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15.06.2011

Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 02.03.2011 – 7 K 5850/08

1. Erstreckt sich die Tätigkeit eines Militärberaters auf militärisch-organisatorische Angelegenheiten, die nicht die ganze Breite der Betriebswirtschaft abdeckt (d. h. Fragen der Unternehmensführung, der Fertigung, der Materialwirtschaft, der Finanzierung, des Vertriebs, des Verwaltungs- und Rechnungswesens sowie des Personalwesens), ist die Tätigkeit nicht als eine den Katalogberufen des § 18 EStG ähnliche Tätigkeit, sondern als Gewerbebetrieb anzusehen.

2. Hat der Militärberater keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub, wird die Beratungstätigkeit selbstständig ausgeübt.

3. Wer nicht über einen Abschluss als Absolvent einer Hochschule (Diplom), einer Fachhochschule (Diplom/ graduierter Betriebswirt) oder Fachschule (staatlich geprüfter Betriebswirt) verfügt, muss den Erfolg seiner autodidaktischen Ausbildung, d. h. eine vergleichbare Breite und Tiefe seiner theoretischen Fachkenntnisse in den Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre nachweisen. Den Nachweis der erforderlichen Kenntnisse kann der Steuerpflichtige durch Belege über eine erfolgreiche Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, anhand praktischer Arbeiten oder durch eine Art Wissensprüfung führen. Die Wissensprüfung ist im Wege eines Sachverständigengutachtens vorzunehmen, indem der Gutachter den Steuerpflichtigen gewissermaßen examiniert.

3. Die Möglichkeit der Wissensprüfung durch einen Sachverständigen kommt allerdings erst in Betracht, wenn der Steuerpflichtige hinreichend dargelegt hat, dass er in allen Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre Kenntnisse erworben hat und dies entweder durch geeignete Fortbildungsveranstaltungen oder durch praktische Arbeiten nachweist.


Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Finanzrechtsstreit

hat der 7. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2011 durch Präsident des Finanzgerichts … Richter am Finanzgericht …

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger als Militärberater gewerbliche Einkünfte erzielt hat.

Der Kläger (geboren xx.xx.xxxx) ist … Staatsangehöriger mit Wohnsitz in X. Der Kläger trat nach dem Abitur im Jahre xxx in die Armee ein. Er absolvierte in der Folge eine erfolgreiche Militärlaufbahn und wurde xxxx zum Offizier (Major) im Generalstab ernannt. Im Jahre xxxx schied er aus dem aktiven Militärdienst aus und wurde als Zivilbediensteter der Armee im Bereich Logistik und Versorgung in Y beschäftigt. Im Jahr 2001 wurde er von dem privaten Unternehmen B (…) als Berater angestellt, das für die Armee im Sicherheitsbereich umfangreiche und vielfältige Dienstleistungen erbringt. Seit dem Streitjahr 2004 ist der Kläger als freier Mitarbeiter für B tätig.

Der Kläger hat im Einzelnen folgende Ausbildung und (Militär-) Laufbahn absolviert (zu weiteren Einzelheiten s. Schriftsatz des Klägers vom 6. März 2009, FG-A. Bl. 20, s. ferner Lebenslauf des Klägers, Rechtsbehelfsakten Bl. 5):

Nach der militärischen Grundausbildung und drei Jahren Militärdienst absolvierte der Kläger ab xxxx ein … (BA)-Studium in den Fächern Deutsch und Politikwissenschaften sowie ein zweijähriges Studium der Wehrwissenschaften. Im Sommer xxxx schloss der Kläger sein Studium mit dem Grad BA in Politikwissenschaften und Internationale Beziehungen ab und erhielt sein Patent als Leutnant der Armee. Außerdem absolvierte der Kläger im September xxxx einen sechsmonatigen Grundkurs für Logistikoffiziere sowie eine achtmonatige Pilotenausbildung. Im November xxxx wurde der Kläger nach … abkommandiert und übernahm die Position des Leiters der Abteilung für Transport und Versorgung eines Standortübungsplatzes. Im xxxxxx wurde der Kläger zum Hauptmann befördert. Im gleichen Jahr besuchte er zur Vorbereitung auf die Position als Stabsoffizier und Leiter einer Versorgungseinheit eine sechsmonatige Fortgeschrittenenausbildung für Logistikoffiziere. Im Jahr xxxx studierte der Kläger im Rahmen eines MA-Programms das Fach Internationale Beziehungen (interkulturelle Psychologie). Im Jahr xxxx war der Kläger als Lehrer im Militär-Lehrdienst tätig. Danach besuchte er einen sechsmonatigen Lehrgang für sog. Auslandsoffiziere. Diese Fortbildung führte für den Kläger zu neuen Aufgaben im Rahmen des …. Im xxxxxxxx wurde der Kläger zum … ernannt. Im Jahr xxxx erfolgte die Beförderung zum Major und der Kläger absolvierte zudem die sog. Generalstabs-Ausbildung. xxxx wurde der Kläger als Offizier für Sonderaufgaben dem stellvertretenden kommandierenden General der Armee in … zugeteilt. Im Jahre xxxx schied der Kläger aus dem aktiven Militärdienst aus und wurde Zivilbediensteter und Berater … der Armee in Y im Bereich Logistik und Versorgung.

