläre Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.1994 begann und mit Ablauf des 31.12.1998 endete (§§ 169 Abs. 2 Nr. 2, 171 Abs. 2 Nr. 1 AO). Im Streitfall beträgt die Festsetzungsfrist jedoch zehn Jahre, weil durch die Nichterklärung von Einnahmen aus Kapitalvermögen Steuern hinterzogen wurden (§ 169 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 370 AO).

a) Bei der im Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung unterliegt es keinen ernstlichen Zweifeln, dass das FA die streitigen Zinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.V.m. § 11 Abs. 1 EStG erfassen durfte:
aa) Das gilt zunächst für die vom Antragsteller nicht bestrittenen Zinsgutschriften bei der Sparkasse und der Bank in Höhe von 11.000 DM (1992), 11.447,00 DM (1993), 10.282,-- DM (1994), 10.010,- DM (1995), 8.792,-- DM (1996) und 7.353,-- DM (1997).
bb) Darüber hinaus hat das FA in den Jahren 1992 und 1993 zu Recht weitere Kapitalerträge in Höhe von 9.760,-- DM (1992) bzw. 10.615,-- DM (1993) geschätzt. Diese Schätzung ist dem Grunde nach berechtigt, weil der Antragsteller trotz mehrerer Anfragen der Steuerfahndung keine hinreichenden und plausiblen Angaben zur Herkunft und Anlage der 150.000 DM gemacht hat, die er am 15.1.1994 dem Herrn A in bar übergab. Soweit er in seiner Vernehmung vom 16.1.2003 behauptet, das Geld sei nicht bei einer Bank angelegt, sondern zu Hause aufbewahrt worden, nimmt ihm das Gericht dies nicht ab. Nach seinem Anlageverhalten war der Antragsteller bestrebt, die höchstmögliche Rendite für sein Kapital zu erzielen, sodass es nicht glaubhaft ist, dass er einen derart hohen Betrag zinslos zu Hause aufbewahrt haben will. Da die Bareinzahlung zugunsten der Firma C am 15.1.1994 zu keiner nennenswerten Verminderung der Kapitalerträge bei der Sparkasse bzw. Bank geführt hat, ist es ausgeschlossen, dass die 150.000 DM von den bei diesen Banken unterhaltenen Konten stammen.
Die Schätzung ist auch der Höhe nach (9.760,-- DM in 1992 und 10.615,-- DM in 1993) nicht zu beanstanden, da das FA von einer Verzinsung des Anlagebetrages in Höhe von 8,19% (1992) und 6,96% (1993) ausgegangen ist. Ausweislich des Statistischen Jahrbuches für 1994 (Seite 375: ?Soll- und Habenzinsen?) wurden für Festgelder über 100.000,-- DM bis unter 1 Mio. DM zwischen 7,65% und 8,18% (1992) bzw. zwischen 5,19% und 6,95% (1993) gewährt. Die Steuerfahndung liegt mit der gewählten Verzinsung zwar an der obersten Grenze des Schätzungsrahmens. Dies führt jedoch nach summarischer Prüfung nicht zur Rechtswidrigkeit der Schätzung, weil die Vernachlässigung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bei der Sachaufklärung nicht dazu führen darf, dass der Nachlässige einen Vorteil erzielt gegenüber denjenigen, die ihre steuerlichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllen. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung muss ein Steuerpflichtiger, der Veranlassung zur Schätzung gibt, es vielmehr hinnehmen, dass die im Wesen jeder Schätzung liegende Unsicherheit oder Fehlertoleranz gegen ihn ausschlägt und das FA sich bei steuererhöhenden Besteuerungsgrundlagen an der oberen Grenze orientiert, weil der Steuerpflichtige möglicherweise Einkünfte verheimlichen will (vgl. BFH-Urteil vom 29.03.2001 IV R 67/99, BStBl II 2001, 484/485).
cc) Ernstliche Zweifel bestehen auch nicht insoweit, als das FA die dem Antragsteller von der C Ltd. gutgeschriebenen Erträge als Zinsen qualifiziert und in geschätzter Höhe von 28.462,-DM (1994), 35.335,-- DM (1995), 41.931,-- DM (1996) und 50.713,--DM (1997) der Besteuerung unterworfen hat.
(1) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist. Nach dem Kapitalanlagemandat vom 15.1.1994 wurden dem Antragsteller eine ?Rendite? bzw. ?Zinsen? (laut Nr. 4 des Vertrages) auf das Anlagekapital zugesagt. Da im Falle der Kündigung das Kapital (nebst Erträgen) zurückgewährt werden sollte (Nr. 3 des Vertrages), stellten die zugesagten Zinsen ein Entgelt für die Überlassung des Kapitals zur Nutzung dar.
(2) Die Höhe der gutgeschriebenen Zinsen durfte das FA mit ? dem laut Kapitalanlagemandat ? maximalen Zinssatz von 19,8% schätzen. Dabei berücksichtigt das Gericht, dass der Antragsteller nach der Kontomitteilung vom 15.4.1994 für die Zeit vom 24.1.1994 bis zum 15.4.1994, also ca. 3 Monate, eine Gutschrift von 7,5% erhielt (Bl. 68 A.d.V.-Akte), was umgerechnet auf ein Jahr 30% entspricht. Außerdem hat der Antragsteller zwar ausgesagt, im Abstand von 3 bzw. 4 Monaten Kontoauszüge von der C erhalten zu haben, diese Gutschriften jedoch weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Aussetzungsverfahren vorgelegt und damit die Ermittlung der tatsächlich gutgeschriebenen Zinsen vereitelt. Da die Anlage im Ausland erfolgte, wäre es insoweit gemäß der in § 90 Abs. 2 AO normierten gesteigerten Mitwirkungspflicht (Beweismittelbeschaffungs- und -vorsorgepflicht) bei Auslandssachverhalten die Aufgabe des Antragstellers gewesen, durch Vorlage geeigneter Unterlagen darzulegen, dass die Annahmen des FA nicht zutreffen. Da dies nicht erfolgte. ist der vom FA der Besteuerung zugrunde liegende Sachverhalt als der Wahrscheinlichkeit entsprechend der Entscheidung des Streitfalles zugrunde zu legen.

