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15.02.2012

Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 22.09.2011 – 4 K 255/10

1. Unterhält der Steuerpflichtige mehrere wirtschaftlich, organisatorisch und finanziell voneinander unabhängige Gewerbebetriebe, wobei jeweils Betriebsfinanzamt und Wohnsitzfinanzamt auseinanderfallen, so ist für jeden Betrieb eine gesonderte Feststellung der Einkünfte durchzuführen.

2. Eine Vereinbarung über die rein örtliche Zuständigkeit nach § 27 AO bzw. eine Heilung von Fehlern, die ausschließlich die örtliche Zuständigkeit betreffen, nach § 127 AO, ist bei der gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO immer dann zulässig, wenn die sachliche Zuständigkeit dadurch nicht auch betroffen ist.

3. Übersendet das eigentlich örtlich zuständige FA Akten zuständigkeitshalber an ein anderes FA, und führt jenes FA ohne Einwendungen gegen die Aktenabgabe seit dieser Zeit die Veranlagung des betreffenden Steuerfalls durch, so ist in diesem Verwaltungshandeln eine Zuständigkeitsvereinbarung i. S. v. § 27 AO zwischen den beiden FA zu sehen.

4. Die Einreichung der Steuererklärung bei demjenigen FA, welches die Besteuerung aufgrund der Zuständigkeitsvereinbarung übernommen hat, ist als Zustimmungserklärung des betroffenen Steuerpflichtigen zu verstehen, wenn die Zuständigkeitsvereinbarung auf Betreiben des Steuerpflichtigen im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung zwischen den beiden FA getroffen wurde.

5. Eine die gesonderte Feststellung gewerblicher Einkünften betreffende Zuständigkeitsvereinbarung, die zwischen zwei FA aus verschiedenen Bundesländern getroffen wurde, die also die verbandsmäßige Zuständigkeit betrifft, ist rechtsgültig, weil die verbandsmäßige Zuständigkeit für die Einkommensteuer nicht wesentlich ist.

6. Ein versehentlicher Übertragungsfehler der bei der Veranlagung beabsichtigten und in der Probeberechnung dargestellten Feststellungsmerkmale in den manuellen Feststellungsbescheid bzw. in die manuelle Anlage zum Feststellungsbescheid stellt eine Unrichtigkeit gemäß § 129 AO dar.

7. Die Unrichtigkeit „Nichtanordnung des Vorbehalts der Nachprüfung” ist i. S. d. § 129 S. 1 AO offenbar, wenn die erkennbaren Tatsachen, nämlich die Proberechnung mit dem Vorbehalt der Nachprüfung in den Akten, der Vorbehalt der Nachprüfung in den anderen Steuerfestsetzungen für den streitigen Veranlagungszeitraum und die beabsichtigte Betriebsprüfung für das Streitjahr, keine andere Auslegung durch einen objektiven Dritten zulassen, als dass eine Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung geplant, aber aus nicht erkennbaren Gründen nicht im Bescheid angeordnet worden war.


Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

hat der IV. Senat des Thüringer Finanzgerichts … am 22. September 2011 für Recht erkannt:

1. Die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob für den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns für das Jahr 2003 gemäß § 129 der Abgabenordnung (AO) der Vorbehalt der Nachprüfung nachträglich angeordnet werden durfte und ob der Beklagte überhaupt für die Feststellung des Gewinns bzw. für die Änderung des Feststellungsbescheids hinsichtlich eines in einem anderen Ort belegenen gewerblichen Betrieb örtlich zuständig ist.

Der Kläger reichte im Streitjahr beim Beklagten die Erklärung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus einem von ihm selbst betriebenen Hotel- und Restaurantbetrieb in En und aus einer gewerblichen Verpachtung eines Hotelbetriebs in W ein. Außerdem erzielt er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) aus der Vermietung von Immobilien in En und in W, die im Rahmen der Einkommensteuererklärung beim Wohnsitzfinanzamt in Ue erklärt wurden. Aus der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) für das Streitjahr 2003 für die beiden Betriebe mit gewerblichen Einkünften ergibt sich, dass in En umsatzsteuerpflichtige Einkünfte in Höhe von 877.602,74 EUR und in W in Höhe von 195.847,80 EUR erzielt wurden. Die Umsatzsteuer wird insgesamt beim Beklagten erhoben. Für die Verwaltung der an seinem Wohnsitzfinanzamt versteuerten Einkünfte aus VuV unterhält der Kläger – so seine Angaben im Klageverfahren – in W ein Büro.

In der Gerichtsakte befindet sich eine Mitteilung über die Änderung der örtlichen Zuständigkeit im Besteuerungsverfahren des Finanzamtes W-E vom März 1992, wonach sich nach Angaben des Steuerpflichtigen wegen der Verlegung der Geschäftsleitung von W nach En die Zuständigkeit für die einheitliche Feststellung und die Umsatzsteuer geändert hat. Das Finanzamt En solle die Bearbeitung ab 1991 aufnehmen. Seit dieser Zeit werden die Feststellungserklärungen auch für die gewerbliche Verpachtung in W ohne Einwendungen seitens des Klägers und der Finanzämter W-E und Ue (Wohnsitzfinanzamt) beim Beklagten eingereicht und von diesem veranlagt.

Der Kläger erklärte mit Feststellungserklärung vom November 2004 für das Streitjahr 2003 beim Beklagten – wie bereits seit vielen Jahren – konsolidierte Einkünfte aus dem Hotelbetrieb in En und aus gewerblicher Vermietung und Verpachtung in W mit einem summierten Gewinn von 110.409,51 EUR.

Auf dem Aktenentwurf für den Feststellungsbescheid ist in der Zeile Einkünfte aus Gewerbetrieb „- 26.501 EUR” und im Verfügungsteil als Tag der Zeichnung durch den Bearbeiter „13.04.2006”, als Tag der Erfassung „13.04.2006”, als Tag der Zeichnung durch den Sachgebietsleiter (SGL) „18.04.2006” und als Tag der Absendung „19.04.2006” vermerkt. Unter „B. Begründung und Nebenbestimmungen” ist handschriftlich „auf die Anlage zu diesem Bescheid weise ich hin” eingetragen. In dieser personell gefertigten Anlage ist das Kästchen „Der Bescheid ergeht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung § 164 Abs. 1 Abgabenordnung” nicht angekreuzt, wohl aber das Kästchen „Der Bescheid ist vorläufig (§ 165 Abs. 1 Abgabenordnung…)”. Der Kläger wird in der Anlage aufgefordert, Kontennachweise zur Bilanz und zur Gewinn- und Verlustrechnung und eine Erläuterung zur Abweichung des Kapitals vorzulegen. Auf Blatt 7 der Feststellungsakte befindet sich ein Ausdruck „Probeberechnung” „RT-Datum 18.04.06”, wonach Verfügungsdatum der 13.04.2006 sein soll und die Feststellung, so die eingetragenen Schlüsselnummern 11 und 13, vorläufig und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgen soll. Als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ist der Betrag -26.501 EUR eingetragen.

Das Finanzamt stellte für das Streitjahr mit Gewinnfeststellungsbescheid vom April 2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. H. v. -26.501 EUR fest. Der Feststellungsbescheid erging teilweise vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO, aber ohne Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO.

Das Wohnsitzfinanzamts des Klägers teilte im Juni 2006 mit, dass der Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb abweichend vom Ansatz im Feststellungsbescheid für 2003 in der Einkommensteuererklärung mit 110.409,51 EUR angegeben worden sei. Mit Schriftsatz vom Juli 2006 wurde die Prozessbevollmächtigte deshalb um Erläuterung für diese Abweichung gebeten. August 2006 reichte der Kläger – nach eigenen Angaben „erneut” – die Bilanz zum 31.12.2003, die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2003, die ein Betriebsergebnis von -26.501,53 EUR für das Hotel in En, von 136.832,80 EUR für das Hotel in W und einen konsolidierten Gewinn für beide Betriebe von insgesamt 110.332,27 EUR auswies, sowie weitere Abschlussunterlagen ein. Er führte aus, dass in der Feststellungserklärung aber bereits ein Gewinn von 110.409,51 EUR ausgewiesen worden und für den Bearbeiter erkennbar gewesen sei, dass es sich bei der von diesem ausgewerteten Bilanz nicht um die zur Feststellungserklärung zugehörigen Bilanz gehandelt habe. Der Feststellungsbescheid sei endgültig.

Mit nach §§ 129, 164 Abs. 2 AO geändertem Feststellungsbescheid vom April 2007 wurden die Einkünfte aus Gewerbetrieb auf 110.409,51 EUR festgesetzt. Die Änderung des Feststellungsbescheides vom April 2006 erfolge gemäß § 164 Abs. 2 AO. Der Feststellungsbescheid vom April 2006 sei ohne den Vermerk „Der Bescheid ergeht gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung” ergangen. Ein bei der Bescheiderteilung auf Grund eines Übertragungsfehlers unterbliebener Vorbehaltsvermerk könne im Wege der Berichtigung nach § 129 AO nachgeholt werden. Die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit setze nicht voraus, dass die Unrichtigkeit für den Steuerpflichtigen aus dem Bescheid erkennbar sei. Es folgte eine ausführliche Darstellung der Rechtmäßigkeit der Berichtigung nach § 129 AO, auf die ve rwiesen wird.