Im Streitjahr erbrachte der Kläger für die Fa. B Beratungsleistungen für die logistische Versorgung der Militäreinrichtungen in …. Die Tätigkeit betrifft militärische Abläufe und Angelegenheiten der stationierten Einheiten sowie der Versorgungseinheiten der betroffenen Einrichtungen in … Der Kläger wird ferner tätig für die Armee in … im Zusammenhang mit Besuchen des kommandierenden Generals und des stellvertretenden kommandierenden Generals bei Armee-Einrichtungen in …

Der Kläger hat mit der Fa. B ab dem Streitjahr einzelne Beraterverträge abge-schlossen (s. FG-A. Bl. 40 ff.). Für das Streitjahr wurde der Beratervertrag nicht vorgelegt. In dem Tätigkeitsangebot vom xx.xx.xxxx heißt es (s. FG-A. Bl.60):

„Wir freuen uns, Ihnen heute eine Fortsetzung Ihrer Beratertätigkeit für B offerieren zu können. Zu Ihren Aufgaben gehört die Unterstützung des …, bei der Planung und Umsetzung aller erforderlichen Maßnahmen zur Zentralisierung der Kasernen und Stützpunkten innerhalb … s. Diesbezüglich wird Ihr Einsatz in Y bei der … Büro stattfinden. Eine zusätzliche Anforderung wird es sein, weitere Büros innerhalb … s beratend zu unterstützen.

Ihre Beratertätigkeit wird Ihnen B mit einem Tagessatz von $ xxx.xx vergüten. Das Arbeitsverhältnis wird vom xx.xx.xxxx bis zum xx.xx.xxxx bestehen und circa 300 Arbeitstage beinhalten. Weitere zusätzliche Arbeitstage könnten erforderlich sein, wobei der Bedarf untereinander abgesprochen wird. Über die Regelarbeitszeit hinausgehende geleistete Arbeitsstunden werden mit $ xx.xx vergütet. …”

Mit der Einkommensteuererklärung für 2004 erklärte der Kläger in der Anlage GSE Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von xx.xxx EUR, wobei er Betriebseinnahmen in Höhe von xx.xxx EUR und Betriebsausgaben in Höhe von xx.xxx EUR erklärte (s. Gewerbesteuerakten Bl. 8). Mit Schreiben vom 5. und 18. Februar 2004 hatte der Kläger gegenüber dem Beklagten (dem Finanzamt –FA–) die Aufnahme einer freiberuflichen Tätigkeit als „Unternehmensberater” angezeigt und die Art der ausgeübten Tätigkeit als „Betriebswirtschaftliche Beratung in Militärangelegenheiten” umschrieben.

Das FA war der Auffassung, dass die Einkünfte der Gewerbesteuer unterliegen und setzte den Gewerbesteuermessbetrag für das Streitjahr mit Bescheid vom 15. März 2007 auf xxx EUR fest.

Der dagegen erhobene Einspruch, mit dem der Kläger geltend machte, er übe aufgrund seiner wissenschaftlichen Ausbildung als Unternehmensberater (Militärberater) eine selbständige Tätigkeit aus, blieb ohne Erfolg. Auf das Schreiben des FA vom 15. Juli 2008 (s. Rechtsbehelfsakten Bl. 22) und die Einspruchsentscheidung vom 14. November 2008 wird Bezug genommen (s. Finanzgerichtsakten –FG-A.– Bl. 6).

Mit der dagegen erhobenen Klage macht der Kläger weiter geltend, er sei freiberuflich tätig und unterliege mit seinen Beratungseinkünften nicht der Gewerbesteuer. Der Kläger behauptet, er erfülle die persönlichen Anforderungen eines beratenden Betriebswirtes. Seine Beratungstätigkeit beruhe auf einer vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung und die Beratungstätigkeit erstrecke sich auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich. Der Kläger könne inzwischen auf 42 Jahre Berufserfahrung bei der Armee zurückblicken, wovon mehr als 39 Jahre auf den Bereich Logistik entfielen. Es gebe keinen anderen Militärberater, der mit dem Kläger unmittelbar vergleichbar sei, da die anderen ca. 50 Militärberater unter das Nato-Truppenstatut fielen. Der Kläger erbringe seine Beratungstätigkeit für hoch- und höchstrangige Offiziere und Generäle der Armee und die Arbeit erstrecke sich auf ein breites Feld, das technische und organisatorische Fragestellungen umfasse. Dabei kämen ihm die beiden Schwerpunkte zugute – Einsatz im Bereich der Militärlogistik und Tätigkeit als Auslandsoffizier–, die seinen Militärberuf geprägt hätten. Hilfsweise hat der Kläger die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

Der Kläger hat ferner vorgetragen, dass er bei einer Qualifizierung seiner Einkünfte als gewerblich in seinem Recht auf freie Arbeitsplatzwahl beeinträchtigt werde. Er benötige für die Durchführung seiner Arbeiten bei der Fa. B eine Sicherheitsunbedenklichkeitsbescheinigung. Der Kläger habe im Rahmen der bisher erfolgenden Sicherheitsüberprüfungen jeweils erklären können, dass er als natürliche Person handle. Nach den militärischen Vorschriften von … sei es nicht möglich, einem Gewerbetreibenden eine Sicherheitsunbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen. Der Kläger sei bei einer Einstufung als Gewerbetreibender verpflichtet, diese Änderung in seinen Verhältnissen anzuzeigen mit der Folge, dass ihm die Sicherheitsunbedenklichkeitsbescheinigung aberkannt werde und er letztlich arbeitslos werde.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 15. März 2007 betreffend die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für 2004 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14. November 2008 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA trägt vor, der Kläger habe Deutsch, Politik- und Wehrwissenschaften sowie Psychologie studiert und insoweit keine dem beratenden Betriebswirt vergleichbare Ausbildung bzw. ein vergleichbares Studium absolviert. Der Kläger habe trotz mehrfacher Aufforderung auch keine Zeugnisse oder Zertifikate vorgelegt, wonach er sich einen dem Studium der Betriebswirtschaft vergleichbaren Wissensstand angeeignet habe. Der Kläger habe auch nicht anhand seiner tatsächlichen Tätigkeit nachgewiesen, dass er im Streitjahr eine dem beratenden Betriebswirt in den wesentlichen Kernbereichen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt hat. Die Tätigkeit des Klägers lasse sich nach dem Tätigkeitsangebot der Fa. B vom xx.xx.xxxx (s. FG-A. Bl. 38) (eher) dem Bereich der Organisationsberatung/Organisationsmanagement zuordnen. Eine solche Tätigkeit habe der Bundesfinanzhof (BFH) mehrfach den gewerblichen Einkünften zugeordnet. Nach Aktenlage bestehe auch keine Veranlassung, ein Sachverständigengutachten einzuholen.

In der Streitsache wurde am 26. November 2010 ein Erörterungstermin durchgeführt (s. Niederschrift, FG-A. Bl. 109). Der Berichterstatter wies im Anschluss an die gerichtliche Verfügung vom 21. Oktober 2010 darauf hin, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht nicht geboten sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Unterlagen sowie auf die beigezogenen Behördenakten (Rechtsbehelfsakten, Gewerbesteuerakten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat im Streitjahr einen Gewerbebetrieb unterhalten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes). Die selbständige nachhaltige Betätigung des Klägers als Militärberater ist nicht als eine den Katalogberufen des § 18 EStG ähnliche Tätigkeit anzusehen. Seine Betätigung ist insbesondere nicht der des Katalogberufs des beratenden Volks- oder Betriebswirts vergleichbar.