b) Der Senat geht weiterhin davon aus, dass die unter a) aufgeführten Zinsen dem Antragsteller zugeflossen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, sind Einnahmen (vgl. § 8 Abs. 1 EStG) i.S. von § 11 Abs. 1 EStG innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Der Begriff "Zufließen" in § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG ist wirtschaftlich auszulegen (BFH-Urteil vom 1. Oktober 1993 III R 32/92, BStBl II 1994, 179, 181). Danach liegt ein Zufluss erst mit der tatsächlichen Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein in Geld oder Geldeswert bestehendes Wirtschaftsgut vor. Das ist in der Regel der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs oder der Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen (BFH-Urteil in BStBl II 1994, 179). Ob im Einzelfall die wirtschaftliche Verfügungsmacht übergegangen ist, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Falles.
aa) Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Dies gilt im Streitfall für die bei der Sparkasse und der Bank sowie die bei anderen Kreditinstituten erzielten Kapitalerträge.
bb) Ein Zufluss kann auch durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bewirkt werden, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet werden soll. In dieser Schuldumschaffung (Novation) kann eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerrechtlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch tatsächliche Zahlung beglichen hätte (= Zufluss beim Gläubiger) und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag infolge des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte (= Wiederabfluss des Geldbetrages beim Gläubiger; vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480, unter 2. c der Gründe; vom 24. März 1993 X R 55/91, BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499, unter 3. c, aa der Gründe). Der zuletzt beschriebene lange Leistungsweg wird durch die Novationsvereinbarung lediglich verkürzt, indem auf den überflüssigen Umweg der Aus- und Rückzahlung des Geldbetrages verzichtet wird. Von einem Abfluss der Altforderung i.S. von § 11 Abs. 1 EStG kann in derartigen Fällen der Schuldumschaffung nach der Rechtsprechung des BFH allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Steuerpflichtigen) über den Gegenstand der Altforderung darstellt, also auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruht (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 17. Juli 1984 VIII R 69/84, BFHE 142, 215, BStBl II 1986, 48, unter 2. d der Gründe; in BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499, unter 3. c, aa der Gründe). Für die Beantwortung der Frage, ob dies zutrifft, kommt dem Umstand wichtige Bedeutung zu, in wessen Interesse die Novation lag. Lag sie im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers, indiziert dies dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 14. Mai 1982 VI R 124/77, BFHE 135, 542, BStBl II 1982, 469, unter III. 2. c, dd der Gründe; in BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499, unter 3. c, aa der Gründe).