Seinen Einspruch dagegen begründete der Kläger damit, dass der geänderte Feststellungsbescheid nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sei. Der unterbliebene Vorbehaltsvermerk könne nur im Wege einer Berichtigung gemäß § 129 AO nachgeholt werden, wenn es sich um eine offenbare Unrichtigkeit handele. Diese ergebe sich aus dem Bescheid nicht. Im manuell abzuarbeitenden Feststellungsbogen ESt 2 C sei unter der Kennzahl 14 keine Nebenbestimmung zur Art der Feststellung getroffen. Die Daten seien im April 2006 zur Erfassung gegeben worden. Die Willensbildung des Sachbearbeiters sei somit abgeschlossen gewesen. Die Feststellung des Sachbearbeiters sei ohne Nebenbestimmungen zur Art der Feststellung am 18.04.2006 vom Sachgebietsleiter bestätigt worden. Den Formularen sei nicht zu entnehmen, dass ein Vorbehalt der Nachprüfung in den Bescheid habe mit aufgenommen werden sollen. Erst in der maschinellen Nachbearbeitung sei von dem eingebenden Bearbeiter durch Eingabe der Werte 13 und 11 zur Kennzahl 10 festgestellt worden, dass der Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und teilweise vo rläufig ergehen solle. Ein Übertragungsfehler scheide aus. Vielmehr sei die maschinelle Nachbearbeitung fehlerhaft, da der Sachbearbeiter zum Zeitpunkt der abschließenden Zeichnung keine Nebenbestimmung verfügt habe. Es sei nicht feststellbar, ob der Sachbearbeiter tatsächlich selbst die maschinelle Eingabe vorgenommen habe.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom Februar 2010 als nicht begründet zurückgewiesen. Der Feststellungsbescheid vom April 2006 habe nach § 129 AO in Verbindung mit § 164 Abs. 2 AO geändert werden können. Da das Gesetz keine ausdrückliche Bestimmung zur Form der Kennzeichnung eines Steuerbescheides unter dem Vorbehalt enthalte, könne der Vorbehalt z. B. auch in einer Anlage zum Bescheid, die Teil des Bescheides sei, ausgesprochen werden. Ein Verwaltungsakt und auch eine Nebenbestimmung zu einem Verwaltungsakt würden zwar (nur) mit dem Inhalt wirksam, mit dem sie dem Steuerpflichtigen bekanntgegeben worden seien (§ 124 Abs. 1 Satz 2 AO). Eine in einem bekanntgegebenen Steuerbescheid unterbliebene Nebenbestimmung könne jedoch dann nachgeholt werden, wenn darin eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO liege. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in diesem Sinne seien mechanische Versehen wie beispielsweise Ablese- oder Übertragungsfehler. Eine Berichtigung nach § 129 AO sei dann ausgeschlossen, wenn die – nicht nur theoretische – Möglichkeit eines Fehlers in der Tatsachenwürdigung oder bei der Anwendung einer Rechtsnorm bestehe. Für das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO sei nicht Voraussetzung, dass die Unrichtigkeit für den Steuerpflichtigen erkennbar sei. Es sei vielmehr maßgebend, ob der Fehler bei Offenlegung des Sachverhaltes, d. h. nach Offenlegung der Akten, für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar sei. Vorliegend sei bei Erlass des Feststellungsbescheides 2003 vom 19.04.2006 eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, weil der bei der Veranlagung vom Bearbeiter vorgesehene und maschinell erfasste Vorbehaltsvermerk versehentlich nicht in den personell erstellten Feststellungsbescheid bzw. in die dazugehörige Anlage übernommen worden sei. Dies beruhe auf einem Versehen des Finanzamtes, das einem Verschreiben, Verrechnen o. ä. gleichkomme, mithin auf einem rein mechanischen Fehler. Ein in den Bereich der Willensbildung fallender Tatsachen- oder Rechtsirrtum des Finanzamtes könne ausgeschlossen werden. Der Bearbeiter habe, wie der Speicherausdruck zeige, bei der Veranlagung den Willen gefasst gehabt, den Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen zu lassen. Der Speicherausdruck mit dem Vermerk: „Art der Festsetzung: Vorbehalt der Nachprüfung” dokumentiere dies zweifelsfrei. Die vom Kläger diesbezüglich aufgeworfenen Zweifel griffen nicht. In einem einheitlichen Vorgang nehme der jeweils zuständige Bearbeiter die manuelle und anschließende maschinelle Bearbeitung vor. Hierzu enthalte der Speicherausdruck die Bearbeiternummer und das Verfügungsdatum, welches dem Datum entspreche, das auf der manuellen Verfügung unter Abschnitt D der Aktenausfertigung des Feststellungsbescheides vom April 2006 verzeichnet sei.

Zur Begründung seiner Klage stellt der Kläger zunächst den Ablauf des Feststellungs- und Einspruchsverfahrens umfassend dar. Weiter trägt er vor, dass beim Vortrag des Beklagten, dass der Bearbeiter der Feststellungserklärung 2003 willens gewesen sei, den Feststellungsbescheid vom April 2006 unter den Vorbehalt der Nachprüfung zu stellen und dieser nur bei der Erstellung der Anlage zum Bescheid das vorgesehene Feld nicht angesprochen habe, verkannt werde, dass die Willensbildung des Bearbeiters mit der Verfügung im Bescheid abgeschlossen sei. Entsprechend der Eintragungen auf der Aktenausfertigung des Finanzamtes sei die Verfügung bereits am 13.04.2006, 6 Tage vor der Erstellung des Protokolls zur personellen Nachspeicherung erfolgt. Der Bearbeiter habe auf der Vorderseite des Bescheides keine Eintragungen unter Kennziffer 14 zur Art der Feststellungen vorgenommen. Im Verfügungsteil „D.” des Bescheides werde dieses unter Punkt 1 vom Bearbeiter mit Datum 13.04.2006 bestätigt. Somit sei hinreichend dokumentiert, dass der Bearbeiter keine Nebenbestimmungen habe verfügen wollen. Darüber hinaus seien die Angaben des Bearbeiters mit Datum vom 18.04.2006 vom Sachgebietsleiter bestätigt worden. Der Bescheid vom 19.04.2006 sei mit seiner Bekanntgabe am 22.04.2006 bestandskräftig geworden. Eine Änderung gemäß § 164 Abs. 2 AO sei nicht möglich, da die Nebenbestimmung nicht verfügt worden sei. Ein Nachholen der Nebenbestimmung gemäß § 129 AO sei nicht möglich gewesen, da keine offenbare Unrichtigkeit gegeben gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Akteneinsicht am 12.09.2007 habe sich der Akteninhalt auf die eingereichte Feststellungserklärung, den Feststellungsbescheid 2003 vom April 2006, das Protokoll über die Nachspeicherung personeller Ergebnisse mit Rechentag 19.04.2006 sowie eine Proberechnung zur Nachspeicherung mit Rechentag 18.04.2006, deren Inhalt dem vorgenannten Protokoll gleiche, beschränkt. Dies alles lasse sich dahingehend zusammenfassen, dass der unterlaufene Fehler nicht ohne eine weitere tiefgehende Prüfung erkennbar sei. Das aber widerspreche dem Gedanken des § 129 AO, wonach der Fehler bei Offenlegung des Sachverhaltes für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar sein müsse. Der Beklagte führe in seiner Stellungnahme aus, dass bei der Veranlagung der Feststellungserklärung keine Trennung der Arbeitsvorgänge „Veranlagung” und „Datenerfassung” vorgenommen werde. Wenn dem so wäre, gäbe es keinen Unterschied zwischen der personellen Feststellung, die Ausfluss im ergangenen Feststellungsbescheid gefunden habe, und der Datenspeicherung in Form der „Auskunft Festsetzungsdaten im Veranlagungsbereich”. Zu Beginn der Computereinführung seien die Steuererklärungen von Sachbearbeitern/-innen bearbeitet, verkennziffert, und an eine externe Datenerfassung weitergegeben worden. Die Meinungsbildung habe erkennbar bei der Sachbearbeitung stattgefunden, Übertragungsfehler bei der Kennzifferneingabe seien vorgekommen und offensichtlich durch Vergleich der Vermerke auf den Steuererklärungen im Grünteil und dem Bescheid selbst erkennbar gewesen. Heute würden die Steuererklärungen von den Sachbearbeitern direkt am Computer bearbeitet. Die entsprechenden Kennziffern würden direkt im Computer angesprochen und fänden Ausfluss in vom Computer erstellten Bescheiden. Die Willensbildung erfolge direkt am Computer bei der Eingabe, eine Abweichung zwischen dem Willen der Sachbearbeiter vom ergangenen Bescheid sei ausgeschlossen. Aufgrund der noch in 2006 erfolgten manuellen Bescheiderstellung mit zusätzlicher Datenspeicherung im EDV-System sei es bislang weder aus der Akte noch aus den Sachvorträgen zu erkennen, wann sich der Wille des Sachbearbeiters gebildet habe.

