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  • 10.09.2024 · IWW-Abrufnummer 243709

    Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 18.04.2023 – 5 K 819/18

    Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    In dem Rechtsstreit
    1. des Herrn A,
    2. der Frau B,
    Kläger,
    bevollmächtigt: zu 1-2:
    gegen
    das Finanzamt
    Beklagter,
    wegen
    Einkommensteuer 2010
    hat der 5. Senat aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. April 2023 durch
    die Präsidentin des Finanzgerichts als Vorsitzende,
    den Richter am Finanzgericht,
    den Richter am Finanzgericht,
    die ehrenamtliche Richterin und
    die ehrenamtliche Richterin
    für Recht erkannt:
    Tenor:

        1.

        Der Bescheid über Einkommensteuer für das Jahr 2010 vom 21. Dezember 2011 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. August 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2018 wird dahingehend abgeändert, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen der Ehefrau auf Euro herabzusetzen sind.

        Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
        2.

        Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
        3.

        Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung abwenden, wenn die Kläger nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
        4.

        Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten, ob der Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr noch änderbar war und ob Kapitalerträge aus der Aufrechnung von Forderungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter der Kapitalertragsteuer und dem Kapitalertragsteuereinbehalt unterlagen.

    Die Kläger sind als Eheleute im streitigen Veranlagungsjahr gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt worden. Die Klägerin war im Jahr 2010 zu mehr als 10 % am Nennkapital einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) beteiligt. Mit Vereinbarung vom 3. August 2010 erwarb die Klägerin von einem Rechtsanwalt eine Forderung gegen die GmbH im Nennwert von Euro. Dafür zahlte sie an den Rechtsanwalt Euro und ließ sich die Forderung sodann abtreten. Im Anschluss, an einem nicht mehr aufklärbaren Tag im Jahr 2010, rechnete die Klägerin die abgetretene Forderung mit Forderungen der GmbH in gleicher Höhe auf.

    Im September 2011 reichten die, von dem Rechtsanwalt, von dem sie die Forderung erworben hatten, steuerlich beratenen Kläger ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 beim Beklagten ein. Einkünfte aus der Beteiligung an der GmbH erklärten sie nicht. Eine Anlage KAP gaben sie nicht ab. Mit Bescheid vom 21. Dezember 2011 wurden sie erklärungsgemäß veranlagt. Ein Vorbehalt der Nachprüfung wurde nicht aufgenommen. Wegen der angeordneten Vorläufigkeiten wird auf den Bescheid vom 21. Dezember 2011 verwiesen.

    Aufgrund einer Betriebsprüfung bei der GmbH erging im Juni 2017 eine Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen für Gesellschafter an Kapitalgesellschaften über die aufgerechneten Forderungen an das beklagte Finanzamt (FA). Von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen, den Veranlagungszeitraum 2010 betreffend, sah die Steuerfahndung aufgrund des Eintritts strafrechtlicher Verjährung ab.

    Unter dem 1. August 2017 änderte das FA die Einkommensteuerfestsetzung für 2010 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO), indem sie den aufgerechneten Forderungsbetrag in Höhe von Euro abzüglich der Anschaffungskosten in Höhe von Euro als Kapitaleinkünfte erfasste.

    Dagegen legten die Kläger Einspruch ein. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens stellte sich heraus, dass die GmbH auf die verrechneten Forderungen Kapitalertragsteuer nicht einbehalten hatte. Mit Schreiben vom 3. April 2018 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass die bisher angesetzten Kapitalerträge in Höhe von Euro falsch berechnet seien, da sie noch um die einzubehaltende Kapitalertragsteuer in Höhe von Euro auf Euro zu erhöhen sei. Auf die Möglichkeit der Verböserung im Rahmen des Einspruchsverfahrens wies der Beklagte hin.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2018 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und erhöhte die Einkommensteuer entsprechend dem Schreiben vom 3. April 2018. Zur Begründung führte er aus, dass die Verrechnung der gegenseitigen Forderungen zu Kapitalerträgen im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) mithin zu Einkünften aus Kapitalvermögen führe, die gemäß § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG dem Kapitalertragsteuerabzug unterlägen. Festsetzungsverjährung sei gemäß § 171 Abs. 15 AO nicht eingetreten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.

    Darauf haben die Kläger vor dem erkennenden Senat Klage erhoben. Zur Begründung führen sie aus, dass auf Ebene der GmbH eine Pflicht zum Kapitalertragsteuerabzug nicht bestanden habe. Es mangele ferner an dem für die Besteuerung notwendigen Zufluss. Die Änderung der Steuerfestsetzung für das Jahr 2010 im Jahr 2017 sei wegen des Eintritts der Festsetzungsverjährung rechtswidrig.

    Die Kläger beantragen,

    den Bescheid über Einkommensteuer für das Jahr 2010 vom 21. Dezember 2011 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. August 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2018 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen der Ehefrau auf Euro herabgesetzt werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Dazu verweist das beklagte Finanzamt auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung, die er weiter vertieft. Der streitige Einkommensteuerbescheid der Kläger sei auch noch nicht festsetzungsverjährt. Im Übrigen betrage die Festsetzungsfrist zehn Jahre, § 169 Abs. 2 Satz 2 AO, da die Kläger die streitigen Einkünfte aus Kapitalvermögen wissentlich nicht in ihrer Einkommensteuererklärung angegeben hätten.

    Dem Senat lagen ein Band Rechtsbehelfsakte sowie eine lose Heftung Einkommensteuer 2010 vor, auf die Bezug genommen wird.
    Entscheidungsgründe

    Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene, Klage ist begründet.

    Der Bescheid über Einkommensteuer für das Jahr 2010 vom 21. Dezember 2011 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. August 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 100 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).

    A.

    Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 vom 21. Dezember 2011 konnte am 1. August 2017 nicht mehr durch den Beklagten geändert werden. Mit Ablauf des 31. Dezember 2015 war die Festsetzungsverjährung eingetreten, § 169 Abs. 1 Satz 1 AO (dazu unter I.). Der Ablauf der Festsetzungsfrist war auch nicht nach § 171 Abs. 15 AO gehemmt (dazu unter II.), noch hat sich die Festsetzungsfrist auf zehn Jahre verlängert, § 169 Abs. 2 Satz 2 AO (dazu unter III.)

    I.

    Gemäß 169 Abs. 1 Satz 1 AO sind eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Diese beträgt grundsätzlich vier Jahre, § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO. Sie beginnt, wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wurde, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO.

    Die Kläger waren gemäß § 25 Abs. 3 EStG verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung anzufertigen und einzureichen. Dass ein Ausnahmetatbestand des § 46 EStG hier gegeben war, ist weder aus den Akten ersichtlich, noch vorgetragen. Im November 2011 reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beim Beklagten ein. Die Festsetzungsfrist begann daher mit Ablauf des 31. Dezember 2011 und endete mit Ablauf des 31. Dezember 2015.

    II.

    Der Ablauf der Festsetzungsfrist war nicht über den 31. Dezember 2015 hinaus gehemmt. Gemäß § 171 Abs. 15 AO endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

    Die GmbH war jedoch nicht Steuerentrichtungspflichtige im Sinne der vorgenannten Vorschrift. Sie war nicht verpflichtet, den Kapitalertragsteuerabzug gemäß § 44 Abs. 1 EStG für die Klägerin vorzunehmen, da sie nicht als auszahlende Stelle im Sinne der Vorschrift qualifiziert werden kann.

    Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG ist Schuldner der Kapitalertragsteuer der Gläubiger der Kapitalerträge, hier die Klägerin. Die Aufrechnung der für Euro erworbenen Forderung über Euro führt zu Kapitalerträgen im Sinne der Vorschrift (dazu unter 1.). Diese sind der Klägerin auch zugeflossen (dazu unter 2.). Die GmbH ist jedoch nicht gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG verpflichtet, als auszahlende Stelle einen Steuerabzug für die Klägerin vorzunehmen (dazu unter 3.).

    1.

    Kapitalerträge im Sinne der Vorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG auch die Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 EStG. Dazu gehören u.a. die Gewinne aus der Veräußerung sonstiger Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des § 20 Abs. 1 Nummer 7 EStG.

    a.