Bei Anwendung dieser Grundsätze begegnet es keinem ernstlichen Zweifel, dass die streitigen, nicht tatsächlich ausgezahlten ?Zinsen? dem Antragsteller in den jeweiligen Zeitpunkten ihrer Gutschrift und Wiederanlage zugeflossen sind: Aus dem Kapitalanlagemandat mit C ergibt sich, dass es dem Antragsteller - wie auch allen übrigen Anlegern - freigestanden hat, sich die ihm gutgeschriebenen Erträge auszahlen zu lassen oder darauf zu verzichten, um den Anlagebetrag zu erhöhen. Die jeweilige Entscheidung, auf die Auszahlung der Zinsen zu verzichten und die entsprechenden Beträge stattdessen zur Wiederanlage zu verwenden, stand daher einem Zufluss der "Renditen" i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht entgegen. In der Wahl einer solchen Wiederanlage lag zivilrechtlich eine Novation. Der Antragsteller hatte die ihm zu Gebote stehende Wahl zwischen Auszahlung der "Zinsen" und deren Wiederanlage im eigenen Interesse ? um fortan höhere Renditen erzielen zu können ? im Sinne der letztgenannten Alternative ausgeübt.

cc) Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel daran, dass C - hätte der Antragsteller statt der Wiederanlage eines Teils der streitigen Zinsen deren Auszahlung gewählt - an den jeweiligen Zeitpunkten in den Streitjahren zu den entsprechenden Zahlungen bereit und fähig gewesen wäre. Nach der Rechtsprechung des BFH kann ein Zufluss i.S. des § 11 Abs. 1 EStG sowohl in den Fällen der bloßen Gutschrift des betreffenden Betrages in den Büchern des Schuldners als auch in den Fällen der Novation grundsätzlich nur dann an-genommen werden, wenn der Schuldner in dem betreffenden Zeitpunkt zur Zahlung des Betrages in der Lage gewesen wäre, also nicht zahlungsunfähig war (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. Mai 1973 VIII R 97/70, BFHE 109, 573, BStBl II 1973, 815, betreffend Buchgutschrift, und vom 21. Juli 1987 VIII R 211/82, BFH/NV 1988, 224, 225, unter 2. b der Gründe, betreffend Novation). Als Zahlungsunfähigkeit in diesem Sinne ist das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu berichtigen (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 109, 573, BStBl II 1973, 815, 816, und in BFH/NV 1988, 224). Im Streitfall geht der Senat davon aus, dass die C in den Streitjahren zu den jeweiligen Zeitpunkten der Wiederanlagen der Zinsen objektiv zahlungsfähig war, weil dem Gericht aus anderen Verfahren bekannt ist, dass die C in dem hier zu beurteilenden Zeitraum (1994 bis 1997) dem Auszahlungsverlangen einzelner Anleger nachgekommen ist und noch über den Streitzeitraum hinaus neue Anleger geworben hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob C in diesem Zeitraum auch imstande gewesen wäre, alle Verbindlichkeiten, also auch die noch nicht innerhalb eines absehbaren Zeitraums (von drei bis sechs Monaten; vgl. BFH-Urteil vom 8. März 1984 I R 44/80, BFHE 140, 421, BStBl II 1984, 415, unter 1. a der Gründe) fällig werdenden und gekündigten Kapitalanlagen, auf einmal auszuzahlen. Denn die C hat bei verständiger und objektiver Beurteilung der gegebenen Sachlage nicht damit rechnen müssen, dass alle oder eine Vielzahl von Anlegern innerhalb eines kurzen Zeitraums die Auszahlung ihrer Kapitalanlagen und Renditen fordern würden.
dd) Ohne Belang ist schließlich, dass die ursprünglich realisierbaren Zinsforderungen zu einem späteren, nach Ablauf des Streitzeitraumes eingetretenen Zeitpunkt uneinbringlich wurden. Bei diesem Forderungsausfall handelte es sich nach herrschender und nach Ansicht des Senates auch zutreffender Auffassung um einen im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen irrelevanten privaten Vermögensverlust (vgl. BFH-Urteil in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755, unter II. 3. der Gründe, m.w.N.).