Zu der Problematik der Zuständigkeit des Beklagten für die hier streitige Korrektur des Feststellungsbescheids trägt der Kläger vor, dass der angefochtene Feststellungsbescheid vom 17.04.2007 aufzuheben sei, da der ursprüngliche Feststellungsbescheid vom 19.04.2006 rechtmäßig ergangen sei. Im Streitjahr 2003 sei das Finanzamt En nur für die Umsatzbesteuerung des Unternehmens sowie für die Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für den Betrieb in En (Hotel Kaiserhof) zuständig gewesen, das Finanzamt W aber weder für die Feststellung der Einkünfte aus dem Betrieb in W (Verpachtung Mäuerchen 4 und 6) noch für die Feststellung der Einkünfte aus der Vermietung des Objektes „B-Str, En”, sondern das Wohnsitzfinanzamt Ue. Es hätten zwei getrennte Betriebe vorgelegen, ein Gewerbebetrieb in En und ein ruhender nicht gewerblicher Betrieb in W. Die Ergebnisse dieser Betriebe hätten getrennt voneinander festgestellt werden müssen. Im Streitjahr 2003 habe er unter anderem Einkünfte aus folgenden Objekten erzielt:

En, WA 2. In dem Gebäude betreibe er einen Hotelbetrieb. Für den Hotelbetrieb sei eine separate Buchführung mit eigenen Bankkonten, eigenem Kunden- und Lieferantenkreis, eigener Lohnbuchhaltung und eigenem Wareneinkauf eingerichtet. Aus dem Betrieb würden Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG erzielt. Die Umsätze aus dem Betrieb seien gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und mangels Steuerbefreiungsvorschrift umsatzsteuerpflichtig.

En, B-Str.2: Im Gebäude seien 4 Wohnungen zu Wohnzwecken vermietet. Daneben seien 6 Gewerbeeinheiten an ein Bekleidungsgeschäft, Reisebüro, Friseur, Kosmetikinstitut, Finanzdienstleister, Zahnarzt und an ein Weinrestaurant sowie eine Gaststätte vermietet. Die Grundstücksverwaltung sei in W erfolgt. Für die Einnahmen seien dort Aufzeichnungen, die in ihrer Art und Weise mit einer Buchführung vergleichbar seien, erstellt worden. Aus der Vermietung würden Einkünfte aus VuV gemäß § 21 EStG erklärt. Die Umsätze aus der Vermietung seien nach § 4 Nummer 12 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei; die Umsätze aus der Verpachtung der Gewerbeeinheiten würden steuerpflichtig behandelt.

W, Mäuerchen 4 und 6: Die Gebäude beherbergten ein Hotel mit Restaurantbetrieb, Ladenlokale, zwei Gewerbeobjekte und fünf Wohnungen. Die Gebäude würden als ein Objekt geführt und seien vollständig verpachtet/vermietet. Das Objekt sei in den 60er Jahren von seinem Vorfahren als ein Gewerbeobjekt selbst betrieben worden. Nach der Einstellung des Geschäftsbetriebes sei keine Betriebsaufgabe erklärt worden. Nach der Übertragung des Objektes auf ihn sei die Verpachtung als ruhender Gewerbebetrieb bis heute weitergeführt worden. Für das Objekt sei in W eine separate Buchführung mit eigenen Bankkonten und eigener Lohnbuchhalt für eine Angestellte erstellt worden. Einen Wareneinkauf im eigentlichen Sinne gebe es nicht, die angefallenen Kosten seien getrennt von den in En angefallenen Kosten gebucht worden. Aus der Verpachtung des Objektes würden Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt. Die Umsätze würden teilweise umsatzsteuerpflichtig behandelt.

Das für seine Einkommensbesteuerung zuständige Finanzamt sei das Finanzamt Ue. Unter der Adresse S 16, in W 1, unterhalte er ein Büro, von wo aus er seine Grundstücke verwaltet. Das Finanzamt En habe vorgetragen, dass die örtliche Zuständigkeit mit vorgelegtem Schreiben vom 24.03.1992 für die Grundstücksverwaltung vom Finanzamt W-E auf das Finanzamt En übertragen worden sei. Auslöser für die Änderung der örtlichen Zuständigkeit sei eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung gewesen. Das Finanzamt En sei nach der Mitteilung für die gesonderte Feststellung und die Umsatzsteuer zuständig. Danach ergäben sich folgende Zuständigkeiten:

Umsatzsteuer – § 21 AO: das Finanzamt, von dessen Bezirk aus der Unternehmer sein Unternehmen ganz oder vorwiegend betreibe. Bezüglich der Geschäftsleitung für das gesamte Unternehmen sei zu vermuten, dass diese in W im Büro der Grundstücksverwaltung gelegen sei. Aktiv betrieben worden sei allerdings nur das Hotel in En. Aufgrund von § 2 Abs. 1 UStG könne nur ein Finanzamt für die Umsatzsteuerbesteuerung zuständig sein. Aus Sicht der Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei es in 1992 geboten gewesen, die Zuständigkeit im Rahmen einer Verständigung zu regeln. Da es im Gegensatz zur reinen Vermietung im Rahmen der in En liegenden Unternehmensteile durch den Hotelbetrieb zu stark variierenden Umsätzen und variierenden Vorsteuerbeträgen gekommen sei und die Belege am Ort der Buchhaltung (En) aufbewahrt worden seien, sei es für Prüfungszwecke geboten gewesen, die Zuständigkeit an das Finanzamt En abzugeben.

Einkommensteuer – § 19 AO: Das Finanzamt, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz habe. Zuständig sei das Finanzamt Ue.

Feststellung von Einkünften – § 180 Abs. 1 Nr. 2b in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO: Sofern eine gesonderte Feststellung durchzuführen sei, sei bei Grundstücken das Lagefinanzamt bei gewerblichen Betrieben das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befinde, zuständig. Eine gesonderte Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb sei nur dann vorzunehmen, wenn das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig sei (§ 180 Abs. I Nr. 2b AO). Bei gewerblichen Betrieben (hier Hotel Kaiserhof, En) sei das Finanzamt für die gesonderte Feststellung zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befinde (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 AO). Nur bei gewerblichen Betrieben ohne Geschäftsleitung im Inland sei das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk der Betrieb liege (Betriebsfinanzamt). Er verwalte seine Grundstücke vom Büro S 16, in W, aus. Da die Geschäftsleitung in W vermutet werden könne, wäre das Finanzamt W für die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus dem Hotelbetrieb in En zuständig. Nachdem er im Zuge der Umsatzsteuersonderprüfung mitgeteilt habe, dass die Geschäftsleitung nach En verlegt worden sei, sei die Zuständigkeit für die Feststellung der Einkünfte aus dem Hotelbetrieb mit an das Finanzamt En übergeben worden. Da die Belege am Ort der Buchhaltung in En aufbewahrt worden seien, sei die Abgabe der Zuständigkeit für Prüfungszwecke geboten gewesen. Die gesonderte Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 180 Abs. 1 Nr. 2b AO) sei aber nur bei gewerblichen Betrieben (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 AO) vorzunehmen. Bei dem Objekt in W handele es sich aber nicht um einen Gewerbebetrieb (R 2.2 Satz 1 der Gewerbesteuer-Richtlinien – GewStR –). Es werde ein ruhender Betrieb verpachtet. Mangels Betriebsaufgabeerklärung würden keine Einkünfte aus § 21 EStG, sondern aus § 15 EStG erzielt (R 2.2 Satz 2 GewStR). Da kein Gewerbebetrieb vorliege, sei das Finanzamt, in dessen Bezirk die Geschäftsleitung liege (W) nicht für die Feststellung der Einkünfte zuständig. Da die Zuständigkeit für die Einkommensbesteuerung und für die gesonderte Feststellung von Einkünften nicht auseinanderfalle, sei das Wohnsitzfinanzamt (Ue) für die Besteuerung der Einkünfte aus dem Objekt Mäuerchen 4 und 6, W” zuständig. An dieser Stelle sei festzustellen, dass mit dem vorgelegten Schreiben des Finanzamtes W vom 24.02.1992 die örtliche Zuständigkeit für die Umsatzsteuer und für die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus dem in En belegenen Gewerbebetrieb (Hotel Kaiserhof) geändert worden sei. Da das Finanzamt W nicht für die Feststellung der Einkünfte aus dem Objekt Mäuerchen 4 und 6, W, zuständig gewesen sei, habe die Zuständigkeit nicht vom Finanzamt W an das Finanzamt En übertragen werden können. Eine gesonderte Feststellung von Einkünften sei nach § 180 AO nur vorgesehen, wenn die Einkünfte mehreren Personen zuzurechnen seien oder wenn es sich um Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder freiberuflicher Tätigkeit handelt.

