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28.01.2003 · IWW-Abrufnummer 021863

Finanzgericht Münster: Urteil vom 23.10.2002 – 12 K 5082/1 E


Freigabe: 01.12.2002
FINANZGERICHT MÜNSTER
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

12. Senat
12 K 5082/01 E

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Einkommensteuer 1996 und 1997

hat der 12. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 23.10.2002, an der teilgenommen haben:

XXX

auf Grund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:

Die Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997 vom 25.01.2001 werden mit der Maßgabe geändert, dass die Provisionsanteile in 1996 in Höhen von 13.000 DM und in 1997 in Höhe von 180.000 DM steuerfrei belassen werden.

Die Neuberechnung der Einkommensteuer nach diesem Urteil wird dem Beklagten übertragen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.

Die Revision ist bei dem Bundesfinanzhof innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Begründung muss den Voraussetzungen des § 120 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung -FGO- entsprechen.

Bei der Einlegung und Begründung der Revision sowie in dem weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugte Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufungsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/9231-201.

Gründe:

Strittig ist, ob der Kläger (Kl.) sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielt hat.

Der Kl. hatte in den Streitjahren 1996 und 1997 Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Vermietung und Verpachtung, nichtselbstständiger Arbeit und Kapitalvermögen.

Er schloss in den Streitjahren jeweils einen privaten Versicherungsvertrag ab. Der Abschluss der Verträge wurde durch Versicherungsvertreter vermittelt. Den Versicherungsvertretern standen aus der Vermittlung der Verträge Provisionsansprüche gegen die Versicherungsunternehmen zu. Sie verpflichteten sich gegenüber dem Kl., die Provisionen teilweise an den Kl. weiterzuleiten. Dies war Voraussetzung für den Abschluss der Versicherungsverträge. Wegen der Einzelheiten wird auf die in der Betriebsprüfung (Bp)-Akte abgeheftete Vereinbarung vom 14.01.1997 Bezug genommen. Der Kl. erhielt Provisionsanteile in Höhe von 13.000 DM (1996) und 180.000 DM (1997).

Der Kl. zog aus diesem Sachverhalt in seinen Einkommensteuer (ESt)-Erklärungen 1996 und 1997 keine steuerlichen Konsequenzen. Der Erklärungsvordruck Anlage KSO ?sonstige Einkünfte? enthält unter ?Leistungen? lediglich die Angabe ?nicht steuerpflichtige Provision für eigene Versicherung 13.000 DM.? Die ESt-Erklärung 1997 enthält keine Angabe zu diesem Sachverhalt.

Der Beklagte (BekI.) veranlagte den Kl. zunächst nach Erklärung, ohne die dem Kl. überlassenen Provisionen der Versicherungsvertreter als Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG zu erfassen.

Nachdem er anlässlich einer Bp den vorstehend dargestellten Sachverhalt überprüft hatte, änderte er die ESt-Bescheide der Streitjahre nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) und setzte die dem Kl. überlassenen Provisionsanteile der Versicherungsvertreter als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG an. Hiergegen legte der Kl. erfolglos Einspruch ein. Der Bekl. vertrat die Auffassung, dass der KI. durch den Abschluss der Versicherungsverträge gegen Überlassung eines Teils der Provisionen der Versicherungsvertreter Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG erbracht habe. Bei den an weitergeleiteten Provisionsbeträgen der Versicherungsvertreter handele es sich um Eigenprovisionen, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) als sonstige Einkünfte im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG zu versteuern.

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der KI. weiterhin geltend macht bei den streitbefangenen Zahlungen habe es sich nicht um Entgelte für eigene Leistungen gehandelt, sondern um Zuwendungen auf der privaten Ebene, durch die sein eigener Aufwand zum Erwerb der Versicherungsansprüche gemindert worden sei. Die vom BekI. zitierten Urteile des BFH vom 27.05.1998 X R 94/96 und X R 17/95 seien im Streitfall nicht einschlägig.

