27.06.2002 · IWW-Abrufnummer 020692
Landgericht Aschaffenburg: Urteil vom 17.05.2001 – 2 S 8/01
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
2 S 8/01
30 C 485/00
AG Aschaffenburg
Zwst. Alzenau
Landgericht Aschaffenburg
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
XXX
wegen Forderung
wird durch die 2. Zivilkammer des Landgerichts Aschaffenburg unter Mitwirkung des Richters am Landgericht ... als Vorsitzendem sowie des Richters am Landgericht ... und der Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03. Mai 2001
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Aschaffenburg ? Zwst. Alzenau - vom 5.12.2000 wird zugewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt 9.263,37 DM.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung des zwischen ihr und dem Beklagten zustande gekommenen Architektenvertrages, §§ 631, 635 BGB.
Die Kammer folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug.
Im Hinblick auf das Vorbringen der Parteien im Berufungsverfahren und die Erörterungen in der Sitzung vom 3.5.2001 ist ergänzend folgendes auszuführen:
Beim Architektenvertrag handelt es sich, jedenfalls wenn er sich ? wie hier ? auf die Erstellung von Planungen und Bauvorlagen bezieht, um einen Werkvertrag i. S. der §§ 631 ff. BGB. Sein Inhalt, insbesondere die Pflichten des Architekten, richten sich nach den jeweils konkret zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen. Was der Architekt schuldet, ergibt sich gegebenenfalls durch Auslegung, unabhängig vom System aufeinander aufbauender Leistungsphasen der HOAI (vgl. Palandt, BGB, 60. Aufl., Rnr. 7 vor § 631 m. w. N.).
Die Kammer hält bei der Auslegung des Vertragsinhaltes weiterhin folgende Gesichtspunkte für relevant:
Im Streitfall haben die Parteien übereinstimmend angegeben, dass der Beklagte mit der Genehmigungsplanung beauftragt worden sei. Unstreitig ist, dass er an der Ausführungsplanung und der Bauleitung bzw. Bauüberwachung nicht beteiligt war.
Unstreitig ist, dass der Beklagte für seine Planungsleistung ein Honorar in Höhe von 8.651,-- DM netto abgerechnet hat. Wie sich dieser Betrag ? auch unter Zugrundelegung einer Vergütung von 5,50 DM pro m³ - im Einzelnen zusammengesetzt, wurde nicht transparent. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die getroffene Vereinbarung nach § 4 HOAI wirksam geworden ist. Die Parteien haben jedenfalls einvernehmlich eine Vergütung vereinbart, die hinter dem Honorar nach § 16 HOAI, wie im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.11.2000 nachvollziehbar dargelegt, weit zurückbleibt.
Obwohl es sich nach der Auffassung beider Parteien lediglich um eine Genehmigungsplanung gehandelt hat, weist die Grundrissplanung des Beklagten eine Vielzahl von Detailangeben zu Wandstärken, Fenster- und Türöffnungen etc. auf, die einem Fachunternehmen, wie es die Klägerin darstellt, die eigenverantwortliche Bauausführung ohne weiteres ermöglicht. Der Beklagte hat somit mehr getan, als er für eine reine Genehmigungsplanung hätte tun müssen. Anderseits weist die Planung grobe Auslassungen auf, die wiederum einem Fachunternehmen, wie es die Klägerin darstellt, ohne weiteres hätten auffallen müssen. So ist unschwer erkennbar, dass der im Kellergeschoss eingezeichnete, sich über das Erdgeschoss ins Dachgeschoss fortsetzende Kamin im Spitzboden völlig fehlt und das auch die Ansichtsplanung von Süden mit der von Osten nicht in Einklang zu bringen ist.
Unter Berücksichtigung der vom Beklagten erbrachten Planungsdichte einerseits und der reduzierten finanziellen Verpflichtung der Klägerin andererseits muss im Wege der Auslegung von einer vertraglich vereinbarten Haftungsbeschränkung dergestalt ausgegangen werden, dass der Beklagte für durch einen fachkundigen Vertragspartner ohne weiteres erkennbare und vor Baubeginn unproblematisch zu beseitigende Planungsfehler nicht einstehen muss.
Aufgrund der Ausführungen der Klägerin zur öffentlichen Sitzung vom 3.5.2001 erscheint nachvollziehbar, dass der Beklagte wusste, dass auf der Basis seiner Pläne die Bauausführung durchgeführt werden solle. Die kann letztlich aber dahingestellt bleiben und bedarf deshalb keiner Beweisaufnahme. Es ist nämlich widersprüchlich, den Beklagten bei Unterschreitung der Sätze der HOAI lediglich mit der Genehmigungsplanung zu beauftragen, dennoch eine detaillierte Vermassung zu verlangen und gleichzeitig die Haftung des Beklagten für hiervon nicht erfasste Detailvorgabe, wozu auch die Kaminführung im einzelnen gehört, anzustreben.
Bei einer Gesamtwürdigung der festgestellten Umstände bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Parteien eine solche unausgewogene vertragliche Gestaltung angestrebt haben.
Nebenentscheidungen:
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
2. Die Festsetzung des Gebührenstreitwertes geht auf §§ 14 Abs. 1, 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO zurück.
Sachverhalt
Die Klägerin ist ein Bauunternehmen und eine Bauträgergesellschaft, der Beklagte ein Architekt. Die Klägerin hatte den Beklagten mit der Planung für die Einrichtung eines Einfamilienhauses auf einem Grundstück ... beauftragt. Die vom Beklagten erstellte Planung wurde im vereinfachten Verfahren genehmigt. Die erstellten Pläne sehen einen Kamin an der östlichen Seite des Hauses vor. Dieser Kamin ist in den Plänen auch eingezeichnet (in der Ansicht von Osten allerdings auf der falschen Seite). Auch in den Grundrisszeichnungen ist er vorhanden mit Ausnahme des Grundrisses im Spitzboden. In diesem Bereich käme der Kamin direkt vor ? von Osten gesehen ? die linke Seite eines Dreiecksfensters.
Die Arbeiten wurden durch die Klägerin in Angriff genommen, und als man am Dachgeschoss angelangt war, stellte man fest, dass der Kamin das Giebelfenster zum Teil verdecken werde. Der Kunde der Klägerin war damit nicht einverstanden und verlangte einen Rückbau des Kamins und die Anbringung eines Außenkamins aus Edelstahl. Es kam zu einer einvernehmlichen Lösung zwischen der Klägerin und ihrem Kunden, indem auf den Rückbau verzichtet wurde und andererseits die Klägerin dem Kunden die Außenanlagen kostenlos erstellte.
Mit der Klage hat die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz begehrt.
Sie hat vorgetragen,
bei kleineren Bauvorhaben wie dem hier vorliegenden sei es üblich, auf eine Ausführungsplanung zu verzichten und allein mit der Genehmigungsplanung zu bauen. Das gelte vor allem, zumal in vorherigen Fällen der Zusammenarbeit mit dem Beklagten dies beanstandungsfrei möglich gewesen sei und der Beklagte gewusst habe, dass seine Planung auch die Grundlage der Bauausführung sein werde. Er hätte daher vermeidbare Fehler vermeiden müssen.
Der Schornstein habe nach der Planung im Dachgeschoss and er nordöstlichen Seite des Schrankzimmers empor führen sollen. Tatsächlich sei er nach Norden versetzt im nördlich angrenzenden Kinderzimmer an der südöstlichen Ecke herausgekommen, im Spitzboden sei er gar nicht mehr eingezeichnet und ist genau vor das Fenster gekommen.
Eine Umleitung des Schornsteins sei nicht möglich gewesen, da dieser aus Fertigteilen mit Schamott-Innenrohr bestanden habe, was sich nicht versetzen lasse. Die einzige Alternative wäre ein komplettes Herausreißen des Schornsteins und die Anbringung eines Edelstahlschornsteins außen gewesen.
Diese Lösung hätte sich wegen der nicht in Betracht kommenden zeitlichen Verzögerung für den Kunden nicht durchführen lassen. Sie hätte Kosten von 18526,74 DM verursacht.
Stattdessen habe man sich auf eine andersartige Entschädigung, nämlich die kostenlose Einfriedigung der Außenanlagen, geeinigt. Das Kompensationsgeschäft habe einen Abrechnungswert von 20.000,00 DM gehabt. Unter Ansatz einer Mithaftung der Klägerin von 50 % müsse der Beklagte der Klägerin die Hälfte der in jedem Falle erforderlichen Kosten erstatten.
Der Beklagte hat eingewandt,
er habe lediglich eine Genehmigungsplanung erstellt; der damit bezweckte Erfolg, nämlich die Erteilung der Genehmigung, sei eingetreten.
Der Beklagte habe für seine Tätigkeit nur ein geringes Honorar (netto 8651,00 DM) erhalten, woraus sich bereits entnehmen lasse, dass gerade nicht alle Leistungsphasen 1 bis 4 der HOAI geschuldet waren. Diese hätten nämlich zu einem Honoraranspruch in Höhe von 21.654,96 DM geführt. Hilfsweise werde mit der offenen Honorarforderung des Beklagten aufgerechnet.
Die gefertigten Pläne enthielten keine Detailangaben und seien als Grundlage der Bauausführung ungeeignet. Der Beklagte habe auch nicht gewusst, dass die Klägerin diese für die Ausführung ungeeignete Planung zur Grundlage ihrer Baumaßnahmen machen würde.
Da im Spitzboden kein Kamin eingezeichnet sei, habe es sich erkennbar um einen ergänzungsbedürftigen Plan gehandelt; eine Werkplanung habe noch erfolgen müssen, aber damit sei der Kläger nicht beauftrag worden. Zudem sei das Giebelfenster nicht wie geplant mit 2,50 m Breite ausgeführt, sondern 86 cm größer. Wenn die Klägerin auf eine Werkplanung verzichtet habe, so sei sie eine Gefahr eingegangen, die sie selbst zu vertreten habe. Den Handwerker, der trotz Fachkenntnisse nach nicht realisierbaren Eingabeplänen unter Verzicht auf Ausführungspläne arbeite, treffe das alleinige Verschulden. Für Planungsfehler wie für eine fehlende Planung hafte der Bauherr.
Der angebliche Mangel sei noch während des Rohbaus bemerkt worden, zu einem Zeitpunkt, als noch alle Möglichkeiten der Änderungen gegeben waren. Insbesondere hätte man an eine Umleitung des Schornsteins im Dachgeschoss denken müssen. Ausbaukosten, die nicht entstanden sind, hätten sich auch vermeiden lassen.
Es sei auch zu bestreiten, dass gegenüber der Klägerin überhaupt ein Anspruch auf Rückbau des Kamins bestanden hätte. Ein Preisnachlass im Außenbereich stehe der Klägerin frei, könne aber nicht dem Beklagten angelastet werden.
Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen.