· Fachbeitrag · Epidemiologie
Lohnen sich geschlechtsspezifische Symptomkriterien zur Frühdiagnose eines Herzinfarkts?
Altersabhängige Herzinfarkthäufigkeit ebenso wie Kardinalsymptome eines Infarkts unterscheiden sich bekanntlich zwischen Männern und Frauen. Insbesondere Thoraxschmerzen gelten bei Frauen als weniger typisch und werden von betroffenen Frauen auch häufig anders als von Männern beschrieben. Würden sich also eventuell geschlechtsspezifische Thoraxschmerz-Charakteristika in der Frühdiagnostik eines Herzinfarkts lohnen?
US-Wissenschaftler ziehen nach einer Multicenterstudie bei insgesamt rund 2.500 konsekutiven Patienten, die mit akuten Thoraxschmerzen in Notfallambulanzen eingeliefert worden waren, den Schluss, dass geschlechtsspezifische Symptomkriterien in der Praxis nicht nützlich sind. Zwar wurden bei elf von insgesamt 34 vordefinierten Thoraxschmerz-Charakteristika, die sich unter anderem auf Schmerzqualität, -lokalisation, -dauer und -ausstrahlung bezogen, Unterschiede zwischen Männern und Frauen gefunden; aber nur drei Kriterien schienen eine geschlechtsspezifische diagnostische Aussagekraft zu haben. Die Unterschiede betrafen Schmerzdauer (2-30 Minuten sprachen bei Männern eher für einen Infarkt, bei Frauen hingegen eher eine Dauer > 30 Minuten) und Schmerzdynamik (abnehmende Schmerzintensität sprach bei Frauen eher gegen und bei Männern eher für einen Infarkt). Die Wahrscheinlichkeit eines Infarkts war aber auch bei Zutreffen dieser geschlechtsspezifischen Kriterien zu gering, schreiben die Autoren. Insgesamt wurde nur bei 18 % der Frauen (143 von 796) und 22 % der Männer (369 von 1.679) ein akuter Herzinfarkt als abschließende Diagnose gestellt. Das EKG war bei rund drei Viertel der Untersuchten unauffällig.
Kanadische Daten zu mehr als 70.000 Hospitalisierungen von Infarkt-Patienten in den Jahren 2000 bis 2009 weisen auf einen Rückgang der Infarkt-Hospitalisierungen und der 30-Tage-Mortalität bei Infarkt-Patienten hin. Einzige Ausnahme: Frauen unter 55 Jahre. Die Hospitalisierungsrate stieg bei ihnen um 1,8 % pro Jahr und die 30-Tage-Mortalität war bei ihnen im gesamten Studienzeitraum höher als bei gleichaltrigen männlichen Patienten.
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