15.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141480
Finanzgericht Köln: Beschluss vom 17.01.2014 – 13 V 3359/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln
13 V 3359/13
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides, mit dem der Antragsteller für Steuerschulden der A GmbH in Liquidation – GmbH – in Anspruch genommen worden ist.
Die GmbH wurde am 30. September 2010 vom Kläger und seiner zu diesem Zeitpunkt knapp 72 Jahre alten Mutter, Frau B, gegründet. Zur Geschäftsführerin und späteren Liquidatorin wurde die Mutter des Klägers berufen. Der Geschäftsgegenstand der GmbH war der Groß- und Einzelhandel mit EDV- Artikeln. Wegen der Einzelheiten wird auf die Unterlagen in der Vertragsakte sowie das Handelsregister des Amtsgerichtes ... (HRB ....) Bezug genommen.
Für die Streitjahre gab die GmbH Erklärungen zur Körperschaftsteuer und zur Umsatzsteuer ab. Für das Jahr 2010 erklärte sie einen Steuerbilanzverlust von ca. 105.000 € sowie Umsätze in Höhe von ca. 154.000 €. Für das Jahr 2011 deklarierte sie einen Steuerbilanzgewinn von ca. 37.000 € und Ausgangsumsätze von ca. 106.000 €. Die beiden von der Mutter des Klägers unterschriebenen Körperschaftsteuererklärungen weisen den Kläger als gesetzlichen Vertreter aus. Wegen der Einzelheiten wird auf die Steuererklärungen und die zugehörigen Jahresabschlüsse verwiesen.
Der Fragebogen anlässlich der Gründung einer Kapitalgesellschaft weist die Mutter des Klägers als Geschäftsführerin und ihn als Empfangsbevollmächtigten aus. In den Gewerbesteuererklärungen ist der Kläger als gesetzlicher Vertreter angegeben.
Anlässlich der Aufnahme der GmbH als neue Unternehmerin fielen dem Antragsgegner diverse Ungereimtheiten auf. Insbesondere lagen Rechnungen vor, bei denen die angegebenen Daten (Umsatzsteueridentifikationsnummern, Adressen, Bankverbindungen) nicht plausibel waren. Es kam daraufhin bereits im Jahr 2011 zu einer Umsatzsteuer-Nachschau gemäß § 27b des Umsatzsteuergesetzes – UStG –, bei der sich nach Auffassung des Antragsgegners herausstellte, dass die Mutter des Antragstellers aus Alters- und Gesundheitsgründen zur tatsächlichen Wahrnehmung ihrer Geschäftsführerfunktion nicht im Stande war. Wegen der Einzelheiten insoweit wird auf den Vermerk über die Umsatzsteuer-Nachschau Bezug genommen.
Der Antragsgegner führte sodann eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der GmbH durch. Diese endete mit Abschlussbericht vom 16. August 2011. Dabei wurde für das Streitjahr 2010 eine bisher nicht erfasste Rechnung vom 20. September 2010 über netto 17.820 € bei der Berechnung der Umsatzsteuer 2010 zusätzlich zu den gebuchten Rechnungen erfasst. Weiterhin wurden in erheblichem Umfang Vorsteuern, insbesondere wegen mangelhafter Rechnungen, gekürzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Sonderprüfungsbericht und die in der Handakte befindlichen Kopien der Rechnungen Bezug genommen. Die Umsatzsteuer 2010 wurde zunächst mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 14. September 2011 auf ca. 25.500 € festgesetzt.
Nach Abgabe der Steuererklärungen für das Jahr 2010 erließ der Antragsgegner unter dem 26. März 2012 (weiterhin) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide über Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 2010. Dabei setzte er die Körperschaftsteuer auf 19.662 € fest. Dabei berücksichtigte er neben dem Steuerbilanzverlust von 105.272 € die im Jahresabschluss ausgewiesenen nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben i.H.v. 194.890,46 € sowie Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer in Höhe von zusammen ca. 40.000 € bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens von insgesamt 131.085 €. Die Umsatzsteuer wurde unter Berücksichtigung der erhöhten Ausgangsumsätze und der gekürzten Vorsteuern auf 25.537,56 € festgesetzt.
Unter dem 20. April 2012 erging ein ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender Bescheid zur Körperschaftsteuer 2011, mit dem – allerdings ohne Ansatz eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr – das zu versteuernde Einkommen erklärungsgemäß mit 52.569 € ausgewiesen und die Körperschaftsteuer auf 7.885 € festgesetzt wurde. Die Umsatzsteuerjahresanmeldung stand einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Unter Berücksichtigung der Vorauszahlungen ergab sich eine – erklärungsgemäße – Abschlusszahlung von 135,96 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheide verwiesen.
