16.03.2004 · IWW-Abrufnummer 040678
Landgericht Nürnberg-Fürth: Urteil vom 30.04.2003 – 3 O 861/99
1. Nach § 2 Abs. 1 UrhG gehören zu den grundsätzlich schutzfähigen Werken solche der Wissenschaft, der Literatur und Kunst. Bei Bauanlagen kommt es nicht darauf an, daß der Bau bislang nicht realisiert wurde. Nach allgemeiner Ansicht können auch Planentwürfe und Zeichnungen Werke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG - und nicht nur im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG - sein, wenn sie hinreichend die Vorstellung des Schöpfers von der wesentlichen Raumform des geplanten Baukörpers vermitteln.
2. Zu der Frage zu erholen, inwieweit sich die Planung eines Klägers vom üblichen Architektenschaffen abhebt, kommt es nicht auf die Auffassung eines auf dem Gebiet der Architektur tätigen Fachmannes an, sondern auf den ästhetischen Eindruck, den das Werk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt.
3. Werden Urheberrechte von Architekten verletzt, können zur Ermittlung dieses Wertes die Honorarsätze der HOAI zwar nicht unmittelbar übernommen werden. Die Honorarordnung bietet jedoch einen verläßlichen Maßstab für die Höhe üblicher Nutzungsentgelte
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30.04.2003 - 3 O 861/99
Das Landgericht Nürnberg-Fürth, 3. Zivilkammer, erläßt durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Kefer, den Richter am Landgericht Eichelsdörfer und den. Richter am Landgericht Dycke
in Sachen
....
wegen Schadensersatzes
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9.4.2003 folgendes
Endurteil:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger EUR 58.480,83 zzgl. Zinsen hieraus für das Jahr in Höhe von 4 % seit 25.11.1998 zu bezahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner von den Kosten des Rechtsstreites und von den Kosten der Nebenintervention jeweils 8 %. Die Kosten des Rechtsstreites im übrigen trägt die Beklagte, die Kosten der Nebenintervention im übrigen trägt der Nebenintervenient.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 67.400,00.
Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung der Beklagten und des Nebenintervenienten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von jeweils EUR 220,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte oder der Nebenintervenient Sicherheit in selbem Höhe leistet.
Beschluß:
Der Streitwert wird auf EUR 62.895,94 festgesetzt.
Tatbestand:
Die Kläger machen Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Verwertungsrechten an einem urheberrechtlich geschützten Werk der Baukunst geltend.
Die Kläger sind Architekten und betreiben gemeinsam ein Architekturbüro. Die Beklagte betreibt ein Bauunternehmen.
Im März 1997 wurde zumindest der Kläger zu 1), von der F A W- u G G damit beauftragt, eine Anlage "Betreutes Wohnen in G " zu entwerfen. Im Rahmen des Auftrages fertigten die Kläger die Vorplanung und die Entwurfs- und Eingabeplanung für den ersten Bauabschnitt des Projektes bestehend aus 30 Wohnungen. So entwarfen die Kläger für die Eingabeplanung Grundrisspläne von Keller-, Erd-, Ober- und Dachgeschoß sowie Ansichtspläne der Fassade aus Südost, Südwest; Nordost und Nordwest ( vgl. Anlage K 2). Die Pläne übergaben die Kläger an die F A W- und G. Architektenhonorar bezahlte die F A W- u G G an die Kläger nicht.
Mit privatschriftlichem Vertrag vom 01.09.1997 vereinbarte die F A W- u G G mit der Beklagten, damals noch firmierend unter F Z W G & C. K, daß die Beklagte von der Firma A W- u G G das Grundstück, auf dem der Bauabschnitt I der Wohnanlage entstehen sollte, erwerben solle und die Wohnanlage dort errichten solle. Den Vertrieb der Wohnungen sollte eine F S G gegen Provision erledigen (vgl. Anlage B 1). Am 11.09.1997 gab die F A W u G G zu notarieller Urkunde ein dieser Vereinbarung entsprechendes Kaufvertragsangebot ab. In § 2 der Urkunde war formuliert, daß der Käufer plane, das Grundstück mit einer Anlage für Betreutes Wohnen zu bebauen, daß die Baugenehmigung für dieses Vorhaben noch nicht erteilt sei, jedoch die Baupläne und Aufteilungspläne mit veräußert würden (vgl. Anlage B 2). Die Beklagte nahm das- Vertragsangebot an und erhielt im weiteren von dem Geschäftsführer der F A W- u G G die von den Klägern für die Eingabeplanung gefertigten Planzeichnungen.
