20.04.2009 · IWW-Abrufnummer 090743
Landgericht Köln: Urteil vom 30.06.2008 – 2 O 73/08
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Köln
2 O 73/08
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
T A T B E S T A N D :
Die Parteien streiten auf der Grundlage voller Haftung der Beklagten über die Höhe von Restschadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 00.00.00. Bei diesem wurde das geleaste Fahrzeug der zum Vorsteuerabzug berechtigten Klägerin beschädigt. Die Beklagten haben insofern bereits vorgerichtlich Schadensersatz in Höhe von 23.269,32 € geleistet.
Das verunfallte Fahrzeug Marke BMW Typ 560L/530 b Touring wurde von der Klägerin am 30. März 2007 im Rahmen des durch die Firma T AG gewährten Leasings erworben. Ausweislich des vorgerichtlichen Schadensgutachtens der B GmbH vom 19. November 2007 betrugen die voraussichtlichen Kosten der Reparatur des Unfallfahrzeugs 38.652,04 € netto. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs belief sich auf 45.798,32 €. Den Restwert des Fahrzeugs bezifferte das Gutachten auf 17.394,96 € netto.
Die Klägerin entschloss sich in der Folge, den für das verunfallte Fahrzeug bestehenden Leasingvertrag abzulösen und zum Ersatz ein bauartgleiches Neufahrzeug zu erwerben. Nachdem ihr am 06. Dezember 2007 ein dem verunfallten Fahrzeug vergleichbares Neufahrzeug zusammen mit einem Finanzierungsvorschlag angeboten worden war, wurde ihr am 12. Dezember 2007 durch die Leasinggeberin die Ablösung des für das Unfallfahrzeug geschlossen Leasingvertrags bestätigt. Der Ablösungsbetrag betrug 52.378,27 € netto. Am Folgetag, den 13. Dezember 2007, erwarb die Klägerin das Ersatzfahrzeug zum Preis von 75.840,00 €. Ebenfalls am 13. Dezember 2007 veräußerte sie das Unfallfahrzeug an eine in B2 ansässige Autohändlerin für 19.915,97 € netto.
Bereits mit Schreiben der Beklagten zu 3. vom 21. November 2007 war die Klägerin auf ein den Restwertbetrag aus dem Gutachten übersteigendes Kaufangebot der Firma L GmbH in I hingewiesen worden. Darin wurden ihr auch die Kontaktdaten des Anbieters mitgeteilt. Die Beklagte zu 3. hatte sie dabei darauf hingewiesen, das aufgezeigte Kaufangebot über 26.810,00 € brutto (22.529,00 € netto) sei unter Befristung bis zum 12. Dezember 2007 verbindlich abgegeben worden. Abholung und Transport des Fahrzeugs erfolgten durch den Aufkäufer und seien für die Klägerin kostenlos. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Nachdruck des Schreibens vom 21. November (Blatt 39 f GA) Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Auffassung, der von den Beklagten als Gesamtschuldnern zu leistende Schadensersatz umfasse den Nettobetrag für die Ablösung des Leasingvertrags über das verunfallte Fahrzeug in Höhe 52.378,27 €. Sie habe sich im Übrigen nicht auf das von der Beklagten zu 3. vermittelte Restwertangebot über 22.529,00 € netto einlassen müssen. Zuvor hätte ihr namentlich erst die Freigabe für den Verkauf des verunfallten Leasingfahrzeugs erteilt werden müssen. Die Freigabe sei aber an die Zulassung des Neufahrzeugs und die Zahlung des Ablösebetrags gebunden gewesen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, an sie 9.167,98 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 04. Dezember 2007 zu zahlen;
2. ihr nachzulassen, die für eine etwaige Vollstreckung notwendige Sicherheit durch Bankbürgschaft zu leisten bzw. ihrerseits eine Vollstreckung in gleicher Weise abzuwenden.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie meinen, den Fahrzeugschaden bereits durch die Zahlung von 23.269,32 € zutreffend und abschließend reguliert zu haben. Die Klägerin könne allein den durch den Gutachter ermittelten Wiederbeschaffungswert von 45.798,32 € als Schaden zu Grunde legen. Von diesem sei der Restwert entsprechend des der Klägerin vermittelten Angebots über 22.529,00 € abzuziehen.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Nach der vorgerichtlichen Zahlung von 23.269,32 € schulden die Beklagten der Klägerin weitergehenden Schadensersatz nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann sie als Haftungsschaden im Sinne des § 249 BGB nicht den Nettobetrag für die Ablösung des Leasingvertrags über das verunfallte Fahrzeug in Höhe von 52.378,27 € beanspruchen. Auch bei einem Leasingfahrzeug bemisst sich der zu ersetzende Schaden nach dessen Wiederbeschaffungswert und weder nach den Leasingraten noch dem Betrag der Restwertablösung (BGHZ 116, 22 = NJW 1992, 553; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Auflage, § 249 Rdnr. 21). Nach zutreffender Auffassung besteht der Schaden namentlich nicht in der Verpflichtung, die geschuldeten Leasingraten zu zahlen oder den nach dem Vertrag verbliebenen Restwert abzulösen. Vielmehr besteht die unfallbedingte Vermögensminderung auf Seiten des Geschädigten darin, für seine Leistung keine äquivalente Gegenleistung zu erhalten, nachdem ihm die Sachnutzung des Fahrzeugs in Folge dessen Beschädigung entzogen worden ist. Der insofern maßgebende Wert der - entzogenen - Sachnutzung des geleasten Fahrzeugs übersteigt dessen Wiederbeschaffungswert aber nicht (vgl. BGH, a. a. O). Dieses Ergebnis wird bereits aus der Überlegung heraus verständlich, dass der Geschädigte im Zuge der Wiederbeschaffung an Stelle der ihm durch den Unfall entzogenen Sache ersatzweise eine andere, gleichwertige Sache erhält, die dementsprechend als Ersatzgegenstand die äquivalente Gegenleistung seiner eigenen Leistung bildet. Der für die Beschaffung des Ersatzgegenstands aufzuwendende Betrag beziffert vorliegend jedoch nur den durch das Gutachten der B GmbH vom 19. November 2007 ermittelten Wiederbeschaffungswert in Höhe von 45.798,32 €.
Zu Recht haben die Beklagten davon einen Restwert des Unfallfahrzeugs in Höhe von 22.529,00 € in Abzug gebracht. Die Klägerin hat es namentlich entgegen ihrer aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB begründeten Pflicht, den Schaden zu mindern, unterlassen, das ihr durch die Beklagte zu 3. vermittelte und auf die Zahlung eines Nettokaufpreises in dieser Höhe gerichtete Angebot der Firma L GmbH in I anzunehmen. Der Geschädigte ist zwar nicht verpflichtet, von sich aus nach günstigeren als den von dem von ihm zu Rate gezogenen Sachverständigen berücksichtigten Verwertungsmöglichkeiten zu suchen. Weist ihm der Schädiger jedoch eine ohne Weiteres zugängliche günstigere Verwertungsmöglichkeit nach, ist der Geschädigte zur Minderung des Schadens aber verpflichtet, von ihr Gebrauch zu machen (BGHZ 143, 189 = NJW 2000, 800). Eine solche günstigere Verwertungsmöglichkeit haben die Beklagten der Klägerin nachgewiesen. Die Beklagte zu 3. hat der Klägerin bereits unter dem 21. November 2007 das verbindliches Ankaufsangebot über 22.529,00 € netto der Firma L GmbH vermittelt. Danach sollten insbesondere Abholung und Transport des Fahrzeugs durch den Ankäufer und für die Klägerin kostenlos erfolgen. An dieses insgesamt verbindliche Angebot hatte sich der Ankäufer bis zum 12. Dezember 2007 rechtlich gebunden; §§ 145,148 BGB. Im Hinblick auf die ihr nach ihrem eigenen Vortrag noch an diesem Tag erteilte Ablösebestätigung der Leasinggeberin war es der Klägerin damit möglich, zumutbar und im Ergebnis geboten, das Angebot anzunehmen und ihren Schaden damit zu mindern.
Die Klägerin beruft sich schließlich im Ergebnis zu Unrecht darauf, der geforderte Restschadensersatz stehe ihr schon deshalb zu, weil sie sogar berechtigt gewesen wäre, nach dem höheren Kostenaufwand für die Reparatur ihres Fahrzeugs abzurechnen. Diese Möglichkeit wäre ihr namentlich nur dann eröffnet gewesen, wenn sie ihr Fahrzeug noch weitere 6 Monate nach dem Unfall genutzt hätte (BGHZ 154, 395 = NJW 2003, 2085; NJW 2006, 2179). Diese Möglichkeit hat sie für sich aber ausdrücklich ausgeschlossen und das Fahrzeug bereits einen Monat nach dem Unfall veräußert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.
Streitwert: 9.167,98 €