Bei dem Betrieb in En (Hotel Kaiserhof) und dem Betrieb in W (Verpachtung Mäuerchen 4 und 6) handele es sich um zwei getrennte Betriebe, deren Einkünfte getrennt festgestellt werden müssten. Die Betriebe seien sowohl räumlich als auch organisatorisch und funktional voneinander getrennt. Für beide Betriebe komme grundsätzlich eine gesonderte Feststellung gemäß § 180 Abs. 1 Nummer 2b AO infrage, sofern das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig sei. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO sei bei gewerblichen Betrieben das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befinde. Da es sich aber in W nicht um einen gewerblichen Betrieb handele, sei auch nicht das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befinde, für die gesonderte Feststellung zuständig. Daraus folge, dass für den ruhenden Geschäftsbetrieb gemäß § 19 Abs. 1 AO das Wohnsitzfinanzamt zuständig sei. Soweit das Finanzamt seine Zuständigkeit auf den Sitz der Geschäftsleitung stützte, liege diese für den Betrieb in W in der S 16 in W. Damit sei der Beklagte für die Feststellung der Einkünfte aus dem ruhenden Betrieb in W örtlich nicht zuständig. Bei schematischer Lösung des Sachverhaltes anhand der Paragraphenreihenfolge der AO werde klar, dass für zwei selbstständige Betriebe durchaus zwei Feststellungen ergehen dürften. Der Ort des umsatzstärksten Betriebes stelle allenfalls ein Kriterium für die Umsatzbesteuerung dar. Die Reihenfolge der AO sehe vor, zunächst die örtliche Zuständigkeit zu bestimmen und dann festzustellen, ob überhaupt ein gesondertes Feststellungsverfahren durchzuführen sei. Im ersten Teil, dritter Abschnitt der AO, regele § 18 die örtliche Zuständigkeit, wenn eine gesonderte Feststellung nach § 180 AO vorzunehmen sei. Bei gewerblichen Betrieben sei für die gesonderte Feststellung das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befinde. Bei dem Hotelbetrieb in En handele es sich um einen gewerblichen Betrieb. Die Geschäftsleitung, aber auch schon der Betriebsort befinde sich abweichend vom Wohnsitz in En. Zuständig für die gesonderte Feststellung sei das Finanzamt En. Bei dem zu beurteilenden Betrieb in W handele es sich gerade nicht um einen gewerblichen Betrieb. Der § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO regele aber nur die örtliche Zuständigkeit bei gewerblichen Betrieben. Dass der Betriebsort und der Ort der Geschäftsleitung in W lägen, sei deshalb unerheblich. Wenn der Betrieb in W noch gewerblich tätig wäre, wäre nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO das Finanzamt W örtlich zuständig, da der Betriebsort in W liege. Da Betriebsfinanzamt und Wohnsitzfinanzamt auch in diesem Fall auseinanderfielen, wäre eine gesonderte Feststellung durchzuführen. Örtlich zuständig wäre in diesem Fall das Finanzamt W. Soweit der Beklagte BFH-Urteile wegen der einheitlich vorzunehmenden Einkunftsfeststellungen zitiere, sei darauf hinzuweisen, dass diese Urteile sich auf den anhängigen Rechtsstreit nicht übertragen ließen, weil dort Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit mit einer örtlichen Zuständigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 AO betroffen gewesen seien. Im Gegensatz zur freiberuflichen Tätigkeit, die überall ausgeführt werden könne, lägen hier zwei verschiedene feste Betriebe vor.

Der Kläger stellt den Antrag,

den geänderten Bescheid für 2003 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom April 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom Februar 2010 aufzuheben;

dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären;

das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Antrages trägt er vor, dass die Sachverhaltsdarstellung der Klägerseite, die Verfügung des Feststellungsbescheides sei am April 2006 und damit 6 Tage vor der Erstellung des Protokolls zur personellen Nachspeicherung ausdrücklich ohne eine Eintragung zur Art der Feststellung erfolgt, nicht den Tatsachen entspreche. Zur Ergänzung der Sachlage werde der Ausdruck „Auskunft Festsetzungsdaten im Veranlagungsbereich” zum Veranlagungsvorgang gesonderte Feststellung 2003 mit dem personellen Verfügungsdatum vom 13.04.2006 vorgelegt. Daraus sei ersichtlich, dass der Bearbeiter am 13.04.2006 sowohl die manuelle Verfügung unter Abschnitt D der Aktenausfertigung des Feststellungsbescheides vom 19.04.2006 erstellt als auch die Feststellungsdaten, einschließlich der Kennziffer für den Vorbehaltsvermerk (= SB 84/Kz 14 Wert 13), maschinell erfasst habe (SB 07/Kz 10 Wert 13.04.06 = Bearbeitungsdatum). Am 18.04.2006 sei die Zeichnung des Vorgangs durch den Sachgebietsleiter erfolgt und zwar mit dem Inhalt, den der Bearbeiter am 13.04.2006 maschinell erfasst habe (SB 07/Kz 13 Wert 18.04.06 = Zeichnungsdatum). Das in den Feststellungsdaten abgelegte Datum entspreche dem im manuellen Verfügungsteil. Das „Protokoll” über die Nachspeicherung personeller Ergebnisse mit Rechentag 19.04.2006 sei das Ergebnis der zuvor am 13.04.2006 erfassten und am 18.04.2006 durch den Sachgebietsleiter gezeichneten Feststellungsdaten, einschließlich der Kennziffer für den Vorbehaltsvermerk. Der fehlende Eintrag im Sachbereich 84/Kz 14 auf der Vorderseite der Aktenausfertigung des Feststellungsbescheides sei kein Zeichen dafür, dass der hier strittige Vorbehaltsvermerk nicht beabsichtigt gewesen sei. Wie der Akte zu entnehmen sei, seien auch die übrigen dort aufgeführten Sachbereiche und Kennziffern vor der maschinellen Erfassung nicht extra personell eingetragen worden, eben weil bei der Veranlagung der Feststellungserklärung keine Trennung in die Arbeitsvorgänge „Veranlagung” und „Datenerfassung” vorgenommen werde.

Zur Thematik der örtlichen Zuständigkeit trägt der Beklagte vor, dass Wohnort und Betriebsort auseinanderfielen und die Orte im Zuständigkeitsbereich verschiedener Finanzämter lägen, so dass die gewerblichen Einkünfte gesondert festzustellen seien. Für diese Feststellung sei gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO das Finanzamt En zuständig, da sich in dessen Bezirk die Geschäftsleitung des Betriebes befinde. Seit der Verlegung des Sitzes der Geschäftsleitung würden die gewerblichen Einkünfte des Klägers regelmäßig – auch im Streitjahr 2003 – in den an das Finanzamt En gerichteten Feststellungserklärungen erklärt. Zum Jahresabschluss 1993 habe der Kläger erläutert, dass zum 01.04.1993 das Betriebsvermögen W mit dem Betriebsvermögen En zusammengefasst worden sei. Seitdem würden die gewerblichen Einkünfte des Klägers einheitlich in den an das Finanzamt En gerichteten Feststellungserklärungen erklärt. Der Kläger habe regelmäßig auch zusammengefasste Bilanzen vorgelegt. Die bisherigen Feststellungserklärungen hätten keinen anderen Schluss zugelassen, als dass der Kläger die Betriebe in En und W als einheitlichen Gewerbebetrieb geführt habe. Im Feststellungsverfahren für das Streitjahr 2003 habe er darauf hingewiesen, dass in der Feststellungserklärung die Einkünfte aus Gewerbebetrieb zutreffend in Höhe von 110.409,51 EUR erklärt worden seien. Der Bevollmächtigte des Klägers habe also, entgegen seiner jetzigen Darstellung, selbst eine Feststellungserklärung für einen einheitlichen Gewerbebetrieb aus den Teilbereichen En und W mit Geschäftssitz in En eingereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten, die vorgelegten Unterlagen und auf die Ausführungen in den umfangreichen Schriftsätzen der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angegriffene Verwaltungsakt ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

Im Streitfall durfte der Beklagte in einem Akt den Feststellungsbescheid für das Jahr 2003 erst nach § 129 AO dahingehend berichtigen, dass der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO mit aufgenommen wird, und anschließend die „unrichtige” Feststellung nach § 164 Abs. 2 AO ändern.

Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. „Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten” sind einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche mechanische Versehen. Sie können beispielsweise bei Eingabe- oder Übertragungsfehlern vorliegen. So können Fehler bei Eintragungen in Eingabewertbögen für die automatische Datenverarbeitung als rein mechanische Versehen ähnliche offenbare Unrichtigkeiten sein, etwa bei einem unbeabsichtigten, unrichtigen Ausfüllen des Eingabebogens oder bei Irrtümern über den tatsächlichen Ablauf des maschinellen Verfahrens bzw. bei der Nichtbeachtung der für das maschinelle Veranlagungsverfahren geltenden Dienstanweisung, bei Verwendung falscher Schlüsselzahlen oder beim Übersehen notwendiger Eintragungen bzw. notwendiger Computereingaben. Auch das versehentliche Unterbleiben eines Vorbehaltsvermerks – etwa in Folge der Unterlassung der Übernahme dieses Vermerks aus der Aktenverfügung in den Bescheid oder der Nichterfassung der erforderlichen Kennziffer bei der Eingabe in das Computerveranlagungsprogramm durch Veranlagungsbeamte – stellt eine gemäß § 129 AO jederzeit zu berichtigende offenbare Unrichtigkeit dar. Auch wenn nur das offenbar ist, was für alle Beteiligten erkennbar, eindeutig oder augenfällig ist, muss die offenbare Unrichtigkeit nicht aus dem Bescheid selbst erkennbar sein (Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 01.07.2010 IV R 56/07, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2010, 2004, und vom 22.02.2006 I R 125/04, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 211, 424, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2006, 400).

In den Bereich der Willensbildung fallende Fehler bei der Auslegung oder Anwendung einer Rechtsnorm, unrichtige Tatsachenwürdigung, unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts oder Fehler, die auf mangelnder Sachaufklärung bzw. Nichtbeachtung feststehender Tatsachen beruhen, schließen die Anwendung des § 129 Satz 1 AO aber aus. Besteht eine mehr als nur theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums, so liegt kein bloßes mechanisches Versehen und damit auch keine offenbare Unrichtigkeit mehr vor, ebenso nicht bei einer unrichtigen Tatsachenwürdigung, bei der unzutreffenden Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts oder bei Fehlern, die auf mangelnder Sachaufklärung beruhen (Urteile des BFH vom 01.07.2010 IV R 56/07, BFH/NV 2010, 2004).

Da der Wortlaut des § 129 Satz 1 AO auf offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, abstellt, kommt es entscheidend auf die Umstände bei der Entscheidungsfindung an, die sich regelmäßig nur anhand des Akteninhalts im Nachgang feststellen lassen. Maßgebend ist aber, dass der Fehler bei Offenlegung des aktenkundigen Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen (objektiven) Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist. Dabei genügt die „Offenbarkeit der Unrichtigkeit” als solche; nicht dagegen ist erforderlich, dass für den Bescheidadressaten auch der an Stelle des unrichtigen zu setzende richtige Inhalt des Bescheids offenbar ist. Unerheblich ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, ob der Steuerpflichtige die Unrichtigkeit anhand des Bescheids und der ihm vorliegenden Unterlagen erkennen konnte (Urteil des BFH in BFH/NV 2010, 2004).

Ob ein mechanisches Versehen, ein Irrtum über den Programmablauf oder ein die Berichtigung nach § 129 AO ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, muss nach den Verhältnissen des Einzelfalls und dabei insbesondere nach der Aktenlage beurteilt werden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine Tatfrage, die der revisionsgerichtlichen Prüfung nur in eingeschränktem Umfang unterliegt.

Ist in einem Steuerbescheid die Anordnung des Vorbehalts der Nachprüfung versehentlich unterblieben und liegen insoweit die Voraussetzungen des § 129 Satz 1 AO vor, so muss das Finanzamt den Bescheid nicht zunächst nach § 129 AO berichtigen, um ihn anschließend nach § 164 Abs. 2 AO ändern zu können. Vielmehr kann der Bescheid in diesem Fall unmittelbar nach § 164 Abs. 2 AO geändert werden; diese Änderung schließt dann die Wahrnehmung der Berichtigungsmöglichkeit ein.

Gemessen an den vorgenannten vom Bundesfinanzhof aufgestellten und vom hier entscheidenden Senat ebenfalls vertretenen Grundsätzen durfte der Beklagte den Feststellungsbescheid vom April 2006 dahingehend nach § 129 AO berichtigen, dass nachträglich der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO angeordnet wird. Aus den vorliegenden Unterlagen – vorrangig die Akten des Beklagten – ergibt sich für den Senat eindeutig, dass der zuständige Veranlagungsbeamte des Beklagten versehentlich vergessen hat, den beabsichtigten Vorbehalt der Nachprüfung durch manuelles Ankreuzen des Kästchens auf dem Anlagebogen zum gesonderten Feststellungsbescheid 2003 anzuordnen. Die Nichteingabe der Kennziffer „13” bzw. das Nichtanbringen des Kreuzes in dem im manuellen Vordruck vorgesehenen Kästchen für die Anordnung des Vorbehaltsvermerks beruht eindeutig auf einem Vergessen oder Übersehen des Bearbeiters im Sinne des § 129 AO. Dies ergibt sich aus mehreren Umständen.

So ist der Aktenausfertigung des Feststellungsbescheides der Computerausdruck einer Probeberechnung mit dem „RT-Datum 19.04.06” beigefügt, in der niedergelegt ist, dass Art der Festsetzung „Vorbehalt der Nachprüfung; vorläufig” ist und in der unter Sachbereich 84 (Allgemeine Organisationszahlen) unter Ziffer 14 (Art der Festsetzung) die Ziffernfolge 13/11 eingetragen ist. Die Ziffer „13” steht nach dem Katalog der Kennzahlen des Beklagten für „Vorbehalt der Nachprüfung”. Als Verfügungsdatum ist der 13.04.2006 angegeben. Dieses Verfügungsdatum und nicht, wie dies der Kläger vorträgt, das Datum des Ausdrucks der Speicherdaten „RT-Datum 18.04.06” ist maßgeblich für die Beurteilung, welche Veranlagungsform der Sachbearbeiter wirklich wählen wollte. Dieses Datum entspricht auch dem handschriftlich auf dem Verfügungsteil aufgeführten Datum der Zeichnung durch den Bearbeiter. Die Veranlagung wurde, so der Verfügungsteil der Aktenausfertigung des Feststellungsbescheides, unverändert vom Sachgebietsleiter abgezeichnet. Auch in dem vom Beklagten vorgelegten Ausdruck „Auskunft Festsetzungsdaten im Veranlagungsbereich” zum Veranlagungsvorgang gesonderte Feststellung 2003 mit den personellen Verfügungsdaten vom 13.04.2006 ist dargestellt, dass der Veranlagungsbearbeiter am 13.04.2006 sowohl die manuelle Verfügung unter Abschnitt D der Aktenausfertigung des Feststellungsbescheides vom April 2006 erstellt als auch die Feststellungsdaten einschließlich der Kennziffer für den Vorbehaltsvermerk (= SB 84 / Kz 14 Wert 13) maschinell erfasst hat. Durch diesen Ausdruck wird auch der versteckte Vorwurf des Klägers widerlegt, dass der Beklagte nachträglich geänderte Computereingaben gefertigt hat und der Akteninhalt gar nicht den Willen und die Durchführung der Veranlagung durch den Veranlagungsbeamten im Zeitpunkt der Verfügung am 13.04.2006 dokumentiert. In der dem streitigen Feststellungsbescheid beigefügten Aktenausfertigung wird unter anderem auf eine Anlage verwiesen. In dieser manuell gefertigten Anlage zum Feststellungsbescheid ist angekreuzt, dass der Bescheid vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 AO ist, was auch der Probeberechnungen entspricht, nicht jedoch, dass der Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO ergangen ist. Dieses Fehlen des Kreuzes in dem vorgesehnen Kästchen widerspricht aber der vorgenannten Probeberechnungen vom 13.04.06, die den wirklichen Veranlagungswillen des Sachbearbeiters dokumentiert, und lässt nur darauf schließen, weil keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Bearbeiter oder der Sachgebietsleiter nach dem 13.04.2006 neue rechtliche Überlegungen angestellt haben, dass das Ankreuzen vom zuständigen Bearbeiter und vom Sachgebietsleiter unbeabsichtigt vergessen wurde. Für diese Auslegung, dass die für die Veranlagung zuständigen Beamten den Vorbehalt der Nachprüfung bei der Veranlagung feststellen wollten, ihn aber im manuellen Bescheid versehentlich nicht angeordnet haben, spricht auch der Umstand, dass die in der Akte befindlichen Bescheide für die vorangegangenen Besteuerungszeiträume ebenfalls alle unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind. Für den Steuerpflichtigen war offensichtlich geplant, eine Betriebsprüfung zur Überprüfung der Besteuerungsmerkmale durchzuführen. Auch in der am selben Tag durchgeführten Gewerbesteuerveranlagung für das Streitjahr 2003 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung durch Einfügen der Kennzahl „13” angeordnet und handschriftlich auf dem Veranlagungsteil des Erklärungsvordrucks „Bp” vermerkt. Auch dies deutet darauf hin, dass für den Betrieb des Klägers für das Streitjahr eine Betriebsprüfung vorgesehen war. Regelmäßig wird aber eine Betriebsprüfung nicht nur hinsichtlich der Gewerbesteuer, sondern vor allem hinsichtlich der Einkommensteuer bzw. der Gewinnfeststellung durchgeführt. Im Fall einer beabsichtigten Betriebsprüfung ergehen die Festsetzungen bzw. Feststellungen hinsichtlich der für die Betriebsprüfung vorgesehenen Veranlagungszeiträume aber erfahrungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, um die Prüfungsfeststellungen ohne Probleme mit der Bestandskraft der geprüften Steuer- und Feststellungsbescheide in geänderten Bescheiden verwerten zu können. Ein versehentlicher Übertragungsfehler der bei der Veranlagung beabsichtigten und in der Probeberechnung dargestellten Feststellungsmerkmale in den manuellen Feststellungsbescheid bzw. in die manuelle Anlage zum Feststellungsbescheid stellt nach Auffassung des Senats entsprechend der zuvor dargestellten Grundsätze eine Unrichtigkeit gemäß § 129 AO dar.

Die Unrichtigkeit ist auch „offenbar”. Maßgeblich dafür, dass ein Fehler offenkundig im Sinne des § 129 AO ist, ob der Fehler bei Offenlegung des aktenkundigen Sachverhalts für einen unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar war. Da insoweit nicht auf den Empfängerhorizont, sondern auf eine objektivierte Sicht abgestellt wird, kann bei dem „unvoreingenommenen Dritten” zunächst der Akteninhalt als bekannt vorausgesetzt werden. Allerdings beschränkt sich dessen Erkenntnishorizont nicht hierauf. Es ist auf die „Umstände bei der Entscheidungsfindung” abzustellen (Urteil des BFH vom 11.07.2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810). Dabei ist vornehmlich auf den Akteninhalt abzustellen, weil eine Anknüpfung an aktenkundige Umstände bei objektiver Betrachtungsweise regelmäßig besonders nahe liegt. Im Streitfall musste einem unvoreingenommenen Dritten die zuvor beschriebene Unrichtigkeit offenbar sein. Die erkennbaren Tatsachen, nämlich die Proberechnung mit dem Vorbehalt der Nachprüfung in den Akten, der Vorbehalt der Nachprüfung in den anderen Steuerfestsetzungen für den streitigen Veranlagungszeitraum und die beabsichtigte Betriebsprüfung für das Streitjahr, lassen keine andere Auslegung durch den objektiven Dritten zu, als dass eine Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung geplant, aber aus nicht erkennbaren Gründen nicht im Feststellungsbescheid angeordnet worden war. Die Unrichtigkeit „Nichtanordnung des Vorbehalts der Nachprüfung” ist deshalb offenkundig und kann nach § 129 AO dahingehend berichtigt werden, dass der Vorbehalt der Nachprüfung entsprechend der ursprünglichen Absicht des zuständigen Sachbearbeiters nachträglich noch eingefügt wird. Dementsprechend konnte auch in einem Akt nach § 164 Abs. 2 AO die Änderung der Gewinnfeststellung in der zwischen den Parteien nicht streitigen Höhe erfolgen.

Das Finanzamt En war für die Feststellung der Einkünfte aus dem Betrieb einer gewerblichen Vermietung in W und damit für die hier streitige Änderung des Feststellungsbescheids auch zuständig.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO gesondert festgestellt, wenn das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich gemäß § 17 AO nach den folgenden Vorschriften, soweit nichts anderes bestimmt ist. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO ist für die gesonderte Feststellung nach § 180 AO bei gewerblichen Betrieben mit Geschäftsleitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befindet, bei gewerblichen Betrieben ohne Geschäftsleitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes das Finanzamt, in dessen Bezirk eine Betriebstätte – bei mehreren Betriebsstätten die wirtschaftlich bedeutendste – unterhalten wird (Betriebsfinanzamt), örtlich zuständig. Für die Besteuerung natürlicher Personen nach dem Einkommen und Vermögen ist gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 AO das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Wohnsitzfinanzamt). Tatbestandsmäßige Voraussetzung für den Erlass eines gesonderten Gewinnfeststellungsbescheides gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO ist also das Auseinanderfallen der örtlichen Zuständigkeit für die gesonderte Gewinnfeststellung (§ 18 AO) und für die Steuern vom Einkommen (§ 19 AO).

Dabei ist im Streitfall zu beachten, dass der Kläger zwei selbstständige gewerbliche Betriebe im Sinne von §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in En bzw. in W betreibt.

Mehrere Betriebe bilden eine wirtschaftliche Einheit, sind also als ein Betrieb steuerlich zu behandeln, wenn die einzelnen „Betriebsteile” sachlich, insbesondere organisatorisch, wirtschaftlich oder finanziell zusammenhängen (Urteil des BFH vom 18.12.1996 XI R 63/96, BStBl II 1997, 573,BFHE 182, 369). Kriterien hierfür sind die Art der gewerblichen Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Geschäftsleitung, die Arbeitnehmerschaft, die Betriebsstätte, die Zusammensetzung und Finanzierung des Aktivvermögens sowie die Gleichartigkeit der Betätigung. Kennzeichen für einen organisatorischen Zusammenhang ist beispielsweise, dass die Unternehmensbereiche in einem Geschäftslokal untergebracht sind, unter Einsatz derselben Arbeitskräfte ausgeübt oder dass die Waren oder Betriebsmittel gemeinsam eingekauft und bezahlt werden. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn zwei (oder mehrere) Unternehmensbereiche sich gegenseitig stützen und ergänzen und nur miteinander wirtschaftlich betrieben werden können. Ein finanzieller Zusammenhang fehlt, wenn getrennte Aufzeichnungen geführt werden, wenn jeweils eigene Bankkonten unterhalten werden, getrennte Kassenabrechnungen vorgenommen werden und für jeden Betrieb gesonderte Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Bilanzen erstellt werden. Lässt sich ein organisatorischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Zusammenhang nicht feststellen, handelt es sich um mehrere Betriebe, die jeder für sich steuerlich zu erfassen sind. Nach diesen Kriterien sind die beiden gewerblichen Betätigungen des Klägers in En und in W als eigenständige gewerbliche Betriebe zu behandeln. Sie liegen mehrere hundert Kilometer weit auseinander und haben kein gemeinsames Personal. In W leitet der Kläger die Geschäfte in Bezug auf die gewerbliche Verpachtung und die Vermietung der Immobilien selbst, während er in En einen fremden Geschäftsführer eingesetzt hat, der den aktiven Hotelbetrieb leitet. In den beiden Betrieben werden eigenständige kaufmännische und steuerliche Aufzeichnungen und getrennte Konten geführt und es sind keine geschäftlichen Verbindungen miteinander erkennbar. Bei der notwendigen Gesamtbetrachtung anhand der vorgenannten Grundsätze und der erkennbaren Umstände sind die beiden Firmen wirtschaftlich, finanziell und organisatorisch voneinander unabhängig und sind damit als zwei selbstständige Betriebe zu behandeln.

Für diese beiden eigenständigen Betriebe sind auch gesonderte Feststellungen der Einkünfte nach §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2. b) AO durchzuführen, weil Betriebsfinanzamt und Wohnsitzfinanzamt auseinanderfallen. Für alle Verfahrensbeteiligten gilt dies unstreitig für den aktiven Hotelbetrieb in En, für den der Beklagte nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO für die Feststellung der Einkünfte als Betriebsfinanzamt zuständig ist, weil sich die Geschäftsleitung dieses Hotelbetriebs in dessen Einzugsbereich befindet. Dies gilt dem Grunde nach, entgegen der Auffassung des Klägers, aber auch für den verpachteten Betrieb in W. Auch für diesen Betrieb, der ausschließlich eine gewerbliche Verpachtung beinhaltet, ist eine gesonderte Feststellung der gewerblichen Verpachtungseinkünfte nach §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2. b) AO durchzuführen, wenn die örtliche Zuständigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO für die Feststellung der Einkünfte der Betriebsverpachtung (Betriebsfinanzamt) und die Zuständigkeit für die Einkommensbesteuerung des Klägers nach § 19 AO (W ohnsitzfinanzamt) auseinanderfallen. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Finanzamt in W oder der Beklagte für die Gewinnfeststellung der Verpachtung zuständig sein sollten. Für die Steuern vom Einkommen des Klägers ist das Wohnsitzfinanzamt in Ue örtlich zuständig, für die Feststellung der Einkünfte des verpachteten Betriebs in W das Betriebsfinanzamt nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO. Seine Familie betrieb nach Angaben des Klägers in W in den jetzt verpachteten Räumen früher selbst einen gewerblichen Hotelbetrieb, ehe sie den Betrieb in seiner Gesamtheit verpachtete. Eine Betriebsaufgabe wurde im Zusammenhang mit der Verpachtung nie erklärt. Dies ist zwischen allen Beteiligten unstreitig. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteil des BFH vom 11.10.2007 X R 39/04, BStBl II 2008, 220,BFHE 219, 144) führt die Verpachtung eines Gewerbebetriebs nicht zwangsläufig zu einer Betriebsaufgabe und damit zur Aufdeckung der stillen Reserven. Ein Gewerbetreibender braucht vielmehr die in seinem Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven dann nicht aufzudecken, wenn er zwar selbst seine werbende Tätigkeit einstellt, aber entweder den Betrieb im Ganzen als geschlossenen Organismus oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet und der Steuerpflichtige gegenüber den Finanzbehörden nicht (klar und eindeutig) die Aufgabe des Betriebs erklärt. Der bisherige Betrieb gilt in diesem Fall einkommensteuerrechtlich als Gewerbetrieb fortbestehend. Er wird nur in anderer Form als bisher gewerblich genutzt (Ludwig Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Rdz. 690 zu § 16 EStG). Es handelt sich zwar dann nicht, wie der Kläger richtig vorträgt, um einen Gewerbebetrieb im gewerbesteuerrechtlichen Sinne, weil die Gewerbesteuer nur werbende Betriebe erfasst (Ludwig Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Rdz. 709 zu § 16 EStG). Der Kläger erzielt aber trotzdem Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die regelmäßig nach den einkommensteuerlichen Regelungen der Gewinnermittlung zu ermitteln sind. Verfahrensrechtlich gelten bei dieser einkommensteuerrechtlichen Ermittlung der gewerblichen Einkünfte dieselben Regelungen wie für „werbende” Betriebe. Maßgeblich ist allein die einkommensteuerrechtliche Einstufung der Einkünfte als gewerbliche Einkünfte im Sinne von §§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 15 EStG. Demgemäß sind diese gewerblichen Einkünfte nach §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2b AO gesondert festzustellen, weil das für die Ermittlung dieser gewerblichen Einkünfte zuständige Finanzamt, nämlich das Betriebsfinanzamt nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO, nicht auch für die Steuern vom Einkommen (Wohnsitzfinanzamt nach § 19 AO) zuständig ist. Ein Fall von geringer Bedeutung im Sinne von § 180 Abs. 3 Nr. 2 AO, der ein Absehen von der gesonderten Feststellung dieser Einkünfte rechtfertigen könnte, liegt nicht vor. Ein solcher Fall ist anzunehmen, wenn es sich um einen leicht überschaubaren Sachverhalt handelt, die Ermittlung der Einkünfte hinsichtlich der Höhe und der Zurechnung verhältnismäßig einfach und die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nahezu ausgeschlossen ist (Beschluss des BFH vom 16.11.2006 XI B 156/05, BFH/NV 2007, 401). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall unter anderem auch deshalb nicht vor, weil z. B. noch alle verpachteten Wirtschaftsgüter zum notwendigen Betriebsvermögen des Klägers gehören und somit u. a. auch die Abschreibungen für Abnutzung (AfA) ermittelt werden müssen und weil, so die Ausführungen des Klägers, auch ein Arbeitnehmer beschäftig ist und ein Büro in W unterhalten wird. Damit sind doch zumindest Abgrenzungen zu der nicht gewerblichen Vermietung der weiteren Immobilien in W vorzunehmen und eine umfassende – wenn auch nicht sehr schwierige – Gewinnermittlung durchzuführen.

Grundsätzlich ist für die Gewinnfeststellung im Hinblick auf die gewerbliche Verpachtung gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO das Finanzamt W-E örtlich zuständig. Gemäß dieser Vorschrift ist für die gesonderten Feststellungen nach § 180 bei gewerblichen Betrieben mit Geschäftsleitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befindet (Betriebsfinanzamt). Nach den unwidersprochenen Ausführungen des Klägers liegt die Geschäftsleitung für die gewerbliche Verpachtung in W. Er unterhält dort auch für die Verwaltung des Verpachtungsobjekts ein Büro. Der Senat kann bei dem vorliegenden Sachverhalt auch nicht den Ausführungen des Beklagten folgen, der unter Verweis auf die Entscheidungen des BFH vom 10.06.1999 (IV R 69/98, BFHE 189, 8, BStBl II 1999, 691) und vom 16.11.2006 (XI B 156/05, BFH/NV 2007, 401) die Auffassung vertritt, dass bei Einkünften ein und derselben Art grundsätzlich nur eine gesonderte Feststellung durchzuführen sei. Die BFH-Urteile, auf die sich der Beklagte bezieht, betreffen aber ausschließlich freiberufliche Einkünfte. Auch bei diesen Einkünften ist eine gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2b EStG durchzuführen, wenn die freiberufliche Tätigkeit vorwiegend von einem anderen als dem Bezirk des Wohnsitzfinanzamtes ausgeübt wird. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 AO ist für die gesonderte Feststellung bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit das Finanzamt örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus die Tätigkeit vorwiegend ausgeübt wird. Zuständig sein können damit nur ein Finanzamt und nicht mehrere Finanzämter (Urteil des BFH vom 10.06.1999 IV R 69/98, BFHE 189, 8, BStBl II 1999, 691). Dies ergibt sich nicht nur aus dem Abstellen auf ein Finanzamt „das Finanzamt”) in der Zuständignorm. Die Regelung der Zuständigkeit danach, von welchem Finanzamtsbezirk aus die Berufstätigkeit „vorwiegend” ausgeübt wird, soll nach den genannten BFH-Urteilen auch gewährleisten, dass das Finanzamt, in dessen Bezirk der Schwerpunkt der Berufstätigkeit liegt, eine umfassende Zuständigkeit für diese Tätigkeit im Ganzen erhält. Dadurch wird dem für die Anwendung der gesonderten Feststellung nach § 180 AO maßgeblichen Gedanken der Sachnähe Rechnung getragen, weil dieses ortsnahe Finanzamt den größten Teil der Tätigkeit selbst beurteilen kann. Die Begründung der Zuständigkeit nur eines Finanzamts durch die Regelungen in § 18 Abs. 1 AO soll auch verhindern, dass es zu evtl. widersprechenden Teilfeststellungen kommt, die in ihrer Summe nicht mit dem insgesamt festzustellenden Betrag übereinstimmen. Die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit wird also vom Gesetz anhand der persönlichen Tätigkeit des Freiberuflers vorgenommen und soll nur an einem Ort liegen, nämlich dem Ort dessen überwiegender Tätigkeit. Diese Beschränkung knüpft letztlich an die Abgrenzung der freiberuflichen Tätigkeit in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG von anderen Einkunftsarten an, die in erster Linie auf die Leistung und die Fähigkeiten des Steuerpflichtigen abstellt. Anders ist die örtliche Zuständigkeit bei gewerblichen Betrieben in § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO geregelt. Die örtliche Zuständigkeit wird dort nicht betriebsinhaber-, sondern betriebsbezogen ermittelt. Bei gewerblichen Betrieben ist nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO für die gesonderte Feststellung nach § 180 AO das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich dessen Geschäftsleitung befindet. Geschäftsleitung ist nach § 10 AO der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Liegen demgemäß, wie im Streitfall, mehrere selbstständige Betriebe vor, so sind auch mehrere Gewinnfeststellungen zu treffen, wenn mehrere Geschäftsleitungen vorliegen. Dieser Auslegung steht auch nicht der Wortlaut des § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO entgegen, der besagt, dass gesondert festzustellen ist, wenn das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für Steuern vom Einkommen zuständig ist. Die Verwendung des Singulars bedeutet hier nicht, dass grundsätzlich nur ein (das) Finanzamt für die gesonderte Einkünftefeststellung eines Steuerpflichtigen zuständig sein kann, sondern dass für jeden selbstständigen Betrieb jeweils eine Abgrenzung des Wohnsitzfinanzamt nach § 19 AO von dem Betriebsfinanzamt nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO erfolgen muss.

Im Streitfall ist jedoch der Beklagte aufgrund einer Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO für die Feststellung der Einkünfte des gewerblichen Verpachtungsbetriebs in W zuständig. Nach dieser Regelung kann im Einvernehmen mit der Finanzbehörde, die nach den Vorschriften der Steuergesetze örtlich zuständig ist, eine andere Finanzbehörde die Besteuerung übernehmen, wenn der Betroffene zustimmt. Im Übrigen wäre ein Fehler der örtlichen Zuständigkeit des Beklagten im Rahmen der Feststellung der Einkünfte aus der Verpachtung des Hotelbetriebs in W auch nach § 127 AO geheilt, weil materiell – dies wurde von den Beteiligten nie in Frage gestellt – keine andere Entscheidung in der Sache hätte ergehen können.

Ob im Rahmen einer gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO überhaupt eine Vereinbarung über die örtliche Zuständigkeit nach § 27 AO statthaft ist bzw. ob eine Heilung eines Verfahrens- und Formfehlers, hier eines Fehlers bezüglich der örtlichen Zuständigkeit, nach § 127 AO möglich ist, ist umstritten. Unstreitig und durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geklärt ist, dass dann weder eine Vereinbarung über die örtliche Zuständigkeit noch eine Heilung eines Zuständigkeitsfehlers zulässig ist, wenn die Zuständigkeitsvereinbarung bzw. der Fehler hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit die Voraussetzungen oder dessen Heilung für eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO überhaupt erst begründen oder aber beseitigen. Der Bundesfinanzhof führt in seinem Urteil vom 15.04.1986 (VIII R 325/84, BFHE 147, 101, BStBl II 1987, 195) aus, dass nach dieser Vorschrift die Einkünfte aus Gewerbebetrieb gesondert festgestellt würden, wenn das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen des Steuerpflichtigen zuständig sei. Das Auseinanderfallen der örtlichen Zuständigkeit für die gesonderte Gewinnfeststellung (§ 18 AO) und für die Steuern vom Einkommen (§ 19 AO) sei sonach eine tatbestandsmäßige Voraussetzung für den Erlass eines gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids. Hieraus folge, dass die gesetzlichen Zuständigkeiten nicht durch eine Zuständigkeitsvereinbarung (§ 27 AO) mit Wirkung für § 180 Abs.1 Nr. 2b AO abgeändert werden könnten. Zum anderen könne ein Gewinnfeststellungsbescheid, der unter Verletzung der in § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO herangezogenen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit ergangen sei, nicht gemäß § 127 AO mit der Begründung bestätigt werden, es hätte keine andere Entscheidung in der Sache getroffen werden können. Die Verletzung der §§ 18, 19 AO in der gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO getroffenen Zuordnung sei ein nicht – auch nicht nach § 127 AO – heilbarer Rechtsfehler (s. auch Urteil des BFH vom 11.12.1987 III R 228/84, BFHE 152, 27, BStBl II 1988, 230). Die Vorschrift, die von dem Grundsatz abweiche, dass die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen einen unselbstständigen Teil des Steuerbescheids bilde (§ 157 Abs.2, § 179 Abs.1 AO), erhalte ihre innere Berechtigung aus der Überlegung, dass das „betriebsnähere” Finanzamt mit den betrieblichen Verhältnissen besser vertraut sei als das Wohnsitzfinanzamt und damit eine richtige Entscheidung eher gewährleistet sei (Urteil des BFH vom 09.08.1995 XI R 109, 92, BFH/NV 1996, 404). Dadurch werde auch dem Gedanken der Sachnähe Rechnung getragen. Im Streitfall ändert die Zuständigkeitsvereinbarung zwischen dem Finanzamt in S und dem Finanzamt En jedoch nichts an der Tatbestandsmäßigkeit des § 180 Abs. 1 Nr. 2b EStG, dass also sachlich überhaupt eine gesonderte Feststellung der gewerblichen Einkünfte nach dieser Vorschrift vom Betriebsfinanzamt durchgeführt werden muss; sie greift also nicht in die nicht disponible „sachliche” Kompetenz der betroffenen Finanzämter ein, weil trotz Vereinbarung die Zuständigkeit des Wohnsitzfinanzamts Ue und des Betriebsfinanzamtes En auseinanderfallen und deshalb eine gesonderte Feststellung nach § 180 AO erfolgen muss.

Der Senat folgt jedoch nicht der Auffassung des Finanzgerichts des Landes BadenWürttemberg in dessen Urteil vom 25.06.1995 (12 K 58/97, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1997, 1280), in dem über einen vergleichbaren Sachverhalt zu entscheiden war. Bei der Frage, ob eine Vereinbarung über die örtliche Zuständigkeit nach § 27 AO getroffen werden kann, wie sie in dem hier entscheidenden Verfahren zu beantworten ist, und bei der Frage, ob eine Verletzung der Regelungen über die örtliche Zuständigkeit gemäß § 127 AO deshalb geheilt werden kann, weil eine andere Entscheidung in der Sache nicht hätte getroffen werden können, wie sie das Finanzgericht des Landes Baden-Württemberg beantworten musste, muss jeweils entschieden werden, ob ein an sich örtlich unzuständiges Finanzamt einen steuerlich verbindlichen Verwaltungsakt erlassen kann. Das Finanzgericht des Landes BadenWürttemberg verneint diese Frage grundsätzlich und trägt zur Begründung vor, die aus § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO resultierende Zuständigkeit für die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nicht nur die örtliche Zuständigkeit, sondern auch die Sachkompetenz (sachliche Zuständigkeit) betreffe, sodass bei einer Verletzung dieser Zuständigkeitsregelung § 127 AO nicht anwendbar sei. Es sei nicht dem Urteil des schleswig-holsteinischen Finanzgerichts vom 15. November 1983 (II 177/80 V, EFG 1985,322) zu folgen, wonach die aus den §§ 179 ff. AO resultierende Sachkompetenz (sachliche Zuständigkeit) für eine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen in einem vergleichbaren Fall wie dem hier zu entscheidenden nicht ve rletzt worden sei, weil die Bedeutung dieser Bestimmung lediglich darin liege, dass ein gesondertes Verfahren vorgesehen und zugleich auch der Inhalt der zu erlassenden Verwaltungsakte zwingend festgelegt sei. Würden vom Finanzamt entsprechende Feststellungsbescheide auch erlassen, könne die reine Verletzung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nach § 127 AO geheilt werden.

Richtig ist zwar, dass die Pflicht zum Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO ihre innere Berechtigung aus der Überlegung, dass das ortsnähere Betriebsfinanzamt mit den betrieblichen Verhältnissen besser vertraut sei, erhalte. Diese Begründung dient aber nur dazu, sicherzustellen, dass in Abweichung von der Grundregel des § 157 Abs. 2 AO, wonach die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen einen mit Rechtsbehelfen nicht selbstständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids bildet, die Besteuerungsgrundlagen immer dann gesondert festgestellt werden, wenn Wohnsitzfinanzamt und Betriebsfinanzamt auseinanderfallen. Es liegt eine Regelung der unterschiedlichen sachlichen Zuständigkeit vor. Sowohl die Regelung über die Heilung der Folgen von Verfahrens- und Formfehlern in § 127 AO als auch die Regelung über die Vereinbarung der örtlichen Zuständigkeit in § 27 AO betreffen aber unmittelbar nur die örtliche Zuständigkeit. Sie sind nur ausnahmsweise dann nicht anwendbar, wenn mittelbar die sachliche Zuständigkeit nach der Regelung in § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO geändert wird. Werden aber sachlich wegen des Auseinanderfallens der örtlichen Zuständigkeit von Betriebs- und Wohnsitzfinanzamt getrennt ein Besteuerungs- und mehrere Feststellungsverfahren durchgeführt, so gelten in diesen Verfahren dann nach Auffassung des hier entscheidenden Senats die allgemeinen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit, also auch die Möglichkeit einer Vereinbarung über die örtliche Zuständigkeit nach § 27 AO zwischen zwei Betriebsfinanzämtern bzw. einer Heilung der örtlichen Unzuständigkeit nach § 127 AO, weil keine weiteren gesetzlichen Einschränkungen der Anwendung dieser Zuständigkeitsregelungen erkennbar sind. Die Regelungen über die örtliche Zuständigkeit sind grundsätzlich von dem Prinzip der Ortsnähe – z. B. Wohnsitzfinanzamt – getragen. Eine Durchbrechung dieser Ortsnäheregelungen ist entweder durch die Verfahrensökonomie begründet wie bei der Heilungsvorschrift des § 127 AO. Es ist ebenso wenig verfahrensökonomisch sinnvoll, eine „richtige” Einkommensteuerveranlagung nur deshalb aufzuheben, weil ein örtlich unzuständiges Finanzamt tätig wurde, wie es nicht sinnvoll ist, eine richtige Gewinnfeststellung aus diesem Grund aufzuheben. In beiden Fällen kann Heilung nach § 127 AO eintreten. Eine Durchbrechung der Ortsnäheregelung kann aber auch ihre Ursache in dem Steuerrechtsverhältnis zwischen den beteiligten Finanzämtern und dem Steuerpflichtigen haben, z. B. weil, wie im Streitfall, die Umsatzsteuerveranlagung in einem Amt für das gesamte Unternehmen des Steuerpflichtigen vorgenommen wird und damit alle umsatzsteuerlichen Aufzeichnungen und Unterlagen in diesem Finanzamt einzureichen sind. Zur Vereinfachung der steuerlichen Beziehung kann eine Zusammenfassung der mehreren Gewinnfeststellungen sachgerecht, weil verfahrensökonomisch sein und im Interesse aller Beteiligter liegen. Demgemäß ist eine Vereinbarung über die rein örtliche Zuständigkeit nach § 27 AO bzw. eine Heilung von Fehlern nach § 127 AO, die ausschließlich die örtliche Zuständigkeit betreffen, immer dann zulässig, wenn die sachliche Zuständigkeit dadurch nicht auch betroffen ist.

Das ursprünglich zuständige Finanzamt S und das Finanzamt En haben auch eine verbindliche Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO getroffen. Nach dieser Regelung kann im Einvernehmen mit der Finanzbehörde, die nach den Vorschriften der Steuergesetze zuständig ist, eine andere Finanzbehörde die Besteuerung übernehmen, wenn der Betroffene zustimmt. Das Finanzamt S hat 1992 die Akten an das Finanzamt En zuständigkeitshalber übersandt; das Finanzamt En hat ohne Einwendungen gegen die Aktenabgabe seit dieser Zeit die Veranlagung der Einkünfte aus der gewerblichen Vermietung und Verpachtung des Hotels in W durchgeführt. In diesem Verwaltungshandeln ist eine Zuständigkeitsvereinbarung im Sinne von § 27 AO zwischen den beiden Finanzämtern zu sehen. Der Kläger hat dieser Vereinbarung auch zugestimmt. Eine bestimmte Form ist für die Zustimmung des Betroffenen nicht vorgeschrieben. Sie muss jedoch ausdrücklich erklärt werden. Schweigen oder fehlender Widerspruch können für sich nicht als Zustimmung gewertet werden. Auch die Einreichung der Steuererklärung beim örtlich unzuständigen Finanzamt reicht regelmäßig nicht aus (Urteil des BFH vom 13.12.2001 III R 13/00, BFHE 197,12, BStBl II 2002, 406). Vorliegend ist die Einreichung der Feststellungserklärung beim Beklagten jedoch als Zustimmungserklärung zu verstehen. Dabei ist zu beachten, dass die Zuständigkeitsvereinbarung, wie sich aus der Mitteilung über die Änderung der örtlichen Zuständigkeit im Besteuerungsverfahren vom 24. März 1992 ergibt, auf Betreiben des Steuerpflichtigen im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung zwischen den beiden Finanzämtern getroffen wurde. Damit ist im Streitfall die Einreichung der Feststellungserklärung anders zu beurteilen als in dem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall, in dem der Steuerpflichtige sich gerade gegen die örtliche Unzuständigkeit des Finanzamtes, bei dem er die Steuererklärung eingereicht hatte, gewehrt hatte. Weiterhin ist zu beachten, dass im Streitfall der Kläger im Streitjahr bereits mehr als 10 Jahre die Feststellungserklärungen auch für seine gewerbliche Tätigkeit in W beim Beklagten eingereicht und er alle zuvor ergangenen Feststellungsbescheide des Beklagten in diesem Punkt unbeanstandet hingenommen hatte. In einem solchen Fall beinhaltet die Einreichung einer Feststellungserklärung beim Beklagten im Streitjahr auch die ausdrückliche vorherige Zustimmung zu dessen durch Vereinbarung begründeter Zuständigkeit. Die Zuständigkeitsvereinbarung ist auch ungeachtet der Tatsache, dass sie von zwei Finanzämtern aus verschiedenen Bundesländern getroffen wurde, also die verbandsmäßige Zuständigkeit betroffen ist, rechtsgültig, weil die verbandsmäßige Zuständigkeit für die Einkommensteuer nicht wesentlich ist (Kruse in Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Rdn. 6 ff zu § 16 AO; Urteile des BFH vom 16.07.1986 I R 78/79, BFH/NV 1987, 326, und vom 23.11.1972 VIII R 42/67, BStBl II 1973, 198).

Damit ist der Beklagte für die hier dem Grunde nach gemäß § 164 Abs. 2 AO zulässige Änderung der gesonderten Feststellung der Einkünfte aus der Verpachtung des Hotelbetriebs in W aufgrund einer gültigen Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO auch zuständig bzw. die örtliche Unzuständigkeit des Beklagten für diese gesonderte Feststellung wird nach § 127 AO zumindest geheilt. Damit kann die Klage keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil geklärt werden muss, ob gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2b EStG für den Fall, dass zwei selbstständige gewerbliche Betriebe eines Steuerpflichtigen an verschiedenen Orten vorhanden sind, zwei gesonderte Gewinnfeststellungen zu erfolgen haben, bzw. ob bei gesonderten Feststellungen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO auch die Regelungen über die örtliche Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO und über die Heilung von Formund Verfahrensfehlern nach § 127 AO anzuwenden sind, wenn ausschließlich die örtliche Zuständigkeit der beteiligten Finanzämter berührt ist.

VorschriftenAO § 18 Abs. 1, AO § 19, AO § 27, AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, AO § 127, AO § 164, AO § 129, EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1

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