Da die Beklagte mit einem von den gebräuchlichen Normen abweichenden Ziegelraster baut, ließ die Beklagte die Planung der Kläger auf dieses Raster, umzeichnen. Die abgeänderten Pläne (vgl. Anlage K 4) wurden sodann von der Beklagten als Eingabepläne bei der Bauordnungsbehörde verwandt. Auf den Plänen war als Planfertiger D -I. (F) U S vermerkt. Zudem fanden Teile dieser Eingabepläne in dem Verkaufsprospekt "Wohnpark L" Verwendung (vgl. Anlage K 3).
Die Beklagte realisierte das Projekt nicht. Mittlerweile hat die Beklagte Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter ist bestellt. Veräußerungs- und Verfügungsverbote wurden nicht erlassen.
Die Kläger sind der Auffassung, daß die Beklagte mit der Übernahme der Pläne urheberrechtliche Verwertungsrechte der Kläger verletzt habe. Die Entwürfe der Kläger seien urheberrechtlich geschützt. Sie zeigten eine originelle, eigenschöpferische Darstellung des Bauwerkes und trügen die Handschrift der Kläger. Die Beklagte habe nur minimale Korrekturen an der äußeren Gestaltung der Wohnanlage vornehmen lassen. Im übrigen sei die Planung; der Kläger in vollem Umfang übernommen worden. Somit hätte die Beklagte Schadensersatz in Höhe des Architektenhonorares, das die Kläger von der F A W- u G G bekommen gehabt hätten, zu leisten. Dieses Honorar beliefe sich auf DM 123.013,76. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Schlußrechnung der Kläger vom 30.07.1998 (Anlage K 5) und die Ausführungen in der Klageschrift insoweit (Bl. 5 d. A.) Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger DM 123.013,76 zzgl. 8 % Zinsen hieraus seit Klageerhebung, zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung
und hat mit Schriftsatz vom 14.08.2001 (Bl. 35 ff. d. A.) der F A W- u G G sowie Herrn J A, vormals Geschäftsführer der F A W- u G G, den Streit verkündet. Mit Erklärung vom 20.09.2001 (Bl. 38 d. A.) ist J A auf Seiten der Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten und beantragt gleichfalls,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet, daß die Entwürfe der Kläger urheberrechtschutzfähig seien. Ein Werk der Baukunst liege nicht vor. Weder eine eigenschöpferische Leistung der Kläger noch künstlerische Gedanken der Kläger seien ersichtlich. Der bestehende Bebauungsplan und eine darin vorgegebene Bauweise regelten bereits im Detail das Bauwerk.
Die Beklagte trägt weiter vor, die Kläger hätten der F A W- u G G bei Erteilung des Planungsauftrages alle zur Durchführung des Bauvorhabens erforderlichen und in Frage kommenden Nutzungs- und Verwertungsrechte an den Plänen übertragen und auch die Weiterübertragung dieser Rechte genehmigt. Im übrigen hätten die Kläger der F A. W- u G G allfällige Nutzungsbefugnisse an den Plänen auch schlüssig eingeräumt. Dies ergebe sich bereits, aus dem Auftragsverhältnis zwischen den Klägern und der F A W- u G G. Die Einräumung sei unabhängig von der Bezahlung des Architektenhonorares erfolgt. In der Weitergabe der Pläne an die Beklagte könne daher keine Urheberrechtsverletzung liegen. Jedenfalls sei die Beklagte als Käuferin des überplanten Grundstückes berechtigt, die bereits vorhandene Genehmigungsplanung zu über nehmen. Wollten die Kläger ihr Honorar, müßten sie sich an die F A W- u G G halten. Daß dieses Unternehmen zahlungsunfähig sei, werde bestritten.
Schadensersatzansprüche würden auch deshalb ausscheiden, weil die Beklagte nicht schuldhaft gehandelt habe. Bei Übergabe der Pläne habe der Geschäftsführer der F A W- u G G versichert, daß im Hinblick auf das Urheberrecht an den Plänen alles geregelt sei. Damit habe sich die Beklagte hinreichend versichert, zur Verwendung der Pläne berechtigt zu sein.
Die Beklagten bestreiten schließlich, daß die anrechenbaren Baukosten, Grundlage der Honorarrechnung der Kläger, DM 4.860.000,00 betrugen sowie die Höhe der von den Klägern geltend gemachten Zinsen.