Nach Lage der Akten wurden die festgesetzten Steuern durch die GmbH nicht entrichtet. Dies führte bereits im März 2012 zur Einleitung eines Haftungsvorprüfungsverfahrens gegen die Mutter des Klägers. Auf die verschiedenen Anschreiben des Antragsgegners antwortete jeweils der Kläger, dass seine Mutter keine Auskünfte erteilen könne.
Im Juli 2012 leitete daraufhin der Antragsgegner ein Haftungsvorprüfungsverfahren auch gegen den Kläger ein. Dabei ging der Antragsgegner aufgrund festgestellter Indizien davon aus, der Antragsteller sei faktischer Geschäftsführer der GmbH gewesen.
Mit dem hier streitbefangenen Haftungsbescheid vom 15. August 2013 nahm der Antragsgegner den Antragsteller für die im Einzelnen aufgelisteten Rückstände hinsichtlich der Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 2010 und 2011 zuzüglich Nebenleistungen nach §§ 69, 34, 35 der Abgabenordnung – AO – in Haftung. Dabei stellte er zunächst auf eine Vielzahl von Indizien ab, die den Rückschluss auf eine faktische Geschäftsführung durch den Antragsteller seines Erachtens zulassen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit auf die in der Einspruchsentscheidung, Seite 2 und 3 aufgelisteten Feststellungen. Die Mutter des Antragstellers sei aus gesundheitlichen und fachlichen Gründen weder körperlich noch fachlich in der Lage gewesen, die Geschäfte der GmbH zu führen und habe dies auch tatsächlich nicht getan. Als faktischer Geschäftsführer sei der Antragsteller verpflichtet gewesen, die erforderlichen Steuererklärungen und Steueranmeldungen zu erstellen und die geschuldeten Steuern termingerecht aus den Mitteln der Gesellschaft zu entrichten. Durch die Verletzung der Zahlungspflichten habe er bewirkt, dass die rückständigen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht erfüllt worden seien. Er habe trotz Einräumung entsprechenden rechtlichen Gehörs keinen Sachvortrag in das Verfahren eingeführt, aus dem die Höhe der verfügbaren Mittel bei der GmbH ersehen werden könnte. Daher sei der Antragsgegner nicht in der Lage, den Grundsatz der anteiligen Tilgung anzuwenden. Er müsse vielmehr davon ausgehen, dass die GmbH im Haftungszeitraum über ausreichende finanzielle Mittel zur Tilgung der Steuerschulden verfügt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Haftungsbescheid Bezug genommen.
Dagegen wendet sich der Antragsteller mit dem beim Antragsgegner anhängigen Einspruch. Dabei stützt er sich insbesondere darauf, dass er kein faktischer Geschäftsführer der GmbH gewesen sei. Außerdem habe der Antragsgegner das Auswahlermessen nicht ausgeübt. Es sei nicht erläutert worden, warum er statt der Geschäftsführerin in Anspruch genommen worden sei. Weiterhin beantragte er die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides und Akteneinsicht in die Steuerakten der GmbH.
Der Antragsgegner lehnte sowohl den Antrag auf Akteneinsicht als auch denjenigen auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides mit Verfügung vom 1. Oktober 2013 ab. Unter dem 8. Oktober 2013 wurde zwischenzeitlich ein Haftungsbescheid wegen der auch hier streitbefangenen Forderungen gegenüber der Mutter des Antragstellers als Geschäftsführerin und Liquidatorin erlassen.
Im vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligten über die sicherheitslose Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides für die Dauer des Einspruchsverfahrens.
Unter Bezugnahme auf den im Wesentlichen unstreitigen äußeren Lebenssachverhalt verweist der Antragsteller darauf, dass ungeachtet der bestrittenen Stellung als faktischer Geschäftsführer selbst bei Annahme einer faktischen Geschäftsführung auch der nominelle Geschäftsführer grundsätzlich in Haftung zu nehmen sei. Der Antragsgegner habe daher sein Auswahlermessen nicht ausgeübt, was allein die Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheides zur Folge habe.
Es sei zwar zutreffend, dass die Mutter des Antragstellers zwischenzeitlich in einem Seniorenwohnheim lebe. Dies bedeute aber nicht, dass sie die Geschäftsführung der Gesellschaft nicht wahrnehmen könne. Insoweit verweist er auf eine Bestätigung seiner Mutter vom 28. Oktober 2013.
Weitere Einwendungen betreffen die vom Antragsgegner verweigerte Akteneinsicht. Zwischenzeitlich hat der Prozessbevollmächtigte aber das Akteneinsichtsrecht gemäß §§ 78, 71 der Finanzgerichtsordnung – FGO – wahrgenommen.
Hinsichtlich der vom Antragsgegner aufgeführten Indizien für die Annahme einer faktischen Geschäftsführung sei anzumerken, dass er, der Antragsteller, seiner Mutter derart behilflich gewesen sei, dass er Post in Empfang genommen habe, um diese an die Liquidatorin weiterzuleiten. Er habe daher als Bote und Empfangsbevollmächtigter agiert als seine Mutter krankheitshalber zu bestimmten Maßnahmen außerstande gewesen sei. Auch habe er in gleicher Weise Entscheidungen seiner Mutter nach außen hin kommuniziert. Dies alles führe nicht zur Annahme einer faktischen Geschäftsführung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschrift mit allen Anlagen verwiesen.
Der Antragsteller beantragt,
den Haftungsbescheid vom 15. August 2013 bis zur Entscheidung im Einspruchsverfahren ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Seines Erachtens bestehen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides. Hinsichtlich der Qualifizierung des Antragstellers als faktischer Geschäftsführer verweist er auf die Ausführungen im Haftungsbescheid. Der Antragsteller sei nicht lediglich als Empfangsbevollmächtigter der GmbH aufgetreten.
Hinsichtlich des Vorbringens des Antragstellers zum Auswahlermessen führt der Antragsgegner aus, das Auswahlermessen sei in der Weise ausgeübt worden, dass die Geschäftsführerin und spätere Liquidatorin neben dem Antragsteller in Haftung genommen worden sei (Schreiben vom 15.11.2013).
II.
Der Antrag ist unbegründet. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel, dass der Antragsgegner den Antragsteller dem Grunde und der Höhe nach zu Recht nach § 69 AO als faktischen Geschäftsführer der GmbH in Haftung genommen hat (I.) und dass die mangelhafte Ausübung des Auswahlermessens im Rahmen des Haftungsbescheides bis zum Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens geheilt wird bzw. worden ist (II.).
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - soll das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen.
Solche Zweifel liegen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - vor, wenn neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, Bundessteuerblatt - BStBl - III 1967, 182; seither ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 3. Juni 2009 IV B 48/09, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2009, 1641).
Nicht erforderlich ist, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Oktober 1988 VIII S 31/81, BFH/NV 1989, 445; vom 6. Februar 2009 IV B 125/08 BFH/NV 2009, 760). Eine Aussetzung der Vollziehung ist vielmehr bereits dann zu gewähren, wenn es auf Grund des vorliegenden Prozessstoffes und der von den Beteiligten beigebrachten Beweismittel ernstlich möglich erscheint, dass sich der angegriffene Bescheid bei einer abschließenden Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtswidrig erweist. Dabei ist das Aussetzungsverfahren von der Besonderheit gekennzeichnet, dass einerseits nur präsente Beweismittel zu berücksichtigen sind (vgl. u. a. BFH-Urteile vom 14. Juli 1976 I R 138/74, BFHE 119, 373, BStBl II 1976, 682; vom 23. Juli 1985 VIII R 210/84, BFH/NV 1986, 167), andererseits aber nicht der volle Beweis der behaupteten Tatsachen erbracht werden muss. Es genügt vielmehr deren Glaubhaftmachung (vgl. § 155 FGO i. V. m. § 294 der Zivilprozessordnung – ZPO –; BFH-Beschlüsse vom 21. Juni 1972 II B 44/71, BFHE 112, 74; vom 22. September 1993 V B 113/93, BFH/NV 1994, 281; vom 9. Juli 1998 V B 143/97, BFH/NV 1999, 221).
Die sich aus § 76 FGO ergebende Verpflichtung des Gerichts, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, gilt unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten grundsätzlich auch für das Aussetzungsverfahren (BFH-Beschluss vom 3. Juni 2009 IV B 48/09, BFH/NV 2009, 1641 m. w. N.).
Beruft sich ein Steuerpflichtiger zur Begründung der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit eines Steuerbescheids auf einen die Steuer mindernden Sachverhalt und lässt sich nicht klären, ob dieser Sachverhalt in der behaupteten Weise vorliegt, so gereicht dies dem Steuerpflichtigen zum Nachteil. Er trägt insoweit die Feststellungslast (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15. Oktober 1986 VIII B 30/86, BFH/NV 1987, 44; vom 11. Juni 1997 XI B 177/96, BFH/NV 1997, 819). Dieser das Hauptsacheverfahren beherrschende Grundsatz gilt entsprechend im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (vgl. BFH a. a. O.; BFH-Urteil vom 17. Oktober 1979 I R 74/78, nicht veröffentlicht - NV -). Der eine Steuerminderung begehrende Steuerpflichtige hat daher die - seinen Anspruch begründenden - Tatsachen, soweit seine Mitwirkungspflicht reicht, im Aussetzungsverfahren glaubhaft zu machen (BFH-Beschluss vom 17. März 1994 XI B 81/93, BFH/NV 1995, 171).
Verbleibende Zweifel können je nach der gegebenen Sachlage eine Aussetzung der Vollziehung ausschließen oder rechtfertigen. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls und das Gewicht der Gründe, die Anlass zum Zweifel geben (vgl. BFH-Beschluss vom 9. Juli 1998 V B 143/97, BFH/NV 1999, 221 m. w. N.).
I. Bei Zugrundelegung dieser vom beschließenden Senat in ständiger Rechtsprechung zur Anwendung gebrachten Grundsätze bestehen keine ernstlichen Zweifel, dass der der Antragsgegner den Antragsteller zu Recht nach § 69 AO für die rückständigen Steuern der GmbH in Anspruch genommen hat.
Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner). Nach § 69 Satz 1 AO haften u.a. die in den §§ 34, 35 AO bezeichneten Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO) in Folge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Die Haftung umfasst nach § 69 Satz 2 AO auch die in Folge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AO haben die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Nach § 34 Abs. 1 Satz 2 AO haben sie insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten. Die gleichen Pflichten treffen die Verfügungsberechtigten im Sinne des § 35 AO, soweit sie sie rechtlich und tatsächlich erfüllen können.
Im Rahmen der summarischen Überprüfung der hier streitbefangenen vom Gericht in vollem Umfang überprüfbaren Rechtsfragen bezüglich des materiellen Steuerschuldrechtes ergeben sich auf der Basis der vorgelegten präsenten Beweismittel und der Akten keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Antragsgegners.
Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zweigliedrig. Das FA hat zunächst zu prüfen, ob in der Person oder den Personen, die es heranziehen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftungsvorschrift erfüllt sind.
Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des hier herangezogenen Haftungstatbestandes gem. § 69 AO gehören neben der Feststellung der Existenz der Steuerverbindlichkeiten (1.), für die der Antragsteller in Anspruch genommen werden soll, die Feststellung, dass der Antragsteller eine der in den §§ 34, 35 AO genannte Person war oder ist (2.), dass er eine Pflichtverletzung im Sinne des § 69 AO vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen hat (3.) und diese Pflichtverletzung ursächlich für einen Haftungsschaden geworden ist (4.).
1. Ernstliche Zweifel an der Existenz der Steuerverbindlichkeiten bestehen nicht. Die Berechnung der Besteuerungsgrundlagen ergibt sich im Wesentlichen aus dem Bericht über die Umsatzsteuersonderprüfung vom 16. August 2011 sowie aus den Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheiden. Fehler bei der Steuerberechnung sind weder ersichtlich, noch von der Steuerpflichtigen oder dem Antragsteller geltend gemacht worden.
2. Auf der Basis des bisher ersichtlichen Lebenssachverhaltes bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Qualifikation des Antragstellers als faktischer Geschäftsführer im Sinne des § 35 AO.
Nach der insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung des BFH (vergleiche z.B. BFH-Beschlüsse vom 9. Januar 2013 VII B 67/12, BFH/NV 2013, 898; vom 19. Mai 2009 VII B 207/08, juris) und des Bundesgerichtshofs (vergleiche z.B. BGH-Urteil vom 11. Juli 2005 II ZR 235/03, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 2005, 1220) ist für die Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied aufgetreten ist und gehandelt hat auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens abzustellen.
Dabei hat der BFH entschieden, dass es für die Tatbestandsverwirklichung des § 35 AO ausreicht, wenn eine Person nach außen hin so auftritt, als könne sie umfassend über fremdes Vermögen verfügen, und sie faktisch die Aufgaben eines Geschäftsführers wahrnimmt. Bereits eine beherrschende Stellung als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann eine Verfügungsberechtigung in diesem Sinne vermitteln. Da nach § 35 AO derjenige, der im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters zu erfüllen hat, soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann, reicht die rechtliche Verfügungsbefugnis aus, wie sie z.B. durch ein Rechtsgeschäft im Rahmen einer Bevollmächtigung eingeräumt werden kann. Das Innenverhältnis zum Vollmachtgeber ist grundsätzlich unbeachtlich. Selbst ein ausdrückliches internes Verbot, steuerliche Pflichten zu erfüllen, kann den Verfügungsberechtigten nicht aus einer Pflichtenstellung entlassen (vergleiche BFH a.a.O.). Auch eine Generalvollmacht und ein Auftreten nach außen durch Unterzeichnung von Verträgen oder durch Auftreten in Einspruchs- und Klageverfahren können zur Annahme einer Verfügungsberechtigung im Sinne des § 35 AO führen (vergleiche BFH-Beschluss vom 9. Januar 2013 VII B 67/12, BFH/NV 2013, 898).
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel, dass diese Voraussetzungen durch den Antragsteller Streitfall erfüllt worden sind. Der Antragsteller verfügt über eine Generalvollmacht seiner als Geschäftsführerin berufenen Mutter, die unstreitig zumindest während eines Teilzeitraumes krankheitsbedingt nicht zur Wahrnehmung der Geschäftsführeraufgaben im Stande war (Vorhefter Körperschaftsteuerakte). Die Vollmacht ist nicht auf den Krankheitsfall beschränkt. Auch hat die Mutter sowohl mündlich als auch schriftlich Vertreter des Antragsgegners an den Antragsteller weiterverwiesen, soweit es um Fragen der Geschäftsführung der GmbH ging. Tatsächlich hat neben der Steuerberaterin auch nur der Antragsteller in der Außenprüfung mitgewirkt. Er war aufgrund seiner Bestellung auch zum Empfangsbevollmächtigten der Gesellschaft über den maßgeblichen Schriftverkehr stets informiert. Er hat Schecks für die GmbH bei der Bank eingereicht oder den Betriebs-PKW versichert. Die Geschäftsführerin der GmbH hat in diversen Steuererklärungen den Antragsteller als gesetzlichen Vertreter der GmbH bezeichnet. Auch die Steuerberaterin hat gegenüber den Vertretern des Antragsgegners eingeräumt, die eigentliche Geschäftsführertätigkeit werde nach ihren Erkenntnissen durch den Antragsteller erbracht.
Demgegenüber kann keinerlei interne oder nach außen wirkende Tätigkeit der formellen Geschäftsführerin, die über die Beibringung von Unterschriften hinausgeht, festgestellt werden. Nach Aussage eines Vertreters des Hauptkunden ist sie auch ihm gegenüber nicht pers önlich aufgetreten. Nach den Feststellungen des Antragsgegners war die Mutter des Antragstellers aufgrund ihres Alters, ihres Gesundheitszustandes und ihres Kenntnisstandes weder körperlich noch fachlich in der Lage, die Geschäfte der GmbH zu führen. Die Richtigkeit dieser Einschätzung wird durch die zwischenzeitliche Übersiedlung der Mutter des Antragstellers in ein Seniorenheim unterstützt. Der Antragsteller selbst hat im Anhörungsverfahren vorgetragen, seine Mutter sei ein Pflegefall und könne keine Aussagen zu den haftungsrelevanten Sachverhalten machen.
Hinzu kommt weiterhin die fachliche Qualifikation des Antragstellers. Demgegenüber bestehen keinerlei Anhaltspunkte dahingehend, die Mutter des Antragstellers sei fachlich qualifiziert einen Handel mit EDV-Artikeln zu führen.
Soweit der Antragsteller demgegenüber vorträgt, die genannten Indizien stellten keine Anhaltspunkte für die Annahme einer faktischen Geschäftsführung dar, ist dies in Anbetracht der Vielzahl der Indizien und des dadurch entstehenden Gesamteindrucks unzureichend.
3. Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel, dass der Antragsgegner zu Recht davon ausgegangen ist, der Antragsteller habe trotz vorhandener verfügbarer Mittel die Steuerverbindlichkeiten zumindest grob fahrlässig nicht getilgt.
Die hier betroffenen Steuerbeträge sind unstreitig von der GmbH nicht abgeführt worden obwohl aufgrund der Steuerfestsetzungen die entsprechende Verpflichtung bestand. Da der gesetzliche Vertreter oder wie im Streitfall der faktische Geschäftsführer verpflichtet ist, die Steuerschulden der GmbH aus den verfügbaren Mitteln zu tilgen indiziert dies zunächst eine Pflichtwidrigkeit. Dabei gilt nach der Rechtsprechung des BFH (vergleiche BFH-Urteil vom 28. Juni 2005 I R 2/04, GmbH-Rundschau 2006, 48 mit weiteren Nachweisen), dass der Fiskus gegenüber anderen Gläubigern nicht benachteiligt werden darf. Selbst wenn eine GmbH in Zahlungsschwierigkeiten gerät, gehört es zu den Pflichten der zur Vertretung berufenen Geschäftsführer, die Steuerschulden der GmbH in gleicher Weise zu tilgen wie die übrigen Schulden der Gesellschaft. Da sich aus den vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Jahresabschlüssen und den Feststellungen im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung keine Anhaltspunkte dafür ergeben, die Ausgangsumsätze in den Streitjahren 2010 und 2011 im Umfang von ca. 240.000 € hätten nicht realisiert werden können, bestehen zunächst keine ernstlichen Zweifel, dass zumindest teilweise Mittel zur Tilgung der Steuerschulden zur Verfügung standen. Die Nichtzahlung der Steuerschulden kann daher nur als pflichtwidrig angesehen werden. Welche Zahlungen sich hinter den auch laut Deklaration nicht abziehbaren Werbe- und Repräsentationskosten verbergen, kann daher im Eilverfahren offen bleiben.
Die Pflichtwidrigkeit dieses Verhaltens indiziert im Allgemeinen wie auch im Streitfall zumindest die grobe Fahrlässigkeit (vgl. hierzu BFH-Beschlüsse vom 14. September 1999 VII B 33/99, BFH/NV 2000, 303; vom 25. Juli 2003 VII B 240/02, BFH/NV 2003, 1540; BFH-Urteil vom 13. März 2003 VII R 46/02, BStBl II 2003, 556). Grob fahrlässig in diesem Sinne handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt, anders formuliert, wer außer Acht lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BFH-Beschlüsse vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941 m.w.N.; vom 4. April 1998 I B 116/96, BFH/NV 1998, 1460, 1462). Der Antragsteller hat hiernach wenigstens grob fahrlässig die Steuern für die GmbH nicht entrichtet. Es sind keine Gründe für ein fehlendes Verschulden des Antragstellers erkennbar.
4. Es bestehen auch keine ernsthaften Zweifel, dass durch das schuldhafte Fehlverhalten des Antragstellers der im Haftungsbescheid vom 15. August 2013 geltend gemachte Fiskalschaden in voller Höhe kausal durch das schuldhafte Fehlverhalten des Antragstellers ausgelöst ist.
Zwar hat der Schadensersatzcharakter der Haftung nach § 69 Satz 1 AO (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 19. September 2007 VII R 39/05, BFH/NV 2008, 18 m.w.N. aus der ständigen Rechtsprechung des BFH) zur Folge, dass sich die Haftung dem Umfang nach auf den Betrag beschränkt, der infolge der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung nicht bzw. nicht rechtzeitig festgesetzt oder entrichtet worden ist. Die Höhe der Haftung ergibt sich daher unabhängig vom Grad des Verschuldens grundsätzlich allein aus der adäquat kausalen Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den bei dem Fiskus eingetretenen Vermögensschaden. Hierzu ist auch festzustellen, ob und in welchem Umfang dem Steuerschuldner die Mittel zur Verfügung standen, die ihm gegenüber festgesetzten Steuern zu entrichten (BFH-Urteil vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).
Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die rückständigen Umsatzsteuerbeträge vom Geschäftsführer in ungefähr dem gleichen Verhältnis zu tilgen sind wie die Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern, sofern die Mittel zur Tilgung sämtlicher Verbindlichkeiten nicht ausreichen (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. BFH-Urteil vom 26. April 1984 V R 128/79, BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776, 778, m.w.N.). Ist dies nicht geschehen, so liegt im Umfang des die durchschnittliche Tilgungsquote unterschreitenden Differenzbetrages eine schuldhafte Pflichtverletzung vor, für die der Geschäftsführer als Haftungsschuldner einzustehen hat (= Haftungssumme).
Hierzu hat das Finanzamt unter Berücksichtigung der vorhandenen Daten und Zahlen die Haftungsquote zu ermitteln oder ggfs. im Schätzungswege festzustellen, die der Wahrscheinlichkeit am nächsten kommt (§ 162 AO). Diese zur Haftung nicht entrichteter Umsatzsteuer entwickelten Grundsätze gelten auch für die übrigen Steuern ― mit Ausnahme der Lohnsteuer ― und grundsätzlich auch für Nebenleistungen (BFH-Urteil vom 1. August 2000 VII R 110/99, BFHE 192, 249, BStBl II 2001, 271).
Bei der Ermittlung dieses haftungsbegründenden Kausalzusammenhangs sind Finanzamt und das Finanzgericht auf die Mitwirkung des Haftungsschuldners angewiesen (BFH-Urteile vom 4. Dezember 2007 VII R 18/06, BFH/NV 2008, 521; vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100). Im Rahmen seiner aus § 90 AO folgenden Mitwirkungspflicht ist der Haftungsschuldner verpflichtet, die zur Feststellung des Haftungsumfangs notwendigen Auskünfte über die anteilige Gläubigerbefriedigung im Haftungszeitraum zu erteilen; eine ungerechtfertigte Weigerung, solche in seinem Wissensbereich liegenden Auskünfte zu erteilen, können das Finanzamt bzw. das Finanzgericht zu einer unter Umständen für den Geschäftsführer nachteiligen Schätzung der Haftungssumme berechtigen (BFH-Urteile vom 25. Mai 2004 VII R 8/03, BFH/NV 2004, 1498 und vom 8. Juli 1982 V R 7/76, BFHE 137, 1, BStBl II 1983, 249; BFH-Beschluss vom 31. März 2000 VII B 187/99, BFH/NV 2000, 1322). Es bleibt dem Haftungsschuldner unbenommen, durch entsprechende Auskünfte zu einem für ihn g ünstigeren Ergebnis beizutragen. Allerdings hat der Haftungsschuldner spätestens im finanzgerichtlichen Verfahren substantiierte Einwendungen gegen die Ermittlung der Haftungsquote zu erheben. Die Folgen mangelhafter Mitwirkung hat er zu tragen (BFH-Beschluss vom 22. Juni 2011 VII S 1/11, n.v., m.w.N.).
Diese Rechtslage lässt im Streitfall keine ernstlichen Zweifel an der zutreffenden Schätzung der Haftungsquote mit 100 % entstehen. Der Antragsteller hat trotz ordnungsgemäßer Anhörung keinerlei Ausführungen zur Vermögenslage der GmbH im maßgeblichen Haftungszeitraum vom 5. Januar 2012 bis zum Zeitpunkt der Anhörung gemacht. Anhaltspunkte dafür, dass andere Gläubiger der GmbH nicht vollständig befriedigt worden sind, bestehen im gegenwärtigen Verfahrensstand nicht. Ob und inwieweit die laut Deklaration nicht abziehbaren Werbe- und Repräsentationskosten für die Quotenberechnung tatsächlich relevante Betriebsausgaben darstellen, kann daher auch hier offen bleiben.
II. Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der rechtmäßigen Ausübung des Entschließungsermessens. Der Antragsgegner hat das ihm gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO eingeräumte Entschließungsermessen fehlerfrei ausgeübt. Der beschließende Senat hat insoweit nach § 102 Satz 1 FGO nur zu prüfen, ob die in § 5 AO festgelegten Grenzen des Ermessens über- oder unterschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
Der Ausübung des Entschließungsermessens durch den Antragsgegner begegnen keinen Bedenken. Wegen der dem Steuergläubiger im öffentlichen Interesse obliegenden Aufgabe, die geschuldeten Abgaben nach Möglichkeit zu erheben, kann der Erlass eines Haftungsbescheides bei Uneinbringlichkeit der Steuerschuld nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen ermessensfehlerhaft sein. Deshalb ist das Entschließungsermessen – wie auch im Streitfall – mit dem Hinweis auf die Unmöglichkeit einer Einziehung der rückständigen Steuer durch Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Steuerschuldner jedenfalls bei Nichtvorliegen außergewöhnlicher Umstände regelmäßig ausreichend begründet (BFH-Urteile vom 13. Juni 1997 VII R 96/96, BFH/NV 1998, 4, vom 29. September 1987 VII R 54/84, BFHE 151, 111, BStBl II 1988, 176).
Im Ergebnis bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausübung des Auswahlermessens durch den Antragsgegner.
Allerdings hat der Antragsteller zu Recht ausgeführt, dem ursprünglichen Haftungsbescheid sei die Ausübung des Auswahlermessens nicht zu entnehmen und deshalb sei er rechtswidrig. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung (vergleiche z.B. BFH-Beschluss vom 17. Juli 1984 VII S 9/84, BFH/NV 1986, 583), wonach eine nicht begründete Ermessensentscheidung der Verwaltung im Regelfall rechtsfehlerhaft ist, weil sie nicht im Sinne des § 102 FGO auf Ermessensfehler oder Ermessensüberschreitungen gerichtlich überprüft werden kann. Danach war der Haftungsbescheid im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig, da ihm einen nachvollziehbare Ausübung des Auswahlermessens sowie eine zu seinem Verständnis erforderliche Begründung im Sinne des § 121 Abs. 1 AO fehlte. Ob der Beklagte sein Ermessen stillschweigend dahingehend ausgeübt hat, die Formalgeschäftsführerin unter Berücksichtigung der besonderen Aspekte des Falles nicht in Anspruch zu nehmen oder ob er übersehen hat, dass die Mutter des Antragstellers zwingend im Rahmen des Auswahlermessens zu berücksichtigen war, kann mangels Begründung nicht sicher festgestellt werden. Für eine zunächst bewusste und dem Antragsteller bekannte Entscheidung, von einer Inanspruchnahme der Mutter des Antragstellers abzusehen, spricht aber die Tatsache der Befragung der Mutter als potentielle Haftungsschuldnerin, die vom Antragsteller - für seine Mutter - vor Erlass des gegen ihn gerichteten Haftungsbescheides mehrfach dahingehend beantwortet worden ist, seine Mutter könne zur Prüfung der Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme keine Angaben machen.
Der im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides gegebene Begründungs- und Ermessensmangel ist aber zwischenzeitlich beseitigt worden.
Der dargestellte Begründungs- und Ermessensmangel kann hinsichtlich beider Versäumnisse geheilt werden. Ein Begründungsmangel kann nach § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO geheilt werden, wenn die erforderliche Begründung bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachträglich gegeben wird. Die Regelung in § 102 Satz 2 FGO sieht die Möglichkeit einer Ergänzung unzureichender Ermessenserwägungen bis zum Ende der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens vor. Sie eröffnet allerdings nicht die Möglichkeit, eine unterlassene Ermessensausübung erstmals im gerichtlichen Verfahren nachzuholen (vergleiche BFH-Urteil vom 11. März 2004 VII R 52/02, BFHE 205, 14, BStBl II 2004, 579 mit umfangreichen Nachweisen auch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts).
Im Streitfall ist aber zu beachten, dass Gegenstand eines gegen einen Verwaltungsakt gerichteten finanzgerichtlichen Verfahrens nach § 44 Abs. 2 FGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat. Daraus ergibt sich ebenso wie aus § 367 Abs. 2 AO, wonach die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen hat, dass auch unter Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorschriften die Begründung eines Verwaltungsaktes und die Darlegung der ihm zu Grunde liegenden Ermessenserwägungen uneingeschränkt bis zum Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens, also regelmäßig bis zur Einspruchsentscheidung, nachgeholt werden können.
Für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines noch im Einspruchsverfahren zu überprüfende Ermessensverwaltungsaktes, der in diesem Verfahrensstadium durch die Finanzbehörde noch in vollem Umfang überprüft und umgestaltet werden kann, gelten daher Besonderheiten (vergleiche Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 69 FGO Rdnr. 327 m. w. N.; Gosch in Beermann/Gosch, AO/FGO, Stand Oktober 2010, § 69 FGO Rdnr. 153).
Während des Einspruchsverfahrens sind ergänzende oder nachholende Ausführungen zur Begründung und Ermessensausübung bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines noch in diesem Stadium befindlichen Überprüfungsverfahrens hinsichtlich des Verwaltungsaktes im Rahmen eines Verfahrens zur Aussetzung der Vollziehung zu beachten.
Dies führt hier zur Erfolglosigkeit des Aussetzungsantrages.
Der Antragsgegner hat im Rahmen des Klageverfahrens sein Auswahlermessen ausdrücklich dahingehend ausgeübt, beide denkbaren Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen. Dabei ist die Ausübung des Auswahlermessens dem Antragsteller mit Schriftsatz vom 15. November 2013 im Rahmen des vorliegenden Verfahrens mitgeteilt worden. Ebenso ist ein Haftungsbescheid gegenüber der Mutter des Antragstellers ergangen. Eine derartige Inanspruchnahme mehrerer potentieller Haftungsschuldner stellt eine hinreichende Darlegung des Auswahlermessens dar (vergleiche BFH, BStBl II 2004, 579 mit weiteren Nachweisen).
III. Die Aussetzung der Vollziehung ist auch nicht wegen unbilliger Härte nach § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2,2. Alternative FGO zu gewähren.
Eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen VA wirtschaftliche Nachteile drohen, die nicht oder nur schwer gut zu machen sind oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (vgl. BVerfG, DStR 2010, 2296, Rdnr. 20 m. w. N.).
Auch bei Vorliegen einer unbilligen Härte kommt eine Aussetzung der Vollziehung jedoch nur in Betracht, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids nicht ausgeschlossen werden können (BFH/NV 2005, 1834; BFH/NV 2009, 1146). Sind derartige Zweifel fast ausgeschlossen, scheidet eine Aussetzung der Vollziehung selbst dann aus, wenn die Vollziehung tatsächlich eine unbillige Härte zur Folge hätte (vgl. dazu grundlegend BStBl II 1988, 538, ausdrücklich bestätigt durch das BVerfG a. a. O.; BFH/NV 2000, 885 m. w. N.).
Dabei obliegt es dem Steuerpflichtigen die Voraussetzungen für die Annahme einer unbilligen Härte schlüssig vorzutragen. Die bloße Tatsache, dass es gegebenenfalls zu einer Überzahlung kommen kann, stellt keine unbillige Härte dar. Bei der Vollstreckung gegen natürliche Personen ist zu beachten, dass diese durch die gesetzlichen Pfändungsschutzvorschriften hinreichend geschützt werden (FG Nürnberg vom 11. Oktober 2007 3 V 1280/2007, juris m. w. N.). Keinesfalls reicht es, wenn unsubstantiiert die Existenzgefährdung behauptet wird. Die Anerkennung einer unbilligen Härte setzt voraus, dass der Betroffene seine wirtschaftliche Lage im Einzelnen vorträgt und glaubhaft macht (BStBl II 1969, 547; BFH/NV 2000, 473; BFH/NV 2009, 1641 a. E.; Gosch in Beermann/Gosch, § 69 FGO Rdnr. 161).
Ausgehend von dieser Rechtslage ist das Vorbringen des Antragstellers unzureichend. Er hat insoweit nur vorgetragen, die geltend gemachte Summe sei geeignet, erhebliche wirtschaftliche Schäden im Falle einer Vollstreckung zu erzeugen. Die Vermögenslage ist weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 137 FGO. Im Zeitpunkt der Antragstellung beim beschließenden Senat war der hier zur Entscheidung anstehende Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zulässig und begründet. Erst durch die Nachholung der zuvor unterlassenen Ermessensausübung und die Darlegung der Begründung sind die ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheides entfallen. Bei dieser Ausgangslage erscheint es sachgerecht, trotz des Obsiegens des Antragsgegners in der Hauptsache diesem die Kosten aufzuerlegen.