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  • 14.06.2019 · IWW-Abrufnummer 209386

    Bundesverwaltungsgericht: Urteil vom 07.03.2019 – 2 WD 11/18

    1. Bei einem Strafurteil, das als Folge eines auf das Strafmaß beschränkten Einspruchs ergeht, entfalten die zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen des Strafbefehls keine Bindungswirkung nach § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO.

    2. Die in einem Strafbefehl getroffenen Tatsachenfeststellungen können nach § 84 Abs. 2 WDO vom Wehrdienstgericht zugrunde gelegt werden, sofern die Beteiligten gegen sie nicht substantiierte Zweifel geltend gemacht haben (Änderung der Senatsrechtsprechung).

    3. Begeht ein Reserveoffizier nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst vorsätzlich und wiederholt Steuerhinterziehungen im fünf- oder sechsstelligen Betragsbereich begründet dies regelmäßig ein unwürdiges Verhalten, das seine Wiederverwendung im bisherigen Dienstgrad ausschließt.


    Bundesverwaltungsgericht

    Urt. v. 07.03.2019

    Az.: BVerwG 2 WD 11.18

    In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren
    gegen
    Herrn Major der Reserve ...,
    ...,
    ...,
    zuletzt: ...,

    hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 7. März 2019, an der teilgenommen haben:

    Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
    Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
    Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Burmeister,
    ehrenamtlicher Richter Oberstleutnant Gleißner und
    ehrenamtlicher Richter Major a.D. Rößner,
    Leitender Regierungsdirektor ...
    als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
    Rechtsanwältin ...
    als Verteidigerin,
    Geschäftsstellenverwalterin ...
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Die Berufung des früheren Soldaten gegen das Urteil der 6. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 14. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

    Der frühere Soldat trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen.

    Gründe

    I

    1

    Das Berufungsverfahren betrifft die Degradierung eines Offiziers der Reserve wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung.

    2

    ...

    3

    ...

    II

    4

    1. Nach ordnungsgemäßer Einleitung des Disziplinarverfahrens wurden dem früheren Soldaten mit Anschuldigungsschrift vom 16. November 2015 eine Steuerhinterziehung in drei Fällen und eine versuchte Steuerhinterziehung als vorsätzliches Dienstvergehen zur Last gelegt. Er habe in den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2006 bis 2009 Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung geltend gemacht und dabei wahrheitswidrig behauptet, über einen eigenen Hausstand in A, ..., zu verfügen. Spätestens ab Mitte 2006 habe er jedoch an seinem Beschäftigungsort in B, ..., einen eigenen Hausstand begründet. Deshalb habe das Finanzamt - wie von dem früheren Soldaten beabsichtigt - für die Jahre 2006, 2007 und 2009 eine zu geringe Einkommensteuer festgesetzt. Dadurch sei dem Fiskus für das Jahr 2006 ein Schaden in Höhe von 5 452 €, für das Jahr 2007 ein Schaden von 5 382 € und für das Jahr 2009 ein Schaden von 2 144 € entstanden. Für das Jahr 2008 habe das Finanzamt entgegen der Absicht des früheren Soldaten die doppelte Haushaltsführung nicht anerkannt, so dass insoweit nur ein Versuch der Steuerhinterziehung vorliege.

    5

    In der Anschuldigungsschrift wird darauf verwiesen, dass der frühere Soldat wegen dieser Taten mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts C vom 20. September 2013 wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen und einer versuchten Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 280 € verurteilt worden ist. Der Verurteilung liegt ein Strafbefehl vom 17. April 2013 zugrunde, gegen den der frühere Soldat nur hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs Einspruch eingelegt hat. Das von ihm vor dem Finanzamt C bezogen auf die Einkommensteuer 2008 und 2009 geführte Einspruchsverfahren ist mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. November 2010 abgeschlossen worden. Darin ist festgestellt, dass die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vorgelegen haben.

    6

    2. Das Truppendienstgericht ... hat den früheren Soldaten mit Urteil vom 14. Dezember 2017 in den Dienstgrad eines Oberleutnants der Reserve herabgesetzt. In tatsächlicher Hinsicht hat es die Tatsachenfeststellungen im Strafbefehl vom 17. April 2013 zugrunde gelegt und dies damit begründet, auch für die dort getroffenen Feststellungen bestehe eine erhöhte Richtigkeitsgewähr. Die Frage, ob der frühere Soldat in A über Juni 2006 hinaus einen eigenen Hausstand gehabt habe, sei durch die Steuerfahndung und durch die Staatsanwaltschaft gründlich geprüft worden. Der frühere Soldat habe auch keine neuen Beweise für die behauptete Unrichtigkeit dieser Feststellungen vorgelegt. Seine Einlassung, die Beschränkung des Einspruchs gegen den Strafbefehl sei das Ergebnis einer rechtswidrigen Prozessabsprache gewesen, sei unglaubhaft. Vielmehr ergebe sich seine Schuld aus dem Eingeständnis seines früheren Strafverteidigers in der Besprechung vom 18. Juli 2013. Das Gericht sei von der Schuld des früheren Soldaten auch deshalb überzeugt, weil er im steuerrechtlichen Einspruchsverfahren einen verfälschten Beleg eingereicht und mit ihm vorzuspiegeln versucht habe, dass sich sein wesentlicher Hausrat in A befunden habe und von dort aus nach C transportiert worden sei. Dies verdeutliche, dass er sich der Unwahrheit seiner Angaben zum doppelten Hausstand bewusst gewesen sei. Zudem stehe auch fest, dass der frühere Soldat seinen späteren Lebenspartner bereits 2001 kennengelernt habe. Dies folge insbesondere aus dem von beiden am 1. Juni 2006 geschlossenen Vertrag über die Anmietung der Wohnung in B.

    7

    Der frühere Soldat habe mit diesem Verhalten gegen § 23 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 17 Abs. 3 SG verstoßen. Es sei geeignet, ihn für eine Wiederverwendung in seinem Dienstgrad zu disqualifizieren, und zudem unwürdig, weil der frühere Soldat mehrfach kriminell gehandelt habe. Er sei im Dienstgrad um zwei Stufen herabzusetzen, damit er nicht wieder zeitnah Stabsoffizier werden könne. Maßgeblich dafür sei im Wesentlichen, dass es sich um ein schwerwiegendes kriminelles Unrecht in einer Vielzahl von Fällen gehandelt und der frühere Soldat als Stabsoffizier in einem herausgehobenen Vorgesetztenverhältnis gestanden habe. Zudem sei dem Bund ein Schaden in fünfstelliger Höhe entstanden. Bei dem früheren Soldaten sei keine Einsicht und Reue zu erkennen. Eine mildere Disziplinarmaßnahme sei auch nicht deshalb geboten, weil der frühere Soldat sehr gute Leistungen erbracht und durch Wehrübungen sein Engagement für die Erfüllung des Auftrags der Streitkräfte gezeigt habe. Das Gleiche gelte für seine ehrenamtlichen Tätigkeiten.

    8

    3. Der frühere Soldat hat gegen das Urteil fristgerecht uneingeschränkt Berufung eingelegt und beantragt, ihn freizusprechen. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Vorsitzende Richter des Truppendienstgerichts sei wegen Besorgnis der Befangenheit auszuschließen gewesen, weil er Informationen an den vormaligen Verteidiger des früheren Soldaten weitergegeben habe. Für die Besorgnis der Befangenheit spreche auch die Feststellung der Kammer, ihr sei es darum gegangen, ihm zu erschweren, wieder zeitnah Stabsoffizier werden zu können.

    9

    Die Feststellungen des Strafbefehls seien für das Disziplinarverfahren auch nicht bindend gewesen. Das Truppendienstgericht hätte deshalb eigene Feststellungen zur doppelten Haushaltsführung und zum Vorsatz treffen müssen. Dies hätte verlangt, sich mit seiner Einlassung auseinanderzusetzen, dass die Frage zur doppelten Haushaltsführung in den fraglichen Steuerjahren von Finanzgerichten unterschiedlich bewertet worden und er steuerrechtlicher Laie gewesen sei. Neben dem Hausstand in A habe kein weiterer Hausstand in B bestanden. Auch sei es nicht zu einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes dorthin gekommen, auch wenn seit Juni 2006 eine Beziehung zu seinem späteren Ehemann bestanden habe. Seinem seinerzeitigen Verteidiger sei die komplexe Rechtsprechung zur doppelten Haushaltsführung nicht bekannt gewesen und er habe jenem geglaubt, dass im Steuerstrafverfahren kein Freispruch mehr möglich gewesen sei. Deshalb liege auch kein Geständnis vor. Zu Unrecht nicht nachgegangen sei auch seinem Einwand, dass er als bereits damals gut verdienender Steuerzahler keine Steuerverkürzung wegen des eher geringen Umfangs gewollt haben könnte. Ein finanzielles Eigeninteresse habe deshalb nicht angenommen werden dürfen. Dies gelte auch, soweit von beharrlich falschen Angaben ausgegangen worden sei. Ihm dürfe auch nicht ein Mangel an Einsicht und Reue entgegen gehalten werden. Er habe eingeräumt, sich bei der rechtlichen Einschätzung zur doppelten Haushaltsführung geirrt zu haben. Ungeachtet dessen dürfe niemand dazu gezwungen werden, geständig zu sein. Seine ehrenamtliche Tätigkeit sei nicht angemessen gewichtet worden. Es sei sachwidrig, ihm den zeitnahen Zugang zum Dienstgrad eines Stabsoffiziers zu erschweren.

    III

    10

    Die zulässige Berufung des früheren Soldaten ist unbegründet. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor und führen jedenfalls bei der nach § 121 Abs. 2 WDO gebotenen Ermessensentscheidung aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung nicht zur Zurückverweisung. Da das Rechtsmittel in vollem Umfang eingelegt worden ist, hat der Senat im Rahmen der Anschuldigung eigene Tat- und Schuldfeststellungen getroffen.

    11

    1. In tatsächlicher Hinsicht steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der frühere Soldat die angeschuldigten Handlungen begangen und die ihm vorgeworfenen Steuerdelikte verwirklicht hat.

    12

    a) Zwar liegen keine nach § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO bindenden Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils vor. Denn der frühere Soldat hat seinen Einspruch gegen den Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung auf das Strafmaß beschränkt (§ 410 Abs. 2 StPO), sodass die Tatsachenfeststellungen im Urteil des Amtsgerichts C vom 20. September 2013 nicht auf einer richterlichen Beweiswürdigung basieren. Somit beruhen die Tatsachenfeststellungen des Urteils - wie bereits im Rahmen des § 57 Abs. 1 BDG geklärt ist - nicht auf der besonderen Richtigkeitsgewähr einer prozessualen Überprüfung und tatrichterlichen Beweiswürdigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 2016 - 2 C 4.15 - BVerwGE 155, 6 Rn. 68 f.).

    13

    b) Nach § 84 Abs. 2 WDO können aber auch die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die an sich nicht bindend sind, der Entscheidung im gerichtlichen Disziplinarverfahren ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden. Wie das Bundesverwaltungsgericht zu dem wortgleichen § 57 Abs. 2 BDG bereits entschieden hat, zählt das Strafbefehlsverfahren zu diesen gesetzlich geordneten Verfahren, sodass die Disziplinargerichte im Rahmen des ihnen zustehenden prozessualen Ermessens sich auf die darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen stützen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 26. September 2014 - 2 B 14.14 - Buchholz 235.1 § 57 BDG Nr. 5 Rn. 10 m.w.N.). Soweit der Senat in einer älteren Entscheidung (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1981 - 2 WD 73.80 - S. 5) das Strafbefehlsverfahren nicht als anderes gesetzlich geordnetes Verfahren im Sinne des § 84 Abs. 2 WDO angesehen hat, hält er daran nicht mehr fest (vgl. auch Fleig, ZBR 2000, 121 <124>). Das von § 84 Abs. 2 WDO eröffnete gerichtliche Ermessen ist allerdings beschränkt und hat sich am Zweck der Ermächtigung zu orientieren, divergierende Entscheidungen von staatlichen Rechtsanwendungsorganen, insbesondere von Straf- und Disziplinargerichten, über dieselbe Tatsachengrundlage nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Möglichkeit der Übernahme von Tatsachenfeststellungen ohne weitere Beweiserhebung endet, wenn die Indizwirkung des Strafbefehls entkräftet wird. Dafür erforderlich ist jedoch, dass die Tatsachenfeststellungen substantiiert in Zweifel gezogen werden. Ein schlichtes Bestreiten genügt nicht (BVerwG, Beschlüsse vom 15. März 2013 - 2 B 22.12 - NVwZ-RR 2013, 557 Rn. 14 und vom 26. September 2014 - 2 B 14.14 - Buchholz 235.1 § 57 BDG Nr. 5 Rn. 10).

    14

    Derartig substantiierte Einwände gegen die Tatsachenfeststellung sind vom früheren Soldaten nicht geltend gemacht worden. Vielmehr hat er - worauf er im Berufungsverfahren mit gerichtlicher Verfügung vom 6. Februar 2019 hingewiesen worden ist - in der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht erklärt, gegen die tatsächlichen Feststellungen nichts mehr zu unternehmen, und auch im Berufungsverfahren keine neuen Beweismittel vorgelegt. Die in den beigezogenen Akten befindlichen Beweismittel der Staatsanwaltschaft und der Finanzbehörden, die im Rahmen einer Haus- und Computerdurchsuchung gewonnen worden sind, lassen ebenfalls keine vernünftigen Zweifel an diesen Tatsachenfeststellungen aufkommen.

    15

    2. Im Einzelnen ist festzustellen, dass der frühere Soldat objektiv betrachtet im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 und des § 370 Abs. 2 AO durch falsche Angaben zu seinem Lebensmittelpunkt in drei Fällen Einkommensteuer verkürzt und in einem Fall dazu unmittelbar angesetzt hat.

