28.02.2013
Landesarbeitsgericht: Urteil vom 03.05.2010 – 14 Sa 71/10
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 06.11.2009 - 5 Ca 4792/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug noch über die Nachzahlung sog. betrieblicher Leistungen sowie die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.
Der am 26.01.1941 geborene Kläger war bei der Beklagten bis zum 31.03.1992 als außertariflicher Angestellter beschäftigt. Sie betrieb ein Unternehmen des Steinkohlebergbaus und war Mitglied des Bochumer Verbandes. Dem Kläger sagte sie eine betriebliche Altersversorgung nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes (LO) zu. Nach § 3 der seit dem 22.12.1974 geltenden Leistungsordnung (LO 1974) richteten sich die Ruhegelder nach den jeweils geltenden Gruppenbeträgen. Auf das bei jeder Änderung der Gruppenbeträge neu zu berechnende Ruhegeld wurden die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung nach Maßgabe des § 8 dieser Leistungsordnung angerechnet. Satzung und Leistungsordnung des Bochumer Verbandes wurden mit Wirkung vom 01.01.1985 geändert. Die neue Leistungsordnung (LO 1985) sieht unterschiedliche Regelungen für die Anpassung der Anwartschaften einerseits (§ 3 LO 1985) und der laufenden Leistungen andererseits (§ 20 LO 1985) vor. § 20 LO 1985 lautet:
"Die laufenden Leistungen werden vom Verband unter Berücksichtigung der Belange der Leistungsempfänger und der wirtschaftlichen Lage der Mitglieder überprüft und gegebenenfalls nach billigem Ermessen angepasst."
Beginnend ab dem 01.01.1985 passte der Bochumer Verband alle drei Jahre die laufenden Betriebsrenten an.
Nach seinem Ausscheiden bei der Beklagten bezog der Kläger zunächst Anpassungsgeld und später Knappschaftsausgleichsleistungen. Die Beklagte zahlte an ihn daneben gemäß der Konzernrichtlinie Nr. 2/1983 vom 16.06.1983 bis zum 31.01.2001 betriebliche Leistungen für "außertarifliche Angestellte, die im Rahmen der Anpassungsmaßnahmen im Steinkohlebergbau vorzeitig ausscheiden". Diese Richtlinie enthielt folgende Bestimmungen:
"I. Erfasster Personenkreis und Grundvoraussetzungen:
Das Unternehmen erklärt sich bereit, für außertarifliche Angestellte (AT-Angestellte), die vor Erreichung der Altersgrenze wegen einer Stilllegung, Teilstilllegung oder Rationalisierungsmaßnahme entlassen werden, neben dem von der öffentlichen Hand gezahlten Anpassungsgeld betriebliche Leistungen zu gewähren.
Dies gilt nur für Mitarbeiter, die eine Zusage auf Versorgungsleistungen des Bochumer Verbandes erhalten haben, aber weder die Voraussetzungen für ein Übergangsgeld, noch für das Ruhegeld nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes erfüllen.
II. Berechnung der betrieblichen Leistungen
a)Die betrieblichen Leistungen werden grundsätzlich in Anlehnung an die Leistungsordnung des Bochumer Verbandes berechnet....
b)Auf diese betrieblichen Leistungen werden alle von dritter Seite aus Anlass der Entlassung oder im Zusammenhang mit dem aufgelösten Arbeitsverhältnis gewährten Leistungen angerechnet, auch alle gemäß § 8 Leistungsordnung Bochumer Verband anzurechnenden Leistungen. Dabei wird Anpassungsgeld wie eine Rente behandelt.
...h)Eine Neuberechnung der betrieblichen Leistungen erfolgt unter Berücksichtigung des konstanten Differenzbetrages zwischen den gemäß Leistungsordnung des Bochumer Verbandes berechneten und den zu zahlenden betrieblichen Leistungen
- bei Änderungen der Höhe des Anpassungsgeldes
- bei Änderungen der Gruppenbeträge Bochumer Verband....
