09.10.2001 · IWW-Abrufnummer 011180
EEE 10/2001 Seite 267
Das Erbschaftsteuer-ABC des Pflichtteils
von RA und StB Professor Eugen J. Vernekohl, Nordkirchen
Für die Gestaltung letztwilliger Verfügungen ist das Pflichtteilsrecht von großer Bedeutung. Will der Erblasser den von ihm benannten Erben Auseinandersetzungen mit Pflichtteilsberechtigten und mögliche wirtschaftliche Schwierigkeiten ersparen, muss er sich im Voraus um die Schranken kümmern, die durch das Pflichtteilsrecht gezogen werden. Bei dem gezielten Einsatz von Pflichtteilsansprüchen können z.B. bei steuerschädlichen Nachfolgeregelungen erbschaftsteuerliche Vorteile für alle Beteiligten erzielt werden. Als Nachlassverbindlichkeiten können Pflichtteile den Nachlass des überlebenden
Elternteils mindern und verlorene persönliche Freibeträge für Kinder retten. Wird der Pflichtteil - im Einverständnis mit allen Beteiligten - mit Nachlassgegenständen abgefunden, sind auch Liquiditätsprobleme elegant lösbar.
Die folgende Checkliste führt alphabetisch durch die erbschaftsteuerlichen Fragen des komplexen Pflichtteilsrechts. Zur leichteren Verständlichkeit sind bewusst einige zivilrechtliche Definitionen aufgenommen worden. Bestimmte Hinweise wiederholen sich bei verschiedenen Stichworten, um die jeweilige Aussage aus sich heraus verständlich zu machen, ohne an anderer Stelle nachlesen zu müssen.
Abfindung für Verzicht auf einen Pflichtteilsanspruch
siehe auch Abfindung für Ausschlagung durch den überlebenden Ehegatten
siehe auch Verzicht
Je nach Gestaltung sind Abfindungszahlungen für den Verzicht auf einen Pflichtteilsanspruch steuerbar oder nicht steuerbar:
Steuerbar ist:
- die Abfindung für den Verzicht auf den bereits entstandenen, aber noch nicht geltend gemachten Pflichtteil (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG);
- die Abfindung des Vor- an den Nacherben für den Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteils (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG);
- als Schenkung unter Lebenden i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG die Abfindung für den zu Lebzeiten erklärten Pflichtteilsverzicht gegenüber dem späteren Erblasser. Die Abfindung wird nach der Steuerklasse im Verhältnis zum Erblasser behandelt. Dies gilt auch dann, wenn die Abfindung von einem Dritten gezahlt wird (BFH 25.5.77, BStBl II, 733; Moench, ErbStG, Stand: Dezember 99, § 7 Rn 215; Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, Stand: März 99, § 7 Rn 319).
Nicht steuerbar ist:
- die Abfindung für den Verzicht auf einen geltend gemachten Pflichtteil, solange der Wert der Abfindung dem Pflichtteil entspricht. Ist die Abfindung höher oder niedriger als der Pflichtteil, kann jedoch eine - zusätzliche - freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu bejahen sein (Moench, ErbStG, Stand: Dezember 99, § 3 Rn 211). Steuerbar ist jedenfalls trotz des Verzichts auch der geltend gemachte Pflichtteil.
- die Abfindung für einen noch zu Lebzeiten des Erblassers unter seinen Kindern vereinbarten Pflichtteilsverzicht. Dieser Erbschaftsvertrag nach § 312 Abs. 2 BGB ist ein entgeltliches Geschäft unter den Geschwistern als den künftigen gesetzlichen Erben (FG München 7.7.97, DStR 98, 600, ErbBstg 3/98, 6, Rev. BFH II R 22/98).
Abfindung für Ausschlagung durch den überlebenden Ehegatten
siehe auch Zugewinngemeinschaft
Schlägt der längerlebende Ehegatte das ihm zugedachte Erbe oder Vermächtnis aus, erhält er das Recht auf den Zugewinnausgleich nach der güterrechtlichen Lösung und kann zusätzlich als Abfindung für den großen den kleinen Pflichtteil nach § 1371 Abs. 2, 3 BGB geltend machen. Hier gilt:
- Diese Abfindung ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG wie ein Vermächtnis zu behandeln, das vom Erblasser verfügt wurde. Sie gilt also als vom Erblasser zugewandt und ist keine Schenkung des Abfindungsleistenden an den Abfindungsempfänger (Moench, ErbStG, aaO, § 3 Rn 137; Kapp, BB 80, 117; Strunz, DVR 84, 121).
- Der Erwerb des Abfindungsempfängers wird damit nach seinem Verhältnis zum Erblasser besteuert: Es gelten die Ehegatten-Freibeträge und die Steuerklasse I.
- Der bzw. die Erben können die Abfindung als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG von ihrem Erbe abziehen.
Tipp: Die Abfindungsvereinbarung sollte klarstellen, welcher Teil für den steuerfreien Zugewinnausgleich gezahlt wurde und was als Entschädigung für die Ausschlagung und die Nichtbeanspruchung des großen Pflichtteils gezahlt wird.
Anlaufhemmung
Die Nichtabgabe der Erbschaftsteuererklärung setzt keine Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO in Gang, wenn eine entsprechende Aufforderung des FA fehlt. Auf eine Aufforderung wird regelmäßig verzichtet, wenn die letztwillige Verfügung gerichtlich eröffnet wurde, der Pflichtteilsberechtigte darin namentlich bezeichnet ist und der Rechtsgrund seines Erwerbs mitgeteilt wird (siehe § 30 Abs. 3 ErbStG).
Das gilt auch bei genauen Angaben eines Alleinerben, wenn dieser der organisatorisch für die Erbschaftsteuer zuständigen Stelle im FA unter Abschnitt F der Erbschaftsteuererklärung den Namen des Pflichtteilsberechtigten, die Höhe des Pflichtteilsanspruchs sowie den Wert des Erwerbs mitgeteilt hat (BFH 30.10.96, BStBl II 97, 11, ErbBstg 5-6/97, 6).
Anschaffungskosten
siehe Ausgleichszahlungen
Aufschiebend bedingter Pflichtteilsanspruch
Gehören zum Nachlass aufschiebend bedingte Rechte und Verbindlichkeiten, bleiben diese bis zum Eintritt der Bedingung für die zivilrechtliche Berechnung des Pflichtteils außer Ansatz (§ 2313 Abs. 1 BGB). Troll ist deshalb auch der Meinung, dass die Steuerschuld für den Betrag, um den sich der Pflichtteilsanspruch erhöht, aufschiebend bedingt ist (Troll/Gebel/Jülicher, aaO, ErbStG, § 3 Rn 238). Folglich entsteht er gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1a, b ErbStG erst dann, wenn die Bedingung eingetreten und der hierauf gerichtete Anspruch geltend gemacht wird. Verändert sich der Pflichtteilsanspruch, so wäre eine Korrektur der Steuerveranlagung nach §§ 5 ff. BewG möglich.
Ausgleichszahlungen
Ausgleichszahlungen für Erbfallschulden - wie Vermächtnisse, Pflichtteile und der Wertausgleich bei qualifizierten Nachfolgeklauseln - führen nicht zu Anschaffungskosten und Veräußerungserlösen bei Unternehmen und Beteiligungen. Wer Erbfallschulden bezahlt, kauft nicht den Nachlass (Söffing, DStR 91, 201; Schmidt, EStG, 18. Auflage, § 16 Rn 121). Ein Darlehen, das zur Finanzierung der Erbfallschulden aufgenommen wird, ist privat veranlasst; die Schuldzinsen sind keine Betriebsausgaben/Werbungskosten (BFH 2.3.93, BStBl II 94, 619; 25.11.93, BStBl II 94, 623; BMF 11.8.94, LEXinform 0107908).
Beschränkte Steuerpflicht des gebietsfremden Berechtigten
Der Pflichtteilsanspruch eines gebietsfremden Berechtigten bei einer Erbfolge nach einem gebietsfremden Erblasser (vergleiche H 4 ErbStH) gehört nicht zum Inlandsvermögen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i.V.m.
§ 121 BewG). Gleichwohl besteht bei Pflichtteilsansprüchen ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den zum inländischen Nachlass gehörenden Vermögensgegenständen, unabhängig davon, ob und inwieweit sie steuerbar oder steuerbefreit sind (R 31 Abs. 2 Satz 1 ErbStR). Die Folgen sind:
- Ein beschränkt steuerpflichtiger Erbe kann seine Pflichtteilsschulden trotz § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abziehen, ohne dass beim Pflichtteilsberechtigten steuerbares
Inlandsvermögen vorliegt (Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, aaO, § 2 Rn 71, § 21 Rn 42). - Moench vertritt dagegen die Auffassung, dass die Pflichtteilslast auf die steuerbaren und steuerpflichtigen Vermögensgegenstände aufzuteilen ist (Moench, ErbStG, aaO, § 10 Rn 97).
Betriebsausgaben
Wird der Pflichtteilsanspruch auf Grund einer Vereinbarung mit dem Erben eines Betriebs verzinslich gestundet, sind die Schuldzinsen nicht abziehbar. Die wirtschaftliche Belastung reicht für die betriebliche Veranlassung des Schuldzinsenabzugs nicht aus (BFH 2.3.93, DStR 93, 1016, ErbBstg 12/93, 5). Das gilt auch für den Erben eines Kommanditanteils hinsichtlich des Abzugs von Sonderbetriebsausgaben.
Bewertung
Der Pflichtteilsanspruch ist als Geldsummenschuld (§ 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB) mit dem Nennwert zu bewerten. Er folgt hierbei zivil- und erbschaftsteuerrechtlich den Bewertungsvorschriften des BGB (§§ 2311-2313 BGB). Dabei ist von den Verkehrswerten des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls auszugehen (Palandt/Edenhofer, BGB, 59. Auflage, § 2311 Abs. 1 Satz 1 Rn 9), ohne dass eine bestimmte Methode vorgeschrieben ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist auf den gemeinen Wert abzustellen. Das ist der Wert, der dem Verkaufswert entspricht, das heißt auch: Muss der Nachlass - oder Teile davon - erst versilbert werden, orientiert sich der gemeine Wert am erzielten Verkaufspreis, wenn die Nachlassgegenstände bald nach dem Erbfall veräußert worden sind und keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen.
Hinweis: Als zeitnah gilt für Grundstücks- und Betriebsveräußerungen auch noch ein Jahr nach dem Erbfall.
Weiterhin sind für die Ermittlung des Steuerwerts von den Aktiva die beim Erbfall bestehenden Erblasserschulden und bestimmte Erbfallschulden i.S. des § 1967 Abs. 2 BGB abzuziehen. Hierunter fällt vor allem der Zugewinnausgleichsanspruch des überlebenden Ehegatten bei der güterrechtlichen Lösung nach § 1371 Abs. 2, 3 BGB (siehe auch Zugewinnausgleich).
Schließlich wird auf den verbleibenden Nachlasswert die gesetzlich vorgeschriebene Pflichtteilsquote (= 1/2 des gesetzlichen Erbteils) angesetzt.
Entstehen des steuerbaren Pflichtteilsanspruchs
Der steuerbare Erwerb des Pflichtteilsanspruchs von Todes wegen entsteht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG erst in dem Zeitpunkt, in dem der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch ernstlich und endgültig beim Verpflichteten (= dem/die Erben) geltend macht. Das bedeutet:
- Die Geltendmachung kann mündlich oder durch schlüssiges Verhalten geschehen, z.B.: Der Erbe bietet die Auszahlung des Pflichtteils an und der Berechtigte nimmt das Gebot an. Dabei kann der Berechtigte auch einer Stundung zustimmen oder zunächst nur eine Anzahlung verlangen (siehe Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, aaO, § 9 Rn 51 f., 224 ff.; Meincke, ErbStG, aaO, § 9 Rn 42 ff.) oder Maßnahmen zur Sicherung seines Anspruchs ergreifen (RFH 5.11.36, RStBl 38, 1131).
- Streitig ist, ob - wie im Zivilrecht - die Abtretung des Pflichtteilsanspruchs an einen Dritten genügt (FG Hessen 7.3.90, EFG 90, 587).
- Ein Auskunftsverlangen des Berechtigten ist noch keine Geltendmachung.
- Nicht maßgeblich sind der zivilrechtliche Zeitpunkt des Erbfalls (§ 2317 BGB) und der Zeitpunkt des späteren Gelderwerbs. Die Erbschaftsteuer entsteht ausnahmsweise bereits mit dem Erbfall, wenn der Pflichtteil dem Berechtigten testamentarisch vermacht worden ist.
Hinweis: Im Gegensatz zum Erbteil kann der Pflichtteil auch nur teilweise geltend gemacht werden. Fordert der Berechtigte zunächst eine Teilleistung, kommt es steuerlich darauf an, was er letztlich will. Soll es bei der Teilleistung verbleiben, ist nur diese steuerbar und als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.
Freibetrag für Betriebsvermögen
Die Finanzverwaltung ist der Meinung, dass der Pflichtteilsberechtigte keinen Anspruch auf die Vergünstigungen des § 13a ErbStG hat, weil ihm das Betriebsvermögen nicht unmittelbar vom Erblasser zugewiesen worden ist (R 55 Abs. 4 Satz 1 ErbStR). Dies soll auch gelten, wenn dem Pflichtteilsberechtigten anstelle des Geldanspruchs Betriebsvermögen an Erfüllungs Statt oder als Abfindung für den Verzicht auf den entstandenen Anspruch übertragen wird (R 55 Abs. 4 Satz 2, R 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 ErbStR).
Eine davon abweichende und überzeugende Auffassung wird in der Literatur vertreten (Meincke, ErbStG, 11. Auflage, § 13a Rn 7; Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, aaO, Rn 25, 262). Auch Moench meldet erhebliche Zweifel an, weil seiner Meinung nach bei einem Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch die steuerbare Abfindung - also das Betriebsvermögen - gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG als Erwerb von Todes wegen gilt (ErbStG, aaO, § 13a Rn 46).
Folge: Da die Abfindung dann in Gestalt der Übertragung von Betriebsvermögen für den/die Erben nicht steuerschädlich ist, könnten die Beteiligten (nach R 55 Abs. 4 Satz 4 und trotz R 62 Abs. 2 Satz 2 ErbStR) den Weg über den Verzicht gegen Abfindung gemäß § 3 Abs. 2
Nr. 4 ErbStG wählen. Dies lässt sich auch R 62 Abs. 2 Nr. 4 ErbStR entnehmen. Die Übertragung begünstigten Vermögens als Abfindung bei Erbauseinandersetzung bedeutet zudem keine schädliche Verfügung i.S. des § 13a Abs. 5 ErbStG (vergleiche R 62 Abs. 2 Nr. 2 ErbStR).
Bewertungsabschlag bei Betriebsvermögen
siehe Freibetrag für Betriebsvermögen
Jastrowsche Klausel
Mit der Jastrowschen Klausel in Verbindung mit einem Berliner
Testament wird verfügt, dass der beim Tode des erstversterbenden Elternteils seinen Pflichtteil beanspruchende Abkömmling und seine Nachkommen von der Erbfolge auf das Ableben des längstlebenden Elternteils ausgeschlossen werden (zur Formulierung der Klausel vergleiche z.B. Nieder, Münchener Vertragshandbuch, XVI. 27, § 5;
Strobel, MDR 80, 365 Fn 22). Zusätzlich erhalten die anderen Abkömmlinge aus dem Nachlass des Erstversterbenden ein Geldvermächtnis in Höhe des Werts ihres gesetzlichen Erbteils, bezogen auf das Ableben des Erstversterbenden. Diese Vermächtnisse sollen erst mit dem Tod des Längstlebenden anfallen. Damit verringert sich der zweite Pflichtteil des ungehorsamen Kindes.
Hinweis: Die Jastrowsche Klausel ist beim Vorhandensein von Kindern aus verschiedenen Ehen oder bei vorehelichen Kindern ungeeignet (dazu Mayer, ZEV 95, 136).
Die Erbschaftsteuer-Folgen solcher Klauseln werden heftig diskutiert:
- Nach Meinung von Nieder (aaO) fällt die Erbschaftsteuer auf die Vermächtnisse wegen § 9 Abs. 1a ErbStG schon beim Tod des ersten Elternteils an.
- Die abweichenden Auffassungen (Moench, ErbStG, aaO, § 9 Rz 14; Meincke, ErbStG, aaO, § 9 Rz 23) stützen sich auf ein Urteil des Hessischen FG, wonach es sich bei den gestundeten Vermächtnissen um betagte Ansprüche handelt, die beim Vermächtnisnehmer erst im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu erfassen und beim Erben durch eine Abzinsung der Last zu berücksichtigen sind (13.9.89, EFG 90, 67; siehe Vernekohl, ErbBstg 2/98, 10).
- Nach der Finanzverwaltung handelt es sich bei den Vermächtnissen für die ihren Pflichtteil nicht begehrenden Kinder, die erst beim Tod des zweiten Ehegatten fällig werden, um einen Anwendungsfall des § 6 Abs. 4 ErbStG. Da diese Vermächtnisse Nacherbschaften gleichgestellt sind, erfolgt ihr Erwerb und die Steuerentstehung erst mit dem Eintritt des Todes des Beschwerten (aufschiebend bedingt). Es handelt sich nicht um eine Betagung. Der Erwerber hat das Vermögen als vom Beschwerten stammend zu versteuern (vergleiche Einzelheiten R 13 ErbStR; FinMin Baden-Württemberg 26.8.98, DB 98, 1841, ErbBstg 99, 9).
Kleiner Pflichtteil
siehe Zugewinnausgleich
Kosten der Erbschaftsteuererklärung
Kosten der Erbschaftsteuererklärung mindern bei der Ermittlung des Pflichtteilsanspruchs nicht den Nachlass (OLG Düsseldorf 18.12.98, OLG-Report 99, 160, ErbBstg 99, 194; OLG Hamm 3.7.90, JurBüro 90, 1502; RGRK/Johannsen, BGB, § 1967 Rn 7, § 2311 Rn 7; Meincke, ErbStG, aaO, § 10 Rn 59, § 20 Rn 12).
Leistung an Erfüllungs Statt
Vereinbarungen des/der Erben mit dem/den Pflichtteilsberechtigten über eine Leistung an Erfüllungs Statt sind erbschaftsteuerlich nicht zu berücksichtigen (BFH 7.10.98, DStR 98, 1957).
Der Erbe kann jedoch den Pflichtteil als Nachlassverbindlichkeit mit dem Nennwert gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG abziehen, wenn der Pflichtteil durch die Übertragung eines Nachlassgrundstücks beglichen wird (BFH 7.10.98, aaO; FG Düsseldorf 10.4.96, EFG 96, 871, ErbBstg 99, 62; BFH 25.10.95, LEXinform 0127999, ErbBstg
2/96, 1). Der Berechtigte muss auch den Nennwert versteuern.
Nachlassverbindlichkeiten
Pflichtteilsverbindlichkeiten sind Erbfallschulden (§ 10 Abs. 5 ErbStG), weil ihr Erwerbsgrund in §§ 2303 ff. BGB gesetzlich geregelt ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Sie können ab dem Zeitpunkt ihres ê Entstehens als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG vom Nachlasswert abgezogen werden.
Selbst wenn der Pflichtteilsanspruch erst nach dem Tode des Verpflichteten geltend gemacht wird, kann er nach einer Meinung auch dann noch als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden (Troll/Gebel/
Jülicher, ErbStG, aaO, § 3 Rn 232). Nach anderer Auffassung ist das wegen der Konfusion des Rechts nach § 10 Abs. 3 ErbStG nicht der Fall (FG München 7.10.92, UVR 93, 55; Moench, ErbStG, aaO, § 10 Rn 42; Meincke, ErbStG, aaO, § 3 Rn 52).
Zahlt der Vorerbe dem Nacherben eine ê Abfindung für den Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs, so gehört die Abfindung zu den Verbindlichkeiten, die bei der Ermittlung des Vermögensanfalls auf Grund des Eintritts der Vorerbfolge abzuziehen sind (BGH 18.3.81, BStBl II, 473).
Pflichtteilsergänzungsanspruch
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 Abs. 1 BGB soll verhindern, dass der Erblasser spätere Pflichtteilsansprüche durch "beeinträchtigende" Schenkungen zu Lebzeiten aushöhlt. Der Ergänzungsanspruch erhöht sich, als wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird. Dabei werden nur diejenigen Schenkungen berücksichtigt, die der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall gemacht hat. Bei Schenkungen an den Ehegatten beginnt diese Frist erst mit Eheauflösung (§ 2325 Abs. 3 BGB).
Hat sich dabei der Erblasser bei der Schenkung eines Gegenstands den Nießbrauch vorbehalten, muss das verschenkte Objekt auch nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist in die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs einbezogen werden. Angesetzt wird allerdings nur der Wert zur Zeit der Schenkung und nach Abzug des Kapitalwerts des Nießbrauchs (BGH 27.4.94, EBE/BGH 94, 179, ErbBstg 6/94, 8).
Hinweis: Den Pflichtteilsergänzungsanspruch kann nach bisher ständiger Rechtsprechung nur derjenige verlangen, der sowohl im Zeitpunkt der Schenkung als auch im Zeitpunkt des Erbfalls konkret pflichtteilsberechtigt war (BGH 25.6.97, NJW 97, 2676 = ZEV 97, 373; LG Dortmund 3.4.98, ZEV 99, 30). Dies stößt zunehmend auf Kritik, da hierdurch das Eintrittsprinzip entfernterer Abkömmlinge nach § 1924 Abs. 3 BGB außer Kraft gesetzt wird, die im Zeitpunkt der Schenkung noch nicht pflichtteilsberechtigt waren (Otte, ZEV 97, 375; 99, 31).
Pflichtteilsrestanspruch
Der Pflichtteilsrestanspruch - auch Zusatzpflichtteil genannt - ist ein Geldanspruch. Er wird aus der Differenz der Werte zwischen der letztwillig zugewandten Erbquote (oder einem Vermächtnis) und der Pflichtteilsquote errechnet. Der Berechtigte kann den Pflichtteilsrestanspruch verlangen und auf eine Ausschlagung des Erbes bzw. Vermächtnisses verzichten, wenn
- seine testamentarisch verf ügte Erbquote kleiner als die gesetzliche Pflichtteilsquote ist und keiner weiteren Beschränkung unterliegt (§ 2305 BGB);
- er nur mit einem Vermächtnis bedacht ist, dessen Wert kleiner als der Wert seines Pflichtteils ist (§ 2307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Prozesskosten
Wenn zum Nachlass ein Betrieb gehört, sind Prozesskosten eines Erbstreits dennoch keine Betriebsausgaben (BFH 17.6.99, FR 99, 1117, hier S. 71; FG Nürnberg 18.3.99, EFG 99, 661 - rkr., ErbBstg 99, 250).
Stundung
Stundet der Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteilsanspruch gemäß § 2331a BGB oder aus anderen Gründen ganz oder teilweise, ändert das nichts an dem Umstand, dass der steuerbare Pflichtteilsanspruch bereits entstanden ist (Entstehen des steuerbaren Pflichtteilsanspruchs; Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, aaO, § 3 Rn 228 f.).
Testamentsvollstreckung
Der Testamentsvollstrecker ist nach § 31 Abs. 5 ErbStG nur verpflichtet, die Erbschaftsteuererklärung der Erben beim zuständigen FA einzureichen (BFH, Beschluss, 9.6.99, DStR 99, 1226, ErbBstg 1/2000, 2). Das gilt nicht für die Steuererklärung des Pflichtteilsberechtigten.
Verjährung
Pflichtteilsansprüche verjähren nach § 2332 Abs. 1 BGB in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Pflichtteilsberechtigte von dem Eintritt des Erbfalls und der ihn beeinträchtigenden letztwilligen Verfügung Kenntnis erlangt hat. Ohne Rücksicht auf diese Kenntnis tritt Verjährung 30 Jahre nach dem Eintritt des Erbfalls ein. Die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs eines noch minderjährigen Kindes ist gehemmt und beginnt frühestens im Zeitpunkt der Volljährigkeit (§ 204 BGB).
Hinweis: Zahlungen des Erben für einen zivilrechtlich bereits verjährten Pflichtteilsanspruch können bei einem Verzicht auf die Verjährungseinrede erbschaftsteuerlich vom Nachlass abgezogen werden.
Verzicht
siehe auch Abfindung
Verzichtet der Pflichtteilsberechtigte ausdrücklich oder stillschweigend auf die Geltendmachung des Pflichtteils, kommt es nicht zu einem steuerbaren Erwerb. Nach Troll stellt § 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG nur klar, dass beide Sachverhalte gleich behandelt werden müssen (ErbStG, aaO, § 13 Rn 132). Das gilt nicht, wenn der Berechtigte seinen Anspruch bereits geltend gemacht hatte (ê Entstehung). In diesem Fall liegt in dem nachträglichen Verzicht eine freigebige Zuwendung an den Erben, die nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerpflichtig ist.
Wiederkehrende Leistungen
Es entsteht keine Steuerpflicht nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG, wenn der gesetzliche Erbe auf seinen künftigen Erb- und Pflichtteil verzichtet und hierfür statt eines Einmalbetrags der Höhe nach begrenzte wiederkehrende Zahlungen erhält (BFH 20.10.99, X R 132/95, n.v.). Der Verpflichtete kann diese Zahlungen auch nicht abziehen (§ 12 Nr. 2 EStG).
Zugewinnausgleich
Zusätzlich zum Zugewinnausgleich nach der güterrechtlichen Lösung erhält der überlebende Ehegatte einer Zugewinngemeinschaft den sogenannten "kleinen Pflichtteil", wenn er das ihm zugedachte Erbe oder Vermächtnis ausschlägt, weil es geringer als der gesetzliche Erbteil ist (§ 1371 Abs. 2, 3 BGB). Dieser Pflichtteil beträgt 1/8 des um den Zugewinnausgleich gekürzten Nachlasses.
Der Zugewinnausgleich ist bei Ausschlagung des Erbes im Rahmen des § 5 Abs. 2 ErbStG steuerfrei. Steuerbar ist nur der geltend gemachte kleine Pflichtteil. Die Ausschlagungsfrist beträgt nach § 1944 BGB sechs Wochen nach Kenntniserlangung vom Erbfall und der Berufung zum Erben. Die - öffentlich beglaubigte - Ausschlagungserklärung muss innerhalb dieses Zeitraums beim Nachlassgericht eingehen.
Der Abzug der Zugewinnausgleichsschuld erfolgt auch dann zum Nennwert, wenn die Forderung von dem Verpflichteten einvernehmlich mit dem Berechtigten durch Übereignung von Grundstücken erfüllt wird (BFH 10.3.93, BStBl II, 368).