22.03.2002 · IWW-Abrufnummer 020359
Zahnärzte-Wirtschaftsdienst 04/2002 Seite 5 ff.
Tipps zur Wirtschaftlichkeitsprüfung
Der Zahnarzt in der Wirtschaftlichkeitsprüfung, Teil 1
Die Vorgehensweise der Prüfgremien und die wichtigsten Prüfungsarten
von Dr. Dr. Klaus Oehler, Osnabrück
Jede vertragszahnärztliche Praxis unterliegt notwendigerweise Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten. Dabei gibt es jedoch neben der wirtschaftlich orientierten Praxisführung auch öffentlich-rechtliche Aspekte. Es scheint unter Vertragszahnärzten kaum bekannt zu sein, dass beide Aspekte der Wirtschaftlichkeit einer Vertragszahnarztpraxis den gleichen Prioritätsgrad für den Erfolg oder Misserfolg der Praxis haben.
Beispiel:
Ein Zahnarzt rechnet bei einem Zahn seines Patienten eine Füllung zusammen mit einer Behandlung der Caries profunda (Bema-Pos. 25: Cp) ab. Kurz danach rechnet er bei demselben Zahn eine endodontische Behandlung ab. Wenig später muss er dann doch noch eine Wurzelspitzenresektion durchf ühren, die aber nicht verhindern kann, dass der Zahn nach kurzer Zeit entfernt werden muss. Daraufhin gliedert er eine Brücke ein. Sicherlich war die Behandlung dieses singulären Zahnbereichs aus wirtschaftlicher Sicht ganz einträglich. Sie führt aber mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen der Auffälligkeit der Behandlungsschritte zu einer Wirtschaftlichkeitsprüfung der gesamten Praxistätigkeit. Die daraus resultierende Honorarkürzungssumme kann die Liquidität der Praxis stark beeinträchtigen. |
Viele Zahnärzte werden von einer Wirtschaftlichkeitsprüfung völlig überrascht
Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei Zahnarztpraxen scheinen trotz Degressionsregelung und restriktiver HVM-Bestimmungen aktueller denn je zu sein. Die Benachrichtigung der KZV, dass ein entsprechender Prüfantrag gestellt wurde, trifft eine Praxis oft unvorbereitet, gleichgültig ob die Praxis schon Jahre besteht oder erst vor kurzer Zeit gegründet wurde.
Immer wieder kann man feststellen, dass sogar bereits viele Jahre niedergelassene Kollegen das Wort "Wirtschaftlichkeit" zwar im Zusammenhang mit dem Sozialgesetzbuch kennen, aber gar nicht wissen, dass eine Praxis bezüglich ihrer Behandlung und Abrechnung in einem besonderen Verfahren darauf überprüft werden kann. Dass dabei bereits ausgezahlte Honorare in beträchtlicher - nicht selten fünfstelliger - Höhe zurückgefordert werden können, ist demzufolge ebenfalls nicht bekannt.
Große Unwissenheit herrscht auch bei neu niedergelassenen Kollegen. Weder im Studium noch während ihrer Assistenten- und Vorbereitungszeit haben sie so fundierten Einblick in die zahnärztliche Verwaltungstätigkeit erhalten, dass sie über das Verfahren bei zahnärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfungen informiert sind. Daher ist es umso bedauerlicher, dass immer wieder selbst von Standesbanken oder -organisationen angebotene Niederlassungsseminare das wichtige Thema "Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragszahnärztlichen Praxis" völlig auslassen.
Oft wird die Überprüfung der Behandlungs- und Abrechnungsweise vom Zahnarzt selbst provoziert
Zahnärzte treffen infolge mangelnder Information meistens erst spät Vorsorge f ür eine Wirtschaftlichkeitsprüfung. Oftmals provozieren sie auch geradezu eine Überprüfung ihrer Behandlungs- und Abrechnungsweise. Nicht selten kann man das im Bereich der Zahnersatzabrechnung feststellen, wenn sich nämlich herausstellt, dass ein Zahnersatz anders angefertigt und eingesetzt wird als er beantragt und genehmigt wurde.
Beispiel:
In einem Lückengebiss mit einem nur durch Überkronung zu erhaltenden Restzahnbestand 17, 15, 13, 22, 24 ist ein festsitzender Zahnersatz möglich und zahnmedizinisch indiziert, aber auf Grund der Zahnersatz-Richtlinien des SGB V zu Lasten der Krankenkassen nicht möglich. Ein herausnehmbarer Zahnersatz mit einer Stegkonstruktion wurde geplant, der insgesamt fast die gleichen Kosten auslöst wie der festsitzende. Aus missverstandener Solidarität mit dem Patienten und weil die Kostensituation zwischen festsitzender und herausnehmbarer Lösung fast gleich ist, wurde aber dann die festsitzende Alternative eingegliedert. Die festsitzende Konstruktion zu Lasten der Krankenkasse verstößt eindeutig gegen die Zahnersatz-Richtlinien, was dem Vertragszahnarzt bekannt sein musste. Sozialrechtlich - nicht zahnmedizinisch - ist sie somit unwirtschaftlich, was zu Rückforderungen der von der Krankenkasse übernommenen Kosten führt, da nach § 12 SGB V der Vertragszahnarzt unwirtschaftliche Leistungen nicht bewirken und die Krankenkasse nicht bewilligen darf. Vom Patienten, der ebenfalls im § 12 SGB V genannt ist, wird die Kenntnis der einschlägigen Vorschriften nicht verlangt. Der Vertragszahnarzt aber muss sie kennen und einhalten. Möglicherweise wird der Zahnarzt auch noch wegen Abrechnungsbetruges belangt, da er mit seiner Unterschrift unter den zur Genehmigung vorgelegten und mit einem entsprechenden Vermerk der Krankenkasse versehenen Heil- und Kostenplan bei der späteren Abrechnung dokumentiert hat, dass er den Zahnersatz in der geplanten und genehmigten herausnehmbaren Form zum Einsetzungsdatum eingegliedert hat. |
Konsequenz daraus: Erwerben Sie sich baldmöglichst das nötige Grundwissen im Bereich "Wirtschaftlichkeitsprüfung" - denn: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Nachfolgend wird daher aufgezeigt, wie es überhaupt zu einer Wirtschaftlichkeitsprüfung kommen kann und welches die wichtigsten Prüfungsarten sind.
Wirtschaftlichkeitsgebot und Wirtschaftlichkeitsprüfung
Das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 SGB V) besagt Folgendes: "Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen."
