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11.01.2001 · IWW-Abrufnummer 010052

Landgericht Freiburg: Beschluss vom 26.04.2000 – VIII Qs 3/00

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Freiburg
- VIII. Strafkammer -

Geschäftsnummer:
- VIII Qs 3/00 -

BESCHLUSS vom 26. April 2000

Bank
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Ermittlungsverfahren

wegen Verdachts der Hinterziehung von Einkommen- und Vermögenssteuer

hier: Erlaß eines Durchsuchungsbeschlusses

Auf die Beschwerde des Finanzamts Freiburg-Land wird der Beschluß des Amtsgerichts Staufen vom 04. Januar 2000 (1 Gs 100/99) aufgehoben.

Der aus der Anlage ersichtliche Durchsuchungsbeschluß wird erlassen.

Gründe:

Am 09. Dezember 1999 beantragte das Finanzamt Freiburg-Land im Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Kunden der bank S den Erlaß eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses hinsichtlich der Räumlichkeiten der bank S. Dieser Antrag wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Staufen vom 04. Januar 2000 zurückgewiesen.

Die gegen den Beschluß gerichtete Beschwerde des Finanzamtes Freiburg-Land ist zulässig und weitgehend begründet. Der beantragte Durchsuchungsbeschluß war deshalb mit einigen Einschränkungen zu erlassen.

Es besteht ein Anfangsverdacht, daß namentlich noch nicht bekannte Kunden der bank S Einkommens- bzw. Vermögenssteuer hinterzogen haben, indem sie anonym im Tafelgeschäft Inhaberschuldverschreibungen bei der bank S erworben und die Zinscoupons zur Umgehung der von deutschen Banken automatisch einzubehaltenden Zinsabschlagsteuer im Ausland eingelöst haben. Da die Einlösung von Zinscoupons im Ausland im Vergleich zu einer Einlösung bei einer deutschen Bank mit höheren Gebühren (und darüberhinaus oftmals mit Reisekosten) belastet ist, ist ein wirtschaftlicher Grund für eine Einlösung der Zinscoupons im Ausland nur dann ersichtlich, wenn damit die Zinsabschlagsteuer vermieden und bei einer späteren Steuererklärung der Zinsgewinn verschwiegen werden soll.

Zu Unrecht geht das Amtsgericht Staufen in seinem Beschluß vom 04. Januar 2000 davon aus, dieser Verdacht beruhe auf in unzulässiger Weise erworbenen Erkenntnissen. Zwar hat das Landgericht Freiburg in zwei ebenfalls Durchsuchungsanträge hinsichtlich der bank S betreffenden Beschlüssen vom 07. September 1999 (VIII Qs 4/99) und 28. Dezember 1999 (VIII Qs 9/99) festgestellt, daß Zufallsfunde, die bei einer Durchsuchung der bank S durch die Steuerfahndung am 01. Oktober 1998 aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stapfen vom 27. August 1998, der den Verdacht der Steuerhinterziehung durch Transfer von Vermögen der Kunden der bank S zu bestimmten ausländischen Banken in der Schweiz und Luxemburg betraf, sichergestellt wurden, wegen der einschränkenden Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses vom 27. August 1998 zur Begründung des Verdachts der Steuerhinterziehung durch Einlösung der Zinscoupons im Ausland nicht verwertet werden dürfen. Doch stützt die Steuerfahndung ihren Verdacht einer Steuerhinterziehung durch Einlösung der Zinscoupons inländischer Inhaberschuldverschreibungen im Ausland nicht auf Erkenntnisse aus der erwähnten Durchsuchung, sondern auf andere Verdachtsmomente, die mit der Durchsuchung vom 01. Oktober 1998 nicht im Zusammenhang stehen. Mindestens fünf Kunden der bank S haben nämlich in Selbstanzeigen angegeben, auf diese Weise die Einkommens- bzw. Vermögenssteuer umgangen zu haben. Nimmt man diese Aussagen mit der Erkenntnis zusammen, daß nach Auskunft des Bundesaufsichtsamts für Wertpapierhandel sowie nach dem Ergebnis eines Abgleichs mit den amtsbekannten Kapitalertragssteueranmeldungen im Zeitraum 1992 bis 1997 Zinsabschlagssteuer auf die Zinsen aus Inhaberschuldverschreibungen der bank S von nur 18,07 % bis - im Jahre 1997 lediglich - 4,07 % von der Bank abgeführt wurden, so besteht ein begründeter Verdacht, daß eine Reihe anderer Kunden der bank S, die Tafelpapiere erworben haben, diesen Weg beschritten und mit der wirtschaftlich sinnwidrigen Einlösung der Zinscoupons bei Banken im Ausland Einkommens- bzw. Vermögenssteuer hinterzogen haben.

Da davon auszugehen ist, daß die Unterlagen hinsichtlich des Verkaufs von Inhaberschuldverschreibungen im Tafelgeschäft und für die Identifizierung der bis dahin unbekannten Kunden, die solche Inhaberschuldverschreibungen erworben haben, sich bei der bank F befinden, liegen mithin die Voraussetzungen des § 103 StPO für eine Durchsuchung der bank vor.

Der Durchsuchungsbeschluß war allerdings nicht im beantragten Umfang zu erlassen.

Die Steuerfahndung hebt in ihrem Antrag vom 09. Dezember 1999 auf Steuerhinterziehung durch Einlösung von Zinscoupons im Ausland ab. Zwei weitere, bereits früher festgestellte Formen der Steuerhinterziehung - nämlich Bareinzahlungen oder Überweisungen auf ausländische Banken und Depotübertragungen oder Versand von Tafelpapieren auf ausländische Banken - sieht das Finanzamt schon durch den Durchsuchungsbeschluß vom 27. August 1998 als abgedeckt an. Entsprechend wird im Beschlußantrag formuliert, daß die Durchsuchung der Sicherstellung von Spuren für Vermögenswerte, die von Kunden der betroffenen Bank durch Kauf und/oder Besitz von Tafelpapieren verschleiert wurden und bei denen die Zinserträge durch Zwischenschaltung eines ausländischen Kreditinstituts unversteuert blieben, diene. Eine solche Form der Umgehung der Zinsabschlagsteuer - Erwerb der Inhaberschuldverschreibung bei der bank S, Einlösung der Zinscoupons im Ausland - berichten nach Auskunft des Finanzamtes Freiburg-Land auch die benannten Selbstanzeiger. Die angeordnete Durchsuchung darf deshalb nur solchen Unterlagen gelten, die über eine Steuerhinterziehung in dieser Vorgehensweise Auskunft geben.

Darüberhinaus hat die Kammer nur die Durchsuchung der Räumlichkeiten der bank, nicht aber bereits die Beschlagnahme konkreter Unterlagen angeordnet. Zwar hat sie zur Eingrenzung der Durchsuchungsmaßnahme die sicherzustellenden Unterlagen allgemein benannt. Eine konkrete Beschlagnahme kann jedoch erst erfolgen, wenn eine Sichtung der sichergestellten Unterlagen ergeben haben wird, welche Papiere als Beweismittel tatsächlich in Betracht kommen.

RechtsgebietStPOVorschriftenStPO § 103

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