Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

02.11.2010 · IWW-Abrufnummer 110165

Hessisches Finanzgericht: Beschluss vom 25.01.2010 – 5 V 2138/09

Für das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht bei einer leerstehenden Wohnung ist es erforderlich, dass ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen vorliegen.



Beziehen sich die Vermittlungsbemühungen des Steuerpflichtigen für die in einem Wohngebiet liegende Wohnung nur auf gewerblich oder selbstständig Tätige, und ist eine solche Nutzung in dem Gebäude unzulässig oder nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist, die eine differenzierte rechtliche Abwägung erfordern, liegen keine ernsthaften Vermittlungsbemühungen vor, die zu einer Einkünfteerzielungsabsicht führen.


Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für eine leerstehende Wohnung als Werbungskosten. Streitig ist, ob eine Einkünfteerzielungsabsicht auch vorliegt, wenn sich die Vermietungsbemühungen nur auf einen begrenzten Personenkreis mit einer spezifischen Nutzung beziehen und diese Nutzung nach dem Bebauungsplan grundsätzlich nicht zulässig ist.
Gründe
Der Antrag ist unbegründet.
Gemäß § 69 Abs. 3 S. 1 in Verbindung mit Abs. 2 S. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn und soweit bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen kann (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH –, z. B. Beschluss des BFH vom 26.01.2006 VI B 89/05, BFH/NV 2006, 964, mit weiteren Nachweisen).
Im Hinblick auf diese Voraussetzungen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2007.
Nach § 9 Abs. 1 S. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach § 9 Abs. 1 S. 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, durch sie veranlasst sind. Fallen solche Aufwendungen schon an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht. Aufwendungen für eine leer stehende Wohnung können als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, daraus durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu erzielen, und diese Entscheidung später nicht wieder aufgegeben hat. Dieser endgültige Entschluss zu vermieten (Einkünfteerzielungsabsicht) ist eine innere Tatsache, die wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden. Hierfür ist es erforderlich, dass das Gericht ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen feststellen kann. Andernfalls ist auf eine indifferente Entschlusslage beim Steuerpflichtigen zu schließen, die für die Bejahung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht ausreicht. So ist es möglich, dass ein Steuerpflichtiger die Vermietung und den Verkauf (z. B. nach Renovierung) parallel betreibt oder er sich eine spätere Selbstnutzung vorbehalten will (BFH-Urteil vom 28.10.2008 IX R 1/07, BStBl II 2009, 848 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen sprechen im Streitfall die sich nach Aktenlage ergebenden Umstände dafür, dass die Kläger keine Einkünfteerzielungsabsicht hatten, der begehrte Abzug von Werbungskosten mit den daraus resultierenden verrechenbaren Verlusten zurückzuweisen ist.
Bei den zu vermietenden Räumlichkeiten handelt es sich um eine Eigentumswohnung mit Terrasse, Garage und Abstellplatz im Erdgeschoss. Die Wohnung ist nach dem Bauplan auf die Wohnbedürfnisse von Menschen zugeschnitten (drei Zimmer, Küche, zwei kleine Bäder, Abstellraum, insgesamt circa 120 m², sowie Kellerräume). Sie liegt nach der von den Klägern selbst eingereichten Bestätigung des Maklers X in einem reinen Wohngebiet. Von den Klägern wird kein wirtschaftlich vernünftiges Argument dafür vorgetragen (ein solches ist für das Gericht auch nicht ersichtlich), weshalb sie sich so nachhaltig bemühten, diese Wohnung nicht zu Wohnzwecken zu vermieten, sondern zu gewerblichen, freiberuflichen oder solchen Zwecken, die jedenfalls einen Publikumsverkehr nach sich ziehen würden. Der Makler X sieht hierin den Grund für die über Jahre hinweg erfolglos gebliebenen Vermietungsbemühungen.
Für das Gericht ist es deshalb wahrscheinlich, dass die Vermietungsbemühungen von den Klägern so gewählt wurden, dass sie auf Dauer keinen Erfolg haben würden. Denn in einem reinen Wohngebiet ist eine Nutzungsänderung von ursprünglich Wohnzwecken dienenden Räumlichkeiten in solche, die einem Gewerbe, einem freien Beruf oder einer sonstigen den Publikumsverkehr nach sich ziehenden Tätigkeit dienen, unzulässig oder nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, die eine differenzierte rechtliche Abwägung erfordern (vergleiche hierzu nur Hamburgisches Oberverwaltungsgericht vom 15.10.2008 2 Bs 171/08, BauR 2009, 203 oder Verwaltungsgericht Göttingen vom 12.03.2009 2 A 124/07, veröffentlicht in Juris). Es liegt auf der Hand, dass solche Bedingungen geeignet sind, die von den Klägern beworbenen potentiellen Mieter abzuschrecken (Arzt, Rechtsanwältin, Zahntechniker, Kindertagesstätte, Nachhilfeunterricht).
Das Gericht schließt bei der erforderlichen summarischen Prüfung aus dem Verhalten der Kläger, dass diese nicht interessiert waren, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen.
Der Antrag war mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

VorschriftenEStG § 9 Abs. 1 Satz 1

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr