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18.02.2009 · IWW-Abrufnummer 090619

Oberlandesgericht Zweibrücken: Beschluss vom 30.01.2009 – 3 W 182/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Aktenzeichen: 3 W 182/08
1 T 138/08 LG Frankenthal (Pfalz)
2 UR II 9/07.WEG AG Neustadt an der Weinstraße

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken

Beschluss

In dem Verfahren XXX

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch XXX

auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 1) und 2) sowie die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 3) und 4), jeweils vom 26. September 2008 und eingegangen am 29. September 2008, gegen den den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner zu 1) und 2) sowie den Antragsgegnern zu 3) und 4) am 17. September 2008 zugestellten Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 10. September 2008 ohne mündliche Verhandlung am 30. Januar 2009 beschlossen:

I. Die sofortigen weiteren Beschwerden gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 10. September 2008 werden zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

III. Der Wert des Gegenstandes der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 12.000 € festgesetzt (§ 48 Abs. 3 WEG).

G r ü n d e:

I.

Die Beteiligten bilden eine Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft. Der Beteiligte zu 5) unterhält in dem Gebäude ein KFZ – Sachverständigenbüro, die Beteiligte zu 6) betreibt eine KFZ – Reparaturwerkstatt. Die Beteiligten zu 7) bis 11) wohnen in den ihnen gehörenden Wohnungen. Nach § 6 Nr. 2 der Teilungserklärung bedarf die Ausübung eines Berufes oder Gewerbes in den Wohnungen der schriftlichen Zustimmung des Verwalters, die nur verweigert werden darf, wenn damit eine erhebliche Belästigung der übrigen Wohnungseigentümer oder eine erhöhte Abnutzung des Gemeinschaftseigentums zu befürchten ist.

Die Wohnungen der Antragsgegner werden ohne eine solche Zustimmung durch den Verwalter zur Ausübung der Prostitution genutzt.

In einer Wohnungseigentümerversammlung am 4. Januar 2007 fassten die Eigentümer zu TOP 7 mehrheitlich folgenden, bestandskräftigen Beschluss:

„Erörterung, ggf. Beschlussfassung über die Vermietung an weitere Prostituierte
Der Mieter ist eine Immobilienfirma. Da die Belästigungen erheblich zugenommen haben, soll die Verwaltung die betreffenden Wohnungseigentümer anschreiben und sie auffordern, dass sie ihre Mietverhältnisse umgehend kündigen. Laut Teilungserklärung bedarf eine solche Vermietung der Zustimmung des Verwalters. Die Zustimmung wurde nie erteilt. Wenn die Aufforderung ohne gewünschten Erfolg bleibt, ist die Verwaltung berechtigt, einen Fachanwalt für WEG – Recht zu beauftragen.“

Erstinstanzlich haben alle Antragsteller von den Antragsgegnern verlangt, die Vermietung der Wohnung zum Zwecke der Ausübung der Prostitution zu unter-lassen. Der Unterlassungsantrag hatte hinsichtlich des Antragsgegners zu 1) Er-folg, hinsichtlich der übrigen Antragsgegner, deren zwei Wohnungen über eine Außentreppe zu erreichen sind, blieb er erfolglos.

Die hiergegen von dem Antragsgegner zu 1) eingelegte sofortige Beschwerde wies die Kammer zurück. Auf die von dem Antragsteller zu 5) (ohne die übrigen Antragsteller) erhobene sofortige Beschwerde gab das Landgericht dem Unterlassungsantrag in vollem Umfang, also auch hinsichtlich der Wohnungen Antragsgegner zu 2) bis 4), statt, indem es den Antragsgegners die Nutzung ihrer Wohnungen zum Zwecke der Ausübung der Prostitution untersagte.

Hiergegen richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden der Antragsgegner. Die Antragsgegner zu 2) bis 4) streben die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung an, der Antragsgegner zu 1) verfolgt seinen Abweisungsantrag weiter.

II.

1. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist das Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung anzuwenden (§ 62 WEG n.F; in diesem Beschluss zitierte Normen des WEG beziehen sich auf die bis zum 30. Juni 2007 geltende Fassung des Gesetzes).

2. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, §§ 27, 29, 22 Abs. 1 FGG), aber unbegründet.

Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

1. Das Verfahren in erster Instanz sowie die auf der Antragstellerseite nur durch den Beteiligten zu 5) eingelegte Erstbeschwerde waren zulässig. Im Einzelnen gilt folgendes:

a) Die Kammer hat die das Verfahren einleitende Antragsschrift dahin ausgelegt, dass mit ihr nicht die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft als solche, sondern die 7 namentlich aufgeführten Wohnungs- und Teileigentümer ihre Störungsbeseitigungsansprüche geltend gemacht haben. Hiergegen ist nichts zu erinnern, zumal in der Antragsschrift von „den Antragstellern“ die Rede ist. Soweit die Kammer allerdings alleine hieraus auf die Zulässigkeit der Erstbeschwerde durch nur einen dieser Antragsteller (den Beteiligten zu 5) geschlossen hat, greift die Begründung des angefochtenen Beschlusses zu kurz. Es stellt sich nämlich weitergehend die Frage, ob die einzelnen Wohnungseigentümer erstinstanzlich und daran anknüpfend der Beteiligte zu 5) im Erstbeschwerdeverfahren unter dem Gesichtspunkt der Prozessführungsbefugnis überhaupt berechtigt waren, Ansprüche auf Unterlassung einer Eigentumsstörung nach § 1004 BGB individuell geltend zu machen oder ob nicht vielmehr alleine die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche befugt war, den Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Der Senat bejaht diese Frage im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Kammer im Sinne der ersten Alternative.

b) Ansprüche auf Abwehr einer Eigentumsstörung nach § 1004 BGB gehören nicht zu denjenigen Rechten, für deren Geltendmachung von vornherein die Wohnungseigentümergemeinschaft allein zuständig ist, weil sie ihrer Natur nach gemeinschaftsbezogen sind und ein eigenständiges Vorgehen des einzelnen Wohnungseigentümers nicht zulassen, wie etwa die Rechte auf Minderung und auf kleinen Schadensersatz (BGHZ 172, 42) wegen mangelhafter Herstellung des Gemeinschaftseigentums. Die Befugnis, einen Anspruch auf Abwehr einer Eigentumsbeeinträchtigung gerichtlich geltend zu machen, liegt vielmehr zunächst einmal bei den jeweiligen Miteigentümern als individuelle Anspruchsinhaber.

c) Die Zuständigkeit zur gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs auf Unterlassung einer Eigentumsstörung war hier auch nicht durch den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Versammlung vom 4. Januar 2007 zu TOP 8 - jedenfalls nicht unter Ausschuss der einzelnen Wohnungseigentümer von der individuellen Geltendmachung - auf die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verfahrensstandschafterin übertragen worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Ansprüche auf die mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentums allerdings durch Mehrheitsbeschluss von der Wohnungseigentümergemeinschaft an sich gezogen werden mit der Folge, dass einzelne Wohnungseigentümer ihre Befugnis zur individuellen Geltendmachung des Anspruchs verlieren, soweit die ordnungsgemäße Verwaltung ein gemeinschaftliches Vorgehen erfordert (BGHZ 172, 42). Für den hier zu entscheidenden Fall folgt aus dieser Rechtsprechung jedoch keine Unzulässigkeit des von den einzelnen Wohnungseigentümern betriebenen Verfahrens.

aa) Der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Versammlung vom 4. Januar 2007 zu TOP 8c lässt sich schon nicht zwingend in dem Sinne verstehen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die gerichtliche Durchsetzung des Anspruches auf Unterlassung einer Eigentumsstörung an sich gezogen hat. Ausweislich des Beschlusses hat die Wohnungseigentümergemeinschaft den Verwalter beauftragt, diejenigen Wohnungseigentümer, deren Wohnungen an Prostituierte vermietet sind, aufzufordern, die bestehenden Mietverhältnisse zu kündigen und bei Erfolglosigkeit dieser Aufforderung einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Diese Beschlussfassung lässt offen, ob auch die gerichtliche Durchsetzung des Anspruches durch die Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgen soll. Unterstellt man, dass einem entsprechenden Beschluss die Wirkung zukommen soll, dass der einzelne Wohnungseigentümer von der individuellen gerichtlichen Durchsetzung seines Anspruches ausgeschlossen sein soll, so muss eine solche Beschlussfassung in diesem Sinne eindeutig sein. Daran fehlt es hier.

bb) Die Zulässigkeit des Verfahrens ist aber auch dann zu bejahen, wenn man den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 4. Januar 2007 in dem Sinne auslegt, dass Unterlassungsansprüche aus § 1004 BGB auch gerichtlich durch die Gemeinschaft ausgeübt werden sollen. Der Senat schließt sich jedenfalls für den hier zu entscheidenden Fall der Rechtsauffassung des OLG München (NJW-RR 2008, 247) an, wonach die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs aus § 1004 BGB durch einen einzelnen Wohnungseigentümer – anders als die Geltendmachung von Ansprüchen auf mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentums – auch nach einem Beschluss der Gemeinschaft, den Anspruch als solche gerichtlich geltend zu machen, zulässig ist. Den hiergegen von Wenzel (NZM 2008, 74) angeführten Argumenten folgt der Senat nicht.

Für Unterlassungsansprüche jedenfalls der vorliegenden Art lässt sich schon nicht feststellen, dass eine ordnungsgemäße Verwaltung eine gemeinsame Willensbildung und ein gemeinschaftliches Vorgehen der Miteigentümer erfordert. Über das „Wie“ der Beseitigung der Störung, die hier in der Duldung der Nutzung der Wohnungen zum Zwecke der Ausübung der Prostitution besteht, kann es keine Meinungsunterschiede geben, weil es nur eine einzige Möglichkeit der Störungsbeseitigung gibt, nämlich eine solche Nutzung zu verhindern. Weitergehende Fragen im Zusammenhang mit der Wiederherstellung eines früheren Zustandes und insoweit bestehenden Alternativen stellen sich hier nicht, so dass auch aus diesem Grund ein gemeinsames Vorgehen der Miteigentümer als Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zwingend ist.

Dass der Störer sich in Konsequenz der hier vertretenen Auffassung möglicherweise einer doppelten Inanspruchnahme ausgesetzt sieht, hält der Senat für eher hinnehmbar als die im umgekehrten Fall eintretenden Folge für den gestörten Wohnungseigentümer, seinen Abwehranspruch vielleicht doppelt geltend machen zu müssen, nämlich zunächst gegenüber der untätigen Wohnungseigentümergemeinschaft und sodann als deren Mitglied gegen den Störer.

Die Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft nach entsprechender Beschlussfassung in gewillkürter oder in gesetzlicher Prozessstandschaft gegen den Störer vorgeht, besagt noch nichts für die Beantwortung der Frage, ob der einzelne Wohnungseigentümer als Rechtsinhaber von der Geltendmachung seines Rechts ausgeschlossen ist. Das Bestehen einer gesetzlichen Prozesstandschaft schließt nicht grundsätzlich aus, dass daneben auch der Rechtsinhaber sein Recht gerichtlich geltend machen kann. So schließt auch die für einen Miteigentümer bestehende gesetzliche Prozessstandschaft aus § 1011 BGB die Prozessführungsbefugnis der anderen Miteigentümer gerade nicht aus (BGHZ 79, 245).

2. Die sofortige weitere Beschwerde ist auch in der Sache unbegründet. Dem Beteiligten zu 5) steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegner aus §§ 1004 BGB, 15 Abs. 3 WEG zu. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Nutzung der Eigentumswohnungen der Antragsgegner zum Zweck der Prostitutionsausübung gegen § 6 Nr. 2 der Teilungserklärung i.V.m. 14 Nr. 1 WEG verstößt und die Antragsgegner auch keinen Anspruch darauf haben, dass der Verwalter die Einwilligung zur Ausübung des Gewerbes der Prostitution erteilt. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung näher ausgeführt, dass und aus welchen Gründen die Ausübung der Prostitution erfahrungsgemäß eine erhebliche Belästigung der anderen Wohnungseigentümer mit sich bringt und dass deshalb die Verweigerung der Zustimmung durch den Verwalter zu Recht erfolgt ist. Der Senat schließt sich dieser Begründung an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung.

Die hiergegen von der Rechtsbeschwerde geführten Angriffe sind unbegründet.

Die Frage, ob eine erhebliche Belästigung im Sinne von § 6 Nr. 2 der Teilungserklärung für die Versagung der Zustimmung vorliegt, muss nach den Gegebenheiten des Einzelfalles beantwortet werden und unterliegt der tatrichterlichen Würdigung. Die vom Tatrichter getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind für das Rechtsbeschwerdegericht dabei bindend, wenn sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen sind. Das ist hier der Fall.

a) Nach § 6 Nr. 2 der Teilungserklärung ist Voraussetzung für die Versagung der Genehmigung einer gewerblichen Tätigkeit eine „erhebliche Belästigung“ der übrigen Miteigentümer. Soweit die Kammer diesen Begriff in ihrer Entscheidung – allerdings ohne Begründung - mit einer „Beeinträchtigung“ oder einem „wichtigen Grund“ gleichgesetzt hat, schließt sich der Senat dem im Ergebnis an. Die Teilungserklärung ist durch das Rechtsbeschwerdegericht selbständig auszulegen; dabei ist auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie sich dieser für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Bei der Auslegung einer in der Teilungserklärung getroffenen Zweckbestimmung ist zudem auf eine wertende Betrachtung und eine Gesamtwürdigung der Teilungserklärung unter Einbeziehung der örtlichen Verhältnisse abzustellen (BayObLG FGPrax 2005, 11). Hiervon ausgehend ist zwar das am Wortsinn ausgerichtete Verständnis der „Belästigung“ gegenüber demjenigen der „Beeinträchtigung“ für gewöhnlich insoweit enger zu fassen, als die Belästigung nur subjektiv empfundene Beeinträchtigungen und auch nur solche in zumeist höchstpersönliche Rechtsgüter bezeichnet (vgl. z.B. die Legaldefinition in § 3 Abs. 3 AGG). Mit der Regelung in § 6 Abs. 2 der Teilungserklärung sollten jedoch generell erheblich störende oder erheblich beeinträchtigende Gewerbebetriebe erfasst werden und auch hierdurch verursachte Wertminderungen der übrigen Wohn- und Teileigentumseinheiten vermieden werden (ebenso im Ergebnis – ohne Begründung hinsichtlich der selben Begrifflichkeiten - BayObLG ZMR 2005, 561). Nach dem übrigen Inhalt der Teilungserklärung und den örtlichen Verhältnissen sind in dem Gebäude Gewerbebetriebe grundsätzlich zulässig. Bei der Abfassung der Teilungserklärung und der Formulierung hinsichtlich der Einschränkung der gewerblichen Nutzung stand deshalb zwar der Immissionsschutz (Geräuschs-, Geruchs-, Schmutzbelästigungen u.ä.) der übrigen Miteigentümer im Vordergrund, was die Verwendung des Begriffes der „Belästigung“ erklärt, nicht aber sollten andere erhebliche Nachteile durch einen Gewerbebetrieb für dessen Genehmigungsfähigkeit bedeutungslos sein.

