11.05.2010 · IWW-Abrufnummer 101227
Landgericht Wuppertal: Urteil vom 11.03.2010 – 9 S 50/08
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Wuppertal
9 S 50/08
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15. Januar 2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mettmann teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
I
Die Beklagte hatte von den Klägern seit 1996 eine Wohnung im Hause T-Str. in F gemietet. Nach Beendigung des Mietverhältnisses verlangen die Kläger von der Beklagten Zahlung von Restmietzins für den Monat Oktober 2006 in Höhe von 425,68 EUR und restliche Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2006 in Höhe von 419,01 EUR, jeweils nebst Zinsen, sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 EUR. Das Amtsgericht hat durch das angefochtene Urteil unter Klageabweisung im übrigen die Beklagte zur Zahlung restlicher Oktobermiete in Höhe von 301,73 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 93,42 EUR verurteilt. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, dass die restliche Mietzinsforderung nicht durch Aufrechnung mit Gegenforderungen der Beklagten erloschen sei. Denn der Beklagten stünden keine Ansprüche mehr auf Rückzahlung der Kaution zu, da diese durch Verrechnung von Vermieterseite, insbesondere mit der für begründet erachteten Forderung auf Zahlung von Nutzungsentschädigung für den Monat November 2006 in Höhe von 920,20 EUR, erloschen sei. Auch der hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen nicht geschuldeter Schönheitsreparaturmaßnahmen stehe der Beklagten nicht zu. Zwar sei die in § 10 Nr. 5 des Mietvertrages normierte Endrenovierungsklausel unwirksam. Dennoch ergebe sich ein Anspruch auf Ersatz der getätigten Aufwendungen aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag.
II
1.
Die sich gegen die Verurteilung wendende Berufung ist zulässig. Insbesondere liegt eine über 600,00 EUR im Sinne des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO liegende Beschwer der Berufungsklägerin vor. Denn zu ihren Lasten ist nicht nur die Verurteilung zur Zahlung von 301,73 EUR ergangen, sondern zugleich auch der hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Anspruch auf Ersatz des durch die nicht geschuldete Endrenovierung entstandenen Schadens in gleicher Höhe verneint worden, so dass sich eine Beschwer von 603,46 EUR ergibt.
2.
Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Den Klägern stehen restliche Mietzinsansprüche für den Monat Oktober 2006 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nicht zu, da sie durch Aufrechnung mit Gegenforderungen der Beklagten erloschen sind.
a)
Die Kläger können für den Monat November 2006 von der Beklagten eine Zahlung in Höhe von nur 842,14 EUR beanspruchen. Nur in dieser Höhe und nicht in Höhe von 920,20 EUR ist daher der Anspruch auf Kautionsrückzahlung erloschen, so dass die Beklagte mit dem restlichen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution in Höhe der Differenz von 77,86 EUR gegenüber der Restmietzinsforderung für Oktober 2006 erfolgreich aufrechnen konnte.
Nutzungsentschädigung gem. § 546 a Abs. 1 BGB in Höhe der zwischen den Parteien vereinbarten Miete können die Kläger für den Monat November 2006 bis zum Tage der Räumung verlangen. Nur für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache kann der Vermieter als Entschädigung den vereinbarten Mietzins verlangen. Für die Zeit danach bleibt ihm bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die Geltendmachung eines Schadens infolge einer erst später möglichen Vermietung (BGH NZM 2006, 52). Auch aus § 22 Abs. 4 S. 2 des Mietvertrages der Parteien ergibt sich insoweit vorliegend nichts anderes. Denn die Klausel eröffnet die Auslegungsmöglichkeit, dass für die Zeit nach Beendigung der Vorenthaltung hier lediglich ebenfalls nur ein Schadensersatzanspruch geregelt ist, der das Vorliegen eines konkreten Schadens gerade voraussetzt. Zweifel der Interpretation gehen bei vorformulierten, allgemeinen Geschäftsbedingung zu Lasten des Verwenders.
Soweit die Kläger geltend machen, aus dem Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 2.11.2006 (Bl. 63f d.A.) gehe hervor, dass die Parteien eine Vereinbarung dahingehend getroffen hätten, dass die Beklagte die volle Novembermiete zu zahlen habe, ist dem nicht zuzustimmen. Denn dem Wortlaut des Schreibens ist nicht zu entnehmen, dass die Parteien tatsächlich schon eine solche Vereinbarung getroffen haben. Ebenso ist es nämlich möglich, dass der Anwalt eine solche Abrede erstmals in diesem Schreiben – erfolglos - forderte.
Schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten muss davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die Wohnung nicht schon am 15.11., sondern erst am 21.11.2006 übergeben hat. Die Beklagte macht lediglich geltend, dass die Kläger eine Verzögerung der Wohnungsübergabe selbst verschuldet hätten, weil der Sohn, an den die Beklagte verwiesen worden sei, nicht zu erreichen gewesen sei. Für diese von den Klägern konkret bestrittene Behauptung hat die Beklagte indessen keinen Beweis angetreten. Demnach hat die Beklagte eine Nutzungsentschädigung für 21 Tage in Höhe von 920,20 EUR (vereinbarte Miete) : 30 Tage x 21 Tage = 644,14 EUR zu zahlen.
