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27.04.2011 · IWW-Abrufnummer 110898

Kammergericht Berlin: Beschluss vom 02.11.2010 – 6 U 75/10

1. Ein im mittleren feuerwehrtechnischen Einsatzdienst tätiger Beamter ist nicht berufsunfähig im Sinne der Bedingungen der privaten Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, wenn er für den Dienst auf dem großen Einsatzfahrzeug nicht mehr geeignet ist, weil er aus dienstlichen Gründen keine Tätigkeiten mehr im Rettungsdienst, Tätigkeiten mit Atemschutz oder Fahr- und Steuertätigkeiten ausüben darf, sondern nur noch auf dem kleinen Einsatzfahrzeug oder dem Einsatzleitwagen, solange er im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst (§ 108 Abs. 2 LBG i.d.F. vom 23. Juni 2005; § 106 Abs. 2 LBG i.d.F. vom 19. März 2009) weiterhin als Oberbrandmeister mit derselben Besoldungsgruppe tätig sein kann.



2. Denn auch wenn man bei der Frage der Berufsunfähigkeit eines Beamten nicht auf das abstrakt-funktionelle Amt, sondern auf die konkrete zuletzt ausgeübte Tätigkeit auf dem bisherigen Dienstposten auf dem großen Einsatzwagen als Beruf abstellt, handelt es sich jedenfalls um eine zumutbare konkrete Verweisung des Versicherungsnehmers auf eine andere Tätigkeit, die aufgrund der Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und der bisherigen Lebensstellung entspricht; auch dann ist das Amt noch durch die Verwendung im unmittelbaren Brandbekämpfungs- und Hilfeleistungsdienst vor Ort geprägt.



3. Übt der Versicherungsnehmer die Verweisungstätigkeit seit über drei Jahren durchgehend und vollschichtig aus, obliegt es ihm, darzulegen und zu beweisen, dass ihm diese Tätigkeit dennoch gesundheitlich nicht zumutbar ist.


6 U 75/10

In dem Rechtsstreit

H### ./. D### L############ a.G.

hat der 6. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin am 02. November 2010

b e s c h l o s s e n :

Tenor:
Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, seine Berufung vom 12. Juli 2010 gegen das am 21. Mai 2010 verkündete und am 10. Juni 2010 zugestellte Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen

Gründe
1. Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, seine Berufung vom 12. Juli 2010 gegen das am 21. Mai 2010 verkündete und am 10. Juni 2010 zugestellte Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil der Senat nach Vorberatung einstimmig der Auffassung ist, dass das Rechtsmittel in der Sache keinen Erfolg hat (Nr. 1), der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (Nr. 2) und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern (Nr. 3).

Dem Kläger steht auch unter Berücksichtigung seines Berufungsvorbringens kein Anspruch aus der mit der Beklagten abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zu.

Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung. Die dagegen vorgebrachten Berufungsangriffe lassen weder Rechtsfehler erkennen noch geben sie konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen (§§ 513, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass der Kläger bereits nach seinem eigenen Vortrag nicht -wie geltend gemacht- berufsunfähig im Sinne des § 2 Abs. 1 B-BUZ ist. Danach läge bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vor, wenn der Kläger als Versicherter infolge ärztlich nachgewiesener Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls voraussichtlich dauernd außer-stande wäre, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden könnte und seiner bisherigen Lebensstellung entspräche.

Diese Voraussetzungen können in Bezug auf den Kläger, auch unter Berücksichtigung des eingereichten Attestes vom 11. April 2008 (Bd. I Bl. 102/103 d.A.), nicht festgestellt werden. Zwar ist die Feuerwehrdienstfähigkeit bei dem Kläger auf Dauer eingeschränkt, weil er -dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede- aufgrund seiner Rückenbeschwerden aus arbeitsmedizinischer Sicht Lasten nur noch heben oder tragen darf, soweit sie ein Gewicht von 25 kg nicht übersteigen; zudem darf er Tätigkeiten im Rettungsdienst, mit Atemschutz oder Fahr- und Steuertätigkeiten mit Sonderrechten nicht mehr ausüben. Aufgrund dieser Einschränkungen, auch dies bestreitet die Beklagte nicht, kann der Kläger auch nicht mehr, wie zuvor, seinen Dienst auf dem großen Einsatzfahrzeug verrichten, sondern wird seit nunmehr März 2008 entweder auf dem kleinen Einsatzfahrzeug oder im Einsatzleitwagen eingesetzt.