III. Wegfall der Leistungen
Die betrieblichen Leistungen entfallen, wenn
...3. ein Anspruch auf Ruhegeld oder Hinterbliebenenbezüge aus dem Bochumer Verband besteht.
XI. AT-Angestellte mit Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung (KAL)
Die für Anpassungsgeldempfänger geltenden Bestimmungen werden auch angewandt
- bei außertariflichen Angestellten, die im Rahmen von Stilllegungsmaßnahmen ausscheiden und unmittelbar die KAL und in Anlehnung an die Leistungsordnung des Bochumer Verbandes errechnete betriebliche Leistungen (nicht Wartegeld) erhalten
- bei außertariflichen Angestellten, die im Rahmen einer KAL-Richtlinie ausscheiden und in Anlehnung an die Leistungsordnung des Bochumer Verbandes errechnete betriebliche Leistungen erhalten.
..."
Entsprechend der Beschlussfassung des Bochumer Verbandes zur Anpassung der Ruhegelder erhöhte die Beklagte die dem Kläger gewährten betrieblichen Leistungen, die sich zuvor auf monatlich 1.907,40 DM brutto beliefen zum 01.01.1997 um 2% auf 1.945,60 DM brutto und zum 01.01.2000 um 1,2 % auf 1.969,-- DM brutto. Sowohl der Verband der Führungskräfte e.V. (VDF) als auch die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) rügten gegenüber dem Bochumer Verband bis zum Zeitpunkt der nächsten Anpassungsentscheidung, dass die Erhöhung der Ruhegelder unter der Teuerungsrate von 5,6 % für den Zeitraum vom 01.01.1994 bis 31.12.1996 und von 3,44 % für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.12.1999 lag. Der Kläger war seit dem Jahre 1955 Mitglied der IG BCE sowie von 1982 bis 1999 Mitglied des VDF.
Ab dem 01.02.2001 erhielt der Kläger eine Betriebsrente nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes in Höhe von monatlich 2.011,40 DM (1.028,41 €) brutto. Mit Schreiben vom 04.02.2003 teilte der Bochumer Verband dem Kläger im Auftrag der Beklagten mit, dass sich seine Betriebsrente um 6,5 % auf 1.095,30 € erhöhe. Darin heißt es:
"Anpassung der laufenden Leistungen nach § 20 der Leistungsordnung zum 01.01.2003
Gemäß Beschluss des Vorstands werden die laufenden Leistungen mit Wirkung vom 01.01.2003 um 5,5 vH erhöht.
Ferner hat der Vorstand beschlossen, die laufenden Leistungen der von der Anpassung um 1,2 % zum 01.01.2000 betroffenen Betriebsrentner ab 01.01.2003 zusätzlich um 1 vH-Punkt zu erhöhen. Ihre Bezüge errechnen sich somit von diesem Zeitpunkt an wie folgt:.."
Mit Schreiben vom 19.12.2003 teilte der Bochumer Verband dem Kläger ferner Folgendes mit:
"Anpassung der laufenden Leistungen zum 01.01.2003
Unser Mitgliedsunternehmen S. Aktiengesellschaft hat beschlossen, allen von der Anpassung zum 01.01.1997 betroffenen Pensionären der S. Aktiengesellschaft die laufenden Leistungen ab dem 01.01.2003 über die bereits erfolgte Erhöhung um 6,5 % hinaus um einen weiteren Prozentpunkt anzupassen. Damit wird sichergestellt, dass alle betroffenen Bergbaupensionäre rückwirkend zum 01.01.2003 eine Erhöhung ihrer laufenden Leistungen um 7,5 % erhalten.
Eine genaue Berechnung ihrer Bezüge erhalten sie spätestens im Februar 2004."