Der KI. beantragt,

die geänderten ESt-Bescheide 1996 und 1997 vom 25.01.2001 mit der Maßgabe zu ändern, dass die streitbefangenen Provisionsbeträge steuerfrei belassen werden.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bekl. trägt ergänzend zu den Gründen seiner Einspruchsentscheidung (EE) vor: Der KI. habe bei dem Abschluss der Versicherungsverträge in Streitjahren nicht nur Versicherungsschutz erlangen wollen, sondern auch von den Provisionen profitieren wollen, die grundsätzlich den Versicherungsvertretern zugestanden hätten. Diese Erträge seien nach § 22 Nr. 3 EStG steuerpflichtig. Ziel dieser Vorschrift sei es, die Provisionen, die für den Abschluss eines Versicherungsvertrages gezahlt worden seien, steuerlich zu erfassen. In der Regel erfolge dies als Betriebseinnahme bei den Versicherungsvertretern. Dort, wo diese Voraussetzung nicht vorlägen, greife die Vorschrift des § 22 Nr. 3 EStG ein. Dies sei auch von der Rechtsprechung bestätigt worden.

Die Klage ist begründet.

Der Bekl. hat die an den KI. weitergeleiteten Anteile an den Provisionen der Versicherungsvertreter in Höhe von 13.000 DM (1996) und 180.000 DM (1997) zu Unrecht in den geänderten ESt-Bescheiden als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG erfasst.

Unter den Begriff der sonstigen Leistungen nach dieser Vorschrift fällt jedes Tun, Unterlassen und Dulden, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und um des Entgelts willen erbracht wird (BFH- Urteil von 27.05.1998 X R 94/96, BStBI II 1998, 619; Schmidt/Heinicke EStG § 22 Rz. 31). Entgelte im Zusammenhang mit Vermögensumschichtungen fallen nicht unter § 22 Nr. 3 EStG.

Der KI. hat durch den Abschluss der Versicherungsverträge mit den Versicherungsunternehmen keinen Leistungen ?um des Entgelts willen? erbracht. Die Versicherungsprovisionen sind von den jeweiligen Versicherungsvertretern für die Vermittlung der Verträge der Versicherungsunternehmen mit dem KI. verdient worden. Nicht der KI. hat die Vertragsabschlüsse vermittelt, sondern die Versicherungsvertreter. Der KI. hat lediglich Versicherungsverträge abgeschlossen, die in erster Linie seiner Zukunftssicherung dienten, nicht aber dem Erwerb der Anteile an den Provisionen der Versicherungsvertreter. Die ihm zugeflossenen Provisionsanteile der Versicherungsvertreter minderten seinen finanziellen Aufwand für den Erwerb der Versicherungsansprüche. Sie stellten gewissermaßen Preisnachlässe dar. Insofern handelte es sich um Zahlungen auf der Vermögensebene. Aus der Sicht des KI. wurde die Höhe des finanziellen Aufwandes für den Erwerb der Versicherungsansprüche auch durch die Höhe der den Versicherungsvertretern durch den Abschluss der Verträge zustehenden Provisionsansprüche beeinflusst. Denn die Provisionsansprüche der Versicherungsvertreter werden letztlich auch durch die Prämienzahlungen der Versicherungsnehmer finanziert. Die Weiterleitung eines Teils der Provisionen der Versicherungsvertreter an den KI. stellt ? wirtschaftlich betrachtet ? eine Minderung der Kosten dar, die der KI. aufwenden muss, um seine Versicherungsansprüche zu erwerben. Die dem KI. zugeflossenen Provisionsanteile stellen sich als Preisnachlässe für den KI. dar, nicht aber als Entgelte für sonstige Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG (vgl. Urteil des Finanzgerichts Münster vom 23.04.1991 15 K 8048/88 E, EFG 1992, 132).

Der BFH in mehreren jüngeren Urteilen Provisionsnachlässe, die der Eigenkapitalvermittler Fonds-Gesellschaften gewährt und die kleine besonderen, über die Beteiligung am geschlossenen Fonds hinausgehenden Leistungen der Gesellschafter abgelten, nicht als Einnahmen (hier aus Vermietung und Verpachtung) behandelt, sondern als Minderung der Anschaffungskosten der Immobilie (BFH-Urteil vom 26.02.2002 IX R 20/98, BFH/NV 2002, 854 und IX R 21/01, BFH/NV 2002, 913). Auch der KI. hat keine besonderen, über die Abschlüsse der Versicherungsverträge hinausgehenden Leistungen erbracht, die abzugelten waren. Mithin ist es gerechtfertigt, die ihm gewährten Provisionsanteile der Versicherungsvertreter als Minderung seiner ?Anschaffungskosten? für den Erwerb der Versicherungsansprüche zu behandeln.

Der BFH hat zwar in dem Urteil vom 27.05.1998 X R 17/95 (BStBI. II 1998, 618) Provisionen, die ein Versicherungsvertreter vom Versicherungsunternehmen für den Abschluss privater Versicherungen für sich und seine Ehefrau erhielt, als Betriebseinnahmen seines Gewerbebetriebes behandelt. Der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang zum Betrieb werde dadurch hergestellt, dass die Zahlungen auf der gewerblichen Tätigkeit des Empfängers beruhten. Die private Zweckbestimmung der Versicherungsverträge sei dagegen unbeachtlich. Der BFH hat darüber hinaus solche ?Eigenprovisionen?, die nur aus einmaligen Anlass gezahlt wurden und keine gewerblichen Einkünfte darstellten, in dem Urteil X R 94/96 als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG für steuerbar gehalten. In jenem Urteilsfall hatte der Steuerpflichtige mit einem Versicherungsvermittler einen ?Mitarbeitervertrag? geschlossen. Es war beabsichtigt, dass der Steuerpflichtige nur zwei Lebensversicherungen ?vermittle? bei denen er bzw. seine Ehefrau Versicherungsnehmer waren. Der BFH sah die Leistungen des ?Mitarbeiters? im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG darin, das er es dem Versicherungsvermittler ermöglichte, die beiden Versicherungsverträge abzuschließen und dadurch einen Provisionsanspruch zu erwerben. Die vom Versicherungsvermittler an den ?Mitarbeiter? gezahlte Provision sei die Gegenleistung hierfür. Der ?Mitarbeitervertrag? bilde die rechtliche und wirtschaftliche Grundlage der Zahlung; die private Zweckbestimmung der Versicherungsverträge sei auch hier unerheblich.

Soweit diesen Urteilen zu entnehmen sein sollte, dass ?Eigenprovisionen? (auch) dann zu Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG führen, wenn der Versicherungsnehmer ? wie im Streitfall der KI. ? nicht Versicherungsvertreter bzw. Arbeitnehmer (?Mitarbeiter?) des Versicherungsvermittler tätig geworden ist, folgt ihnen der Senat nicht (vgl. auch die Anmerkungen zu den vorgenannten Urteilen in DStZ 1998, 907 und 908, sowie in KÖSDI 1998, 11711).

Die Berechnung der ESt der Streitjahre nach diesem Urteil wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Bekl. übertragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 3 Nr. 1 und 2 FGO. Es erscheint notwendig klarzustellen, ob die Überlassung von Provisionen bzw. Provisionsanteilen für Eigenversicherungen auch dann zu Einnahmen nach § 22 Nr. 3 EStG führen, wenn der Provisionsempfänger ? wie im Streitfall ? beim Vertragsabschluss weder als Versicherungsvertreter noch als Arbeitnehmer eines Versicherungsvertreters oder des Versicherungsunternehmens tätig wird.

RechtsgebietEinkommensteuergesetzVorschriften§ 22 Nummer 3 EStG

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