Entgegen der Ansicht des Klägers reicht die Tatsache, dass er für den Dienst auf dem großen Einsatzfahrzeug nicht mehr geeignet ist, aber noch nicht aus, um eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit anzuerkennen. Der Kläger übt nach wie vor seinen Beruf als Berufsfeuer-wehrmann in Vollzeit aus; der Kläger behauptet jedenfalls nicht, dass die Einsatzkräfte, die auf dem kleinen Einsatzfahrzeug dienen, grundsätzlich keine Beamten des Feuerwehrdienstes im Sinne des § 108 LBG Berlin (in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung) sind. Auch auf dem kleinen Einsatzwagen ist der Kläger noch immer im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst (vgl. dazu § 108 Abs. 2 LBG Berlin in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung) tätig, der durch die Verwendung im unmittelbaren Brandbekämpfungs- und Hilfeleistungsdienst vor Ort geprägt wird; sein monatliches Einkommen bemisst sich nach wie vor nach der für einen Oberbrandmeister maßgeblichen Besoldungsgruppe A 8. Richtig ist zwar, dass im Rahmen der Prüfung, ob ein Versicherter infolge seiner Erkrankung und deren Folgen dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seinen früheren Beruf auszuüben, nicht allein auf das allgemeine Berufsbild, sondern vielmehr auf die tatsächlich konkret vor der Erkrankung ausgeübte Tätigkeit abzustellen ist (BGH VersR 1996, 830 [BGH 03.04.1996 - IV ZR 344/95] - 831; OLG Frankfurt VersR 2006, 916 - 918). Wie eng diese Begrenzung auf die vorherige Tätigkeit zu verstehen ist, insbesondere ob in diesem Zusammenhang -wovon der Kläger offensichtlich ausgeht- nicht nur auf seine "Tätigkeit im feuertechnischen Einsatzdienst" (wofür sein weisungsabhängiger Beamtenstatus sprechen dürfte), sondern noch konkreter auf seine "Tätigkeit im feuertechnischen Einsatzdienst auf dem großen Einsatzwagen" abgestellt werden müsste, kann vorliegend offen bleiben. Im letzteren Fall müsste der nunmehrige Einsatz des Klägers auf dem kleinen Einsatzfahrzeug dann als "andere Tätigkeit, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht", angesehen werden, was ebenfalls die Feststellung der Berufsunfähigkeit hindert (vgl. BGH VersR 2007, 631 [BGH 07.02.2007 - IV ZR 232/03]-633).

Schon nach dem Vortrag des Klägers muss vorliegend davon ausgegangen werden, dass seine Tätigkeit als Oberbrandmeister auf dem kleinen Einsatzfahrzeug mit seiner ursprünglichen Tätigkeit auf dem großen Einsatzfahrzeug vergleichbar ist im Sinne des § 2 B-BUZ. Der Kläger übt diese Tätigkeit mittlerweile seit fast drei Jahren durchgehend und ebenfalls vollschichtig aus. Dies spricht bereits dafür, dass auch die Tätigkeit auf dem kleinen Einsatzfahrzeug seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entspricht; ebenso die unveränderte Besoldungsstufe A 8. Der Kläger darf sich deshalb nicht darauf beschränken, die Vergleichbarkeit pauschal in Abrede zu stellen, ihm obliegt vielmehr die Darlegungs- und erforderlichenfalls auch die Beweislast dafür, dass die neue Tätigkeit diese Voraussetzungen nicht erfüllt, da er, anders als die Beklagte, konkret weiß, wie diese Tätigkeit im Einzelnen ausgestaltet ist und welche Anforderungen sie an ihn stellt (vgl. dazu BGH VersR 2000, 349 [BGH 12.01.2000 - IV ZR 85/99] - 351; BGH VersR 1999, 1134 [BGH 23.06.1999 - IV ZR 211/98] - 1136). Zudem bedeutet Vergleichbarkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 B-BUZ nicht Gleichheit in allen Punkten; gewisse Abweichungen, z.B. Einkommensverluste in zumutbarem Rahmen, sind vom Versicherten hinzunehmen (OLG Nürnberg VersR 1998, 119 - 120).

Soweit der Kläger weiter vorträgt, die Tätigkeit auf dem kleinen Einsatzfahrzeug biete ihm nicht dieselben Möglichkeiten, befördert zu werden, so ist dieser Vortrag schon nicht einlassungsfähig, weil zu pauschal.

Soweit der Kläger weiter der Ansicht ist, eine Verweisung auf den Dienst auf dem kleinen Einsatzfahrzeug sei ihm auch deshalb nicht zumutbar, weil die Ausübung dieser Tätigkeit im Verhältnis zur Beklagten eine überobligatorische Leistung darstelle, obliegt ihm -wie dargelegt- die Darlegungs- und erforderlichenfalls die Beweislast (BGH aaO.). Auch zu diesem Punkt fehlt jedoch -darauf stellt das Ausgangsgericht zu Recht ab- ausreichend einlassungsfähiger Vortrag des Klägers. Soweit er mit seiner Berufungsbegründung die Ansicht vertritt, er habe bereits erstinstanzlich, insbesondere mit Schriftsatz vom 22. Februar 2010 ausreichend vorgetragen, dass er mit der Verrichtung des Dienstes auf dem kleinen Einsatzfahrzeug Raubbau an seiner Gesundheit betreibe, vermag ihm auch der Senat nicht zu folgen. Der Vortrag in diesem Schrift-satz bezieht sich, ebenso wie auch der entsprechende Vortrag in der Klageschrift, ersichtlich auf den akuten feuerwehrtechnischen Einsatzdienst, der aber auch nach dem Vortrag des Klägers nur vom großen Einsatzwagen oder vom Rettungswagen und gerade nicht vom kleinen Einsatzfahrzeug aus erfolgt. Dass der vom Kläger seit März 2008 geleistete Dienst auf dem kleinen Einsatzfahrzeug als eine überobligatorische Leistung angesehen werden muss, liegt auch nicht bereits auf der Hand, ergibt sich insbesondere nicht bereits aus dem Attest vom 11. April 2008, da dieses dem Kläger eine eingeschränkte Feuerwehrdienstfähigkeit gerade nicht abspricht. Unabhängig davon ist der Vortrag des Klägers aber auch deshalb ungenügend, weil er an keiner Stelle konkret darlegt, dass und welche weiteren Gesundheitsbeeinträchtigungen für ihn zu erwarten sind (bzw. seit März 2008 bereits eingetreten sind), wenn er den Dienst auf dem kleinen Einsatzfahrzeug (überobligatorisch) fortsetzt (vgl. BGH VersR 2001, 89 [BGH 11.10.2000 - IV ZR 208/99] - 90, dort Rdz. 12 ff).

Ob die Rüge, das Ausgangsgericht hätte ihm, weil es seinen Vortrag als nicht ausreichend angesehen habe, vor der Entscheidung einen Hinweis gemäß § 139 ZPO erteilen müssen, zutrifft, kann ebenfalls offen bleiben, nachdem der Kläger auch im Rahmen der Berufungsinstanz nicht darlegt, was er auf einen solchen Hinweis hin konkret weiter vorgetragen hätte.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO sind erfüllt. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).

2. Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, binnen dreier Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen. Er wird darauf hingewiesen, dass sich im Falle der Berufungsrücknahme die Gerichtskosten auf die Hälfte reduzieren würden (vgl. KV 1222 zum GKG, dort Anlage 2).

RechtsgebietBB-BUZVorschriften§ 2 BB-BUZ § 106 Abs. 2 LBG Berlin § 108 Abs. 2 LBG Berlin

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