Die Beklagte zahlte danach an den Kläger unter Einschluss der Nachzahlungen ab dem 01.01.2003 eine Betriebsrente in Höhe von 1.105,60 € brutto (vgl. Schreiben des Bochumer Verbandes vom 24.02.2004, Bl. 157 d.A.). Die Beklagte erhöhte die Betriebsrente dann ab dem 01.01.2006 um weitere 5,38 % auf 1.165,10 € brutto und ab dem 01.01.2009 um weitere 6 % auf 1.235,-- € brutto.
Nachdem das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 10.02.2009 - 3 AZR 783/07 - entschieden hatte, dass den Beziehern der betrieblichen Leistungen gemäß der Konzernrichtlinie Nr. 2/1983 mit Wirkung ab dem 01.01.1997 und 01.01.2000 wie den Betriebsrentnern ein voller Teuerungsausgleich zustehe, teilte die Beklagte dem Kläger unter dem 14.09.2009 mit, sie habe seine Bezüge rückwirkend ab dem 01.01.1997 neu berechnet. Für die Zeit ab dem 01.01.2003 ergebe sich bei einer Erhöhung um 5,5 % eine Betriebsrente von lediglich 1.085,-- € und demnach ab dem 01.01.2006 bei einer Erhöhung um 3,44 % eine Betriebsrente von 1.143,40 € brutto und ab dem 01.01.2009 bei einer Erhöhung um 6 % eine Betriebsrente von 1.212,-- € brutto. Einen Anspruch des Klägers auf restliche betriebliche Leistungen für den Zeit vom 1.1.1997 bis 31.01.2001 entsprechend der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in Höhe von insgesamt 2.023,74 € brutto verrechnete sie mit einer sich aus der Neuberechnung der Betriebsrente ergebenden Überzahlung für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 30.09.2009 in Höhe von 1.729,80 € brutto. Den Differenzbetrag in Höhe von 293,94 € brutto zahlte die Beklagte mit der Betriebsrente für den Monat Oktober 2009 an den Kläger.
Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger von der Beklagten zuletzt die Zahlung von betrieblichen Leistungen "für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.12.2001" in Höhe von 1.729,80 € brutto verlangt. Er hat ferner den Antrag gestellt, festzustellen, dass ihm als betriebliche Altersversorgung für den Zeitraum ab dem 01.10.2009 bis auf weiteres monatlich 1.235,-- € brutto zu zahlen sind.
Das Arbeitsgericht hat diesen Anträgen durch Urteil vom 06.11.2009, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt, während der Kläger um Zurückweisung der Berufung bittet.
Die Beklagte hält dem erstinstanzlichen Urteil im Wesentlichen Folgendes entgegen:
Die Leistungserhöhungen, die dem Kläger ab dem 01.01.2003 in Höhe von 2 % zusätzlich neben dem gewährten Teuerungsausgleich von 5,5 % zugute gekommen seien, hätten ausschließlich einen Ausgleich für den Zeitraum bis zum Beginn des "echten" Altersruhegeldes beinhaltet und seien dafür auch bestimmt gewesen. Das Arbeitsgericht habe daher die von ihr zusätzlich erbrachten Betriebsrentenbeträge auf die dem Kläger zustehenden Restansprüche auf betriebliche Leistungen beziehen müssen, wobei der Ausgleichsbedarf aufgrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.02.2009 abschließend definiert sei. Wenn man diesen Überlegungen nicht folge, greife die vorsorglich erklärte Aufrechnung mit Überzahlungen, die eingetreten seien, weil der Kläger bereits eine Kompensation für den nicht erfolgten Teuerungsausgleich bei den betrieblichen Leistungen erhalten habe. Ihre Verpflichtungen müssten, da jedenfalls die Geschäftsgrundlage mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgericht entfallen sei, auf das Maß zurückgeführt werden, das gelte, wenn man zu den Anpassungsstichtagen in den Jahren 1997 und 2000 einen Teuerungsausgleich zugrunde lege. Die Aufrechnung verstoße entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht gegen Pfändungsschutzbestimmungen, da für die Ermittlung des pfändbaren und damit aufrechenbaren Betrages gemäß § 850e Abs. 2a ZPO an den Kläger gezahlte Sozialversicherungsleistungen mit zu berücksichtigen seien. Soweit in den Erklärungen der Beklagten oder in denen des Bochumer Verbandes Entscheidungen erblickt werden sollten, dem Kläger über die Geldentwertungsrate hinaus Anpassungen zu gewähren, fechte sie diese unter jedem rechtlich in Betracht kommenden Gesichtspunkt an.