1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) kommt als beratender Betriebswirt nur derjenige in Betracht, der nach einem entsprechenden Studium oder einem vergleichbaren Selbststudium, verbunden mit praktischer Erfahrung mit den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft und nicht nur mit einzelnen Spezialgebieten vertraut ist und diese fachliche Breite seines Wissens auch bei einer praktischen Tätigkeit einsetzen kann und tatsächlich einsetzt. Die erforderliche fachliche Breite in diesem Sinne umfasst Fragen der Unternehmensführung, der Fertigung, der Materialwirtschaft, der Finanzierung, des Vertriebs, des Verwaltungs- und Rechnungswesens sowie des Personalwesens. Die notwendige Breite der Betätigung ist demgegenüber schon dann vorhanden, wenn sie sich wenigstens auf einen dieser betrieblichen Hauptbereiche erstreckt (s. BFH-Beschluss vom 16. Januar 2002 IV B 70/01, BFH/NV 2002, 644, m.w.N.).

Diesem Berufsbild eines beratenden Betriebswirts entsprechend liegt ein „ähnlicher Beruf” nur dann vor, wenn er auf einer vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft beruht und sich die Beratungstätigkeit auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich erstreckt (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 164, 408, BStBl II 1991, 769).

b) Der Steuerpflichtige, der nicht über einen Abschluss als Absolvent einer Hochschule (Diplom), einer Fachhochschule (Diplom/ graduierter Betriebswirt) oder Fachschule (staatlich geprüfter Betriebswirt) verfügt, muss den Erfolg seiner autodidaktischen Ausbildung, d.h. eine vergleichbare Breite und Tiefe seiner theoretischen Fachkenntnisse in den Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre nachweisen. Den Nachweis der erforderlichen Kenntnisse kann der Steuerpflichtige durch Belege über eine erfolgreiche Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, anhand praktischer Arbeiten oder durch eine Art Wissensprüfung führen. Die Wissensprüfung ist im Wege eines Sachverständigengutachtens vorzunehmen, indem der Gutachter den Steuerpflichtigen gewissermaßen examiniert (s. BFH-Urteil vom 18. April 2007 XI R 34/06, BFH/NV 2007, 1495, m.w.N.). Da ein Misserfolg bei der Wissensprüfung weitreichende Folgen über den Prozessverlust hinaus haben kann, ist das Gericht nicht verpflichtet, diesen Beweis ohne entsprechenden Antrag des Steuerpflichtigen zu erheben. Aber auch bei entsprechender Antragstellung kommt die Wissensprüfung als ergänzendes Beweismittel nur in Betracht, wenn sich aus den vorgetragenen Tatsachen zu den Umständen des Erwerbs der Kenntnisse und der praktischen Anwendung der erworbenen Kenntnisse bereits erkennen lässt, dass der Steuerpflichtige über hinreichende Fachkenntnisse verfügen könnte, aber ein Nachweis anhand praktischer Arbeiten nicht geführt werden kann. Das Gericht braucht also nicht schon dann eine beantragte Wissensprüfung durchzuführen, wenn der Steuerpflichtige lediglich pauschal behauptet, er habe die erforderlichen Fachkenntnisse (vgl. BFH in BFH/NV 2002, 644). Diese Einschränkung ergibt sich daraus, dass die Examinierung Defizite im Hinblick auf die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme aufweist und zudem unmittelbar nur geeignet ist, den Nachweis über ein aktuell vorhandenes Wissen zu erbringen (s. BFH in BFH/NV 2007, 1495, m.w.N.).

2. Nach diesen Maßstäben ist der Senat im Streitfall bei einer Würdigung der maßgeblichen Umstände nicht davon überzeugt, dass die Tätigkeit des Klägers derjenigen eines beratenden Betriebswirts oder eines diesem ähnlichen Berufs vergleichbar ist.

Der Kläger hat – mit dem Studium der Fächer Deutsch, Politische Wissenschaften und Wehrwissenschaften sowie des Faches Internationale Beziehungen– (offenkundig) keine dem beratenden Betriebswirt vergleichbare Ausbildung oder ein vergleichbares Studium absolviert. Der Kläger hätte bei dieser Sachlage schlüssig und substantiiert darlegen müssen, dass ihm alle hauptsächlichen Bereiche der Betriebswirtschaft (und nicht nur einzelne Spezialgebiete) auf andere Weise als durch ein Studium oder eine Ausbildung vertraut sind und dass er diese fachliche Breite in seiner praktischen Tätigkeit einsetzen kann und auch einsetzt (vgl. Hutter in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 18 EStG Rz. 129, m.w.N.).

