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12.08.2003 · IWW-Abrufnummer 031769

ARA 07/2003

Anwendung des § 309 Nr. 6 BGB auf Vertragsstrafen, pro und contra


Für die Anwendung von § 309 Nr. 6 BGB wird ins Feld geführt:
  • Es entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, über den Vorbehalt der zu berück-
    sichtigenden arbeitsrechtlichen Besonderheiten den Anwendungsbereich der zwingenden Klauselkontrollvorschriften der §§ 307 ff. BGB gegen Null zu reduzieren (Schnitker/Grau, BB 02, 2120).
  • Der Geltungsanspruch der §§ 305 ff, § 310 Abs. 4 S. 2 BGB würde gleich wieder aufgegeben, wenn jedwede amorphen, selbst schlechte Gewohnheiten und Gebräuche als „Besonderheit des Arbeitsrechts“ sanktuarisiert würden (LAG Düsseldorf NZA 03, 382).
  • Die in § 310 Abs. 4 S. 2 BGB angesprochenen im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten könnten im Bereich des § 309 BGB schon deshalb nicht zum Zuge kommen, weil es sich um „Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit“ handele. Arbeitsrechtliche Besonderheiten könnten nur dort berücksichtigt werden, wo dies überhaupt möglich ist, nämlich bei den Wertungen in § 308 BGB und § 307 Abs. 2 BGB (ArbG Bielefeld EzA-SD 2/03, 11).
  • Die nach § 310 Abs. 4 S. 2 BGB zu berücksichtigenden Besonderheiten seien auf rechtliche Besonderheiten zu beschränken. Tatsächliche Besonderheiten des Arbeitsrechts, wie z.B. Schwierigkeiten des ArbG bei Darlegung und Beweis von Schaden und Höhe, sprechen nicht gegen die Anwendung von § 309 Nr. 6 BGB. Ferner sei § 310 Abs. 4 S. 2 BGB eng auszulegen, weshalb nur gewichtige arbeitsrechtliche Besonderheiten zur Nichtanwendung der AGB-Kontrolle führen könnten. Eine derartige Besonderheit stelle die
    bisherige Rechtsprechung des BAG nicht dar, da sie noch unter Geltung des § 23 AGBG ergangen ist (ArbG Bochum NZA 02, 978; LAG Hamm NZA 03, 499, n.rkr.).
  • Die Schwierigkeiten der Sanktionslosigkeit der Aufkündigung des Arbeitsvertrags
    ergäben sich auch beim Dienstvertrag. Der unterfalle aber bereits nach bisheriger
    Gesetzeslage der AGB-Kontrolle (Thüsing, NZA 02, 591 f.; LAG Hamm a.a.O.).
  • Reinecke (DB 02, 583, 586) hält vorformulierte Vertragsstrafen für den Fall der unberechtigten außerordentlichen Kündigung des ArbN und des bloßen Wegbleibens vom Arbeitsplatz für unwirksam, wobei er anderes bei hoch besoldeten, besonders qualifizierten ArbN nicht für ausgeschlossen hält.
  • Aus der Wissenschaft hält nach der gesetzlichen Neuregelung von Koppenfels (NZA 02, 598) sämtliche formularvertraglichen Vertragsstrafen für unwirksam, Däubler (NZA 01, 1329, 1336) die Fälle einer unberechtigten Kündigung oder eines schlichten Nicht-mehr-Erscheinens am Arbeitsplatz.

Gegen die Anwendung von § 309 Nr. 6 BGB wird vorgebracht:
  • § 309 Nr. 6 BGB sei am Erscheinungsbild des zahlungspflichtigen Kunden orientiert. Anders als beim Verbrauchervertrag liege jedoch beim Arbeitsvertrag die Vertragsgestaltung in aller Regel in den Händen des Dienstleistungsgläubigers und nicht des Waren- oder Dienstleistungsschuldners. Während dieser beim Ausgleich der monetären Gegenleistung stets einen Anspruch auf Verzugszinsen als Mindestschaden habe und ihm über das Mahnverfahren ein beschleunigter Weg zur Durchsetzung eröffnet sei, genieße der ArbG beim Vertragsbruch keine derartigen Vorteile (ArbG Duisburg AuA 02, 519; Stoffels/

    Preis, Der Arbeitsvertrag, Handbuch der Vertragspraxis und -gestaltung, 2002, II V 30,
    Rn. 27).

  • Der Gesetzgeber habe zu erkennen gegeben, dass gerade die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit im Arbeitsrecht nicht uneingeschränkt zur Anwendung kommen sollen (BT-Drucks. 14/6857, 54). Daraus ergebe sich, dass auch tatsächliche Umstände und nicht nur rechtliche Besonderheiten im Rahmen von § 310 Abs. 4 S. 2 BGB zu berücksichtigen seien, die Vorschrift also weit ausgelegt werden muss (Leder/Morgenroth, NZA 02, 952).
  • Der vom ArbG zu führende Nachweis der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und
    Schaden sowie der Schadenhöhe sei bei Vertragsbruch des ArbN in der Praxis kaum zu führen (Lingemann, NZA 02, 181, 191; Annuß, BB 02, 458, 463).
  • Es gebe Vorschriften, die die Vereinbarkeit von Vertragsstrafen voraussetzen, beispielsweise § 5 Abs. 2 Nr. 2 BBiG und § 75c HGB (Henssler, RdA 02, 129, 138).


Wichtiger Hinweis: Der Inhalt ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden.

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