Der Nebenintervenient trägt vor, es sei alleine der Kläger zu 1) gewesen, der von der F A W- u G G mit den Planungen beauftragt werden sei. In diesem Zusammenhang sei. auch erörtert worden, daß die F A- u G G einen Generalunternehmer mit der gesamten Bauausführung beauftragen wolle und es dann erforderlich sei, die Pläne dem Konstruktionsraster des Generalunternehmers anzupassen. Auch die Beklagte sei als möglicher Generalunternehmer erwähnt, worden. Hiergegen habe der Kläger zu 1) keine Einwände gehabt.
Der Nebenintervenient ist weiter der Ansicht, daß die F A W- u G G zumindest mit dem Architektenvertrag von den Klägern das Recht erhalten habe, die von den Klägern gefertigten Pläne in jeder Hinsicht zu verwerten. Daß die F A W- u G G das Honorar der Kläger nicht bezahlt habe, ändere daran nichts. Die Kläger hätten nichts dazu vorgetragen, daß die Verwertungsrechte nur bei Bezahlung ihrer Vergütung übergehen sollten.
Im übrigen hätte die Beklagte nicht schuldhaft gehandelt. Sie habe, nachdem die F A W - u G G im Besitz der Pläne gewesen sei, darauf vertrauen dürfen, dass diese Inhaberin von Verwertungsrechten sei.
Die Kläger bestreiten, der F A W- u G G die weitere Übertragung von Nutzungsrechten genehmigt zu haben.
Wegen der Einzelheften des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Es ist Beweis erhoben worden gemäß Beweisbeschluß vom 28.11.2001 (Bl. 59 ff. d. A.) durch Erholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen der Einzelheiten insoweit wird, auf das Gutachten des Sachverständiger K vom 14.01.2003 (Bl. 73 ff. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.
A.
Die Klage ist zulässig. Das angegangene Gericht ist örtlich und sachlich zuständig gem. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. l GVG, 105 UrhG i.V.m. 24 Abs. 2 der Verordnung über die gerichtlichen Zuständigkeiten im Bereich des Staatsministeriums der Justiz. Zudem besteht bindender Verweisungsbeschluß des Landgerichtes Regensburg vom 29.01.1998 (Bl. 25 d. A.).
B.
Die Klage ist überwiegend begründet. Die Beklagte hat unerlaubt Planzeichnungen eines von den Klägern entworfenen, urheberrechtlich geschützten, Bauwerkes vervielfältigt und unerlaubt hergestellte Vervielfältigungsstücke verbreitet. Die Beklagte hat schuldhaft gehandelt. Den Klägern steht als Gesamtgläubigern daher ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte gem. §§ 97 I S. 1 i.V.m. 16 Abs. 1, 17 Abs. 1 UrhG in Höhe von EUR 58.48Ö,83 (= DM 114.380,57) zu. Die weitergehende Klage ist abzuweisen.
I. Die Kläger sind als Urheber des Wohnheimes "Betreutes Wohnen in G" sachbefugt.
Die Kläger haben - unbestritten - vorgetragen, die Vorplanung und Entwurfs- und Eingabeplanung für den ersten Bauabschnitt des oben genannten Projektes gefertigt zu haben. So entwarfen die Kläger für die Eingabeplanung Grundrisspläne von Keller-, Erd-, Oberund Dachgeschoß sowie Ansichtspläne aus Südost., Südwest, Nordost und Nordwest der Wohnanlage (vgl. Anlage K 2).
Somit sind die Kläger als diejenigen, die die persönliche geistige Schöpfung tatsächlich erbracht haben, Urheber. Mangels anderen Vortrag geht die Kammer davon aus, daß die Kläger gemeinschaftlich das. Werk hervor gebracht haben und Miturheber gem. § 8 UrhG sind. Daß alleine der Kläger zu 1) - den entsprechender. Vortrag des Nebenintervenienten als richtig unterstellt - Auftragnehmer der F A W- u G G war, ändert daran nichts.
Gemäß § 8 Abs. 3 UrhG kann bei Verletzung des gemeinsamen Urheberrechtes nur Leistung an alle Miturheber verlangt werden. Dies haben die Kläger getan, wobei die Kammer den Klageantrag sachdienlich dahin auslegt, dass die Kläger Schadensersatz als Gesamtgläubiger begehren.
II. Das in Rede stehende Wohnheim ist ein Werk der Baukunst gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. Es ist eine persönliche geistige Schöpfung der Kläger und genießt als solche urheberrechtlichen Schutz.
1) Nach § 2 Abs. 1 UrhG gehören zu den grundsätzlich schutzfähigen Werken solche der Wissenschaft, der Literatur und Kunst. Die in Rede stehende Wohnanlage ist ein Werk der Baukunst, § 2 Abs. l Nr. 4 UrhG.
Dabei kommt es nicht darauf an, daß das Wohnheim bislang nicht realisiert wurde. Nach allgemeiner Ansicht können auch Planentwürfe und Zeichnungen Werke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG - und nicht nur im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG - sein, wenn sie hinreichend die Vorstellung des Schöpfers von der wesentlichen Raumform des geplanten Baukörpers vermitteln (vgl. BGH in GRUR 1988, 533, 534). So liegt es hier. Aus den von den Klägern übergebenen Grundrissen, Schnitten und Ansichten (Anlage K 2) lassen sich die Vorstellungen der Kläger von der Gestalt des geplanten Wohnheimes entnehmen. Insbesondere lassen die Pläne hinreichend deutlich die Form der Baukörper, ihre Zuordnung zueinander, die Raumzuordnung, die Anordnung von Türen und Fenstern sowie die Gestaltung der Fassade erkennen.
Erfüllt eine technische Zeichnung - wie hier zugleich die Anforderungen, die an den Entwurf eines,Bauwerkes im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG zu stellen sind, so kann Schutz nach beiden Bestimmungen in Anspruch genommen werden.
2) Urheberrechtlichen Schutz genießt ein Werk der Baukunst jedenfalls dann, wenn sein ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht, daß nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Verkehrskreise von einer Leistung gesprochen werden kann, die sich deutlich vom durchschnittlichen Architektenschaffen abhebt (vgl. Schricker, UrhR, RZ. 152 zu § 2; Fromm/Nordemann, UrhR, RZ. 70 zu § 2; BGH in GRUR 1957, 393 ff., in GRUB 1988; 535 ff., OLG München in GRUB 1987; 290 ff. und OLG Nürnberg in NJW RR 1989, 407, 409 m. w. N.).
Eine derartige Gestaltungshöhe erreicht nach Auffassung der Kammer die von den Klägern geplante Wohnanlage. Auf die in der Literatur aufgeworfene Frage, ob gerade Werke der Baukunst nicht bereits dann Urheberrechtsschutz genießen, wenn die Werke sich nicht in der bloßen Wiedergabe von Vorbekanntem erschöpfen (einfache Individualtiät, vgl. Haberstumpf, Handbuch des Urheberrechts, RZ. 75 und 89) kommt' es daher nicht an.
3) Nach den genannten Grundsätzen weist das Werk der Kläger eigenschöpferische Gestaltungselemente auf.
a) Aus den übergebenen Plänen (Anlage K 2) ergibt sich, daß die Kläger das Wohnheim als dreistöckiges Gebäude, den Haukörper gegliedert in einen Hauptbau und links und rechts daran anschließende, quer angeordnete, Kopf- bauten konzipierten.
In der Mitte, nach Nordosten zu, liegt der Eingang der Wohnanlage mit darüber angeordnetem Treppenhaus. Der Hauptbau ist seinerseits wiederum als ein - nordöstlich gelegener - Zwischenbau und dahinter nach Südwesten gelegener Anbau gestaltet (vgl. Grundriß Kellergeschoß/Erdgeschoß, Anlage K 2). Der .Zwischenbau trägt, wie die Kopfbauten,,ein um 15 Grad geneigtes Pultdach. Ebenso der nach Südwesten hin ausgerichtete Anbau, der jedoch um einiges niedriger ist., als der Zwischenbau (vgl. Schnitt A-A, Anlage K 2). Hier laufen entlang des Firsts Glasscheiben durch das Dach.
Der Zwischenbau enthält Küche und Bad. der in Reihe liegenden Wohnungen, der Anbau den, Wohn- und Schlafbereich. Von dort ist ein nach Süden ausgerichteter Balkon - im Erdgeschoß eine Terrasse - zu erreichen. Vor dem Zwischenbau nach Nordost zu liegt der Flur, von dem aus sämtliche Wohnungen eines Stockwerkes im Haupt- wie in den Querbauten zu erreichen sind. Hier ist die Fassade des Hauptbaues im Erdgeschoß und im ersten Stock mit großflächigen bis zum Boden reichenden Fenstern versehen. An den Übergängen zu den Kopfbauten ist sowohl die Nordost- wie die' Südwest-Fassade derart verglast.
Im übrigen ist die Südwest-Fassade bestimmt durch die jeweils vier Balkons mit einem Abschluß in Form eines kleinen. Satteldaches auf dem Balkon des obersten Geschosses. Die Balkons der Kopfbauten sind mit einem Pultdach versehen. Die Dachneigung ist jeweils wiederum 15 Grad (vgl. Ansicht von Südwest/Ansicht von Nordost der Anlage K 2).
b) Die oben genannten Gestaltungsmerkmale sind - zumindest in der gezeigten Kombination - individuell. Die Beklagte ist substantiierten Vortrag dazu, daß sich der Entwurf in Vorbekanntem oder Vorgegebenem etwa einem Bebauungsplan erschöpft, schuldig, geblieben (vgl. zur Darlegungslast insoweit BGH in GRUB 1981, 822).
4) Die aufgezählten Gestaltungselemente bringen eine Schöpfungskraft zum Ausdruck, die durchschnittliches Architektenschaffen auf diesem Gebiet überragt.
a) Der Baukörper ist gefällig dimensioniert. Das Gebäude vermittelt einen lang gestreckten, liegenden Eindruck. Unterbrochen wird dieser Eindruck durch vertikale Gestaltungselemente. Sowohl an der Nordostfassade des Hauptbaues die Fenster, wie an der Südwestfassade des Hauptbaues die Terrassentüre und Balkone sind so angeordnet, daß sie vom Erdgeschoß bis zum Dach als Einheit erscheinen. Dieser Eindruck wird für die Südwestfassade noch durch das Satteldach. der Balkone im Obergeschoß verstärkt, für die Nordostfassade durch ein eben solches Satteldach auf dem vorgelagerten Treppenhaus.
Von Nordosten aus betrachtet scheint sich der Baukörper um die Eingangstür zu spiegeln. Das gibt dem Bauwerk Harmonie und verkürzt gleichsam das mit immerhin rund 40 m recht lange Gebäude.
Auch die Zuordnung der Querbauten zum Hauptbau ist gelungen. Das Pultdach der Querbauten,schließt den gesamten Baukörper harmonisch ab. Bei den Balkonen des Obergeschosses wiederholt sich das um 15 Grad geneigte Pultdach.
wegen der Anordnung der vielen Fenster in der Nordostfassade - im Bereich des Überganges zu den Querbauten auch in der Südwestfassade - stellt sich der Baukörper als leicht und lichtdurchflutet dar. Diese Anmutung wird durch das vorgelagerte, ebenfalls verglaste Treppenhaus verstärkt.
b) Zu der Annahme kommt die Kammer aufgrund eigenen Eindrucks der Mitglieder. Es war nicht erforderlich, ein Sachverständigengutachten zu der Frage zu erholen, inwieweit sich die Planung des Klägers vom üblichen Architektenschaffen abhebt. Bei der Beantwortung dieser Frage kommt es nicht auf die Auffassung eines auf dem Gebiet der Architektur tätigen Fachmannes an, sondern auf den ästhetischen Eindruck, den das Werk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt (vgl. BGH in GRUB 1974, 675 ff., in GRUR 1957, 393 und in GRUR 1988, 535). Zu diesem Kreis zählen die Mitglieder der Kammer.
III. Ein Vergleich des Werkes der Kläger mit den von der Beklagten als Eingabeplanung verwendeten Planzeichnungen (vgl. Anlage K 3) ergibt, daß die Beklagte sowohl in das Vervielfältigungsrecht nach § 16 Abs. 1 UrhG, wie auch in das Verbreitungsrecht nach § 17 Abs. 1 UrhG der Klägerin eingegriffen hat.
1) Einen Eingriff in diese Rechte stellt nicht nur die identische oder nahezu identische Vervielfältigung oder die Verbreitung identischer oder nahezu identischer Vervielfältigungsstücke dar., Vom Verbietungsrecht des Urhebers werden auch in einem weiteren Abstand vom Original liegende Werkumgestaltungen erfaßt, die ohne eigene schöpferische Ausdruckskraft geblieben sind und sich daher - trotz der vorgenommenen Umgestaltungen noch im Schutzbereich des Originals halten, weil dessen Eigenart auch in der Nachbildung erhalten bleibt und ein übereinstimmender Gesamteindruck entsteht (vgl. BGH in GRUB 1965, 45 ff. und in GRUB 1988, 533 ff.).
2) Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die vorerwähnten Merkmale, die die schöpferische Eigentümlichkeit und auch die Schöpfungshöhe des, Entwurfes der Kläger ausmachen, nämlich:
- die Konzeption der Wohnanlage als Hauptbau mit quer dazu angeordneten Kopfbauten,
- das Treppenhaus als Spiegelachse des gesamten Gebäudes,
- der niedrigere Anbau nach Südwesten zu,
- die um 15 Grad geneigten Pultdächer,
- der den Wohnungseinheiten nach Nordosten zu vorlagerte Flur, die Fassade in diesem Bereich verglast,
- die Balkone vor der. Südwestfassade und die Fensterreihen und das Treppenhaus der Nordostfassade als vertikale Gliederungselemente,
- die Wiederholung des um 15 Grad geneigten Pultdaches auf den Balkonen der Querbauten
finden sich sämtlich in der Eingabeplanung der Beklagten wieder.
Unstreitig vorhandene Abweichungen sind unbeachtlich. Für die Veränderungen, die sich daraus ergeben haben, daß die Pläne auf das Konstruktionsraster der Beklagten umgezeichnet wurden, liegt dies auf der Hand. Diese Abweichungen ausschließlich technisch bedingt sind.
Aber auch soweit Veränderungen in der Gestaltung der Wohnanlage von der Beklagten vorgenommen wurden, etwa, daß die oberen Balkone der Südwestfassade nicht mit einem Satteldach. versehen sind oder, daß die runden Fenster, wie sie die Kläger für das Obergeschoß planten, in den Plänen der Beklagten durch rechteckige Fenster ersetzt sind, vermag, dies an dem übereinstimmenden geistig schöpferischen Gesamteindruck, den der Entwurf der Kläger und die Pläne der Beklagten vermitteln, nichts zu ändern.
IV. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Pläne der Kläger zu vervielfältigen und zu verbreiten. Irgendwelche Nutzungsrechte stehen der Beklagten nicht zu.
1) Unstreitig haben die Kläger der Beklagten Nutzungsrechte weder ausdrücklich noch schlüssig übertragen. Zwischen den Parteien bestehen keinerlei Vertragsbeziehungen.
2) Aber auch aus dem Rechtsverhältnis der Kläger zu der F A W- u G G kann die Beklagte nichts für sich herleiten.
a) Die Kammer geht davon aus, daß die F W- u G G als Auftraggeberin zumindest des Klägers zu 1) von den Klägern die Befugnis erhielt, die von den Klägern gefertigten Entwürfe zu verwenden, um die geplante Wohnanlage danach zu bauen. Im vorliegenden Fall war die Überlassung der Pläne und Entwürfe an die Beklagte von dieser Befugnis jedoch nicht umfaßt.
aa) Auch wenn keine ausdrückliche Abrede zwischen den Klägern und der F A W- u G G insoweit bestand; ergibt sich die geschilderte Rechteeinräumung aus dem erkennbar von den Klägern und der F A W- u G G übereinstimmend verfolgten Zweck. Nach allgemeinen urheberrechtlichen Grundsätzen, die in § 31 Abs. 5 UrhG ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden haben, ist davon auszugehen, daß der Schöpfer eines Werkes Nutzungsrechte in dem Umfange einräumt, der für die Erreichung des Vertragszweckes erforderlich, ist (Zweckübertragungstheorie, vgl. Schricker, UrhG, RZ. 31 ff. zu § 31 und Fromm/Nordemann, UrhR, RZ. 19 ff. zu § 31, jeweils m. w. N.; für einen Architektenvertrag vgl. BGH in GRUB 1984, 656, 657).
Als Zweck des Auftrages der F A W- u G G an die Kläger kann billigerweise nur angesehen werden, der F A W- u G GmbH eine brauchbare Planung für den Bau der Anlage "Betreutes Wohnen in G-" zu verschaffen. Dieser Zweck konnte jedoch nur erreicht werden, wenn die F A W- u G G auch das Recht erhielt, die Pläne zum Bau der Anlage zu verwenden.
bb) Im vorliegenden Fall hat die F A W- u G G die Pläne der Beklagten jedoch nicht im Rahmen der Bauausführung überlassen. Dies ergibt sich aus den Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der F A W- u G G niedergelegt in den Anlagen B 1 und B 2. Danach wurde die Beklagte von der F A W- u G G nicht etwa als Bauhandwerker oder als Generalübernehmer beauftragt, sondern hat als Käuferin des überplanten Grundstückes die Entwürfe und Pläne der Klägerin mitgekauft, um das Bauwerk auf eigenes Risiko und eigene Rechnung als Bauherr selbst zu errichten.
b) Über das Recht zum Bau nach den Plänen hinausgehende Nutzungsrechte hat die F A W- u G G nicht. Insbesondere hatte sie nicht die Befugnis; ihrerseits Nutzungsrechte an Dritte weiterzuübertragen.
aa) Gemäß §§ 34, 35 UrhG ist der Inhaber von Nutzungsrechten grundsätzlich nicht befugt, diese Nutzungsrechte ohne Zustimmung des Urhebers an Dritte zu übertragen.
Zu einer derartigen Zustimmung haben weder die Beklagte noch der Nebenintervenient substantiiert vorgetragen. Der Vortrag der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24.10.001 (vgl. Bl. 51 d. A.), die Kläger hätten der. F A W- u G G die Weiterübertragung sämtlicher zur Durchführung des Hauvorhabens erforderlichen Nutzungsrechte genehmigt, genügt den Anforderungen substantiierten Vorbringens nicht. Die Kammer kann sich nach dem Vortrag kein Bild davon machen, wann, unter welchen Umständen und an wen die Übertragung der Rechte genehmigt worden sein soll. Es scheint, daß die Beklagte keine genaue Kenntnis von den Tatsachen hat, sondern ins Blaue hinein vorträgt. Dieser Verdacht wird noch dadurch verstärkt, daß die Beklagte, im Schriftsatz vom 12.10.2001 noch der Auffassung war, die F A W- u G G sei als Inhaberin von Nutzungsrechten ohne weiteres zur Weiterübertragung dieser Rechte auch ohne Zustimmung der Klägerin befugt (vgl. Bl. 48 d. A.) und dann erst auf Hinweis der Kammer im Termin vom 24.10.2001, daß dies durchaus nicht so sei, die angebliche Genehmigung der Klägerin darlegte.
c) Umstände, die gem. § 34 Abs. 1 S. 2 oder Abs. 3 oder § 35 Abs. 1 S. 2 UrhG eine Zustimmung, der Kläger zur Weiterübertragung entbehrlich gemacht hätten, haben die Beklagte und der Nebenintervenient nicht vorgetragen. Insbesondere hatte unstreitig die F A W- u G G zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Pläne an die Beklagte weitergab, das Architektenhonorar der Kläger noch nicht bezählt und hat dies auch später nicht getan. Vor diesem Hintergrund waren die Kläger auch nach Treu und Glauben nicht verpflichtet, einer Weiterübertragung der Rechte zuzustimmen.
d) Somit hatte die Beklagte keine Nutzungsrechte an dem Werk der Kläger. Daß sie die Pläne von der F A W - u G G erwarb und den Versicherungen des damaligen Geschäftsführers der Verkäuferin, er könne über die Pläne verfüge,,Glauben schenkte, ändert daran nichts. Der gutgläubige Erwerb von Nutzungsrechten ist nicht möglich.
V. Die Beklagte hat rechtswidrig in ausschließliche Rechte der Kläger eingegriffen. Sie ist, da sie fahrlässig gehandelt hat, gem. § 97 Abs. 1 UrhG zum Schadensersatz verpflichtet. Der Anspruch der Kläger beläuft sich dabei auf das nach der HOAI den Klägern, für ihre Planung zustehende Honorar. Zumindest so hoch ist das Entgelt, das die Beklagte bei einer vertraglichen Nutzungseinräumung üblicherweise zu bezahlen gehabt hätte. Dieser Betrag beläuft sich auf DM 114.378,57 (= EUR 58.480,83).
1) Die Beklagte hat schuldhaft gehandelt. Sie hat nicht die erforderliche Sorgfalt aufgewandt, um sich `Klarheit darüber zu verschaffen, ob sie zur Nutzung der Pläne und der Entwürfe der Kläger berechtigt war.