    16

    a) Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG können unselbständig Beschäftigte Kosten einer beruflich bedingten doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten von der Einkommensteuer absetzen. Der Werbungskostenabzug setzt nach den in den Steuerjahren 2006 bis 2009 maßgeblichen Gesetzesfassungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 und 2 EStG voraus, dass es sich um "notwendige Mehraufwendungen [handelt], die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. (...) Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt." Dies setzt - wie der Bundesfinanzhof bereits im Jahr 1994 zu nicht verheirateten Arbeitnehmern entschieden hat - voraus, dass nicht nur im elterlichen Haus weiterhin ein Zimmer oder eine Wohnung vorgehalten wird, sondern dass der Arbeitnehmer selbst dort einen Hausstand unterhält. Die Wohnung im Elternhaus darf nicht nur zu Besuchszwecken beibehalten werden, sondern muss den Lebensmittelpunkt bilden. Wird der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort verlegt, dann sind die Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung nicht mehr beruflich veranlasst und damit nicht mehr als Werbungskosten abziehbar (BFH, Urteil vom 5. Oktober 1994 - VI R 62/90 - BFHE 175, 430 <437 f.>). Dass beruflich veranlasste Mehraufwendungen nicht mehr vorliegen, wenn der Mittelpunkt der Lebensinteressen bei der zur Arbeitsstätte nächstgelegenen Wohnung liegt, ist in § 9 Abs. 2 Satz 6 EStG 2007 ausdrücklich für den Bereich der Fahrtkosten normiert worden. An diesem Rechtsgrundsatz hat sich auch in der Folgezeit nichts geändert (vgl. BFH, Urteil vom 28. März 2012 - VI R 25/11 - BFHE 237, 429 Rn. 15; Beschluss vom 18. Dezember 2017 - VI B 66/17 - juris Rn. 4). An welchem Ort der Mittelpunkt der Lebensinteressen besteht, ist eine Frage der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls.

    17

    b) Zur Überzeugung des Senats steht auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls fest, dass die Angaben des früheren Soldaten zu seiner doppelten Haushaltsführung objektiv unrichtig waren und dazu geführt haben, dass für die Steuerjahre 2006, 2007 und 2009 seine Einkommensteuer im angegebenen Umfang zunächst zu niedrig festgesetzt wurde und für das Steuerjahr 2008 zu niedrig festgesetzt worden wäre. Dass der frühere Soldat in A (jedenfalls) ab Juli 2006 objektiv über keinen eigenen Hausstand mehr verfügt, sondern spätestens zu diesem Zeitpunkt seinen Lebensmittelpunkt an seinen Beschäftigungsort nach B verlegt hat, ist vom früheren Soldaten in der Berufungshauptverhandlung eingeräumt und für die Steuerjahre 2008 und 2009 durch die Feststellungen in der bestandskräftigen Einspruchsentscheidung des Finanzamtes C vom 5. November 2010 steuerrechtlich bindend festgestellt worden.

    18

    Dies folgt im vorliegenden Fall auch aus einer Vielzahl von Umständen. Ausweislich der Originalrechnung der Transportfirma ... GmbH vom 13. Oktober 2009 hat der frühere Soldat seinen Hausrat, der sich von seinem vorherigen Umzug von D nach B von 20 m3 auf 40 m3 vergrößert hatte, im Jahre 2009 von B und nicht von A aus nach C verlagert. Nach seiner Einlassung in der Berufungshauptverhandlung ist es zu einem Transport von Hausrat von A aus nach C nicht gekommen; entsprechende Aufwendungen sind von ihm auch nicht steuerlich geltend gemacht worden. Bereits dies spricht dagegen, dass zuvor der Mittelpunkt der Lebensinteressen in A gewesen ist. Hinzu kommt, dass der frühere Soldat - auch nach eigener Einlassung - für die Unterkunft in A keine Miete gezahlt und auch sich nicht an den Nebenkosten beteiligt hat; dies indiziert sogar das Fehlen eines eigenen Hausstandes (BFH, Urteil vom 5. Oktober 1994 - VI R 62/90 - BFHE 175, 430 <437 f.>). Die etwa 100 m2 umfassende Dachgeschosswohnung in A war zudem aufgeteilt und die abgetrennte Wohnung mit ca. 25 - 30 m2 war vermietet worden. Dass die in diesem Fall dem früheren Soldaten verbleibende Wohnraumgröße und der Zuschnitt, wie er sich aus dem in Augenschein genommenen Grundrissplan ergibt, dem früheren Soldaten angemessen gewesen wären, ist ebenfalls fernliegend.

    19

    Allein das Bestehen familiärer Beziehungen und das Fortbestehen gesellschaftlicher Bindungen an den Heimatort streitet in dem Alter, in dem sich der seinerzeit deutlich über 30 Jahre alte frühere Soldat befunden hat, nicht mehr mit Gewicht dafür, dass er ungeachtet jahrelanger beruflicher Abwesenheit an weit entfernten Beschäftigungsorten weiterhin dort seinen Lebensmittelpunkt hat. Für die Verlagerung des Lebensmittelpunktes des früheren Soldaten spätestens im Juli 2006 nach B spricht entscheidend, dass er - wie in der Berufungshauptverhandlung nunmehr eingeräumt - seit Juni 2006 in B in einer Lebensgemeinschaft mit seinem späteren Ehemann gelebt hat. Dem entspricht, dass beide gemeinsam am 1. Juni 2006 zum Juli 2006 einen Mietvertrag für eine 5-Zimmerwohnung in B (...) geschlossen haben. Dass der frühere Soldat diese Wohnung auch nicht nur im Wesentlichen auf ein Zimmer beschränkt als "Untermieter" genutzt hat, steht ebenfalls fest. Zum einen wegen des Umstands, dass er den Vertrag gemeinsam mit seinem späteren Ehemann unterzeichnet und sich an den Mietkosten nahezu zur Hälfte beteiligt hat; zum anderen folgt dies aus seiner Einlassung in der Berufungshauptverhandlung, es sei eine Dummheit gewesen, die Bescheinigung seines späteren Ehemannes vom 17. Februar 2008 einzureichen, mit der ihm bestätigt wurde, in der Wohnung nur - sporadisch - ein Zimmer zu nutzen.

    20

    Ein Vergleich der Größe der in B genutzten 5-Zimmerwohnung mit der in A im Dachgeschoss vorgehaltenen Unterkunft unterstreicht zusätzlich, dass sich der Lebensmittelpunkt des früheren Soldaten jedenfalls im Juli 2006 nach B verlagert hatte. Der Inhalt der zahlreich dokumentierten privaten E-Mails, die dem früheren Soldaten in der Berufungshauptverhandlung vorgehalten wurden, und die Hochzeitsrede lassen ebenfalls keinen vernünftigen Zweifel daran aufkommen, dass der Lebensmittelpunkt des früheren Soldaten spätestens im Juli 2006 in B (...) lag. Daran ändern auch die vom früheren Soldaten in den steuerrechtlichen Verfahren vorgelegten Einkaufsbelege nichts, mit denen er den Nachweis erbringen wollte, sich auch im Bereich A aufgehalten zu haben. Zum einen sind sie ihm nicht persönlich zuordenbar; zum anderen sind sie ohne Aussagekraft für die Frage, wo sich sein Lebensmittelpunkt befunden hat.

    21

    3. Zur Überzeugung des Senats steht ebenfalls fest, dass der frühere Soldat subjektiv betrachtet vorsätzlich Steuerhinterziehungen begangen hat (2006, 2007 und 2009) bzw. begehen wollte (2008).

    22

    a) Seine Einlassung, angesichts einer unklaren Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer steuerlich anzuerkennenden doppelten Haushaltsführung habe er sich geirrt, ist eine Schutzbehauptung. Anders als der frühere Soldat glauben machen will, waren zum Zeitpunkt der Pflichtverletzungen die steuerrechtlichen Voraussetzungen, nach denen die Kosten einer doppelten Haushaltsführung steuerlich absetzbar sind, bereits - wie ausgeführt - für die hier vorliegende Fallgestaltung seit langem rechtsgrundsätzlich geklärt. Dem steht nicht entgegen, dass finanzgerichtliche Entscheidungen aufgehoben wurden, die die Frage der doppelten Haushaltsführung betrafen. Denn dabei handelte es sich regelmäßig um eine im Einzelfall tatrichterlich unzutreffende Gesamtwürdigung der für die Feststellung eines Hausstandes bedeutsamen Einzelfallumstände (vgl. BFH, Beschluss vom 18. Dezember 2017 - VI B 66/17 - juris Rn. 7).

    23

    b) Dem früheren Soldaten waren die hier rechtlich bedeutsamen Umstände auch im Wesentlichen bekannt und ihm war bewusst, dass es für die steuerliche Anerkennung der berufsbedingten doppelten Haushaltsführung auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Heimatort ankommt und dass allein das Vorhalten einer Unterkunft im Elternhaus in A für den Werbungskostenabzug nicht genügt. Der Senat leitet dieses Bewusstsein aus mehreren Umständen ab:

    24

    Zum einen folgt dies aus dem Versuch des früheren Soldaten, das Finanzamt C durch Vorlage einer manipulierten Rechnung der Firma ... GmbH (vom 13. Oktober 2009) dahingehend zu täuschen, dass der Umzug des Hausrats von A aus nach C erfolgt war. Er wusste somit, dass bei einer wahrheitsgemäßen Angabe des Ausgangsversandortes deutlich geworden wäre, dass sein Lebensmittelpunkt sich schon vor dem Umzug nicht (mehr) in A befand. Auch ist der frühere Soldat im Bankgewerbe tätig, folglich mit steuerrechtlich bedeutsamen Fragen vertraut und für sie sensibilisiert, was im Übrigen auch aus seiner per E-Mail dokumentierten Äußerung (vom 29. Juli 2010) deutlich wird, ihm seien die Bedingungen für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung bekannt. Gegen lediglich fahrlässig falsch abgegebene - und im Übrigen von ihm auch später nicht korrigierte - Einkommensteuererklärungen spricht zudem, dass der frühere Soldat in der Berufungshauptverhandlung eingeräumt hat, die von seinem späteren Ehemann (bereits) unter dem 17. Februar 2008 ausgestellte Bescheinigung eingereicht zu haben, in der ihm wahrheitswidrig bestätigt worden war, er nutze in der B-Wohnung (...) nur sporadisch ein Zimmer. Wäre dem früheren Soldaten nicht bekannt gewesen, dass die Nutzung einer Wohnung an der Tätigkeitsstelle B, die von ihrer Ausstattung und Dimensionierung der Unterkunft in A entspricht oder sie sogar übersteigt, das Vorhandensein eines eigenen Hausstandes in A entfallen lässt, hätte für ihn kein Anlass bestanden, mit unwahren Angaben täuschen zu wollen.