Gemäß § 106 Abs. 1 SGB V haben die Krankenkassen und die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Wirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu überwachen. Diese müssen für jedes Quartal gesondert durchgeführt werden. Das Ergebnis eines Quartals auf ein anderes zu übertragen, ohne die besonderen Umstände des Quartals (zum Beispiel Urlaub) überprüft zu haben, ist fehlerhaft. Es werden allerdings immer mehrere Quartale rückwirkend geprüft.
Wie kommt es zu einer Wirtschaftlichkeitsprüfung?
Die Wirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung wird gemäß § 106 Abs. 2 SGB V geprüft durch
- eine Auffälligkeitsprüfung bei Überschreitung von Durchschnittswerten oder
- eine Zufälligkeitsprüfung.
Bei der Auffälligkeitsprüfung wird die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise an einer Statistik gemessen, die aus den Leistungen einer bestimmten Gruppe von Behandlern anhand der von ihnen in einem Quartal eingereichten Behandlungsscheine erstellt wird. Die durchschnittlichen Fallkosten des geprüften Zahnarztes werden den durchschnittlichen Fallkosten der Gruppe vergleichbarer Zahnärzte gegenübergestellt. Maßstab für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ist somit der durchschnittliche Behandlungsaufwand der Zahnärzte der Vergleichsgruppe in dem zu prüfenden Quartal. Eine Unwirtschaftlichkeit ist beispielsweise anzunehmen, wenn der Fallwert des geprüften Zahnarztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liegt, dass sich die Mehrkosten nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lassen und deshalb auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise als Ursache der erhöhten Aufwendungen geschlossen werden kann. In diesem Fall kann es zu einer Wirtschaftlichkeitsprüfung kommen.
Kritikpunkt: Eine derartige Prüfung ignoriert einen Behandlungsbedarf vollkommen. Wenn Durchschnittswerte Maßstab zahnärztlichen Handelns sind, ist das qualitätsfeindlich. Außerdem wird die im Fachgruppendurchschnitt enthaltene Unwirtschaftlichkeit unberücksichtigt gelassen. Diese Prüfart geht von der Prämisse aus, dass die Gesamtheit aller Zahnärzte im Durchschnitt gesehen wirtschaftlich behandelt, jedenfalls das Ma ß des Notwendigen und Zweckmäßigen nicht unterschreitet.
Auch Zahnärzte, die nicht durch die Überschreitung von Durchschnittswerten auffällig werden, können einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht völlig entgehen, denn gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 2 SGB V werden zwei Prozent der Zahnärzte je Quartal nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und geprüft (Zufälligkeitsprüfung).
Die wichtigsten Prüfungsarten
Nachfolgend nun die wichtigsten Prüfungsarten, mit denen die Auffälligkeits- und die Zufälligkeitsprüfungen durchgeführt werden.
1) Die Einzelfallprüfung
Zufälligkeitsprüfungen erfolgen in der Regel als Einzelfallprüfungen. Einzelfallprüfung bedeutet, dass die einzelne Leistung des Zahnarztes unter Hinzuziehung seiner Aufzeichnungen konkret auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft wird. Die Prüfgremien haben für jede abgerechnete Leistung deren Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem zu behandelnden objektiven Krankheitszustand des Patienten darauf zu überprüfen, ob die Leistung im Hinblick auf den zu erzielenden Heilerfolg wirtschaftlich gewesen ist. Die Einzelfallprüfung setzt bei dem objektiven Krankheitszustand des behandelten Versicherten im Zeitpunkt der Behandlung an. Für ihre Durchführung ist das Nachvollziehen des Krankheitszustandes und des Behandlungsverlaufs anhand der Behandlungsunterlagen (Röntgenbilder etc.) erforderlich, unter Umständen sogar eine Nachuntersuchung des Patienten.
Anmerkung: Bei der Einzelfallprüfung entsteht im Grunde kein Spannungsverhältnis zwischen Therapie und Wirtschaftlichkeitsgebot, da jede medizinisch notwendige Maßnahme auch eine wirtschaftliche Behandlung darstellt, solange eine kostengünstigere Alternative nicht zur Verfügung steht und die Kosten der Maßnahme nicht in einem ausgesprochenen Missverhältnis zum angestrebten Nutzen stehen. Die Einzelfallprüfung ist daher die nächstliegende Form der Prüfung, weil hier eine patientennahe Zuordnung von Diagnose und Therapie erfolgt, die alle Besonderheiten des Patienten mit einbezieht. Somit kann man sie als "natürliches" und gerechtes Prüfverfahren bezeichnen.
Tipp: Auf eine Einzelfallprüfung ist der Zahnarzt gut vorbereitet, wenn er den Zustand des Patienten vor der Behandlung sorgfältig dokumentiert und seine Dokumentation auch sonst vollständig und nachvollziehbar ist. Liegt beispielsweise eine Röntgenübersichtsaufnahme von dem Zustand vor Behandlungsbeginn vor, so kann in der Regel bei mehr als 90 Prozent aller Behandlungen deren Notwendigkeit nachgewiesen werden.
2) Die statistische Vergleichsprüfung
Die statistische Vergleichsprüfung als ehemaliges "Richterrecht" ist durch das SGB V zur Regelprüfmethode geworden. Das Bundessozialgericht hat eine Wirtschaftlichkeitsprüfung anhand statistischer Vergleichswerte zugelassen, wenn die Einzelfallprüfung keine Klärung verspricht, undurchführbar ist oder Schwierigkeiten und Kosten mit sich bringt, die in keinem angemessenen Verhältnis zum erwarteten Ergebnis stehen. In der Praxis wird die statistische Vergleichsprüfung vor allem deshalb bevorzugt praktiziert, weil sie einfacher, billiger und schneller durchzuführen ist.
Bei der statistischen Vergleichsprüfung werden für jeden Zahnarzt die mittleren Fallkosten berechnet, die angeben, was im Mittel je Patient abgerechnet worden ist. Aus der Gegenüberstellung der mittleren Fallkosten mit dem entsprechenden (Fach-)Gruppendurchschnitt leitet der Prüfungsausschuss dann ab, wer kostengünstig behandelt hat und wer nicht. Es gibt aber auch statistische Prüfungen, die nur bestimmte Behandlungssparten betreffen.
Liegt der Zahnarzt über dem (Fach-)Gruppendurchschnitt, so wird er einer der drei folgenden Klassen zugeordnet:
1. Üblicher Streubereich
Das ist der Bereich bis 20 Prozent über dem Landesfallkostendurchschnitt. In diesem Bereich muss der Prüfungsausschuss die Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise nachweisen. Dies kann nur im Rahmen einer Einzelfallprüfung (siehe oben) geschehen.
2. Übergangszone
Das ist der Bereich von 20 bis 50 Prozent über dem Landesfallkostendurchschnitt. Hier besteht ein gewisser Verdacht auf unwirtschaftliche Behandlungsweise. Auch hier liegt die Beweispflicht beim Prüfungsausschuss, wobei dem Prüfungsausschuss - da ja ein gewisser Anfangsverdacht besteht - Beweiserleichterungen zugestanden werden, das heißt: Die Unwirtschaftlichkeit muss nicht wie beim üblichen Streubereich anhand jedes einzelnen Falles nachgewiesen werden, sondern es genügt eine "beispielhafte" oder "stichprobenhafte" Einzelfallprüfung. Die Prüfungsfälle können nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden. Die Zahl der Prüfungsfälle muss lediglich ausreichend sein, um als repräsentativer Querschnitt zu dienen. Von dem Ergebnis der Einzelfallprüfung kann durch eine Hochrechnung auf die gesamten Fälle des Abrechnungsquartals geschlossen werden.
3. Offensichtliches Missverhältnis
Liegen die mittleren Fallkosten jenseits einer Grenze, die als offensichtliches Missverhältnis benannt wird - je nach Prüfungsausschuss 40-, 50- oder 60-prozentige Überschreitung -, wird in der Regel ohne weitere Prüfung eine unwirtschaftliche Behandlungsweise angenommen (Anscheinsbeweis). Dabei handelt es sich um eine so genannte "widerlegbare Vermutung", das heißt: Der Geprüfte muss gegebenenfalls die Wirtschaftlichkeit seiner Behandlungsweise beweisen, ansonsten steht für den Prüfungsausschuss die Unwirtschaftlichkeit seiner Behandlungsweise fest.
Diese Prüfungssituation ist natürlich für den Zahnarzt die schwierigste. Er allein muss die Wirtschaftlichkeit seiner Behandlung beweisen und die Abweichungen gegenüber der Vergleichsgruppe schlüssig erklären. Ein Gegenbeweis in Form einer Anführung aller einzelnen Behandlungsfälle wird für unzulässig gehalten. Der Zahnarzt kann den Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit nur erschüttern, indem er konkrete Tatsachen aufführt und nötigenfalls beweist, aus denen sich die Wirtschaftlichkeit seiner Behandlungsweise ergibt. Diese Tatsachen muss er in Heller und Pfennig anführen.
Kritik: Der Beweiswert der Statistik wird eingeschränkt oder sogar aufgehoben, wenn bei der geprüften Praxis besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende Umstände vorliegen, die für die Vergleichsgruppe untypisch sind. Sind solche kostenerhöhenden Praxisumstände bekannt oder anhand der Abrechnungsausweise bzw. der Angaben des Geprüften erkennbar, so müssten eigentlich zunächst einmal die Auswirkungen dieser Besonderheiten bestimmt werden, ehe sich auf der Grundlage der statistischen Abweichungen eine verlässliche Aussage über die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise treffen lässt.
Das Bundessozialgericht fordert deshalb eine so genannte "intellektuelle Prüfung", die die statistische Prüfung ergänzt: "Erst auf Grund einer Zusammenschau der statistischen Erkenntnisse und der den Prüfgremien erkennbaren Gegebenheiten lässt sich beurteilen, ob die vorgefundenen Vergleichswerte die Annahme eines offensichtlichen Missverhältnisses und damit den Schluss auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise rechtfertigen." Schließlich kann eine auffällige Überhöhung bei bestimmten Gebührenpositionen Ausdruck einer speziellen Diagnose- oder Behandlungsmethode des betreffenden Vertragszahnarztes sein, die als solche nicht unwirtschaftlich sein muss, zumal wenn durch sie an anderer Stelle Kosten eingespart werden.
Zu Beginn der statistischen Auswertung muss der Fallwert des zu prüfenden Zahnarztes also entsprechend den Praxisbesonderheiten korrigiert werden und nur der korrigierte Fallwert darf mit dem Durchschnittsfallwert verglichen werden. In der Praxis vermisst man allerdings oft die "intellektuelle Prüfung".
Folgen einer vom Prüfungsausschuss festgestellten unwirtschaftlichen Behandlungsweise
Wird eine unwirtschaftliche Behandlungsweise festgestellt, so hat der Zahnarzt mit nachträglichen Honorarkürzungen zu rechnen. Nach dem gesetzgeberischen Anliegen sollen die geprüften Zahnärzte mit Kürzungsmaßnahmen allerdings nicht überrascht werden. Die Prüfgremien sind grundsätzlich verpflichtet, den geprüften Zahnarzt zunächst auf die beanstandeten Einzelheiten hinzuweisen, ihn gezielt zu beraten und ihm Änderungsmöglichkeiten vorzuschlagen. Dadurch sollen weitere Unwirtschaftlichkeiten und Honorarkürzungen vermieden werden. Gezielte Beratungen haben also in der Regel Vorrang vor Honorarkürzungen. War der Zahnarzt allerdings durch Vorprüfungen schon über seine unwirtschaftliche Behandlungsweise informiert oder liegt er beim (Fach-)Gruppendurchschnitt im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses, so ist auch ohne vorherige Beratung eine sofortige Honorarkürzung zulässig.
Der Zahnarzt in der Wirtschaftlichkeitsprüfung, Teil 2
Sorgfältige Dokumentation ist hilfreicher als "emotionale Argumentation"
von Dr. Dr. Klaus Oehler, Osnabrück
Nachdem im ersten Beitragsteil die wichtigsten Prüfungsarten aufgezeigt wurden, sollen in diesem Beitrag ein paar allgemeine Hinweise zur Wirtschaftlichkeitsprüfung gegeben werden, die zur Einordnung der ganzen Problematik wichtig sind. Außerdem wird aufgezeigt, wie Sie sich permanent auf eine Wirtschaftlichkeitsprüfung vorbereiten können: durch eine sorgfältige Dokumentation.
Viele Kollegen bringen kein Verständnis dafür auf, dass ihre Behandlungsweise und/oder ihre Abrechnung überprüft wird. Durch die Überprüfung ausgelöste emotionale Äußerungen und Verhaltensweisen sind in einer Wirtschaftlichkeitsprüfung jedoch unangebracht und überhaupt nicht hilfreich. Nachfolgend eine Aufstellung von Argumenten, die immer wieder angeführt werden, in der Sache aber nicht weiterbringen:
Beispiele für wenig stichhaltige Argumente
- Ich behandle immer wirtschaftlich.
- Ich kenne die Abrechnungsbestimmungen genau.
- Ich mache diesbezüglich mehr Fortbildungen als andere Kollegen.
- Ich behandle besser als andere Kollegen.
- Meine Patienten sind immer zufrieden.
- Für die Abrechnung und Karteikartenführung habe ich meine Helferinnen.
- Ich rechne bestimmte Leistungen gar nicht ab, deshalb behandle ich wirtschaftlich.
- Eine telefonische Anfrage bei der KZV hat mich in meiner Abrechnungsweise bestätigt. (Hinweis: Solche Anfragen sollten Sie aus Beweisgründen immer schriftlich tätigen, sonst nützen sie Ihnen gar nichts.)
- Während meiner Ausbildung habe ich mich mit Abrechnung nicht beschäftigt.
- Ich weiß, dass andere Kollegen das auch so abrechnen.
- Der Patient hat die(se oder jene) Behandlung aber abgelehnt.
- Die Krankenkasse hat mir auf meine telefonische Anfrage hin gestattet, diese Behandlung so durchzuführen (Hinweis: Auch diese Aussge besitzt keine Beweiskraft.)
- Der Patient hat bei der Krankenkasse nachgefragt, ob diese Behandlungsmaßnahme von ihr bezahlt wird.
Die Praxis befindet sich in einer "Dauerprüfung"
Machen Sie sich bewusst, dass der bei der KZV eingereichte Erfassungsschein einer Rechnung im privaten Rechtsverkehr entspricht, deren Richtigkeit der Leistungserbringer in jedem Einzelfall nachweisen können muss. Der Zahnarzt befindet sich daher mit seiner Praxis quasi in einer "dauernden Prüfung". Es gehört zu den Pflichten eines Vertragszahnarztes, über die Grundlagen der Praxisführung und der Abrechnung der vertragszahnärztlichen Leistungen unter Wahrung des Gebots der Wirtschaftlichkeit Bescheid zu wissen und sich über die grundlegenden Fragen des Verfahrens zu informieren.
Der Zahnarzt ist für die korrekte Abrechnung und Dokumentation allein verantwortlich
Der Praxisinhaber ist nach außen hin für seine Praxis verantwortlich. Somit darf eine so genannte Abrechnungshelferin in der Praxis keinesfalls die "Abrechnungshoheit" innehaben. Der Praxisinhaber muss sie kontrollieren und dazu auch in der Lage sein.
Außerdem sollten in Abrechnungsseminaren vermittelte Kenntnisse nicht unkritisch übernommen werden. Andernfalls darf man nicht überrascht sein, wenn hohe Kürzungsbeträge eingefordert werden. Ein Kollege hatte nach seiner Aussage beispielsweise in einem Seminar über professionelle Zahnreinigung gelernt, dass man für diese Behandlung über den Erfassungsschein mehrere Bema-Positionen abrechnen könne; unter anderem Zst, Mu und Excisionen. Zusätzlich könne man dann noch ein privates Honorar vereinbaren. Für einige Zeit war diese Abrechnungsweise sicherlich betriebswirtschaftlich einträglich. Die Honorarrückforderungen der KZV bewegten sich allerdings später um die 100.000 DM. Darüber hinaus hätte auch durchaus seine vertragszahnärztliche Zulassung gefährdet sein können ...
Um in einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht von vornherein auf aussichtslosem Posten zu stehen, müssen als Minimalforderung folgende Sachverhalte in der Praxis erfüllt sein:
- Die Behandlungsweise muss dem Stand der zahnmedizinischen Wissenschaft entsprechen.
- Die Abrechnung muss die Leistungsbeschreibungen des Bema-Z erfüllen.
- Die Dokumentation darf nicht allein eine Abrechnungsdokumentation sein, sondern muss als Behandlungsdokumentation jede abgerechnete Leistung begründen (zum Beispiel in ihrer Indikation und Ausführung), damit die Leistungen für den Ausschuss nachvollziehbar sind.
Tipp: Schriftliche Stellungnahme bereits vor der ersten mündlichen Sitzung des Prüfungsausschusses abgeben
Wichtig ist, dass bereits vor der ersten mündlichen Sitzung des Prüfungsausschusses eine schriftliche Stellungnahme abgegeben wird, in der unter anderem die Statistik der Praxis und des entsprechenden KZV-Bereiches aufgearbeitet wird und Praxisbesonderheiten aufgeführt werden. Nur dann kann sich der Ausschuss mit dem - hoffentlich stichhaltigen - Inhalt auseinandersetzen.
In manchen KZV-Bereichen findet im Prüfungsverfahren schon keine mündliche Verhandlung mehr statt, so dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung ohnehin schriftlich abgewickelt wird. Erst im Beschwerdeverfahren kommt es dann zu einer mündlichen Anhörung. Da dieses ein vollständig neues Verfahren darstellt, ist auch dort die Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme erforderlich, gegebenenfalls ergänzt um neue Gesichtspunkte, die aus der Wirtschaftlichkeitsprüfung gewonnen wurden, oder aus einer gerade besuchten Fortbildung.
Die angesprochenen schriftlichen Stellungnahmen dürfen sich nicht mit pauschalen Statements begnügen, sondern müssen dezidiert und detailliert aufzeigen sowie kostenmäßig in DM (ab dem nächsten Jahr in Euro) vorrechnen, dass die Praxis die von ihr quasi verwalteten Versichertengelder nicht "verschwenderisch" ausgegeben, sondern für notwendige, zweckmäßige und ausreichende - also insgesamt wirtschaftliche - Maßnahmen verwendet hat.
Prüfungsgegenstand ist die Notwendigkeit der erbrachten Leistungen
Viele Zahnärzte nehmen an, dass die Frage, ob die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht worden sind, Prüfungsgegenstand ist. Da in einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nur Leistungen geprüft werden, die dem Bema-Z entsprechend erbracht und abgerechnet wurden, ist Beweisthema bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung jedoch nicht die Tatsache der Leistungserbringung, sondern die Frage, ob die Leistung in dieser Form notwendig war. Sollte in einer Prüfungssitzung beispielsweise nachhaltig bezweifelt werden, dass Leistungen erbracht wurden, kann sowohl der Ausschuss als auch der geprüfte Zahnarzt den Vorstand der KZV anrufen, um feststellen zu lassen, ob die abgerechneten Leistungen überhaupt als erbracht bzw. Bema-konform abgerechnet gelten.
Der Vorstand der KZV muss ebenfalls gefragt werden, wenn wesentlicher Prüfungsinhalt die Auslegung von Bema-Positionen ist, denn dann überschreitet der Prüfungsausschuss seine so genannte Randzuständigkeit, innerhalb derer er sich nur mit Auslegungsfragen beschäftigen darf, die nicht stark ins Gewicht fallen. Von einem wesentlichen Prüfungsinhalt ist auszugehen, wenn 30 Prozent des möglichen Kürzungsumfangs auf Grund einer anderen Auslegung des Bema ausgelöst wurden.
Sorgfältige Dokumentation als Vorbereitung auf eine Wirtschaftlichkeitsprüfung
Da einziges Beweismittel des Zahnarztes in einer Wirtschaftlichkeitsprüfung seine Dokumentation ist, darf beispielsweise das Karteiblatt nicht allein Abrechnungspositionen enthalten. Das reicht weder sozialrechtlich noch zivil- oder strafrechtlich aus. Der Zahnarzt ist vielmehr verpflichtet, im Zusammenhang mit der Betreuung eines Patienten alle im Hinblick auf Anamnese, Befund, Diagnose und Therapie relevanten Aufzeichnungen zu machen. Die Krankenblätter müssen möglichst genau und umfassend die erhobenen Befunde mit den Maßnahmen sowie Erklärungen des Zahnarztes und des Patienten wiedergeben. Widersprüchliche oder fehlende Dokumentation geht immer zu Lasten des Zahnarztes.
Vermeidung von "zahnbezogenen Implausibilitäten"
Es sollten keine so genannten "zahnbezogenen Implausibilitäten" auftreten. Beispielsweise dürfen als fehlend dokumentierte Zähne keine Leistungen wie Füllungen, Wurzelbehandlungen oder Kronen erhalten. Fällt bei der Kontrolle der Kartei auf, dass man bei der Behandlungsdokumentation einer Sitzung die linke und rechte Seite verwechselt hat, dass eine gelegte Füllung anstatt für den Zahn 16 für den Zahn 26 abgerechnet wurde, welcher aber einige Zeit vorher vom gleichen Behandler extrahiert worden war und demzufolge im 01-Befund als fehlend eingetragen ist, sollte man sofort die Entdeckung dieser Verwechslung mit Datum und Unterschrift in der Krankenakte an dieser Stelle dokumentieren! Es ist nämlich nicht unwahrscheinlich, dass man in einem Prüfungsgespräch mit dieser "Leistung" konfrontiert wird. Dann ist man entsprechend vorbereitet und kann den Fehler schnell erklären. Dass man links und rechts verwechselt, ist sicher schon jedem passiert; es darf nur nicht regelmäßig vorkommen.
Plausibilitätskontrollen
Bei Plausibilitätskontrollen besteht die Schwierigkeit für die Prüfer darin, zwischen Falschabrechnung, betrügerischer und unwirtschaftlicher Abrechnung zu differenzieren. Die Verbindung zwischen Plausibilitätskontrolle und Wirtschaftlichkeitsprüfung ist insofern vorhanden, als dass bei Leistungen, die sehr häufig abgerechnet wurden, oder bei einer hohen Leistungsmenge einer Praxis insgesamt ab einer bestimmten Größenordnung der Anschein besteht, diese Leistungen könnten schon aus zeitlichen Gründen nicht in der Menge und/oder nicht in der erforderlichen Qualität erbracht worden sein. Kann die Implausibilität nicht ausgeräumt werden, so kann schon dann der Anschein unwirtschaftlicher Behandlungsweise bestehen, wenn die Qualität der Leistungen in Frage steht. Denn Leistungen dürfen nach § 135 SGB V nur gegenüber der Krankenkasse abgerechnet werden, wenn sie mit der fachlich gebotenen Qualität erbracht wurden und gemäß § 2 SGB V dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen.
Auch das Unterlassen von Leistungen kann unwirtschaftlich sein
Viele Zahnärzte bedenken nicht, dass auch das Unterlassen von Leistungen unwirtschaftlich sein kann. Dies geht unter anderem aus einigen Richtlinien hervor. Beispielsweise sollen gemäß ZE-Richtlinien retinierte und impaktierte Zähne, die in räumlichem Zusammenhang mit Kronen und Brücken stehen, entfernt werden. Unwirtschaftlich, weil fachlich kaum zu erklären, kann die Behandlung auch sein, wenn zahlreiche Füllungen über mehrere Quartale gelegt werden, aber gleichzeitig - erkennbar aus einer früheren Röntgenübersichtsaufnahme - eine bekannte Kieferzyste unbehandelt bleibt und diese den Erhalt von Zähnen gefährdet, die aufwendig saniert wurden.
Tipp: Röntgenunterlagen rechtzeitig zurückfordern
Fordern Sie Röntgenaufnahmen, die Sie an einen Nachbehandler verschickt haben, rechtzeitig (schriftlich) zurück, damit der Ausschuss die gesamte Behandlung nicht wegen fehlender Röntgenaufnahmen als "nicht nachvollziehbar" beurteilt. So können Sie zumindest nachweisen, dass Sie sich um die Vorlage der Röntgenunterlagen bemüht haben.
Der Zahnarzt in der Wirtschaftlichkeitsprüfung, Teil 3
Weitere Hinweise zur Prüfungsvorbereitung und zum Ablauf des Prüfverfahrens
von Dr. Dr. Klaus Oehler, Osnabrück
In diesem Beitrag sollen zum Abschluss unserer kleinen Serie zur Wirtschaftlichkeitsprüfung noch ein paar weitere Hinweise für die Vorbereitung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie ein Überblick zum Ablauf des Prüfverfahrens gegeben werden.
Besonderheiten bei einer Gemeinschaftspraxis in der Wirtschaftlichkeitsprüfung
Vor Augen halten muss man sich immer, dass man als Vertragszahnarzt dauernd Vorsorge für den Fall einer Wirtschaftlichkeitsprüfung treffen muss. Dies gilt ganz besonders für den Fall einer Gemeinschaftspraxis. Für Gemeinschaftspraxen wird von der KZV nur eine Gesamtabrechnungsnummer vergeben. Jeder Praxispartner haftet gegenüber der KZV nicht nur für seine eigenen, sondern für die von allen Partnern abgerechneten Leistungen. Ein Prüfverfahren wird immer hinsichtlich der gesamten Abrechnung der Praxis eingeleitet. Zahnarzt A nützt es also wenig, wenn er zwar stets wirtschaftlich abrechnet, sein Gemeinschaftspraxispartner B aber so stark gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt, dass die gesamte Praxis beim Vergleich mit der Landesstatistik "auffällig" wird.
Bei Praxisgemeinschaften ist das anders: Hier werden von der KZV unterschiedliche Praxisnummern vergeben. Jeder Praxispartner ist nur für die unter seiner Nummer abgegebenen Quartalsabrechnungen rechenschaftspflichtig und haftbar.
Wichtig sein kann diese Rechtsbeziehung zur KZV bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen besonders dann, wenn ein Praxispartner ausscheidet. Wirtschaftlichkeitsprüfungen finden immer in einem mehr oder weniger deutlichen zeitlichen Abstand zur entsprechenden Quartalsabrechnung statt. Ist ein Partner ausgeschieden und betreffen die statistischen Überschreitungen im Fallwert zum großen Teil dessen Behandlungsfälle - was sich intern mit Hilfe einer Praxis-EDV problemlos herausfinden lässt -, kann es möglicherweise Schwierigkeiten machen, diesen Partner zur Abfassung der Stellungnahme und/oder Teilnahme an der Ausschusssitzung zu gewinnen. Bei Rückforderungen der KZV in einem solchen Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren sind die Inhaber der Abrechnungsnummer jedoch Schuldner der gesamten Summe, für die sie vollständig erstattungspflichtig sind, gleichgültig ob die früheren Partner im Innenverhältnis zur Rechenschaft gezogen werden können oder nicht.
Wichtig werden kann diese Rechtsbeziehung auch für die gerade in heutiger Zeit zur Verbesserung des Praxisbudgets mit "ins Boot" genommenen neuen Praxispartner. Erhöht sich nämlich durch die Aufnahme eines weiteren gleichberechtigten Partners die Leistungsmenge, nicht aber die Patientenzahl, oder nimmt die Leistungsmenge in bestimmten Sparten stark zu, so kann eine bisher vom Fallschnitt unauffällige Praxis auffällig werden. Dies kann zu einer Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Praxis führen. Da jeder Praxispartner im Außenverhältnis zur KZV gleichermaßen verantwortlich ist, unterscheidet die KZV bei einer Honorarrückforderung nicht zwischen den Partnern der Gemeinschaftspraxis. Eine Honorarkürzung bzw. die Zurückbehaltung von Honoraren bis zur Erreichung der Kürzungssumme wird den neuen Praxispartner in der Regel jedoch härter treffen als langjährige Praxispartner, da er seinen Lebensunterhalt meist allein aus der laufenden Praxistätigkeit finanzieren muss. Hätte er diese Probleme geahnt, so hätte er die vertraglichen Regelungen möglicherweise anders gestaltet ...
Zum Ablauf der Wirtschaftlichkeitsprüfung
Das Prüfverfahren beginnt mit einem entsprechenden Prüfantrag von den Krankenkassen oder der KZV. Dem betroffenen Zahnarzt wird die Einleitung des Prüfverfahrens mitgeteilt, und er wird um eine schriftliche Stellungnahme gebeten. Es folgt die Sitzung des Prüfungsausschusses, zu der der Zahnarzt möglichst erscheinen sollte (gegebenenfalls mit seinem Rechtsanwalt). Nach der mündlichen Verhandlung entscheidet der Prüfungsausschuss in geheimer Sitzung. Später geht dem Zahnarzt dann ein Prüfbescheid zu, aus dem das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsprüfung und gegebenenfalls der Kürzungsumfang hervorgehen.
Gegen den Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zugang Widerspruch eingelegt werden. Andernfalls wird der Bescheid bestandskräftig. Im Falle eines Widerspruchs - der schriftlich begründet werden sollte - wird die im Prüfbescheid enthaltene Honorarkürzung noch nicht vollstreckt. Auch im Beschwerdeverfahren tagt ein Ausschuss (Beschwerdeausschuss), der ebenfalls einen Bescheid erlässt. Die Besetzung der Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse ist in den jeweiligen Prüfvereinbarungen und im Sozialgesetzbuch V geregelt. Die Ausschüsse müssen paritätisch mit gleicher Zahl von Vertretern der Krankenkassen und der KZV bei jährlich wechselndem Vorsitz besetzt sein. Gegebenenfalls ist ein externer Sachverständiger hinzuzuziehen.
Will der Zahnarzt auch gegen diesen Bescheid des Beschwerdeausschusses vorgehen, so muss der Rechtsweg über maximal drei Instanzen beschritten werden: Sozialgericht, Landessozialgericht und Bundessozialgericht. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung, das heißt: Die festgesetzte Kürzungssumme kann nunmehr mit dem Zahnarzthonorar verrechnet werden.
Mitwirkungspflicht des Zahnarztes
Im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht ist der Zahnarzt verpflichtet, alle abrechnungsrelevanten Umstände und Tatsachen, die in seinem Rechtskreis liegen, substantiiert (dies läuft faktisch auf einen kompletten Nachweis hinaus) vorzubringen, sofern diese nicht ausnahmsweise auf Grund statistischen Materials oder aus anderem Grund als feststehend bekannt sind. Im Rahmen einer statistischen Vergleichsprüfung müssen die Prüforgane - zumindest in der Zone des "offensichtlichen Missverhältnisses" - nicht in die Praxis hineinermitteln, das heißt: Alle bedeutsamen Umstände des Praxisbetriebes und die Zusammensetzung des Patientenklientels müssen vom Zahnarzt selbst dezidiert vorgetragen und belegt werden. An dieser Stelle sollte versucht werden, mit Praxisbesonderheiten (besondere Umstände, die für die zum Vergleich herangezogene Gruppe untypisch sind und einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigen) und kompensatorischen Einsparungen (partielle Mehrausgaben, die zu Minderausgaben in anderen Bereichen führen) zu argumentieren.
Dem geprüften Zahnarzt muss grundsätzlich die Gelegenheit gegeben werden, sich zu dem Prüfantrag und den Tatsachen, die für die Entscheidung erheblich sind, zu äußern. Die Erfahrung zeigt jedoch deutlich, dass erst bei der Prüfungssitzung vorgebrachte Argumente nicht mehr in die Entscheidungsfindung einfließen. Man muss eher davon ausgehen, dass das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsprüfung schon vor der Prüfungssitzung feststeht, was die Bedeutung einer schriftlichen Stellungnahme vor der Verhandlungssitzung unterstreicht. Wie kann sonst nach vielleicht 10-minütiger Beratung im Ausschuss - wobei der Zahnarzt vorher hinausgebeten wird - am Ende der Sitzung, in der ohnehin nicht alle praxisrelevanten Probleme angesprochen werden konnten, der Ausschuss einen fünf- oder sechsstelligen Betrag auf den Pfennig genau ausrechnen?
