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04.06.2010 · IWW-Abrufnummer 101703

Finanzgericht München: Urteil vom 26.11.2009 – 14 K 421/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Az.: 14 K 4217/
Finanzgericht München

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache
Wegen Umsatzsteuer 2005
hat der 14. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2009 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Rechtsmittelbelehrung XXX
Gründe:
I.
Streitig ist die Festsetzung der Umsatzsteuer 2005.
Bei dem Kläger handelt es sich um einen eingetragenen Verein. Zweck des Vereins ist die Förderung der regionalen und nationalen Entwicklung der touristischen Internetwirtschaft (vgl. Satzung vom 18. Oktober 2004). Mitglieder des Vereins waren im Streitjahr sechs Reisebüros, die ihre Leistungen ausschließlich im Internet anboten, der jährliche Mitgliedsbeitrag betrug 30.000 €.
Aufgrund einer vom damals zuständigen Finanzamt durchgeführten Umsatzsteuerprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger die vereinnahmten Mitgliedsbeiträge in steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze aufgeteilt hat und insoweit von drei Aufgabenbereichen im Rahmen seiner satzungsmäßigen Tätigkeit ausging. So behandelte er die im Zusammenhang mit der internen Organisation verbundenen Umsätze als steuerfreie Einnahmen (25 % der Beiträge).
Die Erstellung von Studien für Mitglieder sowie die Öffentlichkeitsarbeit gegenüber der Presse oder im Internet wurden jedoch der Umsatzsteuer unterworfen (75 % der Beiträge). Im Zusammenhang mit den steuerpflichtigen Leistungen machte der Kläger abziehbare Vorsteuern von 1.028,58 € geltend.
Davon abweichend behandelte der Umsatzsteuerprüfer alle gegenüber den Mitgliedern erbrachten Leistungen als steuerfrei und versagte den Vorsteuerabzug. Er vertrat die Auffassung, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) nunmehr grundsätzlich ein Leistungsaustausch zwischen dem Kläger und seinen Mitgliedern vorliege, der allerdings nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. l der 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. l der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 ABl EG Nr. L 347/1 vom 11. Dezember 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRl--) steuerfrei sei. Da der Begriff der „gewerkschaftlichen“ Ziele nicht zu eng verstanden werden dürfe, sei auch der Kläger als Berufsorganisation erfasst, da er als Interessenvertretung die Belange seiner Mitglieder repräsentiere. Dieser Ansicht folgend wurde die Umsatzsteuer für Juli 2005 mit Bescheid vom 15. März 2006 auf 0 € festgesetzt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2006 wies das aufgrund der Sitzverlegung des Klägers zuständig gewordene FA den Einspruch als unbegründet zurück. Es vertrat die Auffassung, dass die vom Kläger im ideellen Bereich des Berufsverbandes erbrachten Leistungen nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien, da kein Leistungsaustausch mit dem einzelnen Mitglied vorliege, soweit der Kläger zur Erfüllung seiner gegenüber allen Mitgliedern bestehenden satzungsgemäßen Gemeinschaftszwecke tätig werde. Im Ergebnis führe die nationale Regelung, nach der echte Mitgliedsbeiträge eines Vereins als Gegenleistung für nicht steuerbare Leistungen angesehen werden, zu einer fiskalischen Gleichbehandlung mit der Rechtsprechung des EuGH, nach der die Mitgliedsbeiträge Entgelt für steuerbare, aber steuerfreie Leistungen eines Vereins seien.
Mit der hiergegen eingelegten Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass man im Streitfall nicht von einem Interessenverband im Sinne einer gewerkschaftlichen Vereinigung sprechen könne. Bei seinen Mitgliedern handle es sich um Unternehmen, die ihre Reiseleistungen im Internet anböten und durch die Verbandstätigkeit in erster Linie das Vertrauen ihrer Kunden in diese spezifische Art der Reisebuchung gewinnen wollten.
Der im Gemeinschaftsrecht geregelte Steuerbefreiungstatbestand entfalte im Streitfall keine Rechtswirkung, da er vom nationalen Gesetzgeber nicht in das deutsche Umsatzsteuergesetz umgesetzt worden sei. Eine direkte Berufung auf Gemeinschaftsrecht habe der EuGH bislang nur zu Gunsten des Steuerpflichtigen bejaht. Die gegenüber seinen Mitgliedern erbrachten Umsätze seien somit steuerpflichtig und der beantragte Vorsteuerabzug zu gewähren.
Im Klageverfahren ist die Umsatzsteuer für das Jahr 2005 mit Bescheid vom 12. März 2007 auf einen Negativbetrag von 1.094,20 € festgesetzt worden.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Bescheids vom 12. März 2007 und der Einspruchsentscheidung die Umsatzsteuer 2005 auf einen Negativbetrag von 4.131,85 € festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend weist es daraufhin, dass es nunmehr die Auffassung vertrete, dass die vom Kläger geleistete Presse- und Öffentlichkeitsarbeit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründe, soweit dabei Werbung für die einzelnen Verbandsmitglieder gemacht und konkret auf deren Leistungen hingewiesen werde. Ebenso verhalte es sich hinsichtlich der Erstellung von Studien zum Urlaubs- und Reiseverhalten, deren Informationen allen Mitgliedern zugänglich seien. Da die Mitglieder insoweit kein gesondertes Entgelt entrichteten, sondern die Leistungen mit den Mitgliedsbeiträgen abgegolten würden, handle es sich um so genannte unechte Beiträge.
Es gehe im Schätzungswege davon aus, dass 20 % der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Werbung den Verbandsmitgliedern diene und 50 % des Inhaltes der Studien von den Verbandsmitgliedern auch in ihren Unternehmen genutzt werden könnten. Die auf die Firma Z entfallenden Leistungen seien davon abzuziehen, da diese Firma ihren Sitz im Ausland habe und die Umsätze deshalb nicht im Inland steuerbar seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
II.
Die Klage hat keinen Erfolg. Die vom Kläger vereinnahmten Mitgliedsbeiträge sind in vollem Umfang zu versteuern.
Bei den vom Kläger vereinnahmten Mitgliedsbeiträgen handelt es sich grundsätzlich um eine entgeltliche Leistung, die der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt eine entgeltliche Leistung, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und gemäß Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt, dann vor, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (BFH-Urteile vom 29. Oktober 2008 XI R 59/07, BFH/NV 2009, 324 und vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFH/NV 2008, 1072). Steuerbar sind danach Leistungen, die eine Gesellschaft im konkreten Individualinteresse ihrer Gesellschafter erbringt und für die die Gesellschafter auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage Aufwendungsersatz gewähren, wobei es der Annahme eines Leistungsaustausches nicht entgegensteht, wenn die Gesellschaft für alle Gesellschafter zugleich tätig ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1072, m.w.N.).
Auch Jahresbeiträge der Mitglieder eines Vereins stellen die Gegenleistung für die von diesem Verein erbrachten Dienstleistungen dar, da insoweit ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Vereins und den Mitgliedsbeiträgen besteht (BFH-Urteil vom 9. August 2007 V R 27/04, BFHE 217, 314). Das für einen Leistungsaustausch erforderliche Rechtsverhältnis ergibt sich insoweit aus der Satzung eines Vereins (vgl. EuGH-Urteil vom 21. März 2002 Rs. C-174/00 --Kennemer Golf--, Slg. 2002, I-3293; BFH-Urteile vom 9. August 2007 V R 27/04, BFHE 217, 314; vom 11. Oktober 2007 V R 69/06, BFH/NV 2008, 322).

Entgegen der früheren Rechtsprechung des BFH ist nunmehr nicht mehr darauf abzustellen, dass das Mitglied eines eingetragenen Vereins seine Beitragsleistung nicht erbringt, um damit eine konkrete Leistung des Vereins oder dessen Leistungsbereitschaft abzugelten, sondern weil es sich durch den Beitritt zum Verein dieser körperschaftlichen Pflicht unterwirft (BFH-Urteil vom 20. Dezember 1984 V R 25/76, BStBl. II 1985, 176). Auch eine Differenzierung zwischen so genannten echten – kein Entgelt darstellende – und unechten Mitgliedsbeiträgen ist nicht mehr geboten (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 20. August 1992 V R 2/88, BFH/NV 1993, 204 und vom 8. September 1994 V R 46/92, BStBl. II 1994, 957).
Entgegen der Auffassung des FA setzt eine dem konkreten Individualinteresse der Vereinsmitglieder dienende Leistung des Klägers auch nicht voraus, dass für die einzelnen Mitglieder geworben wird. Vielmehr genügt die Werbung für das von den Verbandsmitgliedern verkaufte Produkt „Internetreise“. Das Handeln für die Gesellschafter oder die Mitglieder ergibt sich daraus, dass der Werbung für diese Dienstleistung kein Selbstzweck zukommt, sondern dass sie letztlich den Empfängern der Dienstleistung und ihren Anbietern dient.

Der Kläger hat in Erfüllung seiner satzungsgemäßen Zwecke Werbeleistungen sowie die Erstellung von Marktstudien für seine Mitglieder in ihrer Gesamtheit erbracht, eine Aufteilung der Umsätze hinsichtlich interner Organisation bzw. Öffentlichkeitsarbeit ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht vorzunehmen.
Die von ihm im Streitjahr vereinnahmten Mitgliedsbeiträge unterliegen daher in Höhe von - und nicht wie von ihm angenommen nur in Höhe von € - der Umsatzsteuer. Die auf die Firma Z entfallenden Beiträge von € (§ 3a Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 2 bzw. Nr. 5 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 UStG) sind im Inland nicht steuerbar.
Unter Berücksichtigung von steuerpflichtigen Umsätzen von € sowie Vorsteuerbeträgen, deren Abzugsfähigkeit unstreitig ist und die dem Gericht durch Rechnungen in Höhe von rund € belegt sind, errechnet sich eine Umsatzsteuerschuld. Da eine Verböserung im finanzgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen ist, ist es dem Finanzgericht verwehrt, die Festsetzung des FA vom 12. März 2007 auf einen Negativbetrag von € zu ändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

RechtsgebietUmsatzsteuerpflicht eines Vereins

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