Liegen Nutzungsrechte inmitten, muß sich der Erwerber Gewißheit über den Bestand des Rechtes und die Verfügungsbefugnis des Übertragenden verschaffen (vgl. BGH in GRUB 1988, 375). Dem hat die Beklagte nicht genügt, wenn sie sich lediglich von der F A W - u G G die Berechtigung zur Übertragung versichern ließ. Zumindest auch eine Nachfrage bei den Klägern, die der Beklagten aufgrund der Vermerke auf den Planzeichnungen als Urheber bekannt waren, wäre erforderlich gewesen. Daß die Beklagte diese Nachfrage unterlassen hat; begründet Fahrlässigkeit.
2) Die Kläger, haben von der ihnen eingeräumten Möglichkeit, ihren Schaden im Wege der Lizenzanalogie zu berechnen (vgl. BGH in GRUB 1990, 1008 ff. und in GRUB 1993, 99) Gebrauch gemacht.
Dabei wird der Schaden unter Anlegung eines objektiven Maßstabes aus einer fiktiven Lizenz errechnet. Es ist zu prüfen, was bei einer vertraglich vereinbarten Nutzungseinräumung ein vernünftiger Lizenznehmer verlangt und ein vernünftiger Lizenzgeber gewährt hätte (vgl. BGH in GRUB 1990 a. a. O).
a) Werden Urheberrechte von Architekten verletzt, können zur Ermittlung dieses Wertes die Honorarsätze der HOAI zwar nicht unmittelbar übernommen werden. Die Honorarordnung bietet jedoch einen verläßlichen Maßstab für die Höhe, üblicher Nutzungsentgelte (vgl. OLG Nürnberg in NJW. RR 1998, 47 und OLG Hamm in NJW RR 20Q0, 191, 192). Voraussetzung ist aber, daß Honorarphasen betroffen sind, die typisch urheberrechtlich relevante Leistungen des Architekten zum Gegenstand haben.
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze bemißt sich die fiktive Lizenz, orientiert an der Schlußrechnung der Kläger vom 30.07.1998 (vgl. Anlage K 5) und der HOAI mit DM 114,.378,57 (= EUR 58.480,83).
aa) Die Kläger haben in besagter Schlußrechnung die Leistungsphasen 1 - 5 des § 15 HOAI abgerechnet. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Kläger zur Grundlage der fiktiven Lizenz die von ihnen unstreitig, im Rahmen dieser Leistungsbilder erbrachten Tätigkeiten machen. Denn Gegenstand dieser Phasen sind überwiegend Tätigkeiten der schöpferischen Planung. Während dieser Phasen erbringt der Architekt typischerweise die urheberrechtlich relevanten Leistungen.
bb) In der Höhe ist der von Klägern verlangte Betrag, jedoch geringfügig übersetzt.
Wie das wohl begründete und verständliche, somit nachvollziehbare Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen K, dem die Kammer in vollem Umfange folgt; ergeben hat, belaufen sich die nach § 10 HOAI ermittelten anrechenbaren Kosten für das Gebäude nur auf DM 4.560.869,57, das zutreffend für die Planungsleistungen hinsichtlich des Gebäudes abgerechnete Honorar nach der HOAI für die Leistungsphasen 1 - 5 somit nur auf DM 114.378,57. Gegen diese Feststellungen des Sachverständigen haben sich die Parteien auch nicht gewandt.
Darüber hinausgehender Schadensersatz steht den Klägern nicht zu.
c) Ebenfalls keinen Schadensersatzanspruch können die Kläger wegen der Gestaltung der Freianlagen geltend machen. Hier haben die Kläger weder dargelegt, worin das von ihnen geschaffene urheberrechtlich geschützte Werk bestehen soll, wie diese Freianlagen von ihnen gestaltet wurden, noch haben sie substantiiert zu einer Verletzungshandlung der Beklagten vorgetragen. Die in der Schlußrechnung vom 30.07.1998 enthaltenen Honorare für die Freianlage waren daher bei der Bemessung des Schadensersatzanspruches außer Acht zu lassen.
C.
Der Zinsanspruch der Kläger ergibt, sich aus §§ 286, 288 BGB a. F.. Über den gesetzlichen Zinssatz hinausgehende Schadensersatzansprüche" aus dem Gesichtspunkt des Verzuges haben die Kläger nicht, da sie Beweis für ihre Behauptung, Bankkredit in Höhe der Klageforderung zu 8 % Zinsen p. a. in Anspruch zu nehmen, nicht angetreten haben.
Die Nebenentscheidungen folgen den §§ 91, 101, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.