Da die Sozialgerichte jede Entscheidung der Prüfgremien als Verhandlungsbasis akzeptieren, die nicht außerhalb der "ungefähren Richtigkeit" liegt, ist es wichtig, alle relevanten Erwägungen im Vorverfahren (Prüf- und gegebenenfalls Beschwerdeverfahren) vorzutragen. Nur dann kann ein Gericht möglicherweise später kontrollieren, ob eventuell sachfremde Erwägungen vom Ausschuss angestellt wurden.
Tipp: Eigenes Protokoll erstellen bzw. Diktiergerät mit in die Sitzung nehmen
In der mündlichen Verhandlungssitzung des Prüfungsausschusses soll zwar ein Protokoll geführt werden. Was Inhalt des Protokolls werden soll, entscheidet letztlich jedoch der Prüfungsvorsitzende.
Es ist daher ratsam, eine Begleitperson mitzubringen (welche dem Ausschuss vorher anzukündigen ist), die selbst schriftlich protokolliert. Eine Kopie dieses Protokolls sollte dem Ausschuss dann - zeitnah und vom Protokollanten unterschrieben - zugeleitet werden. Hintergrund dieser Maßnahme ist, dass die bislang gefertigten Protokolle selten Aufschluss über den genauen Inhalt der Prüfungssitzung geben, der aber wichtig für ein späteres Sozialgerichtsverfahren sein kann. Falls der Ausschuss mit dem Inhalt des ihm vom Zahnarzt übersandten Protokolls nicht einverstanden ist, muss er widersprechen.
Der Zahnarzt seinerseits sollte das Sitzungsprotokoll kurz nach der Prüfungssitzung schriftlich anfordern, um möglicherweise Richtigstellungen zu verlangen. Ein diesbezügliches Unterlassen hat ein Sozialgericht einem Betroffenen bereits zum Vorwurf gemacht ...
Es empfiehlt sich ferner, ein Hand-Diktiergerät parat zu haben, falls vom Ausschuss vorgeschlagen wird, statt einer schriftlichen Protokollierung ein Bandgerät mitlaufen zu lassen. Da man um sein Einverständnis dazu gebeten werden muss, kann man dann ebenfalls nachfragen, ob man seines auch einschalten kann - und hat so gleichfalls einen Mitschnitt des Sitzungsgesprächs. Lehnt der Ausschuss die Benutzung des mitgebrachten Gerätes ab, würde ich eine Bandprotokollierung der Gegenseite auch ablehnen.
Bereinigung von Statistiken einfordern
Zur Vorbereitung der Prüfungssitzung sollte - falls nicht im Prüfantrag enthalten - die KZV um die Übersendung der entsprechenden 100-Fall-Statistik und der - gegebenenfalls vorhandenen - Negativstatistik gebeten werden.
Außerdem sollte bei der KZV nachgefragt werden, ob die Landesstatistik um die so genannten "Nullabrechner" bereinigt ist. Der durchschnittliche Abrechnungsumfang aller Angehörigen derselben Fachgruppe kann die Tauglichkeit als Schätzungsgrundlage nämlich dann verlieren, wenn so genannte "Nullabrechner" oder solche Zahnärzte den Gruppenvergleichswert wesentlich beeinflussen, die gerade die Leistungen nur in geringem Umfang abrechnen, die zum besonderen Leistungsspektrum des geprüften Zahnarztes gehören. Hat beispielsweise ein Drittel der Zahnärzte eine bestimmte Leistungsposition im Quartal nicht abgerechnet, so müssen diese "Nullabrechner" bei der Bildung des Landesdurchschnitts außer acht gelassen werden. Ansonsten liegt in Bezug auf solche Leistungen keine homogene Vergleichsgruppe vor, so dass eine wesentliche Bedingung für eine zu rechtfertigende statistische Methodik fehlt.
Weiterhin sollte erfragt werden, ob die Leistungen der Kieferorthopäden und der Kieferchirurgen in der Statistik enthalten sind oder nicht. Beides führt ebenfalls zu einer Verfälschung der Statistik für die Überprüfung eines "normalen" Zahnarztes.
Nach § 106 Abs. VI SGB V und § 21 Abs. III EKV-Z unterliegen auch die Universitätspolikliniken der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit. Einige KZVen schließen zwar durch Vertrag Wirtschaftlichkeitsprüfungen für die in ihrem Bereich ansässigen Universitätspolikliniken aus. Dies wird damit begründet, dass die dort erbrachten Leistungen nicht in die 100-Fall-Statistik einfließen. Auf diese Weise wird der niedergelassene Zahnarzt aber regelmäßig hinsichtlich der Vergleichszahlen schlechter gestellt. Beispielsweise werden in Universitätszahnkliniken bei endodontischen Behandlungen Mess- oder Kontrollröntgenaufnahmen oftmals nicht je Zahn, sondern je Kanal durchgeführt, wodurch deutlich mehr Röntgenaufnahmen bei endodontischen Behandlungen erbracht werden als durchschnittlich erforderlich sind. Sie sollten deshalb auch nachfragen, ob die Leistungen der Universitätszahnkliniken in Ihrem KZV-Bereich in die 100-Fall-Statistik einfließen.
Abschließender Hinweis
Die Tipps zur Vorbereitung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung in einem solchen Beitrag können natürlich nicht abschließend sein. Neben eigener Fortbildung auf diesem Gebiet sollte im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung ein mit zahnärztlicher Behandlung und Abrechnung sowie der Problematik der Wirtschaftlichkeitsprüfung vertrauter Rechtsanwalt zu Rate gezogen werden.
Prüfbescheid
Der Kürzungsumfang ist eine Ermessensentscheidung des Prüfungsausschusses
von Rechtsanwalt Frank Ihde, Arzt- und zahnärztliche Beratungspraxis, Hannover
Über Wirtschaftlichkeitsprüfungen ist auch im "Zahnärzte-Wirtschaftsdienst" schon des Öfteren berichtet worden. Ein für die Praxis wichtiger Gesichtspunkt fand allerdings bislang recht wenig Beachtung: Jeder Prüfungsausschuss hat am Ende seiner Überprüfungen eine Ermessensentscheidung herbeizuführen, ob und wenn ja in welcher Höhe er Honorarkürzungen vornimmt.
Kürzungen beim unwirtschaftlichen Mehraufwand
Jeder Prüfungsausschuss ist zunächst verpflichtet, den "unwirtschaftlichen Mehraufwand" des geprüften Zahnarztes zu ermitteln. Stellt der Prüfungsausschuss keine Praxisbesonderheiten bzw. kompensatorische Einsparungen fest, wird der unwirtschaftliche Mehraufwand in der Regel die - um eine allgemeine Streubreite (etwa 20 Prozent) erhöhte - Differenz zwischen dem Fallwert des geprüften Zahnarztes und dem seiner Vergleichsgruppe sein. Kürzungen dürfen sich dann natürlich nur im Bereich des unwirtschaftlichen Mehraufwandes bewegen. Wenn also dem geprüften Zahnarzt in jedem Fall eine allgemeine Streubreite von etwa 20 Prozent zuzubilligen ist, scheiden für die Vielzahl aller Fälle Kürzungen aus, die den Zahnarzt auf den Fallwert der Vergleichsgruppe zurückführen. Meines Erachtens sind Kürzungen unter die Grenze der allgemeinen Streubreite nur bei strenger Einzelfallprüfung zulässig.
Keine Pflicht zur Kürzung des gesamten unwirtschaftlichen Mehraufwandes
Es ist wichtig zu wissen, dass die Prüfungsausschüsse gesetzlich berechtigt - und somit nicht verpflichtet - sind, den gesamten unwirtschaftlichen Mehraufwand des geprüften Zahnarztes zu kürzen (Ermessensentscheidung).
In dem Kommentar WKR ("Die Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen und kassenzahnärztlichen Versorgung in der Rechtsprechung", Asgard Verlag) ist im Kapitel 6.9 auf der Seite 26 eine interessante Skala abgebildet, die den Prüfungsausschüssen Hilfestellungen bietet, wie viel vom unwirtschaftlichen Mehraufwand bei pflichtgemäßem Ermessen abgeschöpft werden darf. Diese Skala zeigt, dass bei ersten Beanstandungen beim Praxisanfänger die Ausschöpfungsquote gegen 0 geht, beim schon länger tätigen Zahnarzt sollte sie in diesem Fall bei etwa 10 Prozent liegen. Es lohnt sich also, als geprüfter Zahnarzt gegenüber dem Prüfungsausschuss darauf hinzuweisen, dass es bislang kaum oder nur selten Beanstandungen gab - insbesondere, wenn sich diese wenigen Beanstandungen auf unterschiedliche Gebührenziffern bezogen haben! Umgekehrt kann der zu kürzende unwirtschaftliche Mehraufwand bei kontinuierlichen Beanstandungen durchaus 90 bis 100 Prozent betragen, vor allem wenn sich der Zahnarzt wenig einsichtig und kooperativ zeigt.
Fehlerquellen bei der Ermessensentscheidung
Innerhalb der Ermessensentscheidung des Ausschusses kann es auch zu Fehlern kommen, wenn eine falsche Berechnung zu Grunde liegt. Bloße pauschale Kürzungen sind möglicherweise ebenfalls fehlerhaft. Für die Praxis besonders wichtig ist der Fall, in dem mehrere Quartale behandelt werden. Liegen hier unterschiedliche Überschreitungswerte vor, so kann es durchaus ermessensfehlerhaft sein, ohne nähere Begründung in allen Quartalen gleich hohe Überschreitungsbeträge zu gewähren (siehe hierzu auch BSGE 69, 138, 147). Ein Ermessensfehlgebrauch kommt auch in Betracht, wenn es ungleichmäßige Kürzungsentscheidungen des Ausschusses gibt, obwohl die Fälle gleich sind (zum Beispiel beides Praxisanfänger mit ersten Beanstandungen bei gleichen Überschreitungssätzen). Daher lohnt sich ein Vergleich mit anderen geprüften Kollegen.
Im Zusammenhang mit der Ermessensentscheidung wichtig ist auch die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis. Liegen keine Praxisbesonderheiten vor, darf der Ausschuss die Grenze bei etwa 40 bis 50 Prozent Überschreitung ansetzen (bei einzelnen BEMA-Positionen wird derzeitig eine 100-Prozent-Grenze diskutiert). Will ein Prüfungsgremium unter diese Grenze kürzen, so soll nach der Rechtsprechung und Literatur eine ausdrückliche Angabe von Gründen notwendig sein, warum so weitgehend gekürzt wird: "Kürzungen in dem Bereich unterhalb der Schwelle des offensichtlichen Missverhältnisses zum Fachgruppendurchschnitt ... können jedenfalls nur bei fehlerfreier Ausübung des Ermessens rechtmäßig sein" (BSG, SozR 2200 § 368 n Nr. 49, S. 168).
SG Dresden kritisierte "100-Prozent-Kürzung"
Prüfungsausschüsse unterlassen in der Regel eine Ermessensbegründung, wenn sie genau an der Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis kürzen. Außerdem wird zwar oft ein großzügiger Aufschlag auf den Landesdurchschnitt gewährt, der oberhalb der Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis angesiedelt ist. Die darüber hinausgehende Honorarforderung wird dann allerdings durchweg zu 100 Prozent gekürzt. Diese Verfahrensweise ist kürzlich vom Sozialgericht Dresden (Az: S 18 KA 5014/01 Z) beanstandet worden. Das Verfahren endete mit einem Vergleich.
Der Grund für die Beanstandung war, dass die Prüfungsausschüsse in dem schriftlichen Bescheid den großzügigen prozentualen Aufschlag ausdrücklich als - noch - wirtschaftliche Mehraufwendungen bezeichnet haben. Wenn aber nun dieser Aufschlag auf Grund wirtschaftlicher Aufwendungen des geprüften Zahnarztes erfolgt, kann zum einen die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis nicht einfach nur bei 50 Prozent liegen (wenn der Aufschlag höher ist), und es ist schon gar nicht verständlich, dass bei diesem Zahnarzt stereotyp oberhalb der Grenze des gewährten Aufschlages stets zu 100 Prozent gekürzt wird.
Auf derartige Aspekte sollte daher jeder geprüfte Zahnarzt seine Aufmerksamkeit lenken: Werden Aufschläge wegen wirtschaftlicher Mehraufwendungen gewährt, entspricht es den Gesetzen der Logik, dass erst jeder Euro darüber unwirtschaftlich ist. Der unwirtschaftliche Mehraufwand setzt dann erst oberhalb des Aufschlages ein. Wird er aber stets zu 100 Prozent gekürzt, fehlt eine vernünftige Ermessensentscheidung. Dies sollte dann im Widerspruchsverfahren gerügt werden.
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