    Bei der Forderung der Klägerin gegen die GmbH handelt es sich um eine sonstige Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Die Vorschrift umfasst, unabhängig von der Bezeichnung und ihrer zivilrechtlichen Ausgestaltung alle Formen der Kapitalforderungen (vgl. Buge in Hermann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG, § 20 Rn. 290;) mithin jede auf Geld gerichtete Forderung also auch private Kapitalforderungen der Gesellschafter gegen ihre Gesellschaft, egal auf welchem Rechtsgrund sie beruhen (BFH, Urt. v. 26. Juni 1996 - VIII R 67/95 - BFH/NV 1997, S. 175 Rn. 14 m.w.N. aus der Rspr.; Jochum in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, § 20 C/7 Rn. 10; Hamacher/Dahm in Korn, Kommentar zum EStG, § 20 Rn. 280; Buge in Hermann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG, § 20 Rn. 511 - private Kapitalforderungen -).

    b.

    Die Aufrechnung der von der Klägerin für Euro erworbenen Forderung gegen die GmbH mit Verbindlichkeiten gegenüber der GmbH in Höhe von Euro ist eine Veräußerung im Sinne des Satzes 1. Denn gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt als Veräußerung im Sinne des Satzes 1 auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft. Dabei meint der Begriff der Einlösung die Rückzahlung einer verbrieften Kapitalforderung, wohingegen der Begriff der Rückzahlung die sonstigen Kapitalforderungen erfasst (Jochum in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, § 20 D/9 Rn. 6; Hamacher/Dahm in Korn, Kommentar zum EStG, § 20 Rn. 399). Eine Rückzahlung liegt dann vor, wenn der Schuldner - hier die GmbH - bei (End-)Fälligkeit den geschuldeten Kapitalbetrag an den Gläubiger - hier die Klägerin - zahlt. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist die von den Klägern vorgenommene Aufrechnung, §§ 387, 389 BGB, der Kapitalforderung gegen die GmbH mit eigenen Verbindlichkeiten nichts anderes als eine Rückzahlung. Gemäß § 389 BGB gelten die zur Aufrechnung gebrachten Forderungen nämlich in dem Zeitpunkt als erloschen - mithin gegenseitig ausgezahlt - in dem sie sich zur Aufrechnung geeignet gegenübergetreten sind. De facto zahlt die GmbH ihrer Gesellschafterin also Geld aus um eine eigene Verbindlichkeit zu begleichen, mit dem die Gesellschafterin umgekehrt eine Forderung der GmbH begleicht. Insofern handelt es sich bei der Aufrechnung um eine Abkürzung des Zahlungsweges, um ein Hin- und Herzahlen zu vermeiden.

    2.

    Die Einkünfte aus Kapitalvermögen bzw. Kapitalerträge sind der Klägerin im Zeitpunkt der Aufrechnung im Jahr 2010 zugeflossen.

    Soweit sich aus den Regelungen des § 44 Abs. 2 und 3 EStG nichts Abweichendes ergibt (vgl. BFH, Urt. v. 21. Oktober 1981 - I R 230/78 - BStBl. II 1982, S. 139; Geurts in Bordewin/Brandt, Kommentar zum EStG, § 44 Rn. 31; Gersch in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, § 44 B 12), sind Kapitalerträge gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG im Zeitpunkt der objektiven Vermögensmehrung zugeflossen (BFH, Urt. v. 21. Juli 1987 - VIII R 211/82 - BFH/NV 1988, S. 224; Kister in Hermann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG, § 11 Rn. 27). Im Falle der Aufrechnung mit einer Forderung gegen den Steuerpflichtigen ist der Zufluss in dem Moment bewirkt, in dem die Aufrechnungserklärung zugeht (BFH, Beschl. v. 02. Mai 2007 - VI B 139/06 - BFH/NV 2007, S. 1315 Rn. 5). Zur Überzeugung des Senats ist die Aufrechnung, ohne dass ein exakter Zeitpunkt noch bestimmt werden kann, im Jahr 2010 erklärt worden.

    3.

