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08.09.2010 · IWW-Abrufnummer 102828

Finanzgericht Köln: Urteil vom 17.03.2010 – 2 K 1049/03

1) Im Rahmen des § 17 Abs. 1 EStG kommt es nicht auf die Dauer der Beteiligung an, sondern nur darauf, dass der Steuerpflichtige einmal innerhalb der letzten fünf Jahre - und sei es nur für eine juristische Sekunde - wesentlich beteiligt war.



2) Eine wesentliche Beteiligung liegt danach auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige im Zuge einer einheitlichen Vertragsurkunde zunächst eine wesentliche Beteiligung übernimmt und diese durch Kapitalerhöhung eine juristische Sekunde später wieder verliert.



3) Für die Beurteilung spielt es keine Rolle, dass die übernommenen GmbH-Anteile Anteile einer sog. Mantelgesellschaft waren.


FG Köln v. 17.03.2010

2 K 1049/03

Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Streitjahr 2000 einen steuerpflichtigen Gewinn aus der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils nach § 17 EStG erzielt hat. Dabei ist insbesondere streitig, ob eine wesentliche Beteiligung gegeben ist.

Mit notariellem Vertrag vom 16./17. Juli 1999 erwarb der Kläger einen Geschäftsanteil an der K GmbH von der H GmbH. Die H GmbH war bis zu diesem Zeitpunkt alleiniger Gesellschafter der K GmbH gewesen. Die K GmbH war am 4. Dezember 1996 gegründet worden. Dabei firmierte sie seinerzeit als K1 GmbH, die am 16. März 1999 in K GmbH umfirmierte. Ihr Stammkapital betrug 25.565 EUR (50.000 DM). In den Eingangspassagen des notariellen Vertrages vom 16. Juli 1999 wurde das von allen Beteiligten in Deutschland beabsichtigte wirtschaftliche Engagement sowie die in diesem Zusammenhang geplanten gesellschaftsrechtliche Struktur beschrieben. Ausweislich des notariellen Vertrages vom 16./17. Juli 1999 (Abschn. II.E.2) splittete die H GmbH ihre Beteiligung in einen Anteil zu 9.458,90 EUR (18.500 DM) und je fünf Anteile zu 3.221,14 EUR (= 6.300 DM). Der Anteil i.H.v. 9.460 EUR (18.500 DM) wurde an die P Inc. übertragen, jeweils einen Anteil zu 3.221,14 EUR (= 6.300 DM) erhielten die E GmbH, Herr M, Herr R und der Kläger (Vertrag vom 16./17. Juli 1999, Abschn. II.E.2, a-e). Einen Anteil i.H.v. 3.221,14 EUR (= 6.300 DM) behielt die H GmbH. Die Beteiligung des Klägers am Stammkapital der K GmbH betrug damit 12,6 %. Gemäß Abschn. II.E.4 des Vertrages sollte die Übertragung sofortige Gültigkeit haben.

Ausweislich des Abschn. II.F. hielten die „Erschienenen” – darunter auch der Kläger bzw. sein Stellvertreter – unter Verzicht auf alle Frist- und Formvorschriften eine Gesellschafterversammlung der K GmbH ab. Gemäß Abschn. II.F.1. beschlossen sie eine Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft auf … EUR. Dabei erhöhten sich die Geschäftsanteile wie folgt:

von auf
P Inc. 9.458,90 EUR 20.980.000,00 EUR
E GmbH 3.221,14 EUR 5.000,00 EUR
H GmbH 3.221,14 EUR 3.000.000,00 EUR
M 3.221,14 EUR 5.000,00 EUR
R 3.221,14 EUR 5.000,00 EUR
Kläger 3.221,14 EUR 5.000,00 EUR

Damit verminderte sich die Beteiligung des Klägers auf 0,0208 %. Der Kläger wurde neben Herrn R und Herrn M zum Geschäftsführer bestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 16./17. Juli 1999 verwiesen (befindlich als Original in englischer Sprache und als Übersetzung auszugsweise in der Einkommensteuerakte des Beklagten bzw. Bl. 136 ff., 151 ff. der FG-Akte).

Am 22. August 2000 veräußerte der Kläger seinen Gesellschaftsanteil an die P Inc. für 1.533.875 EUR (3.000.000 DM). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 22. August 2000 verwiesen (befindlich als Original in englischer Sprache und als Übersetzung in der Einkommensteuerakte des Beklagten). Der Veräußerungsgewinn betrug 1.528.875 EUR (2.990.220 DM) und ermittelte sich folgt:

Veräußerungspreis 1.533.875 EUR = 3.000.000 DM
./. Anschaffungskosten 5.000 EUR = 9.780 DM
Veräußerungsgewinn 1.528.875 EUR = 2.990.220 DM

Der Kläger wurde zunächst mit Einkommensteuerbescheid 2000 vom 2. August 2002 veranlagt. Dabei wurde der Veräußerungsgewinn erklärungsgemäß nicht der Besteuerung unterworfen. Dieser Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO. Nach schriftlicher Erörterung wurde der Bescheid am 17. September 2002 nach § 164 Abs. 2 AO u.a. dahingehend geändert, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der K GmbH i.H.v. 2.990.220 DM nach § 17 EStG besteuert wurde.

Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2003 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Klage trägt der Kläger vor, dass er keine wesentliche Beteiligung an der K GmbH erworben habe.

Bei der K GmbH habe es sich um eine Vorratsgesellschaft gehandelt, die ihre Tätigkeit – die Errichtung eines Rechenzentrums – erstmals nach dem Anteilserwerb u.a. durch ihn, den Kläger, aufgenommen habe. Sowohl der Anteilserwerb als auch die Kapitalerhöhung seien Bestandteil eines einheitlichen Rechtsvorgangs, der erst mit der abschließenden Zeichnung und Siegelung durch den Notar seine zivilrechtliche Wirksamkeit erlangt hätte. Der notarielle Vertrag sei unter erheblichem Zeitdruck geschlossen worden, da die Vertreter der amerikanischen Gesellschaft in die USA zurückreisen mussten. Somit habe er zivilrechtlich wirksam und steuerrechtlich erheblich eine Beteiligung von 0,02 % erworben, also keine wesentliche Beteiligung.

Der Kläger hat ein Privatgutachten des Herrn F vom 9. Januar 2003 vorgelegt, das der Kläger sich als Sachvortrag zu eigen macht.

Hiernach handele es sich bei dem Vorgang um eine sog. „Mantelverwendung”. Die K GmbH habe bereits seit 1996 existiert und sei wegen der seinerzeit unter den Gesellschaftern bestehenden Eilbedürftigkeit der Vertragsverhandlungen bzw. der Beurkundung „eingesetzt” worden, um den wirtschaftlichen Aktivitäten der Beteiligten eine gesellschaftsrechtliche Struktur zu geben. Es sei eine bereits vorhandene Gesellschaft als Unternehmensträger verwendet worden, obschon eigentlich eine Neugründung angezeigt gewesen wäre. So werde auch die Mantelverwendung aufgrund wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Neugründung qualifiziert. Folglich gehe es auch bei dem notariellen Vertrag vom 16./17. Juli 1999 um die Neugründung eines Unternehmens, der K GmbH. Hierfür spreche auch die Einheitlichkeit der Urkunde. Zwar könne man in diesem Zusammenhang der Auffassung sein, dass der Kläger eine logische/juristische Sekunde i.H.v. 12,6 % beteiligt gewesen sei, jedoch dürfe nicht übersehen werden, dass aufgrund eines einheitlichen Gesamtplans letztlich nur eine Beteiligung i.H.v. 0,0208 % beabsichtigt gewesen sei. Dafür spreche auch die beurkundungsrechtliche Situation. Nach dem Beurkundungsgesetz müssten bei der Beurkundung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllt sein (z.B. §§ 8, 13, 36, 37 Abs. 3, 39 BeurkG). Ohne diese Mindestvoraussetzungen, also auch in zeitlicher Hinsicht vor Existenz dieser Elemente, sei die Beurkundung rechtsunwirksam. Die notarielle Urkunde sei also vor ihrer Komplettierung noch nicht wirksam gewesen.

Auch sei § 16 Abs. 1 GmbHG zu berücksichtigen. Hiernach gelte der Gesellschaft gegenüber im Fall der Veräußerung eines Geschäftsanteils nur derjenige als Erwerber, dessen Erwerb unter Nachweis des Übergangs bei der Gesellschaft angemeldet sei. Also habe der Kläger – unabhängig von der Höhe seiner Beteiligungsquote – jedenfalls vor der Kapitalerhöhung und der Verwässerung seiner Beteiligung nie die Möglichkeit gehabt, Gesellschafterrechte gegenüber der GmbH wahrzunehmen.

Im Hinblick auf § 17 EStG sei nicht nur auf den Wortlaut abzustellen, sondern eine Auslegung der Norm vorzunehmen.

Sinn und Zweck des § 17 EStG sei in Anlehnung an dessen Entstehungsgeschichte die Gleichbehandlung der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft und der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils, wenn die Beteiligung eine bestimmte Quote erreicht habe.

Im Rahmen der Ermittlung der Beteiligungsquote des § 17 EStG seien die Anteile grundsätzlich demjenigen zuzurechnen, der ihr zivilrechtlicher Inhaber/Eigentümer sei (§ 39 Abs. 1 AO). Stünden die Anteile jedoch im wirtschaftlichen Eigentum eines anderen Rechtssubjekts, dann erfolge die Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO beim wirtschaftlichen Eigentümer. Im Streitfall könne man sich deshalb auf den Standpunkt stellen, dass der Kläger aufgrund der einheitlichen Rechtswirksamkeit des notariellen Vertrages und des einheitlichen Gesamtplans zumindest nicht als wirtschaftlicher Eigentümer einer 12,6 % betragenden Beteiligung an der K GmbH zu qualifizieren sei, weil die unmittelbar nachfolgende Kapitalerhöhung schon beabsichtigt gewesen und dann auch vorgenommen worden sei, so dass der Anteil des Klägers auf 0,0208 % abgesunken sei.

Ein Sachverhalt, wie der vorliegende, bei dem es sich letztlich um eine Mantelverwendung aufgrund eines einheitlichen Gesamtplans handele, sei bislang noch nicht vom BFH entschieden worden. Zwar habe es sich im Sachverhalt der BFH-Entscheidung vom 7. Juli 1992 (BStBl II 1993, 331) so verhalten, dass die dortige Klägerin kurzzeitig an der Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen sei. Jedoch habe es sich dort – anders als im Streitfall – um zwei notarielle Beurkundungen gehandelt. Im übrigen habe es sich nicht um einen Fall der Mantelverwendung gehandelt, sondern vielmehr darum, dass die streitige Beteiligung unter Aufdeckung der stillen Reserven in eine andere GmbH eingebracht werden sollte.

Zwar berufe sich die Rechtsprechung durchgängig auf die aus der Entstehungsgeschichte abzuleitende Parallele von § 17 EStG einerseits und §§ 15, 16 EStG andererseits. Doch klinge nur in wenigen Entscheidungen an, dass sich diese materielle Vergleichbarkeit auch in der Auslegung des § 17 EStG widerzuspiegeln habe, insbesondere wenn es darum gehe, ob die mögliche oder die tatsächliche Wahrnehmung von Gesellschafterrechten von Bedeutung sei. Davon abgesehen sei festzustellen, dass diese Gesichtspunkte vor dem Hintergrund der Vergleichbarkeit der §§ 15-17 EStG so gut wie nicht problematisiert würden. Stattdessen finde sich vielfach der mehr oder weniger lapidare Hinweis darauf, dass § 17 EStG – ähnlich wie § 16 EStG – eine Substanzbesteuerung in Veräußerungskonstellationen vornehmen wolle. Die relativ wenig problemorientierte Anwendung des § 17 Abs. 1 EStG, die sich – wie auch der Beklagte – im Ergebnis immer wieder auf den puren Wortlaut der Norm und die formale Beteiligungsgrenze berufe, führe dann auch dazu, dass der Figur der „juristischen Sekunde” Bedeutung beigemessen werde.

Die rein formale Betrachtungsweise nach der Höhe der Beteiligung am Nennkapital, ohne dass es auf die Dauer der Beteiligung ankomme, berücksichtige indes nicht die Besonderheiten des Streitfalls.

Berücksichtige man, dass die Mantelverwendung – wie im Streitfall – einerseits zivilrechtlich wie eine Neugründung behandelt werde und andererseits steuerrechtlich zur Ermittlung der Beteiligungsquote des § 17 EStG an die zivilrechtliche Situation angeknüpft werde, dann ergebe sich aus einer materiell-rechtlichen Betrachtung, dass der Kläger im Vertrag vom 16./17. Juli 1999 im Rahmen einer Mantelverwendung tätig geworden sei und folglich der gesamte Vorgang einschließlich der nachfolgenden Kapitalerhöhung als Neugründung, als neue Kapitalaufbringung zu qualifizieren sei, so dass für zivilrechtliche Zwecke auf das Ergebnis abzustellen sei, welches sich nach der Beurkundung vom 16./17. Juli 1999 ergeben habe. Dies sei aber zweifelsfrei eine Situation, in welcher der Kläger lediglich eine Beteiligungsquote von 0,0208 % erhalten habe. Wenn man jedoch rein formalrechtlich argumentiere, so könne man auch die Auffassung vertreten, dass im Zeitpunkt der Siegelung der Urkunde bzw. der Beendigung des Beurkundungsvorgangs durch den Notar der Kläger allein mit 0,0208 % beteiligt gewesen sei, so dass es naheliege, den zwischenzeitlichen Erwerb und die nachfolgende Kapitalerhöhung als einheitlichen Vorgang zu qualifizieren.

