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02.03.2011 · IWW-Abrufnummer 110744

Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 21.10.1985 – 7 U 50/85

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Köln

7 U 50/85

Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 6. Dezember 1984 - 13 0 29/84 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht, dessen Begründung sich der Senat gemäß § 543 ZPO zu eigen macht, hat den Beklagten mit Recht zur Zahlung des durch Beihilfe und Versicherung nicht gedeckten Anteils an der in der Höhe unstrittigen Rechnung für prothetische Leistungen der Zahnklinik des Klägers verurteilt. Dem Beklagten steht kein Schadensersatzanspruch zu wegen angeblicher Verletzung von Aufklärung- oder Beratungspflichten durch Klinikmitarbeiter und auch nicht wegen der Wahl einer Abrechnungsmethode, welche dem Beklagten nicht die günstigste Erstattung von Kosten durch die Beihilfe sicherte.

1. Die Klinikmitarbeiter hatten entgegen der Meinung des Beklagten nicht die Pflicht, ihn darauf hinzuweisen, daß bei der gewählten Behandlungsart ein Anteil von mehreren Tausend DM nicht erstattungsfähig sein könnte. Es ist nicht Sache des Zahnarztes, sich über die Absicherung des Patienten gegen Zahnbehandlungskosten zu unterrichten und entweder die Behandlung danach auszurichten oder dem Patienten entsprechende Hinweise zu geben.

Die wirtschaftliche Beratungspflicht des Zahnarztes gehört allenfalls zu den Neben- und Schutzpflichten des Beratungsvertrages, die nicht überspannt werden dürfen (vgl. hierzu im einzelnen Füllgraf, Zur wirtschaftlichen Aufklärungspflicht des Arztes, NJW 1984, 2619 f, 2620). Die Fälle, in denen von der Rechtsprechung eine Schadensersatzpflicht bejaht worden ist, weil der Arzt nicht auf kostengünstigere Behandlungsmethoden hingewiesen hatte, betreffen bisher im wesentlichen Krankheitsbilder, bei denen ambulante oder stationäre Behandlung mit entsprechend unterschiedlicher Kostenbelastung zur Wahl standen.(BGH NJW 1983, 2630; LG Köln VersR 1983, 960;. LG. Saarbrücken NJW 1984, 2632). In diesen Fällen waren die Ärzte jeweils bereits zur Wahrung der Selbstbestimmung. des Patienten gehalten, diesem die Behandlungsalternativen aufzuzeigen. Der Hinweis auf die möglichen finanziellen Folgen für den Patienten - etwa daß eine Privatkrankenversicherung den Krankenhauspflegesatz nicht erstatten werde, weil nur notwendige stationäre Behandlung ersetzt wird - war ohne zusätzliche Überlegungen des Arztes aus der Erfüllung der ihm ohnehin obliegenden Aufklärungspflicht abzuleiten.

Die von dem Beklagten den mit seiner Beratung und Behandlung befaßten Zahnärzten oder sonstigen Mitarbeitern in der Zahnklinik zugemutete Hinweispflicht auf seinen jeweiligen Selbstbehalt wäre wesentlich weiter gegangen: Sie setzte jedenfalls voraus, daß die Mitarbeiter über die Absicherung des Patienten genau Bescheid wußten, die auch bei einem Beamten vielfältig denkbar ist. Ob bei einer solchen Kenntnis eine Hinweispflicht besteht, ist umstritten (bejahend AG Köln, zitiert nach Füllgraf, a.a.O. S. 2619; ablehend Füllgraf a.a.O. S. 2620). Sich diese Kenntnis aber selbst zu verschaffen, ist keinesfalls die Aufgabe des Zahnarztes. Vielmehr muß der Patient, falls er eine auf diese Einzelheiten abgestimmte Beratung durch den Zahnarzt wünscht, jedenfalls diesem zunächst einmal die Einzelheiten seiner Versicherung und/oder der Beihilferegeln unterbreiten.

Daß der Beklagte dies getan hätte, hat er nicht substantiiert behauptet. Er hat zwar wiederholt ausgeführt, in der Klinik, in welcher er seit Jahren Patient gewesen sei, habe man die Einzelheiten der Beihilferegelung gekannt. Jedoch hat er keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich die vom Kläger bestrittene Kenntnis ableiten ließe. Vor allem folgt sie nicht daraus, daß seine Stellung als Oberamtsrat in einem Bundsesministerium auf der Karteikarte verzeichnet gewesen sein mag, denn daraus ergab sich nicht, inwieweit der Beklagte etwa noch Zusatzversicherungen abgeschlossen hatte, um die von der Beihilfe nicht gedeckten Kosten zu decken. Die vom Beklagten gewählte Versicherungsart, durch die nur von den beihilfefähigen Kosten ein bestimmter Prozentsatz ersetzt wird, ist nur eine von vielen denkbaren Versicherungsarten. Ebenso häufig sind zum Beispiel Versicherungen, durch die Kosten bis zu einem jährlichen Höchstbetrag oder in bestimmten Anteilen vom Rechnungsbetrag ersetzt werden. Ohne Mitteilung dieser Einzelheiten, die der Beklagte selbst nicht behauptet, hätten die Klinikmitarbeiter den Beklagten mithin über die ihn treffenden Selbstbehaltsbeträge nicht einmal zutreffend unterrichten können. Da dem Beklagten dies auch hätte klar sein müssen, konnte er nicht davon ausgehen, daß sie diese Frage bei der Behandlung bedacht hätten.

2. Die Zahnärzte und sonstigen Mitarbeiter der Klinik des Klägers haben auch keine allgemeinere wirtschaftliche Beratungs- oder Hinweispflicht gegenüber dem Beklagten verletzt, so daß auch insoweit ein Schadensersatzanspruch nicht in Betracht kommt.

Es ist denkbar, ohne daß dies für den Streitfall entschieden zu werden braucht, daß ein Zahnarzt seinen Patienten auf Bedenken gegen die Erstattungsfähigkeit besonders kostspieliger Ausführungen von Zahnersatz hinweisen muß, wenn dem Arzt diese Bedenken, vom Einzelfall und dessen Versicherungsgestaltung abgesehen, ohne weiteres geläufig sind, während der Patient in diesen Fragen erkennbar unbewandert ist. Der Beklagte gehörte jedoch nicht zu einem-solchen Personenkreis, vielmehr konnte bei ihm vorausgesetzt werden, daß er die allgemein verbreitete Kenntnis besaß, daß die Kostenerstattung bei prothetischer Zahnbehandlung Probleme bereiten könnte und daß deshalb die Klinik Kostenvoranschläge anbot, die vor Ausführung der Arbeiten durch Beihilfe und Versicherung geprüft werden konnten. Daß dem Beklagten diese Möglichkeit bekannt war, er aber wegen der Nichterstattungsfähigkeit der Kosten eines solchen Voranschlages darauf verzichtet hatte, ergibt sich aus seinem Schreiben vom 8. November 1981 an den Kläger. Das Landgericht bewertet diesen Verzicht mit Recht als Risikoübernahme der Erstattungsfähigkeit der Kosten durch den Beklagten, denn wer eine ihm gegen ein geringes Entgelt angebotene genaue Kontrollmöglichkeit ausschlägt, kann nicht die behandelnden Zahnärzte mit einer außerhalb ihrer medizinischen Überlegungen liegenden Wahrung seiner Vermögensinteressen belasten.

3. Dem Beklagten ist auch nicht die Wahl kostengünstiger Behandlungsalternativen mangels ausreichender medizinischer Aufklärung abgeschnitten worden.
Die Zeugen Dr. S-B und Dr. R haben glaubwürdig bekundet, daß eingehend über Behandlungsalternativen gesprochen worden ist. Wenn der Beklagte hierzu erklärt, er habe die Gespräche-der beiden Zeugen nur als Erörterungen in fachtechnischer Hinsicht angesehen, so kann dies jedenfalls nicht für die ersten Sitzungen gelten, die bei dem Zeugen Dr. S-B stattgefunden haben und bei denen der Gang der Behandlung erst festgelegt worden ist. Dieser Zeuge hat auch erklärt, daß er bei der einen oder anderen Ausführungsart darauf hingewiesen habe, daß diese teurer sei, ohne sich insoweit allerdings auf eine bestimmte Höhe festzulegen. Um diese zu erfahren, hätte der Beklagte jedoch von der ihm-- bekannten Möglichkeit, einen Kostenvoranschlag einzuholen, Gebrauch machen können und müssen, wenn es ihm darauf angekommen wäre. Die Zeugin Dr. R welche die zahnärztlichen Arbeiten bei dem Beklagten im wesentlichen ausgeführt hat, empfahl dem Beklagten nach ihrer Aussage aus zahnärztlicher Sicht wegen einer Parodontose die prothetische Versorgung durch Metallkeramik und Edelmetallkronen. Sie hatte zu Beginn der Behandlung einen Kostenvoranschlag für die Unterkieferbehandlung eingeholt, der am 14. April 1980 vorlag, aber vom Beklagten dann aus Kostengründen nicht abgefordert worden ist, womit er das Risiko der Erstattungsfähigkeit der Arbeiten endgültig übernommen hat.
Die Zeugin hat nicht bestätigt, dem Beklagten jemals die Summe von 6.000,-- - 6.000,-- CM für die Gesamtbehandlung genannt zu haben. Damit in Übereinstimmung hat der Zeuge Dr. S bekundet, der mit den Kostenvoranschlägen befaßt war, daß er der Zeugin Dr. R einmal einen Betrag von ca. 7.000,-- DM nur für die Unterkieferarbeiten genannt habe. Auch insoweit hat mithin der Beklagte den Mitarbeitern des Klägers keinen Beratungsfehler in wirtschaftlicher Hinsicht nachgewiesen. Hierfür trägt jedoch der Beklagte die Beweislast, denn die Beratungspflicht über Kosten einer ärztlichen Behandlung ist eine vertragliche Nebenpflicht, deren Verletzung nach allgemeinen Grundsätzen derjenige zu beweisen hat, der Ansprüche daraus ableitet.
4. Dem Beklagten steht auch kein Schadensersatzanspruch deshalb zu, weil der Kläger nicht alle denkbaren Ziffern der Gebührenordnung für Zahnärzte in die Abrechnung aufgenommen und deshalb möglicherweise bewirkt hat, daß die Gesamterstattungssumme für den Beklagten durch Beihilfe und Privatversicherung geringer ausgefallen ist, als dies bei anderer Abrechnung der Fall gewesen wäre.

Der Senat braucht in diesem Zusammenhang nicht zu entscheiden, ob die Klinik verpflichtet ist, alle ihre Leistungen auch tatsächlich zu berechnen. Auch eine solche Pflicht wäre allenfalls dann schuldhaft verletzt, wenn die Klinikverwaltung vor Ausstellung der Rechnung auf die Notwendigkeit einer solchen Abrechnung vom Beklagten hingewiesen worden wäre, was unstreitig nicht geschehen ist. Auch in diesem Zusammenhang ist es Sache des Patienten, rechtzeitig zu klären, welche Art von Abrechnung er zur Inanspruchnahme von Beihilfe und Versicherungsleistungen braucht, nicht dagegen diejenige der Klinik, zumal diese die Einzelheiten der Beihilfeberechnung und insbesondere der Privatversicherungsleistung nicht einmal feststellen kann, weil sie deren Bedingungen nicht kennt.

5. Das Landgericht hat dem Kläger mit Recht Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 3 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zuerkannt. Der-Kläger hat nachgewiesen, daß der Kreditsatz für Landeskredite, durch welche sich auch die Zahnklinik des Klägers finanziert, im Jahre 1984 durchschnittlich bei 7,9 % gelegen hat, so daß der Verzugsschaden des Klägers sich im Bereich der vorgenannten Zinssätze bewegt hat (§ 287 ZPO).
6. Die Nebenentscheidungen des Rechtsstreits folgen aus den Vorschriften der §S 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Beschwer des Klägers und Streitwert für die Berufungsinstanz: 7.009,59 DM.

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