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06.04.2011 · IWW-Abrufnummer 110991

Amtsgericht Lichtenfels: Urteil vom 22.07.2010 – 1 C 115/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Lichtenfels
Az.: 1 C 115/10

IM NAMEN DES VOLKES
erlässt das Amtsgericht Lichtenfels durch XXX am 22.07.2010 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss
Der Streitwert wird auf 290,00 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte weitere Anspruch aus dem Vollkaskoversicherungsvertrag gegen die Beklagte gemäß §§ 1 S.1 VVG, 12, 13 AKB nicht zu.

Die Beklagte ist gemäß § 82 Abs. 2 S.1, Abs. 3 S. 2 VVG n.F. in Verbindung mit § 7 Abs. III AKB von der weiteren Leistungspflicht befreit.

Das Gericht stützt sich dabei auf folgende Erwägungen: Zwischen den Parteien bestand am Unfalltage, dem 09.01.2010, ein KFZ-Vollkaskoversicherungsvertrag, dem unstreitig die AKB zugrundelagen. Gemäß § 7 Abs. III AKB bestand für die Klägerin als Versicherungsnehmerin die Obliegenheit, bei einem unter die Fahrzeugversicherung fallenden Schaden vor Beginn der Verwertung oder der Wiederinstandsetzung des Fahrzeuges die Weisung des Versicherers einzuholen, soweit ihr dies billigerweise zugemutet werden konnte. Hierbei handelt es sich um eine Konkretisierung der bereits in § 82 Abs. 2 S. 1 VVG n.F. enthaltenen Obliegenheit, deren Verletzung grundsätzlich die (gänzliche oder teilweise) Leistungsfreiheit des Versicherers gemäß § 82 Abs. 3 VVG zur Folge hat.

Vorliegend hat die Beklagte diese Obliegenheit nicht erfüllt. Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass nach den Umständen des Einzelfalles bereits in der Schadensanzeige an den Versicherer eine Bitte um Erteilung von Weisungen und somit eine Erfüllung der Obliegenheit gesehen werden kann (vgl. Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl. 2002, § 62 Rdn. 9; LG Lüneburg, Urteil vom 09.11.2001, 8 S 67/01). Voraussetzung ist dabei jedoch, dass dem Versicherer bereits in dieser Schadensanzeige die Beschädigung des Fahrzeuges so genau mitgeteilt wird, dass sich dieser ein genaues Bild vom Schadensumfang und den für ihn zu erwartenden Kosten machen kann (vgl. LG Berlin, Urteil vom 03.02:2005, 17 0 223/04). Die bloße telefonische Schadensmeldung, welche den Zweck hat, den Versicherer zunächst vom Versicherungsfall überhaupt in Kenntnis zu setzen, reicht hierfür noch nicht aus, zumal im vorliegenden Fall erst zwei Tage nach der Schadensmeldung auf Veranlassung der Beklagten ein Schadensgutachten, eingeholt wurde und der Beklagte zumindest die Gelegenheit hätte gegeben werden müssen, das Gutachten, insbesondere den dort angegebenen Restwert, zu überprüfen.

Darüberhinaus wurde die Klägerin in dem Gutachten vom 13.01.2010 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie vor einer Verwertung des Fahrzeuges die Weisung der Beklagten einzuholen habe.

Hieran hat sich die Klägerin nicht gehalten, als sie ohne Einholung weiterer Weisungen den PKW am 18.91.2010 zu dem im Gutachten ermittelten Restwert von 160,00 € brutto veräußerte.

Auch wenn die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit bzgl. der Obliegenheitsverpflichtung gemäß § 82 Abs. 3 S. 2 letzter HS VVG auf Seiten der Klägerin liegt, so ist das Gericht bei Würdigung aller Umstände davon überzeugt, dass die Klägerin mindestens eine grobe Fahrlässigkeit trifft. Das Gericht stützt seine diesbezügliche Überzeugung insbesondere auf den eindeutigen Hinweis im Gutachten, vor Verwertung des Fahrzeugs Weisungen der Beklagten einzuholen.

Die Beklagte war somit berechtigt, die Leistung um die Differenz zwischen dem im Gutachten angegebenen Restwert von 160,00 € und dem von ihr ermittelten Restwertangebot von 450,00 €, mithin um den klageweise geltend gemachten Betrag von 290,00 € zu kürzen. Das Restwertangebot war hinsichtlich des Anbieters unter Angabe von dessen Telefonnummer, des Betrages und seiner Gültigkeit hinreichend konkretisiert. Die Klägerin wäre aus diesem Grunde verpflichtet gewesen, sich auf dieses Angebot einzulassen, zumindest aber sich hinsichtlich des weiteren Vorgehens mit der Beklagten in Verbindung zu setzen, was ihr von dieser in dem Schreiben vom 19.01.2010 auch mitgeteilt wurde. Dem steht nicht entgegen, dass der Restwertanbieter ausweislich dessen Telefonnummer seinen Sitz in Neuss hat. Aus dem Schreiben der Beklagten ergibt sich nämlich keinesfalls, dass diese von der Klägerin verlangt hätte, das Fahrzeug auf eigene Rechnung von Ebensfeld nach Neuss zu transportieren. Vielmehr wurde die Klägerin gebeten, sich zur Abstimmung des weiteren Vorgehens mit der Beklagten in Verbindung zu setzen.

Der Bestand und die Verbindlichkeit dieses Restwertangebots ist von der Klägerin nicht angezweifelt worden, so dass das Gericht von dessen Vorliegen ausgeht.

Im Ergebnis steht der Klägerin die geltend gemachte Forderung nicht zu. Mangels Hauptsacheanspruch stehen der Klägerin auch die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren und Verzugszinsen nicht zu. '

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert war gemäß §§ 48 GKG, 3 ff. ZPO festzusetzen.

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