Hinzu komme, dass die Einheitlichkeit der Urkunde und die in ihr geregelten Vorgänge die denkbar intensivste Form eines sog. einheitlichen Gesamtplans darstellen würden. Schon in der Rechtsprechung zu § 17 EStG habe sich der BFH mehrfach auf den Standpunkt gestellt, dass es für die Berechnung der Beteiligungsquote auf das „Gesamtbild der Verhältnisse” ankomme (Urteil vom 27. Januar 1977, BStBl II 1977, 754; vom 7. Juli 1992, BStBl II 1993, 331). Anders als in der Entscheidung des BFH vom 7. Juli 1992 liege es im Streitfall so, dass sich aus einer einheitlichen Urkunde die Verpflichtung des Steuerpflichtigen ergebe, ein anderes Rechtssubjekt an der Kapitalerhöhung mit der Verwässerung der Anteile der Altbeteiligten zuzulassen. Werde weiterhin berücksichtigt, dass es auch der neueren Rechtsprechung entspreche, bei der Betrachtung zivilrechtlicher Vertragswerke im Bereich des Ertragsteuerrechts auf den einheitlichen Gesamtplan abzustellen ( BFH-Urteil vom 6. September 2000, BStBl II 2001, 229), dann erscheine es geradezu zwingend, dieser einheitlichen Planung dahingehend Rechnung zu tragen, dass auch im Anwendungsbereich des § 17 EStG auf das letztlich beabsichtigte Ergebnis, also auf die Beteiligungsquote des Klägers i.H.v. 0,0208 % abzustellen sei. Gerade die Entscheidung des BFH vom 6. September 2000 mache deutlich, dass bei mehraktigen Tatbeständen nicht isoliert auf den einzelnen Vorgang abzustellen sei, sondern dass einer einheitlichen Gesamtplanung auch materiell-rechtlich Rechnung getragen werden müsse.

Es sei eine teleologische Reduktion des § 17 EStG vorzunehmen. Denn der Kläger sollte aufgrund eines einheitlichen Gesamtplans letztlich nur zu 0,0208 % beteiligt werden und habe auch nie Gesellschafterrechte wahrgenommen, so dass Sinn und Zweck des § 17 EStG dafür sprächen, die Norm in einer solchen Konstellation nicht anzuwenden.

Zwar scheine sich der BFH einer solchen teleologischen Reduktion des § 17 Abs. 1 EStG zu verschließen, wofür insbesondere die Entscheidung vom 25. November 1997 (BStBl II 1998, 257) spreche, in der der BFH auf die formale Anknüpfung an das Festkapital der Kapitalgesellschaft abgestellt habe, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Jedoch sei im Streitfall zu berücksichtigen, dass „Belange der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit” gerade nicht beeinträchtigt würden. Es gehe nämlich nicht darum, ob der Steuerpflichtige kraft Satzungsautonomie entgegen seiner nominellen Beteiligungsquote beurteilt werde, sondern lediglich darum, ob aufgrund der einheitlichen Urkunde und des Gesamtplans der Beteiligten allein von der letztlich erreichten Beteiligungsquote auszugehen sei, obwohl der Kläger (möglicherweise) für eine juristische Sekunde zu 12,6 % beteiligt gewesen sei. Damit würden die Gesichtspunkte, die den BFH bewegt hätten, im Streitfall keine Rolle spielen, so dass die teleologische Reduktion gerechtfertigt wäre.

Soweit der BFH darauf abgestellt habe, dass die Beteiligungsquote des § 17 Abs. 1 EStG auch dann anzunehmen sei, wenn der Steuerpflichtige zivilrechtlich lediglich „für eine juristische Sekunde” die Beteiligungsgrenze erreicht habe, sei dem entgegenzuhalten, dass eine Entscheidung letztlich nur aus materiell-rechtlichen bzw. dogmatischen Überlegungen zu rechtfertigen sei, nicht hingegen mit dem formal-gekünstelten Hinweis auf eine „juristische Sekunde”, die es tatsächlich gar nicht gebe. Führten materiell-rechtliche Erwägungen – hier: die Mantelverwendung, die einheitliche Wirksamkeit der Urkunde und der Gesamtplan – dazu, dass der Sinn und Zweck des § 17 EStG, insbesondere vor gesellschaftsrechtlichem Hintergrund, nicht gegeben sei, dann könne ein anderes Ergebnis nicht mit dem lapidaren Hinweis auf die „juristische Sekunde” hergeleitet werden. Die juristische Sekunde sei ein Kunstbegriff, bei dem es sich um ein zeitliches Nullum ohne Dauerwirkung handele. Der potentielle Eigentümer/Inhaber eines Rechts sei in den Fällen der juristischen Sekunde mit einer Position bedacht, die sofort wieder verloren gehe. Das Rechtssubjekt sei damit, rein zeitlich betrachtet, nie berechtigt gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 9. Januar 2003 verwiesen (Bl. 27 ff. der FG-Akte).

Am 19. Dezember 2003 ist der Einkommensteuerbescheid 2000 aus hier nicht erheblichen Gründen nach § 10 d Abs. 1 Satz 5 EStG geändert worden.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 19. Dezember 2003 dahingehend zu ändern, dass der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn um 1.528.875 EUR (2.990.220 DM) gemindert wird, und die Einkommensteuer 2000 entsprechend herabzusetzen;

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass der Kläger innerhalb der letzten 5 Jahre vor der Anteilsveräußerung zu mindestens 10 %, also wesentlich, am Kapital der K GmbH beteiligt gewesen sei. Der Kläger sei an der K GmbH, wenn auch nur für eine juristische Sekunde, mit einem Geschäftsanteil von 3.221,14 EUR (6.300 DM) an dem Stammkapital i.H.v. 25.565 EUR (50.000 DM), also mit 12,6%, beteiligt gewesen. Dies reiche – entgegen der Auffassung des Klägers – für die Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG aus.

Im Streitfall komme dazu, dass der Kläger das Anteilsverhältnis i.H.v. 12,6 % sogar in Anspruch genommen habe, indem er als entsprechend beteiligter Gesellschafter Beschlüsse mitbestimmt habe. Der Reduzierung des Geschäftsanteils des Klägers auf 0,0208 % habe nämlich der Gesellschafterbeschluss vom 16./17. Juli 1999 zugrunde gelegen, der die Gesellschafterstellung des Klägers vorausgesetzt habe.

Wenngleich sowohl der Erwerb der Anteile als auch die Kapitalerhöhung in einer Urkunde fixiert seien, handele es sich rechtlich um zwei voneinander zu trennende Geschehnisse, nämlich zum einen den Erwerb von Anteilen an der K GmbH u.a. durch den Kläger von der H GmbH und zum anderen die Gesellschafterversammlung des früheren und der neu hinzugekommenen Gesellschafter. Dieser Vorgang zeige, dass der Kläger zumindest für eine logische Sekunde Gesellschafter mit einem Geschäftsanteil i.H.v. 3.221,14 EUR(6.300 DM) geworden sei.

Auch wenn der Kläger sich auf einen Gesamtplan berufe, lasse sich hierdurch nicht die sich aus § 38 AO ergebende Rechtsfolge rückgängig machen, dass Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstünden, sobald der Tatbestand erfüllt sei, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpfe. Für die Abtretung von Gesellschaftsanteilen erfordere § 15 Abs. 3 GmbHG die notarielle Form. Diese sei nach § 128 BGB gewahrt, wenn über den Beurkundungsvorgang eine Niederschrift aufgenommen werde, die vorgelesen, genehmigt und von den Beteiligten und dem Notar eigenhändig unterschrieben werde. Da dies im Streitfall geschehen sei, sei der Übergang des Geschäftsanteils auf den Kläger rechtswirksam erfolgt, und zwar unabhängig davon, ob noch weitere Rechtshandlungen beurkundet worden seien. § 17 EStG stelle im übrigen nicht darauf ab, ob der Erwerber Rechte gegenüber der Gesellschaft geltend machen könne.

Desweiteren stütze der Wortlaut des § 17 EStG eine subjektive Komponente – wie die eines beabsichtigten Erfolges bzw. Gesamtplans – nicht. Anderenfalls wäre § 17 EStG auch konturenlos.

Soweit der Kläger die Auffassung vertrete, dass § 17 EStG nur Beteiligungen erfasse, die mit der gesellschaftsrechtlichen Mitunternehmerposition vergleichbar seien, während er hinsichtlich der Beteiligung von 12,6 % mangels Ausübung von Gesellschaftsrechten nicht als Mitunternehmer tätig gewesen sei, sei dem auch entgegenzuhalten, dass die eigenen Gesellschafterrechte spätestens mit der Stimmabgabe in einer Gesellschafterversammlung aktiviert würden. Der Kläger habe auf der Grundlage seiner Beteiligung i.H.v. 12,6 % an einer solchen Gesellschafterversammlung teilgenommen und seine Gesellschafterrechte ausgeübt.

Auch die Erwägungen des Klägers zur Mantelverwendung würden kein anderes Ergebnis begründen. Selbst wenn man eine Mantelverwendung bejahen würde, würde hierdurch nicht erklärt, weshalb die anschließende Kapitalerhöhung und der Mantelkauf als wirtschaftliche Einheit zu behandeln seien. Die Kapitalerhöhung stelle keinen typischen Vorgang einer Mantelverwendung dar. Darüber hinaus diene die wirtschaftliche Gleichstellung von Mantelverwendung und Gesellschaftsgründung allein dem Gläubigerschutz. Das Konstrukt der Mantelverwendung sei gesellschaftsrechtlichen Ursprungs und nicht auf § 17 EStG übertragbar.



Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.

Der Einkommensteuerbescheid 2000 vom 19. Dezember 2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Der Gewinn aus der Veräußerung des Geschäftsanteils an der K GmbH ist als Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG zu erfassen. Insbesondere war der Kläger wesentlich an der Gesellschaft beteiligt.

I. Nach § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 4 EStG in der für Inlandsbeteiligungen im Streitjahr 2000 geltenden Fassung gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich, d.h. zu mindestens 10 %, unmittelbar oder mittelbar beteiligt war.

Im Hinblick auf den Gewinn i.H.v. 1.528.875 EUR (2.990.220 DM) aus der Veräußerung der Geschäftsanteile an der K GmbH sind diese Voraussetzungen gegeben.

1. Insbesondere war der Kläger an der K GmbH wesentlich, also zu mindestens 10 %, beteiligt i.S.d. § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 4 EStG.

a. Mit notariellem Vertrag vom 16./17. Juli 1999 hatte der Kläger einen Geschäftsanteil i.H.v. 3.221,14 EUR (= 6.300 DM) an der K GmbH von der H GmbH erworben (Abschn. II.E des Vertrages). Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 25.565 EUR (50.000 DM). Gemäß Abschn. II.E.4 des Vertrages sollte die Übertragung sofortige Gültigkeit haben. Damit betrug die Beteiligung des Klägers am Stammkapital der K GmbH 12,6 %. Der Kläger war damit wesentlich beteiligt. Diese Übertragung war sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich wirksam.

aa. Zivilrechtlich ergibt sich dies aus § 15 Abs. 3 GmbHG. Die Übertragung des Anteils i.H.v. 3.221,14 EUR (= 6.300 DM) von dem Stammkapital i.H.v. 25.565 EUR (50.000 DM), mithin i.H.v. 12,6 %, war so von den Vertragsschließenden – zumindest interimsweise und als Durchgangsphase – auch gewollt. Denn anderenfalls wäre es dem Kläger nicht möglich gewesen, als Gesellschafter an der Gesellschafterversammlung und dem Beschluss der Stammkapitalerhöhung teilzunehmen. Dass die Vertragsschließenden nach ihrem Gesamtbild beabsichtigten, dass u.a. der Kläger letztlich lediglich einen Anteil von 5.000 EUR bei einem Stammkapital von 24.000.000 EUR, also einen Anteil i.H.v. 0,0208 %, halten sollte, ist insoweit unschädlich. Denn bei der gewählten Gestaltung ist der Kläger zunächst Gesellschafter der K GmbH mit einem Stammkapital von 25.565 EUR (50.000 DM) geworden und erst im Anschluss wurde die Kapitalerhöhung unter Mitwirkung des Klägers in seiner Funktion als Gesellschafter beschlossen.

Dass es sich bei der K-GmbH um eine Mantelgesellschaft gehandelt haben mag, ist insoweit bedeutungslos. Zwar stellt die Verwendung eines Mantels – worauf auch der Kläger zutreffend hinweist – wirtschaftlich eine Neugründung dar mit der Folge der Anwendung der Gründungsvorschriften des GmbHG ( BGH-Beschluss vom 9. Dezember 2002, II ZB 12/02, BGHZ 153, 158). Die Neugründung betrifft jedoch die K GmbH mit ihrem ursprünglichen Stammkapital i.H.v. 25.565 EUR (50.000 DM). Die Mantelverwendung führt nicht dazu, dass die Gesellschaft nach dem Beschluss der Kapitalerhöhung als neu gegründet gilt. Denn auch hierbei bestünde der Sachverhalt aus zwei Komplexen: der Neugründung und der sich anschließenden Kapitalerhöhung. Mantelkauf und Kapitalerhöhung stellen keine wirtschaftliche Einheit dar. Der Mantelkauf umfasst nicht typischerweise eine Kapitalerhöhung. Damit ändert sich nichts daran, dass der Kläger zunächst wesentlich beteiligter Gesellschafter der (neu gegründeten) GmbH mit dem Stammkapital i.H.v. 25.565 EUR (50.000 DM) geworden ist und erst im Anschluss hieran die Kapitalerhöhung beschlossen wurde.

Auf die Anzeige nach § 16 Abs. 1 GmbHG kommt es für den zivilrechtlichen Anteilserwerb nicht an.

bb. Diese zivilrechtliche Beteiligung ist auch steuerrechtlich im Rahmen des § 17 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen. Der Geschäftsanteil selbst ist dem Kläger mit dem zivilrechtlichen Übertragungsakt – wie im Streitfall – steuerrechtlich (§ 39 Abs. 1 AO) zuzurechnen.

Eine hiervon abweichende Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO scheidet aus. Eine solche ist lediglich dann vorgesehen, wenn nicht zugleich auch eine tatsächliche, d.h. wirtschaftliche wesentliche Beteiligung gegeben ist. Die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums an einer wesentlichen Beteiligung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO setzt voraus, dass der Erwerber alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte ausüben kann (BFH-Urteil vom 17. Februar 2004, VIII R 26/01, BStBl II 2004, 651; BFHE 205, 204). Dabei steht der Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums an einer wesentlichen Beteiligung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO eine nur kurzzeitige Innehabung der Beteiligung nicht entgegen (BFH-Urteil vom 16. Mai 1995, VIII R 33/94, BStBl II 1995, 870; BFHE 178, 197; vom 25. November 1997, VIII R 29/94, BStBl 1998 II S. 257BFHE 184, 543). Dem Besteuerungstatbestand in § 17 EStG ist etwas anderes nicht zu entnehmen (vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 1995, VIII R 33/94, a.a.O. m.w.N.). Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG kommt es auch nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige während seiner Mehrheitsbeteiligung tatsächlich von seinen vermehrten Einflussmöglichkeiten Gebrauch machen konnte (BFH-Urteil vom 16. Mai 1995, VIII R 33/94, a.a.O.; vom 25. November 1997, VIII R 29/94, a.a.O.). Der Wortlaut des § 17 Abs. 1 EStG legt es nahe, den Begriff der wesentlichen Beteiligung allein kapitalmäßig zu bestimmen (BFH-Urteil vom 25. November 1997, VIII R 29/94, a.a.O.).

Angesichts dessen hat der Kläger den 12,6 %igen Anteil an der K GmbH auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise erworben. Er konnte die mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte ausüben. Darüber hinaus hat er seine Rechte aber sogar auch schon tatsächlich ausgeübt, indem er als Gesellschafter an der Gesellschafterversammlung teilgenommen und die Kapitalerhöhung mit beschlossen hat.

b. Dem Erwerb der wesentlichen Beteiligung steht nicht entgegen, dass die Gesellschafter der K GmbH noch im selben notariellen Vertrag vom 16./17. Juli 1999, in Abschn. II.F durch eine Gesellschafterversammlung eine Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft auf 24.000.000 EUR und des Geschäftsanteils u.a. des Klägers auf 5.000 EUR beschlossen. Zwar war der Kläger hiernach nur noch i.H.v. 0,0208 % an der Gesellschaft beteiligt. Die Annahme einer zuvor bestehenden wesentlichen Beteiligung bleibt hiervon indes unberührt.

aa. Denn zivilrechtlich und steuerrechtlich hat der Kläger zunächst einen Anteil an der K GmbH i.H.v. 3.221,14 EUR (= 6.300 DM) bei einem Gesamtstammkapital i.H.v. 25.565 EUR (50.000 DM) erworben.

bb. Dass der Erwerb der Anteile an der K GmbH bei einem Stammkapital von 25.565 EUR (50.000 DM) und die Erhöhung des Stammkapitals auf 24.000.000 EUR in einem einheitlichen Vertrag erfolgt sind, ändert hieran nichts. Im Rahmen des § 17 Abs. 1 EStG kommt es nicht auf die Dauer der Beteiligung, sondern nur darauf an, dass der Steuerpflichtige überhaupt einmal innerhalb der letzten fünf Jahre – und sei es nur für eine juristische Sekunde – wesentlich, also zu mehr als 10 %, an der Kapitalgesellschaft beteiligt war. Sind ihm innerhalb dieses Zeitraums steuerrechtlich Anteile in diesem Umfang zuzurechnen, kommt es darüber hinaus nicht darauf an, für welchen Zeitraum diese Zurechnung erfolgt. Etwas anderes ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 1992, VIII R 56/88, BFH/NV 1993, 25; vom 7. Juli 1992, VIII R 54/88, BStBl 1993 II S. 331BFHE 169, 49; vom 20. Dezember 1988, VI R 55/84, BFH/NV 1990, 23). Entscheidend ist allein, ob dem Steuerpflichtigen die zivilrechtlich wirksam erworbene Mehrheitsbeteiligung auch steuerrechtlich (§ 39 AO) – wie im Streitfall – zuzurechnen ist. Angesichts des klaren Gesetzeswortlauts kommt es nicht darauf an, wie es zu der Mehrheitsbeteiligung gekommen ist oder ob der Steuerpflichtige während seiner Mehrheitsbeteiligung von seiner vermehrten Einflussmöglichkeit Gebrauch machen konnte (BFH-Urteil vom 7. Juli 1992, VIII R 56/88, a.a.O.).

c. Entgegen der Auffassung des Klägers gebietet der Zweck des Besteuerungstatbestandes in § 17 Abs. 1 EStG keine einschränkende Auslegung. § 17 EStG soll den aufgrund der Veräußerung des Geschäftsanteils eintretenden Zuwachs der finanziellen Leistungsfähigkeit erfassen (BFH-Urteil vom 16. Mai 1995, VIII R 33/94, BStBl II 1995, 870; BFHE 178, 197, unter Berufung auf BT-Drucks 7/1470 Seite 263; BFH-Urteil vom 25. November 1997, VIII R 29/94, a.a.O.). Der Zuwachs an Leistungsfähigkeit ist unabhängig davon besteuerungswürdig, ob er auf der Einflussnahme des Anteilseigners auf die Geschäfte der Kapitalgesellschaft beruht (BFH-Urteil vom 25. November 1997, VIII R 29/94, a.a.O.). Es kommt entscheidend auf die Ansprüche auf Beteiligung an der Substanz an. Dem entspricht es, für die Wesentlichkeit der Beteiligung auf die Höhe des Anteils am Nennkapital abzustellen. Denn die Vermögensrechte des Anteilseigners (Gewinnrecht und Recht auf den Liquidationserlös) bestimmen sich gemäß § 29 Abs. 3 und 72 GmbHG nach dem Nennbetrag seines Geschäftsanteils (BFH-Urteil vom 25. November 1997, VIII R 29/94, a.a.O.). Da im Regelfall die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile am Vermögenszuwachs der Kapitalgesellschaft beteiligt sind, ist es sachgerecht, wenn § 17 Abs. 1 EStG typisierend an die Höhe der nominellen Beteiligung am Stammkapital anknüpft (BFH-Urteil vom 25. November 1997, VIII R 29/94, a.a.O.).

Darüber hinaus wird die Besteuerungswürdigkeit von Wertzuwächsen im Privatvermögen gehaltener wesentlicher Beteiligungen aus der wirtschaftlichen Ähnlichkeit einer solchen Beteiligung mit einem Einzelunternehmen oder einem Mitunternehmeranteil gerechtfertigt (BFH-Urteil vom 16. Mai 1995, VIII R 33/94, a.a.O.). § 17 EStG bezweckt aber nicht, Mitunternehmer und wesentlich Beteiligte vollständig gleich zu behandeln. Vielmehr soll nur entsprechend der wirtschaftlichen Ähnlichkeit eine grobe Ungleichbehandlung vermieden werden (BFH-Urteil vom 16. Mai 1995, VIII R 33/94, a.a.O.).

§ 17 EStG erfasst die mit § 16 EStG vergleichbaren Fälle lediglich typisierend (BFH-Urteil vom 19. Januar 1993, VIII R 74/91, BFH/NV 1993, 714; vom 30. März 1993, VIII R 44/90, BFH/NV 1993, 597; vom 18. August 1992, VIII R 13/90, BStBl II 1993, 34; vom 16. Mai 1995, VIII R 33/94, a.a.O.). Es liegt im Wesen einer solchen Regelung, dass in Grenzfällen – und darum handelt es sich auch bei dem kurzzeitigen „Zwischenerwerb” im Streitfall – § 17 EStG auch auf einen solchen Sachverhalt anwendbar ist, der den zugrundeliegenden Wertungen nicht in jeder Hinsicht entspricht (vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 1995, VIII R 33/94, a.a.O.).

d. Angesichts dessen können auch die Erwägungen des Klägers zu dem Gesamtplan des Erwerbs einer nicht-wesentlichen Beteiligung kein anderes Ergebnis rechtfertigen. Denn diese wertenden Gesichtspunkte sind im Rahmen des typisierenden § 17 EStG, der allein auf die formale – und sei es noch so kurzzeitige – Existenz einer wesentlichen Beteiligung abstellt, nicht berücksichtigungsfähig. Der Gesetzgeber wollte mit der Anknüpfung an das Stammkapital im Interesse der einfachen Handhabung der Vorschrift eine feste Grenze vorsehen, ohne dass dem Ermessen der Verwaltungsbehörden noch ein weiterer Spielraum gelassen wird (BFH-Urteil vom 25. November 1997, VIII R 29/94, a.a.O. unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte).

e. Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass bislang existierende Grundsätze höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht anzuwenden seien, da sich der Streitfall von den höchstrichterlich entschiedenen Fälle unterscheide, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn nach der Ratio des § 17 Abs. 1 EStG ist lediglich auf die nominelle Beteiligung abzustellen. Wertungsspielräume bestehen nicht. Nach Auffassung des Senats ist insoweit auch für den hier streitigen Erwerb einer Mantelgesellschaft mit unmittelbar anschließender Kapitalerhöhung aufgrund eines Gesamtplans keine Ausnahme hiervon geboten.

Nichts anderes ergibt sich nach Auffassung des Senats auch aus dem vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung zitierten Urteil des BFH vom 4. Juli 2007 (VIII R 68/05, BStBl 2007 II S. 937BFHE 218/ 299). Zwar wird dort angeführt, dass der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums u.a. voraussetzt, dass das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf den Erwerber übergegangen sind. Jedoch weist der BFH auch darauf hin, dass der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach dem Gesamtbild des jeweiligen Einzelfalls zu bestimmen ist und dass das wirtschaftliche Eigentum nicht in jedem Einzelfall die Erfüllung der Voraussetzungen in vollem Umfang erfordert. Hinzu kommt, dass es in dem Urteil um die Frage ging, ob das wirtschaftliche Eigentum bereits vor dem Übergang der zivilrechtlichen Inhaberschaft übergegangen ist – also „vorauseilt” – und nicht darum, ob das wirtschaftliche Eigentum trotz Übergangs der zivilrechtlichen Inhaberschaft nicht übergegangen ist – also „zurückbleibt”.

2. Die übrigen Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 4 EStG liegen vor. Der Kläger hatte die Anteile am 16./17. Juli 1999 erworben und am 22. August 2000 veräußert. Am 16./17. Juli 1999 war der Kläger wesentlich beteiligt, also innerhalb des Fünfjahreszeitraums vor der Veräußerung. Die Höhe des Veräußerungsgewinns ist zutreffend ermittelt worden.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen.

RechtsgebieteAO, EStGVorschriftenAO § 39 EStG § 17

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