Für die Zeit danach steht den Klägern ein Schadensersatzanspruch deswegen zu, weil sie wegen der Vorenthaltung der Mietsache durch die Beklagte gehindert waren, die Wohnung schon zum 1.11.2006 an Nachmieter zu übergeben. Nach der Vorlage des mit den Nachmietern G geschlossenen Mietvertrages steht fest, dass dort ursprünglich der 1.11.2006 als Mietbeginn vorgesehen war. Die mit diesen Nachmietern vereinbarte Miete beträgt danach monatlich 660,00 EUR. Mithin ist den Klägern durch die verspätete Weitervermietung ein Schaden in Höhe von 660,00 : 30 x 9 = 198,00 EUR entstanden.
b)
Der nach dieser unbedingten Aufrechnung verbleibende Rest der Mietzinsforderung für den Monat Oktober 2006 in Höhe von 301,73 – 77,86 = 223,87 EUR ist durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung mit dem Anspruch auf Ersatz des durch die nicht geschuldete Endrenovierung entstandenen Schadens erloschen.
Zu Recht hat das Amtsgericht befunden, dass die in § 10 Nr. 5 des Mietvertrages der Parteien normierte Endrenovierungsklausel unwirksam ist. Die den Mieter unangemessen benachteiligende Verpflichtung, nicht nur während des laufenden Mietverhältnisses die Schönheitsreparaturen vornehmen, sondern unabhängig hiervon auch eine Endrenovierung durchführen zu müssen, führt wegen des "Summierungseffektes" zur Unwirksamkeit beider Klauseln gem. § 307 BGB (BGH NZM 2003, 594). Soweit die Kläger unter Bestreiten der Beklagten ein individualvertragliches Aushandeln behauptet haben, ist dies zum einen völlig unsubstantiiert, zum anderen aber auch ohne Beweisantritt geblieben.
Die Beklagte kann gem. §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 3 BGB Wertersatz wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Kläger durch die erbrachte Endrenovierung verlangen. (vgl. BGH NZM 2009, 541, 543) Im Gegensatz zur Ansicht des Amtsgerichts ist eine Bereicherung des Vermieters nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Mieter wegen der Überwälzung der Schönheitsreparaturverpflichtung während der Dauer des Mietverhältnisses in der Regel nur einen geringeren Mietzins zu zahlen hatte. Dies gilt schon sowieso nicht für die zusätzlich zur regelmäßigen Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen normierte Endrenovierungsverpflichtung. Es gilt aber auch nicht, soweit die Beklagte bei Gültigkeit der Klauseln hätte renovieren müssen, wenn die Fristen zur Vornahme der regelmäßigen Schönheitsreparaturen bei Beendigung des Mietverhältnisses überschritten gewesen w ären. Denn es bleibt dabei, dass aufgrund der Unwirksamkeit beider Klauseln der Mieter eben gerade keine Schönheitsreparaturen durchzuführen hatte, woraus folgt, dass diese dem Vermieter oblagen, und zwar trotz der bestehen bleibenden Wirksamkeit der Mietzinsvereinbarung. Diese war von der Unwirksamkeit nicht betroffen und musste auch nicht etwa für die Vergangenheit angepasst werden; denn die Nachteile von Klauselunwirksamkeiten trägt der Verwender, ohne dass ihm ein Ausgleich durch anderweitige Vertragsanpassung zuzubilligen wäre. Soweit die Beklage im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Klauseln die eigentlich dem Vermieter obliegenden Renovierungen bei Beendigung des Mietverhältnisses selbst durchgeführt hat, verschob sich daher die Vermögenslage zugunsten der Vermieterseite. Die Kläger hatten auch nicht etwa während der Mietzeit ihrerseits tatsächlich Schönheitsreparaturen durchgeführt, weil sie eben von der wirksamen Überwälzung der Renovierungsverpflichtung auf die Beklagte ausgegangen waren.
Bei rechtsgrundlos erbrachten Dienst- und Werkleistungen bemisst sich der Wert der herauszugebenden Bereicherung grundsätzlich nach dem Wert der üblichen, hilfsweise der angemessenen Vergütung. Dies gilt auch für Schönheitsreparaturen, die aufgrund einer unwirksamen Renovierungsklausel erbracht wurden (BGH NZM 2009, 541, 543). Mit der Vorlage der Rechnung Pawlak vom 23.11.2006 über 1.252,80 EUR (Anlage zur Klageerwiderung (Bl. 49 d.A.) hat die Beklagte die von ihr veranlassten Arbeiten zumindest insoweit spezifiziert, als es dort heißt: "Komplettes Wohnung mit Dispersionsfarbe Streichen". Die Kläger, die die Wohnung nach Durchführung dieser Arbeiten gesehen haben, können sich insoweit nicht auf ein bloßes abstraktes Bestreiten beschränken. Jedenfalls aber kann die Kammer gem. § 287 ZPO angesichts der Gesamtrechnungssumme von 1.252,80 EUR einen Mindestschaden in Höhe der Aufrechnungsforderung von 223,87 EUR schätzen und bejahen.
c)
Da die Klageforderung nicht begründet ist, können die Kläger auch nicht die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NZM 2009, 541 ff) besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen.
Der Schriftsatz der Kläger vom 5.03.2010 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Veranlassung, da er keine neuen Umstände enthält.
Streitwert: 603,46 EUR