Derartige Umstände hat der Kläger jedoch im Streitfall weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren dargetan. Der Kläger hat zwar dargelegt, welche Tätigkeit er im Auftrag der Fa. B durchführt. Diese Tätigkeit, die der Kläger in der mündlichen Verhandlung noch einmal anschaulich und ausführlich erläutert hat, erstreckt sich jedoch vor allem auf militärisch-organisatorische Angelegenheiten und deckt jedenfalls nicht die ganze Breite der Betriebswirtschaft ab. Steuerberater C hat am 24. Februar 2011 gegenüber dem Berichterstatter telefonisch erklärt, dass der Kläger seine (Beratungs-) Leistungen insbesondere im Zusammenhang mit der (regional- und struktur-) politisch äußerst sensiblen Frage der Truppenverlagerungen und Standortschließungen erbracht hat. Unbeschadet dessen, dass es sich insoweit zweifellos um eine schwierige und anspruchsvolle Tätigkeit handelt, wurde vom Kläger jedoch nicht (zureichend) dargelegt, inwieweit der Kläger durch seine Arbeit mit Fragen der Unternehmensführung, der Fertigung, der Materialwirtschaft, der Finanzierung, des Vertriebs, des Verwaltungs- und Rechnungswesens sowie des Personalwesens befasst gewesen wäre.

3. Der Kläger war ferner – wovon auch die Beteiligten übereinstimmend und ohne nähere Ausführungen ausgegangen sind– selbständig tätig. Der Kläger hatte einen häuslichen Arbeitsplatz und er war weder zeitlich noch organisatorisch in den Betrieb seines (Haupt-) Auftraggebers eingebunden. Der Kläger hat den Zeiteinsatz bei seiner Beratungstätigkeit völlig frei gestaltet, wie er in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben und näher erläutert hat. Bei der erforderlichen Würdigung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse war insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger das Unternehmerrisiko –hier in der Form des Vergütungsrisikos– getragen hat (vgl. BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534, betr. Abgrenzung zwischen selbständiger und gewerblicher Tätigkeit –Rundfunkermittler–). Wird eine Vergütung für Ausfallzeiten nicht gezahlt, spricht dies für Selbständigkeit. Hingegen ist der Steuerpflichtige nichtselbständig tätig, wenn er von einem Vermögensrisiko der Erwerbstätigkeit grundsätzlich freigestellt ist (BFH-Urteil vom 20. April 1988 X R 40/81, BFHE 153, 437, BStBl II 1988, 804, m.w.N.). Im Streitfall war danach zu berücksichtigen, dass der Kläger bei persönlicher Verhinderung keine Einnahmen erzielen konnte. Mangels eines –auch für sog. Fehlzeiten garantierten– Mindestverdienstes (vgl. BFH-Urteil vom 30. Oktober 1969 V R 150/86, BFHE 98, 302, BStBl II 1970, 474) trug er ein eigenes unternehmerisches Risiko. Er hatte keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle und keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub. Die Beurteilung der Beratungstätigkeit des Klägers als selbständig wird im Übrigen dadurch bestätigt, dass die Vertragsparteien selbst von einer selbständigen Tätigkeit des Klägers ausgegangen sind (s. telefonische Auskunft von Steuerberater C am 24. Februar 2011).

4. Es war nicht geboten, den Sachverhalt durch Beweiserhebung weiter aufzuklären. Das Gericht war insbesondere nicht verpflichtet, den mit Schriftsatz vom 6. März 2009 beantragten Sachverständigenbeweis zu erheben. Denn erst wenn der Steuerpflichtige hinreichend dargelegt hat, dass er in allen Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre Kenntnisse erworben hat und dies entweder durch geeignete Fortbildungsveranstaltungen oder durch praktische Arbeiten nachweist, kommt als nächste Stufe die Möglichkeit einer Wissensprüfung durch einen Sachverständigen in Betracht. Im Streitfall hat der Kläger jedoch bereits zu seinen Kenntnissen nicht ausreichend Stellung genommen. Entsprechend brauchte das Gericht keinen weiteren Beweis in Form einer Wissensprüfung erheben. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH in BFH/NV 2002, 644) würde der Amtsermittlungsgrundsatz überspannt, wenn man auf einen hinreichenden Sachverhaltsvortrag des Steuerpflichtigen gänzlich verzichten würde. Denn andernfalls könnte dieser durch die bloße Behauptung, er habe derartige Fachkenntnisse, das FG dazu zwingen, eine diesbezügliche Prüfung abzuhalten (s. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 4. Februar 1998 2 K 3/94, EFG 1998, 763, rkr.).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

6. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

VorschriftenGewStG § 2 Abs. 1 S. 1, EStG § 18

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