c) Indem der Antragsteller seine Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht erklärte, machte er über steuerlich erhebliche Tatsachen unvollständige Angaben und verkürzte dadurch die Steuern. Dies geschah auch vorsätzlich, d.h. mit Wissen und Wollen des Antragstellers. So gab er für 1992 wahrheitswidrig in der Anlage KSO an, seine Einkünfte aus Kapitalvermögen betrügen ?unter 1.400,-- DM?, obwohl er allein aus der Kapitalanlage bei der Sparkasse schon Zinseinnahmen in Höhe von 11.000,- DM erzielte. Hinzu kamen weitere Zinseinnahmen aus der Kapitalanlage bei anderen Kreditinstituten in geschätzter Höhe von 10.615,00 DM. In 1993 erklärte der Antragsteller wahrheitswidrig, seine Einkünfte aus Kapitalvermögen lägen unter 12.200,-- DM, obwohl er Zinseinnahmen von 11.233,00 DM bei der Sparkasse, von 214,00 DM bei der Bank und weitere Zinseinnahmen aus der Kapitalanlage bei anderen Kreditinstituten in geschätzter Höhe von 9.760,00 DM vereinnahmte. In den Folgejahren lagen die Zinserträge bei der Sparkasse und der Bank zwar unterhalb 12.200,-- DM, gleichwohl hinterzog der Antragsteller auch in diesen Jahren dadurch Steuern, dass er die Gutschriften von der Firma C Ltd. in seinen Steuererklärungen nicht angab. Der Senat nimmt dem Antragsteller nicht ab, dass er wegen fehlender Auszahlungen in den Streitjahren geglaubt habe, die Aufstockung seiner Beteiligung bei der C könne nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Zwar handelt es sich bei dem Zufluss durch Schuldumschaffung (Novation) um ein normatives Tatbestandsmerkmal, die Bejahung des Vorsatzes setzt jedoch in solchen Fällen nicht die Kenntnis vom Rechtsinstitut einer ?Novation? voraus. Es genügt vielmehr die dem Gesetz entsprechende Wertung, d.h. eine vom Täter vorgenommene ?Parallelwertung in der Laiensphäre? in dem Sinne, dass er sich eine eintretende Steuerpflicht vorstellen konnte und deren Verletzung billigend in Kauf nahm. Diese Vorstellung ergibt sich im Streitfall daraus, dass der Antragsteller in seiner Vernehmung als Zeuge vom 26.11.2001 ausgesagt hatte, ihm sei von Herrn A versprochen worden, dass er höhere Zinsen als auf der Bank erhalten werde, und zwar zwischen 15% und 20%. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Antragsteller geglaubt haben soll, dass diese Zinsen ? im Gegensatz zu Bankzinsen ? erst mit der tatsächlichen Auszahlung steuerpflichtig sein sollen. Aus seinen Kapitalanlagen bei der Sparkasse und der Bank war dem Antragsteller vielmehr bekannt, dass Gutschriften von Zinsen auch ohne Auszahlung zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören und daher in der Steuererklärung anzugeben sind. Die steuerliche Relevanz der gutgeschriebenen Erträge ergibt sich im Übrigen daraus, dass in Nr. 9 des Kapitalanlagemandats vereinbart wurde, jede der Parteien habe für alle eventuellen Steuern selbst aufzukommen.
Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass der Bundesfinanzhof erst mit Urteil vom 18. Mai 2001 VIII B 25/01 (BFH/NV 2001, 1119) entschieden hat, dass im Falle der Wiederanlage von Zinsen die darin liegende Schuldumschaffung (Novation) auch in Fällen eines betrügerischen ?Schneeballsystems? zu einem Zufluss der Zinsen führt. Abgesehen davon, dass diese Entscheidung ausdrücklich als Anschluss an die BFH-Urteile vom 22.07.1997 VIII R 57/95 (BStBl II 1997, 755) bezeichnet wurde, war dem Antragsteller in den Streitjahren 1994 bis 1997 nicht bekannt, dass er Teilnehmer eines Schneeballsystems geworden ist.

3. Der Senat hält auch die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollziehung wegen einer unbilligen Härte für nicht gegeben. Der Antragsteller hat weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass die für eine unbillige Härte erforderliche Existenzgefährdung durch die angegriffene Maßnahme drohe. Eine Existenzgefährdung ist auch nicht aus den vorliegenden Akten ersichtlich.

Der Antrag war daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 11 Abs. 1 EStG

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