    25

    Zum anderen hält der Senat den früheren Soldaten für unglaubwürdig. Er hat nach eigener Einlassung zweimal Dokumente in unredlicher Weise eingesetzt. Zunächst dadurch, dass er ein unwahres Dokument bewusst in Kenntnis dessen verwendet hat (Bescheinigung des jetzigen Ehemannes vom 17. Februar 2008); schließlich in der Form, dass er selbst ein Dokument verfälscht hat (Rechnung der Firma ... GmbH vom 13. Oktober 2009). Zudem wechselt sein Vortrag zu Tatsachen, die nicht den Randbereich des Geschehens betreffen. Der Wechsel seiner Einlassungen betrifft insbesondere Angaben dazu, seit wann er mit seinem jetzigen Ehemann - über eine freundschaftliche Bekanntschaft hinaus - lebensgemeinschaftlich verbunden ist. Während er noch unter dem 8. Dezember 2010 und dem 5. Dezember 2012 dem Finanzamt C gegenüber anwaltlich vortragen ließ, seit Mitte 2008 habe sich der Lebensmittelpunkt nicht mehr in A befunden und erst von diesem Zeitpunkt an sei von einer Lebensgemeinschaft mit seinem jetzigen Ehemann auszugehen, hat er unter dem 16. Februar 2019 im Berufungsverfahren - unwidersprochen - vortragen lassen, einen gemeinsamen Hausstand hätten er und sein Ehemann erstmals im November 2009 in C begründet. Inwieweit damit wiederum seine Erklärung vom 7. September 2010 gegenüber dem Finanzamt C vereinbar ist, sein Lebensmittelpunkt sei bis heute noch in A, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat er sich in der Berufungshauptverhandlung abweichend davon dahingehend eingelassen, dass bereits seit Juni 2006 eine Beziehung zu seinem jetzigen Ehemann bestanden habe. Der Wahrheitsgehalt auch jener Aussage sieht sich wiederum durchgreifenden Bedenken ausgesetzt, weil der frühere Soldat in der Berufungshauptverhandlung bestätigt hat, bereits 2005 seinen jetzigen Ehemann als Erben eingesetzt zu haben. Seine Erklärung, die Strategie des Rechtsanwalts Dr. ... habe ständig geschwankt, vermag zumindest diese Widersprüche nicht ansatzweise zu erklären.

    26

    4. Zutreffend hat das Truppendienstgericht angenommen, dass der frühere Soldat mit seinem Verhalten ein Dienstvergehen nach § 17 Abs. 3 SG, § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 SG begangen hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. November 2007 - 2 WD 28.06 - BVerwGE 130, 65 Rn. 53 ff. und vom 10. Februar 2016 - 2 WD 4.15 - BVerwGE 154, 163 Rn. 63 ff.).

    27

    a) Ein Verstoß gegen § 17 Abs. 3 SG setzt zunächst voraus, dass der betreffende Offizier nach den für seine Wiederverwendung maßgeblichen Rechtsvorschriften erneut in ein Wehrdienstverhältnis berufen werden kann. Dies ist hier der Fall wie insbesondere die vom früheren Soldaten vorgelegte Aufhebung seiner Beorderung durch das Karrierecenter ... vom 28. November 2017 dokumentiert.

    28

    b) Ob das Verhalten eines früheren Offiziers seine in § 17 Abs. 3 SG normierte Pflicht verletzt, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die für seine Wiederverwendung in seinem Dienstgrad erforderlich sind, hängt davon ab, ob das festgestellte Verhalten objektiv geeignet ist, ihn für eine Wiederverwendung in seinem Dienstgrad zu disqualifizieren, somit bei einem entsprechenden Verhalten eines aktiven Offiziers die Dienstgradherabsetzung zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen zu machen wäre. Dies ist der Fall.

    29

    Fügt ein Staatsdiener dem Staat insbesondere durch eine Steuerhinterziehung einen besonders hohen Schaden zu, ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen grundsätzlich die Dienstgradherabsetzung. Eine Steuerhinterziehung stellt im Hinblick auf den dem Staat verursachten Schaden ein schweres Wirtschaftsdelikt dar. Es handelt sich nicht um ein "Kavaliersdelikt", sondern um eine regelmäßig schwerwiegende Verfehlung. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Bedienstete durch strafbares Verhalten unter Schädigung des Staates - und damit wie vorliegend des eigenen Dienstherrn - persönlich unberechtigt Steuervorteile verschafft, obwohl er öffentliche Aufgaben wahrzunehmen hat und durch Steuermittel alimentiert wird. In Fällen der Steuerhinterziehung durch aktive Bedienstete ist demzufolge der Ausspruch einer Dienstgradherabsetzung indiziert, wenn der Umfang der hinterzogenen Steuern besonders hoch ist, er sich im fünf- oder sechsstelligen Betragsbereich bewegt, oder wenn mit dem Fehlverhalten zusätzliche schwerwiegende Straftatbestände oder andere nachteilige Umstände von erheblichem Eigengewicht verbunden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2015 - 2 WD 15.14 - juris Rn. 74).

    30

    Da vorliegend eine Steuerhinterziehung in Höhe von etwa 13 000 € eingetreten ist und eine von etwa 5 730 € drohte, wäre bei einem aktiven Soldaten eine Verwendung im selben Dienstgrad grundsätzlich nicht mehr möglich.

    31

    c) Der schuldhafte Pflichtenverstoß des früheren Soldaten gilt gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 SG jedoch nur dann als Dienstvergehen, wenn er durch sein unwürdiges Verhalten nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht geworden ist, die für seine Wiederverwendung als Vorgesetzter erforderlich sind. Das Erfordernis des unwürdigen Verhaltens, das zu der Pflichtverletzung nach § 17 Abs. 3 SG hinzutreten muss, hebt auf die Fehlhaltung ab, die sich in dem Gesamtverhalten des früheren Soldaten ausdrückt. Unter einem "unwürdigen Verhalten" ist ein "Fehlverhalten von besonderer Intensität, ein Sichhinwegsetzen über die unter Soldaten und von der Gesellschaft anerkannten Mindestanforderungen an eine auf Anstand, Sitte und Ehre bedachte Verhaltensweise eines Reservisten mit Vorgesetztenrang" zu verstehen. Das ist insbesondere bei einem mehrfachen kriminellen, also gegen das Strafrecht verstoßenden Verhalten gegeben (BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2016 - 2 WD 4.15 - BVerwGE 154, 163 Rn. 70). So liegt der Fall auch hier, weil der frühere Soldat drei vollendete und eine versuchte Steuerhinterziehung begangen hat, die als solche auch strafrechtlich sanktioniert worden sind. Die für den früheren Soldaten sprechenden mildernden Aspekte sind auch nicht von solchem Gewicht, dass sie die Tat bei einer Gesamtbetrachtung nicht mehr als unwürdig erscheinen lassen.

    32

    5. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der Zwecksetzung des § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 SG auszugehen, ein Korps von achtungs- und vertrauenswürdigen Reserveoffizieren und Reserveunteroffizieren zu erhalten, die zur Wiederverwendung in einem ihrer militärischen Vorbildung und ihrem militärischen Rang entsprechenden Dienstgrad geeignet sind, oder umgekehrt, untragbar gewordene Vorgesetzte ihrer Vorgesetztenstellung ganz oder teilweise zu entkleiden (BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2016 - 2 WD 4.15 - BVerwGE 154, 163 Rn. 71). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des früheren Soldaten zu berücksichtigen. Hiernach erweist sich die erstinstanzlich verhängte Disziplinarmaßnahme als im Ergebnis angemessen.

    33

    a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, das heißt nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen zumindest schwer. Denn es handelt sich durchweg um kriminelles Unrecht in einer Vielzahl von Fällen. Wie bereits im Zusammenhang mit § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 SG festgestellt, sind diese schuldhaften Pflichtverletzungen des früheren Soldaten als unwürdiges Verhalten zu qualifizieren, das der Achtung und dem Vertrauen nicht gerecht geworden ist, die für seine Wiederverwendung als Vorgesetzter erforderlich sind. Die nachwirkende Dienstpflicht des § 17 Abs. 3 SG ist wie die Wohlverhaltenspflicht aus § 17 Abs. 2 SG kein Selbstzweck, sondern auch sie hat Bezug zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrags der Streitkräfte. Sie hat daher hohe Bedeutung, was sich bereits daraus ergibt, dass sie früheren Soldaten auch nach der Beendigung ihres aktiven Dienstes auferlegt wird.

    34

    Bestimmend für Eigenart und Schwere des Dienstvergehens ist schließlich auch, dass der frühere Soldat in gleicher Weise über einen langen Zeitraum versagt hat. Erschwerend kommt hinzu, dass er aufgrund seines Dienstgrades als Major der Reserve in einem herausgehobenen Vorgesetztenverhältnis stand. Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Die Norm greift auch dann ein, wenn einen Reservisten nachwirkende Dienstpflichten gemäß § 17 Abs. 3 SG treffen.

    35

    Dahingestellt bleiben kann, ob noch erschwerend hinzu tritt, dass der frühere Soldat im Rahmen seiner Pflichtverletzungen ausdrücklich seine besondere Integrität als Reserveoffizier geltend gemacht hat (E-Mail vom 7. September 2010 an das Finanzamt C).

    36

    b) Das Dienstvergehen hatte nachteilige Auswirkungen für die Vermögensinteressen des Dienstherrn. Dem Bund sind durch das Verhalten des früheren Soldaten zunächst beträchtliche Steuereinnahmen vorenthalten worden.

    37

    c) Die Beweggründe des früheren Soldaten sprechen gegen ihn. Er hat in Bereicherungsabsicht und damit aus finanziellem Eigennutz gehandelt. Soweit er darauf hinweist, angesichts seiner Einkommensverhältnisse auf die verkürzten Steuerbeträge nicht angewiesen gewesen zu sein, ändert dies an der zutage getretenen Motivation nichts. Dieser Umstand entlastet ihn auch ansonsten nicht.

    38

    d) Das Maß der Schuld des uneingeschränkt schuldfähigen früheren Soldaten wird durch sein vorsätzliches Handeln bestimmt. Dass er sich insbesondere nicht in einem Verbotsirrtum (§ 17 StGB) befunden hat, wurde bereits dargelegt. Im Übrigen wäre selbst ein solcher Irrtum für ihn auch vermeidbar gewesen.

    39

    e) Milderungsgründe in den Umständen der Tat liegen nicht vor.

    40

    f) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sind dem früheren Soldaten seine sehr guten Leistungen ebenso zugute zu halten wie der Umstand, dass er sich durch Wehrübungen für die Erfüllung des Auftrags der Streitkräfte eingesetzt hat. Ferner ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er ansonsten unbescholten ist und sich in großem Maße ehrenamtlich engagiert. Von Gewicht ist insbesondere, dass er auch in anderen staatlichen Bereichen (Gemeinderatsmitglied, Laienrichter) aktiv gewesen ist und sich für sozial Schwache engagiert hat.

    41

    Einsicht und Reue liegen nicht im erforderlichen vollen Umfang vor. Der frühere Soldat hat zwar am Ende der Berufungshauptverhandlung sein Bedauern ausgedrückt und es als Fehler bezeichnet, einen inhaltlich unwahren Beleg über sein Mietverhältnis und eine verfälschte Kopie der Transportrechnung eingereicht zu haben. Er hat jedoch an der unschlüssigen und unglaubhaften Behauptung festgehalten, unwahre Steuererklärungen aufgrund mangelnder Steuerrechtskenntnisse und einer rechtlichen Fehleinschätzung abgegeben zu haben.

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    6. Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts die vorinstanzlich verhängte Disziplinarmaßnahme nicht unverhältnismäßig. Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:

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    a) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen". Wie bereits ausgeführt bildet bei einer außerdienstlichen Steuerhinterziehung die Dienstgradherabsetzung die Regel (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2016 - 2 WD 4.15 - BVerwGE 154, 163 Rn. 68 m.w.N.). Dabei ist bei einer wiederholten und versuchten Steuerhinterziehung in Höhe von 7 000 € durch einen Stabsfeldwebel eine Degradierung um einen Dienstgrad ausgesprochen worden (BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2011 - 2 WD 10.10 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 8). Bei einer der Steuerhinterziehung vergleichbaren Schädigung des Fiskus um 11 189 € durch einen Offizier ist eine Dienstgradherabsetzung um zwei Dienstgrade als angemessen angesehen worden (BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2016 - 2 WD 4.15 - BVerwGE 154, 163).

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    b) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht einen Spielraum eröffnet.

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    Hier sprechen mit Gewicht für den früheren Soldaten die im Rahmen von Wehrübungen erbrachten sehr guten Leistungen und - wenn auch weitgehend nur nachwirkend - seine ehrenamtlichen Tätigkeiten. Das Gewicht dieser mildernden Umstände ist mit den bei der Bestimmung des Ausgangspunktes der Zumessungserwägungen noch nicht berücksichtigten erschwerenden Aspekte in Ausgleich zu bringen. Zu ihnen zählen, dass sich der frühere Soldat in dem exponierten Vorgesetztendienstgrad eines Majors der Reserve befunden, er über einen mehrjährigen Zeitraum wiederholt strafrechtlich relevant versagt und er - vor allem - durch die Vorlage eines unwahren und eines manipulierten Dokuments seine pflichtwidrigen Handlungen noch manifestiert hat. Ob diese Verhaltensweisen in ihrer Gesamtheit nicht geeignet gewesen wären, das Vertrauen des Dienstherrn in ihn irreparabel zu zerstören und nicht geboten hätten, gegen ihn die Höchstmaßnahme zu verhängen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 2 WD 28.06 - BVerwGE 130, 65 Rn. 88 f.), kann angesichts des zu seinen Gunsten greifenden Verschlechterungsverbots (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 331 StPO) aus prozessualen Gründen dahingestellt bleiben; jedenfalls gebieten sie zumindest eine nach § 58 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WDO zulässige Herabsetzung um zwei Dienstgrade (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2016 - 2 WD 4.15 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 11 Rn. 92 <insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 154, 163>). Dass dem früheren Soldaten dadurch erschwert wird, wieder zeitnah zum Stabsoffizier aufzusteigen, ist für die Maßnahmebemessung nicht leitend gewesen, sondern als eine vom Gesetz in Kauf genommene Folge seines Fehlverhaltens anzusehen.

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    7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 2 Satz 1 WDO, da keine Gründe vorliegen, die es unbillig erscheinen ließen, den früheren Soldaten seine notwendigen Auslagen tragen zu lassen.