Von einer weiteren Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht in vollem Umfang stattgegeben. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die restlichen betrieblichen Leistungen in Höhe von 1.729,80 € brutto. Ihm steht überdies eine Betriebsrente ab dem 01.10.2009 in dem geltend gemachten Umfang zu.
I.Der Kläger hat kraft vertraglicher Zusage in Verbindung mit der Konzernrichtlinie Nr. 2/1983 Anspruch auf nachträgliche Anpassung der neben dem Anpassungsgeld und den Knappschaftsausgleichsleistungen gewährten "betrieblichen Leistung" zum 01.01.1997 und zum 01.01.2000 mit der Folge einer rechnerisch unstreitigen Restforderung in Höhe von insgesamt 1.729,80 € brutto.
1.Gegenstand der Klage ist ein restlicher Zahlungsanspruch des Klägers wegen nachträglicher Anpassung der betrieblichen Leistungen in dem Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.01.2001. Soweit im Tenor des angefochtenen Urteils von einem Zeitraum bis zum Ende des Jahres 2001 die Rede ist, handelt es sich um eine aus der Antragstellung des Klägers in erster Instanz übernommene falsche Monatsangabe. Der Anspruch des Kläger auf betriebliche Leistungen entfiel gemäß Ziffer III Abs. 3 der Konzernrichtlinie mit der Gewährung des Ruhegeldes nach den Richtlinien des Bochumer Verbandes und damit ab dem 01.02.2001. Das Arbeitsgericht weist im Tatbestand seines Urteils im Übrigen selbst darauf hin, dass der Kläger Nachzahlungsansprüche aus dem Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.01.2001 geltend mache. Sowohl der Kläger als auch die Vorinstanz nehmen ferner Bezug auf die neue Leistungsberechnung des Bochumer Verbandes vom 14.09.2009, die auf der Grundlage der Teuerungsrate von 5,6 % ab dem 01.01.1997 und der Teuerungsrate von 3,44 % ab dem 01.01.2000 einen Restanspruch des Klägers von 3.958,10 DM (2.023,75 €) brutto für die Zeit bis zum 31.01.2001 ergab. Auf diesen Restanspruch lässt sich der Kläger die im Zuge der Neuberechnung erfolgte nachträgliche Zahlung der Beklagten in Höhe von 293,94 € brutto anrechnen.
2.Das Arbeitsgericht ist der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 10.09.2009, AP Nr. 58 zu § 1 BetrAVG) folgend zu Recht davon ausgegangen, die im Falle des Klägers anwendbare Konzernrichtlinie Nr. 2/1983 sei wegen der Anlehnung an die Ruhegeldgewährung des Bochumer Verbandes dahin auszulegen, dass die Anpassungsvorschriften der Leistungsordnung kraft dynamischer Verweisung auch auf die seitens der Beklagten geleistete betriebliche Leistung anzuwenden sind. Es ist zwischen den Parteien auch nicht weiter streitig, dass die Anpassung der Ruhegelder gemäß den Beschlüssen des Bochumer Verbandes in den Jahren 1997 und 2000, weil unter der Teuerungsrate liegend, unzureichend war, sodass die betrieblichen Leistungen wie die Betriebsrenten in Höhe der Teuerungsrate anzupassen waren. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die Vorinstanz ferner zutreffend erkannt, dass der Kläger die Rügefrist für eine nachträgliche Anpassung in Höhe des ihm zustehenden Teuerungsausgleichs bis jeweils zum nächsten Anpassungstermin gewahrt hat. Dem Kläger kommen die fristgerechten Rügen der IG BCE und des VDF als deren Mitglied zugute. Die Rügen dieser Arbeitnehmervertretungen richteten sich generell gegen die vom Bochumer Verband getroffenen Anpassungsentscheidungen und betrafen damit sowohl die Ruhegelder als auch die hier in Rede stehenden betrieblichen Leistungen (vgl. BAG, a.a.O.). Mit nicht zu beanstandenden Ausführungen hat das Arbeitsgericht zudem eine Verwirkung des Klagerechts abgelehnt und sich dabei ebenfalls auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gestützt. Da die Beklagte im zweiten Rechtszug diesbezüglich keine Einwände mehr erhebt, nimmt die Berufungskammer wegen der weiteren Einzelheiten Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und macht sich diese ausdrücklich zu Eigen.
3.Die Ansprüche des Klägers auf restliche betriebliche Leistungen in Höhe von insgesamt 1.729,80 € brutto für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.01.2001 sind entgegen der Ansicht der Beklagten weder durch Erfüllung noch durch Aufrechnung erloschen.
a)Das Arbeitsgericht hat richtig gesehen, dass mit der Zahlung der zusätzlich um insgesamt 2 % erhöhten Betriebsrente ab dem 01.01.2003 etwaige Ansprüche des Klägers auf betriebliche Leistungen für den zurückliegenden Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.01.2001 nicht gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt wurden. Eine entsprechende Tilgungszweckbestimmung hat die Beklagte eindeutig nicht getroffen, auch wenn sich der Bochumer Verband bei der Bekanntgabe der Entscheidungen in den Schreiben an den Kläger auf die im Streit stehenden Anpassungen zum 01.01.1997 und 01.01.2000 bezog. Die zusätzlichen Erhöhungen betrafen allein die Betriebsrente des Klägers. Es war nach außen hin für einen objektiven Dritten nicht erkennbar, dass damit ein anderweitiger vertraglicher Anspruch des Klägers erfüllt werden sollte. Bei der dem Kläger zugesagten "betrieblichen Leistung" handelt es sich nicht um eine betriebliche Altersversorgung im Sinne von § 1 Abs. 1 BetrAVG und ebenso wenig um ein Ruhegeld im Sinne der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes. Eine Altersversorgung setzt voraus, dass die vereinbarte Leistung auf das Alter zugeschnitten ist und nicht einem anderen Zweck dient. Von der Altersversorgung abzugrenzen sind Übergangsgelder, durch deren Zahlung die Zeit bis zum Eintritt in den Ruhestand oder in ein neues Arbeitsverhältnis überbrückt werden soll. Nach den Voraussetzungen und dem Beginn der "betrieblichen Leistung" ist diese als eine solche Übergangsversorgung anzusehen (vgl. BAG, a.a.O.). Es kommt hinzu, dass die betrieblichen Leistungen nur für einen befristeten Zeitraum in der Vergangenheit geschuldet waren, während die beiden Erhöhungen um jeweils 1 % dem Kläger nach den im Auftrag der Beklagten verfassten Schreiben des Bochumer Verbandes ab dem 01.01.2003 auf Dauer zukommen sollten. Der von der Beklagten angeführte Zusammenhang zwischen der zusätzlichen Erhöhung der Betriebsrente mit Wirkung ab dem 01.01.2003 und den vorausgegangenen Erhöhungen der betrieblichen Leistungen unterhalb der Teuerungsrate war den Erklärungen gegenüber dem Kläger nicht zu entnehmen. Die Mitteilungen bezogen sich nur auf die in den Jahren 1997 und 2000 vorgenommenen Anpassungen der Betriebsrenten unterhalb der Teuerungsrate. Es bleibt das Geheimnis der Beklagten, weshalb der Kläger den Schluss hätte ziehen sollen, dass ihm die zusätzlichen Erhöhungen nur vorübergehend gewährt werden.
b)Die Ansprüche des Klägers auf restliche betriebliche Leistungen sind auch nicht aufgrund einer bereits in der Neuberechnung der Beklagten liegenden oder auch im vorliegenden Rechtsstreit erklärten Aufrechnung mit überzahlten Betriebsrentenbeträgen gemäß § 389 BGB erloschen. Die Berufungskammer hält die Aufrechnung in Übereinstimmung mit der Auffassung Vorinstanz für unzulässig, sodass es letztlich nicht darauf ankommt, ob die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Rückforderungsansprüche überhaupt bestehen.
aa)Gegen etwaige Forderungen des Klägers konnte die Beklagte schon nicht einschränkungslos mit Ansprüchen auf Rückzahlung von bereits geleisteten Bruttorentenbeträgen aufrechnen. Die Leistungspflicht der Beklagten erstreckte sich nicht nur auf die Nettoauszahlung der Betriebsrente, sondern umfasste auch die Leistungen, die nicht in einer unmittelbaren Auszahlung an den Kläger bestanden. Dazu zählten auch die Beiträge zur Sozialversicherung. Hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge ist aber die Regelung des Erstattungsanspruchs gemäß § 26 SGB IV zu beachten. Der Kläger ist zwar möglicherweise in Höhe der für ihn durch die Beklagte abgeführten Sozialversicherungsbeiträge ungerechtfertigt bereichert, da ihm dieser Vermögenswert unmittelbar in der Sozialversicherung zugute kommt. Er kann aber zunächst lediglich einen Erstattungsanspruch nach § 26 Abs. 2 SGB IV erlangt haben, der ihm nach § 26 Abs. 3 SGB IV alleine zusteht. Dementsprechend hat die Beklagte gegen den Kläger allenfalls einen Anspruch auf Abtretung dieses gegen den Sozialversicherungsträger bestehenden Anspruchs (vgl. BAG, Urteil vom 29.03.2001, AP Nr. 1 zu § 6 SGB IV; LAG Düsseldorf, Urteil vom 06.07.2006 - 12 Sa 357/06 -, InVo 2006, 482). Dem Vorbringen der Beklagten in beiden Instanzen ist jedoch nicht zu entnehmen, in welcher Höhe diese bezogen auf den hier in Rede stehenden Betrag von 1.729,80 € brutto für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 30.09.2009 Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt hat. Zumindest diese müssten von dem zur Aufrechnung gestellten Rückzahlungsbetrag in Abzug gebracht werden Da das trotz der Erörterung in der letzten mündlichen Verhandlung nicht geschehen ist, kann der Umfang einer zulässigen Aufrechnung nicht hinreichend bestimmt werden (vgl. BAG, Urteil vom 09.04.2008, EzA Nr. 3 zu § 4 TVG Gaststättengewerbe; LAG Düsseldorf, Urteil vom 20.03.2007 - 12 Sa 306/07 - [...]; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.02.2010 - 9 Sa 599/09 - [...]). Eine rechtskraftfähige Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellten Rückzahlungsansprüche der Beklagten gemäß § 322 Abs. 2 ZPO ist damit nicht möglich.
bb)Die Aufrechnung ist aber auch deshalb unzulässig, weil der jeweilige monatliche Nettobetrag der betrieblichen Leistungen, gegen die aufgerechnet wurde, von der insoweit darlegungspflichtigen Beklagten nicht bestimmt worden ist. Eine Aufrechnung gegen Bruttoansprüche, wie sie die Beklagte vorgenommen hat, verstößt gegen § 394 BGB. Nach dieser Vorschrift kann gegen eine Forderung nur insoweit aufgerechnet werden, als diese der Pfändung unterliegt. Arbeitseinkommen, zu dem auch die von der Beklagten gezahlten betrieblichen Leistungen zählen, ist nach § 850 Abs. 1 ZPO nur nach Maßgabe der §§ 850a bis i ZPO pfändbar. Nach § 850e ZPO sind bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens nicht mitzurechnen die Beträge, die unmittelbar aufgrund steuerlicher oder sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen sind. Aufgerechnet werden kann daher stets nur gegen den pfändbaren Nettobetrag des Arbeitseinkommens. Auch dieser lässt sich hier nach dem Vorbringen der Beklagten nicht errechnen. Es kann dabei offenbleiben, ob zur Bestimmung des pfändbaren Teils des Nettoeinkommens des Klägers im fraglichen Zeitraum die betrieblichen Leistungen der Beklagten und das an diesen gezahlte Anpassungsgeld bzw. die Knappschaftsausgleichsleistung auch ohne einen Beschluss des Vollstreckungsgerichts gemäß § 850e Nr. 2a ZPO zusammenzurechnen sind (für eine solche Zusammenrechnung bei einer "Zweckgemeinschaft" von Übergangsgeld und Sozialversicherungsrente: BAG, Urteil vom 30.07.1992, AP Nr. 4 zu § 850e ZPO; vgl. auch für die Zusammenrechnung von Betriebsrente und gesetzlicher Rente: BAG, Urteil vom 26.05.2009, NZA 2009, 1279) Jedenfalls hat die Beklagte trotz des ausdrücklichen Hinweises in dem angefochtenen Urteil nicht die von ihr auf die streitbefangenen Beträge abzuführenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge beziffert, sodass der aufrechenbare Anteil nicht errechnet werden kann. Dies hat zur Folge, dass auch aus diesem Gesichtspunkt der Umfang einer rechtskraftfähigen Entscheidung über die Gegenansprüche der Beklagten unklar bleibt. Auch wenn die Klage aufgrund einer Aufrechnung abgewiesen werden soll, muss feststehen, in welcher genauen Höhe die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung erloschen ist. Das wäre bei der von dem Beklagten erklärten Aufrechnung nicht der Fall (zur Aufrechnung gegen Bruttoansprüche des Arbeitnehmers: vgl. BAG, Urteil vom 16.03.1994 - 5 AZR 411/92 - [...]; BAG, Urteil vom 22.03.2000 - 4 AZR 120/99 - [...]; BAG, Urteil vom 15.03.2005, AP Nr. 7 zu § 781 BGB).
II.Das Arbeitsgericht hat auch dem Feststellungsantrag des Klägers zu Recht stattgeben. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger - wie beantragt - ab dem 01.10.2009 eine Betriebsrente in Höhe von 1.235,-- € brutto zu zahlen.
1.Die an den Kläger bis zum 30.09.2009 gezahlte Betriebsrente belief sich unter Berücksichtigung der vom Bochumer Verband beschlossenen Anpassungen zum 01.01.2003, zum 01.01.2006 und zum 01.01.2009 einschließlich der mit Wirkung ab dem 01.01.2003 zusätzlich gewährten Erhöhungen von 2 % zuletzt auf 1.235,-- € brutto.
2.Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Anpassung der Betriebsrente mit Wirkung zum 01.01.2003 im Umfang von 2 % zu widerrufen und die Betriebsrente entsprechend zu kürzen. Wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, ist eine Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen nicht ersichtlich. In Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen gilt Folgendes:
a)Das Arbeitsgericht hat unter Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung und Literatur zutreffend ausgeführt, dass die Anpassung der Betriebsrente als eine nach § 315 BGB getroffene Leistungsbestimmung grundsätzlich unwiderruflich ist. Es handelt sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ihm Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Altersversorgungsverhältnisses. Der Grund für die Unwiderruflichkeit der Bestimmung liegt in dem Gebot des Vertrauensschutzes zugunsten der nicht bestimmungsberechtigten Vertragspartei, die sich auf die Verbindlichkeit der einmal getroffenen Bestimmung verlassen und ihr Verhalten danach einrichten darf. Die Beklagte kann daher die gegenüber dem Kläger in zwei Schritten erfolgte weitergehende Anpassung der Betriebsrente nicht ohne weiteres aufheben, widerrufen oder inhaltlich ändern (vgl. BAG, Urteil vom 11.03.1981, AP Nr. 2 zu § 39 TVAng Bundespost; BAG, Urteil vom 09.11.1999, AP Nr. 30 zu § 1 BetrAVG Ablösung).
b)Die Beklagte hat ihre durch den Bochumer Verband erfolgte Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts gemäß § 315 BGB nicht wirksam angefochten, sodass die zusätzlichen Erhöhungen ab dem 01.01.2003 gemäß § 143 BGB hinfällig wären. Soweit die Beklagte ausführt, die Anpassungen würden "unter jedem rechtlich in Betracht kommenden Gesichtspunkt" angefochten, fehlt es bereits an der schlüssigen Darlegung eines Anfechtungsgrundes. Für eine etwaige Irrtumsanfechtung gemäß § 119 BGB, die hier in Betracht kommen könnte, wäre zudem die Anfechtungsfrist versäumt. Nach § 121 BGB hat eine solche Anfechtung unverzüglich nach Kenntnis vom Anfechtungsgrund zu erfolgen. Dies ist nicht geschehen. Eine Anfechtung hat die Beklagte erst in der Berufungsbegründung erklärt. Es kommt danach nicht mehr auf die Frage an, ob die Beklagte wegen der nachfolgenden Anpassungen der Betriebsrente in den Jahren 2006 und 2009, die auf die vorhergehende hier im Streit stehende zusätzliche Anpassung aufbauten, eine ihr zustehendes Anfechtungsrecht ohnehin durch Bestätigung gemäß § 144 BGB verloren hat.
c)Der Einwand der Beklagten, mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.09.2009 zum Teuerungsausgleich bei der Zahlung von betrieblicher Leistungen sei die Geschäftsgrundlage für die zusätzlichen Erhöhungen der Betriebsrente entfallen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Beklagten ist einzuräumen, dass das Bundesarbeitsgericht bei Dauerschuldverhältnissen und ihnen entsprechenden Rechtsverhältnissen die Unwiderruflichkeit einer einseitigen Leistungsbestimmung ausnahmsweise beschränkt und eine nachträgliche Neubestimmung bzw. Änderung bei wesentlicher Veränderung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen zulässt (vgl. BAG, Urteil vom 21.06.1971, AP Nr. 13 zu § 315 BGB; BAG, Urteil vom 11.03.1981, a.a.O.). Ob diese Rechtsprechung auf die Anpassung von Betriebsrenten übertragen werden kann, erscheint zweifelhaft, bedarf hier aber keiner Entscheidung. Denn ein Ausnahmefall liegt nicht vor. Die Beklagte hat nicht darlegen können, dass sich die Voraussetzungen im Streitfall gemessen an der Ausgangssituation wesentlich geändert hätten. Es bestand allenfalls eine einseitige, dem Kläger nicht erkennbare Erwartung der Beklagten, einen vollständigen Teuerungsausgleich bei den betrieblichen Leistungen nicht leisten zu müssen. Eine solche nicht von beiden Seiten getragene Vorstellung bildet keine Geschäftsgrundlage, deren Wegfall nach der Rechtsprechung Beachtung finden könnte. Das Risiko, aufgrund einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts den Teuerungsausgleich für die zurückliegende Zeit noch leisten zu müssen, lag allein in der Sphäre der Beklagten. Es fehlt im Streitfall überdies an einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb eine auf unbestimmte Zeit eingegangene Verpflichtung in Hinblick darauf gänzlich entfallen sollte, dass die Beklagte nunmehr für einen befristeten Zeitraum in der Vergangenheit eine der Größenordnung nach überschaubare Nachzahlung zu leisten hat.
3.Die Berufungskammer lässt offen, ob im Rahmen der nächsten Anpassungsüberprüfung eine Kompensation in Hinblick auf die dem Kläger gewährten zusätzlichen Erhöhungen der Betriebsrente noch stattfinden kann, obwohl die Beklagte eine solche bei den Anpassungen zum 01.01.2006 und 01.01.2009 nicht vorgenommen hat.
III.Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird die Beklagte auf § 72 a ArbGG hingewiesen.
Sauerland
Horst
Hansen