b) Das Landgericht hat seine Entscheidung im Ausgangspunkt auf eine allgemeinbekannte Tatsache gestützt, dass nämlich die Ausübung der Prostitution mit einem sozialen Unwerturteil behaftet ist und im Weiteren auf einen hierauf aufbauenden Erfahrungssatz, dass dieses soziale Unwerturteil generell und damit auch im konkreten Fall zu einer erschwerten Vermietbarkeit und Verkäuflichkeit der anderen Wohnungen führt. Diese Ausführungen halten einer Rechtskontrolle Stand. Sie folgen der bisherigen Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 8.1.2008, 3 W 257/07) und des OLG Hamburg (OLGR 2006, 311). Auch das Bayerische Oberste Landesgericht hat eine abweichende Ansicht nur für ein ausschließlich gewerblich genutztes Anwesen (FGPrax 2004, 280) oder den – mit der Ausübung der Prostitution nicht vergleichbaren - Betrieb eines „Sex- und Erotikshops“ (ZMR 2005, 561) erwogen.

Der von der Kammer zutreffend angestellten Ausgangserwägung, dass die Ausübung der Prostitution mit einem sozialen Unwerturteil behaftet ist, steht die in dem Prostitutionsgesetz zum Ausdruck kommende, gesetzgeberische Wertung nicht entgegen. Dabei kann dahin stehen, ob die Ausübung der Prostitution im Einzelfall in weiten Bevölkerungskreisen nicht mehr als sittenwidrig angesehen wird. Trotzdem ist sie mit einem sozialen Unwerturteil behaftet. Dieses findet nach wie vor in anderen Gesetzen seinen Ausdruck. So steht die Ausbeutung von Prostituierten (§ 180a StGB – hierunter fällt u.a. das Gewähren von Wohnung und Anhalten zur Prostitution) und die Zuhälterei (§ 181a StGB) unter Strafe. Prostitution ist häufig und in der Bevölkerung bekanntermaßen mit weiteren anderen strafbaren Handlungen eng verknüpft, z.B dem Menschenhandel (§ 232 StGB) und dessen Förderung (§ 233a StGB) oder sie dient der Beschaffung von Geld im Zusammenhang mit einer Drogenabhängigkeit und geschieht deshalb innerhalb des Drogenmilieus. Nach § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG handelt ordnungswidrig, wer durch das Verbreiten von Schriften, Ton- oder Bildträgern, Datenspeichern, Abbildungen oder Darstellungen Gelegenheit zu entgeltlichen sexuellen Handlungen anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekannt gibt. Prostitution ist deshalb weder nach dem Gesetz noch nach der Werteordnung der Gesellschaft eine erwünschte oder auch nur eine wertneutral einzuordnende Tätigkeit.

Der tatrichterlichen Würdigung durch die Kammer unterliegt auch ihre weitere, auf einem zutreffenden Erfahrungssatz beruhende Feststellung, aus diesem sozialen Unwerturteil folge eine erhebliche Belästigung der anderen Wohnungseigentümer durch eine erschwerte Vermietbarkeit und Verkäuflichkeit ihrer Wohnungen. Der Ansicht der Rechtsbeschwerde, eine erhebliche Belästigung komme nur bei einer ungewollten, direkten Konfrontation der Wohnungseigentümer „mit der Prostitution“ in Betracht, folgt der Senat nicht. Die erschwerte Vermietbarkeit und Verkäuflichkeit der anderen Wohnungen hängt nicht davon ab, ob und in welchem Maß es in der Vergangenheit zu solchen direkten Konfrontationen gekommen ist. Die betroffenen Verkehrskreise – Miet- und Kaufinteressenten - machen ihre Entscheidung nämlich nicht von solchen, von ihnen regelmäßig nicht überprüfbaren Verhältnissen des Einzelfalles, sondern alleine von der Tatsache abhängig, dass in dem Gebäude der Prostitution nachgegangen wird.

3. Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten entspricht nicht der Billigkeit, § 47 Satz 2 WEG.

Den Wert des Beschwerdegegenstandes des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde hat der Senat in Übereinstimmung mit der unbeanstandet gebliebe-nen Festsetzung durch das Landgericht festgesetzt (§ 48 Abs. 3 WEG).

RechtsgebietWEGVorschriften§ 1004 BGB; § 15 Abs. 3 WEG

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