    Die GmbH ist allerdings nicht auszahlende Stelle im Sinne des Satzes 4, weil sie die aufgerechnete Forderung nicht für die Klägerin verwahrt, verwaltet oder deren Veräußerung durchführt, § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 lit. b) i.V.m. lit. a) aa) EStG. Zwar handelt es sich bei der aufgerechneten Forderung um ein sonstiges Wirtschaftsgut im Sinne der Vorschrift und die GmbH ist auch die Schuldnerin des Kapitalertrages. Sie hat die dem Kapitalertrag zu Grunde liegende Kapitalforderung jedoch weder für die Klägerin verwahrt, noch verwaltet. Nach den gesetzesbegründenden Materialen soll der Tatbestand nur wenige bestimmte Sonderfälle z.B. die Verwahrung oder Verwaltung von Bundeswertpapieren durch die Bundesfinanzagentur erfassen (vgl. Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 2008 - BT-Drs. 16/7036, S. 16). Daran gemessen, sieht der Senat keine Veranlassung die Begriffe der Verwahrung oder Verwaltung auf nicht verbriefte Geldforderungen auszudehnen. Denn die hier aufgerechnete Forderung ist der GmbH gerade nicht von der Klägerin zur Verwahrung oder Verwaltung gegeben worden, sondern aus wechselseitigen Leistungsbeziehungen entstanden. Nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen und den Erkenntnissen aus der mündlichen Verhandlung handelt es sich auch nicht um Gelder, die die Klägerin der GmbH mit dem Ziel überlassen hat, dass sie damit weitere Investitionen für die Klägerin tätigt.

    III.

    Die Festsetzungsfrist hat sich auch nicht auf zehn Jahre verlängert, § 169 Abs. 2 Satz 2 AO und ist damit auch nicht erst mit Ablauf des 31. Dezember 2021 geendet.

    Denn der Senat vermag aus den ihm vorliegenden Unterlagen und Aufzeichnungen nicht die hinreichende Überzeugung, § 96 Abs. 1 FGO, gewinnen, dass die Kläger zumindest bedingt vorsätzlich handelten und damit den subjektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung, § 370 Abs. 1 AO, verwirklicht haben.

    1.

    Ob eine Steuerhinterziehung vorliegt, ist vom Finanzgericht grundsätzlich in eigener Verantwortlichkeit festzustellen. Es ist an Feststellungen der Strafgerichte nicht gebunden (FG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 20. August 2019 - 4 K 903/16 - EFG 2020, S. 1189 Rn. 32; Herbert in Gräber, Kommentar zur FGO, § 81 Rn. 11). Das gilt ebenso für die Ermittlungsergebnisse der Strafverfolgungsbehörden.

    Gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begeht der Steuerpflichtige eine Steuerhinterziehung, wenn er die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt.

    2.

    Die Kläger haben den objektiven Tatbestand der Norm, nämlich das pflichtwidrige Inunkenntnislassen der Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen, verwirklicht. Denn sie waren nach § 25 Abs. 3 EStG zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Dieser Pflicht sind sie offensichtlich in Bezug auf die erzielten Kapitaleinkünfte nicht nachgekommen. Weder haben sie ihrer Einkommensteuererklärung eine Anlage KAP beigefügt, noch haben sie die erfolgte Aufrechnung der wechselseitigen Forderungen mit der GmbH in anderer Form gegenüber dem FA offengelegt.

    3.

    Jedoch kann der Senat nicht die notwendige Überzeugung gewinnen, dass die Kläger dabei zumindest mit bedingtem Vorsatz handelten. Vorsatz ist das Wissen und Wollen um die Merkmale des objektiven Tatbestandes und deren Verwirklichung. Vorliegend hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung allein darauf abgestellt, dass die Kläger die Anlage KAP nicht ausgefüllt und abgegeben haben. Dabei handelt es sich, wie zuvor erläutert, um die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der Steuerhinterziehung, der zwischen den Beteiligten unstreitig sein dürfte. Das Gericht vermag aber keine weiteren Anhaltspunkte aus den ihm vorliegenden Akten entnehmen oder anderweitig erkennen können, die einen Schluss darauf zulassen, was die Kläger wussten und ob sie zumindest billigend den tatbestandlichen Erfolg der Steuerhinterziehung in Kauf genommen haben. Auch die Steuerfahndung hat diesbezüglich keine weiteren Ermittlungen angestellt, die sich der Senat hätte zu Nutzen machen können und müssen.

    B.

    Die Übertragung der Berechnung beruht auf § 100 Abs. 2 S. 2 FGO.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 3 FGO, § 155 Abs. 1 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war für notwendig zu erklären, § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO, da es sich um Rechtsfragen handelt und die Kläger im Rahmen des Einspruchsverfahrens nicht lediglich Unterlagen beibringen mussten.

    C.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.chts, nicht an Verbraucher i.S.d. § 13 BGB

    Vorschriften § 44 Abs. 1 S. 1 EStG § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 EStG § 20 Abs. 2 Nr. 7 S. 1 EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG