04.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103506
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 28.04.2010 – 3 K 5794/08
1. Werden GmbH-Anteile gegen eine Leibrente erworben, ist als Anschaffungskosten für die GmbH-Anteile der Betrag anzusetzen, der dem nach § 14 BewG ermittelten, kapitalisierten Barwert der Rentenverpflichtung zum Zeitpunkt des Erwerbs entspricht.
2. Die geschätzen Anschaffungskosten bleiben davon unberührt, ob der Berechtigte länger lebt als erwartet oder eher stirbt.
3. Offen bleiben kann im Streitfall, ob, wenn der Empfänger der Leibrente die voraussichtliche Laufzeit der Rente überlebt, die Rentenzahlungen ab diesem Zeitpunkt in vollem Umfang als Ertrag des Rentenstammrechts außerhalb einer Kapitalrückzahlung anzusehen ist und damit beim Zahler der volle bzw. in Fällen des § 3c Abs. 2 EStG hälftige Werbungskostenabzug im Zahlungsjahr gerechtfertigt ist.
FG Baden-Württemberg v. 28.04.2010
3 K 5794/08
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Anschaffungskosten einer GmbH-Beteiligung, die im Streitjahr bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einkünftemindernd zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Klägerin erwarb durch Vertrag vom 17. Dezember 1975 (Bl. 21 ff. der Einkommensteuerakten – ESt-A –) sämtliche Anteile an der …-GmbH (K-GmbH) von der nunmehrigen Alleingesellschafterin, Frau … (K). Als Gegenleistung verpflichtete sich die Klägerin, an K, die am … 1918 geboren wurde, eine lebenslängliche Leibrente in Höhe von monatlich 5.000 DM (erstmals ab 10. Januar 1976) zu zahlen. In § 5 des Vertrages vom 17. Dezember 1975 wurde eine Anpassung der Rentenhöhe nach dem Lebenshaltungskostenindex vorgesehen. Für den Fall des Vorversterbens der K war in § 6 ein Rentenbezug für die Mutter der K vorgesehen.
Mit Nachtrag vom 28. Oktober 2004/15. November 2004 (Verweis auf Bl. 27 ff. ESt-A) wurde § 5 des Vertrages hinsichtlich der Wertsicherungsklausel geändert. Die ab 1. Januar 2004 geschuldete Leibrente wurde auf 5.000 EUR festgesetzt; gleichzeitig verpflichtete sich die Klägerin, die infolge unterbliebener Indexanpassung entstandenen Rückstände der Jahre 2000 bis 2004 zuzüglich Zinsen nachzuzahlen.
Mit Vertrag vom 10. Dezember 2004 (Bl. 11 ff. ESt-A) veräußerte die Klägerin sämtliche Anteile an der K-GmbH mit Wirkung zum 1. Januar 2005 für insgesamt 727.689 EUR an drei Erwerber. Gleichzeitig stand nach Tz. 5.2. der Klägerin der Bilanzgewinn des Jahres 2004 als zusätzlicher Kaufpreis zu, der am 30. Juni 2005 zu zahlen war. Erkenntnisse dazu, ob es zu solch einer zusätzlichen Zahlung gekommen ist, liegen nicht vor.
Die Rentenverpflichtung gegenüber K hatte auch nach dem Verkauf der Anteile an der K-GmbH weiterhin die Klägerin zu erfüllen.
Im Rahmen der Ermittlung ihrer Einkünfte aus der Veräußerung der K-GmbH i.S. des § 17 EStG zog die Klägerin vom Veräußerungspreis in Höhe von 727.689 EUR die bis zum Veräußerungsstichtag gezahlten Leibrenten sowie die nach der statistischen Rechtslebenserwartung der K (5,4 Jahre) noch zu erwartenden weiteren Leibrentenzahlungen als Anschaffungskosten ab. In den Jahren 1976 bis 2010 werde sie, die Klägerin, an K insgesamt 1.605.916,34 EUR gezahlt haben; davon seien 1.098.333,67 EUR als Anschaffungskosten anzusehen (Berechnung, Bl. 9 f. ESt-A; Übersicht der – ab September 2006 geschätzten – Leibrentenzahlungen siehe Bl. 30 ESt-A). Hieraus errechnete die Klägerin einen Veräußerungsverlust in Höhe von 376.444,67 EUR.
Daneben zog die Klägerin 15.000 EUR (25% von 60.000 EUR Leibrente an K) als Werbungskosten von ihren Einkünften aus Kapitalvermögen ab (Bl. 46R, 55 ESt-A).
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) ermittelte die Anschaffungskosten hingegen unter Anwendung des § 14 des Bewertungsgesetzes (BewG). Das FA ermittelte einen Barwert der Rentenverpflichtung zum 1. Januar 1976 von 712.440 DM (364.265 EUR). Danach ergebe sich ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 357.624 EUR. Diesen setzte das FA im Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 26. Januar 2007 unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens mit 178.812 EUR an.
Die Kläger machten mit ihrem Einspruch geltend, die Klägerin habe nachweislich seit 1. Januar 1976 monatliche Leibrentenzahlungen bis zum Veräußerungszeitpunkt Januar 2005 in Höhe von insgesamt 1.265.121,68 EUR geleistet. Zwischenzeitlich habe sie, die Klägerin, in den Jahren 2005 und 2006 weitere Beträge von insgesamt 123.057,92 EUR gezahlt. Aufgrund der Lebenserwartung der Rentenempfängerin seien für die Jahre 2007 bis 2010 (ohne weitere Indexanpassung) noch Rentenzahlungen von insgesamt 217.636,44 EUR zu leisten, so dass über den gesamten Zeitraum von 1976 bis 2010 voraussichtlich Rentenzahlungen in Höhe von 1.605.916,34 EUR anfallen werden. Nach Abzug der als Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften geltend gemachten Ertragsanteile über den gesamten Zeitraum (507.582,67 EUR) errechneten sich die Anschaffungskosten mit 1.098.333,67 EUR. Daraus ergebe sich der erklärte Veräußerungsverlust. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin entgeltlich ein Wirtschaftsgut erworben, für das die Anschaffungskosten aus den tatsächlichen Zahlungen ganz eindeutig zu ermitteln seien. Bei einem derartigen Sachverhalt könne nicht auf den Barwert zurückgegriffen werden. Die Ermittlung der Anschaffungskosten nach dem Bewertungsgesetz sei ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip, das es verbiete, Einkünfte zu besteuern, die tatsächlich nicht erzielt worden seien.
Hilfsweise beantragten die Kläger Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit. Die Besteuerung müsse dem tatsächlichen Ergebnis folgen und dürfe nicht von fiktiven Gewinnen ausgehen. Die Absicht des FA, Gewinne zu versteuern, die tatsächlich nicht entstanden seien, sei ein verfassungswidriger Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip.
Am 27. November 2007 erließ das Finanzamt einen auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) gestützten geänderten Einkommensteuerbescheid für 2005, in dem es gemäß § 163 Satz 1 AO die Steuer abweichend festsetzte, indem es den Gewinn der Veräußerung der K-GmbH aus Billigkeitsgründen mit 0 EUR berücksichtigte. Den geltend gemachten Veräußerungsverlust berücksichtigte das FA hingegen nicht. Gegen diesen Bescheid, der insoweit eine teilweise Ablehnung des gestellten Erlassantrags enthält, legten die Kläger keinen Einspruch ein.
Durch Einspruchsentscheidung vom 14. November 2008 wies das FA –im Festsetzungsverfahren–den Einspruch der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 als unbegründet zurück. Der Barwert sei grundsätzlich nach § 14 Abs. 1 BewG zu ermitteln. Der Steuerpflichtige habe zwar ein Wahlrecht, den Barwert statt nach dem Bewertungsgesetz nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen. Eine Berechnung dazu hätten die Kläger indes nicht vorgelegt. Die laufenden Rentenerhöhungen aufgrund der vereinbarten Wertsicherungsklausel führten nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten. Die Wertsicherungsklausel sei nicht als „Vertragsstörung” zu werten, so dass auch kein rückwirkendes Ereignis anzunehmen sei. Ebenso blieben die Anschaffungskosten unverändert, wenn die tatsächliche Lebensdauer des Veräußerers von der im Zeitpunkt der Veräußerung angenommenen statistischen Lebenserwartung nach den Sterbetafeln abweiche. Dies gelte sowohl für den Fall, dass der Veräußerer bereits kurze Zeit nach der Veräußerung versterbe und die Rentenverpflichtung des Erwerbs dadurch vorzeitig ende, wie auch für den Fall, dass der Veräußerer länger lebe als im Zeitpunkt der Veräußerung angenommen. Gleiches gelte für den Abzug des Ertragsanteils als Werbungskosten.
Mit dem objektiven Nettoprinzip und dem verfassungsrechtlichen Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie dem Verbot der Übermaßbesteuerung sei es indes nicht vereinbar, dass die Klägerin einen Veräußerungsgewinn versteuern solle, den sie tatsächlich nicht erzielt habe. Aus diesem Grund habe das FA bereits durch Änderungsbescheid vom 27. November 2007 den zutreffend ermittelten Veräußerungsgewinn gemäß § 163 Satz 1 AO billigkeitshalber außer Ansatz gelassen.
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren im Festsetzungsverfahren weiter.
Im Laufe des Klageverfahrens ist am 29. Dezember 2009 ein nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderter Einkommensteuerbescheid ergangen; dieser ist zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Die Kläger teilen dazu mit, dass gegen diesen Änderungsbescheid keine Einwendungen erhoben werden.
Die Kläger machen geltend, für die Zeit seit Beginn 2007 habe die Klägerin bereits höhere Leibrenten gezahlt als bei der ursprünglichen Berechnung im Rahmen der Einkommensteuererklärung zugrunde gelegt. Bei den Zahlungen handele es sich um Anschaffungskosten im Sinne des § 255 des Handelsgesetzbuches (HGB). Das FA habe mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid das objektive Nettoprinzip und die grundgesetzliche Eigentumsgarantie verletzt, indem es einen rein fiktiven Wert als Anschaffungskosten angenommen habe. Der vom FA gewählte Ansatz, einen Veräußerungsgewinn von 0 EUR anzusetzen, erscheine rein zufällig. Nach einem Hinweis des Gerichts auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ergänzten die Kläger ihren Vortrag dahingehend, dass sich der vorliegende Fall von den bereits entschiedenen Fällen in wesentlichen Punkten unterscheide. Es gehe vorliegend um die Ermittlung von Anschaffungskosten eines in der Vergangenheit liegenden Anschaffungsvorgangs, die für die Ermittlung eines Veräußerungsgewinns bzw. -verlusts im Rahmen eines späteren Veräußerungsvorgangs notwendig sei. Die vom Gericht zitierten Urteile beträfen demgegenüber nur Anschaffungs- bzw. Veräußerungsvorgänge, bei denen –bezogen auf den Veräußerungsstichtag–der genaue Zahlbetrag noch nicht festgestanden habe und auch nicht feststellbar gewesen sei, da das Ende der wiederkehrenden Leistungen noch in der Zukunft gelegen habe. In allen Urteilen sei es außerdem um Anschaffungen im Betriebsvermögen oder um Anschaffungen im Privatvermögen gegangen, bei denen –anders als im Streitfall–die angefallenen Anschaffungskosten in irgendeiner Form als Betriebsausgaben oder Werbungskosten „unterzubringen” gewesen seien. Außerdem seien nach der Rechtsprechung des BFH Ausnahmen denkbar und zulässig. Deshalb habe der Fall auch grundsätzliche Bedeutung.
Die Kläger beantragen, die im geänderten Bescheid für 2005 über Einkommensteuer vom 29. Dezember 2009 auf 678.881 EUR festgesetzte Einkommensteuer unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20. November 2008 auf 603.807 EUR herabzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten stellten auf Nachfrage des Gerichts im Erörterungstermin vom 23. Februar 2010 klar, dass die Billigkeitsmaßnahme des FA nicht Verfahrensgegenstand sei, sondern nur das Festsetzungsverfahren. Am 23. Februar 2010 und mit Schriftsatz vom 15. März 2010 verzichteten beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unbegründet; der angefochtene Bescheid in Gestalt des Änderungsbescheids ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb –unter weiteren, hier vorliegenden Voraussetzungen–auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. Veräußerungsgewinn ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Werden wiederkehrende Leistungen hingegen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrenten), stellen diese weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben und den wiederkehrenden Bezügen zugeordnet (z.B. BFH-Urteil vom 21. Juli 2004 X R 44/01, BFHE 207, 179, BStBl 2005 II S. 133 dort zur Übertragung einer wesentlichen Beteiligung an einer GmbH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge). Für die Abgrenzung der Veräußerungs-/ Erwerbsrente von einer unentgeltlichen Vermögensübertragung kommt es maßgeblich auf die subjektive Ausgewogenheit der beiderseitigen Leistungen an (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. Juni 2007 X R 2/06, BFHE 218, 259, BStBl 2008 II S. 99 m.w.N.).
a) Die Veräußerung erfolgt zu dem Zeitpunkt, in dem die Anteile nicht mehr dem Veräußerer, sondern nach § 39 AO dem Erwerber zuzurechnen sind (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 IX R 96/07, BFHE 223, 190, BStBl II 2009, 45). Veräußerungspreis i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Wert der Gegenleistung, die der Veräußerer aus dem Veräußerungsgeschäft erhält (vgl. BFH-Urteile vom 25. August 2009 IX R 41/08, juris; vom 7. März 1995 VIII R 29/93, BStBl II BStBl 1993 II S. 1995, BStBl 1993 II S. 693).
b) Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Dazu gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch die nachträglichen Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen neben (verdeckten) Einlagen auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten sind (BFH-Urteile vom 25. Juni 2009 IX R 42/08, BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220; vom 4. März 2008 IX R 78/06, BFHE 220, 446, BStBl 2008 II S. 575 m.w.N.).
c) Erwirbt ein Steuerpflichtiger Wirtschaftsgüter gegen eine Leibrente oder dauernde Last, ist als Anschaffungskosten für die erworbenen Wirtschaftsgüter der Betrag anzusetzen, der dem nach § 14 BewG ermittelten, kapitalisierten Barwert der Rentenverpflichtung im Zeitpunkt des Erwerbs entspricht (vgl. BFH-Urteile vom 5. Februar 1969 I R 21/66, BFHE 95, 151, BStBl 1969 II S. 334 unter II.1.; vom 31. Januar 1980 IV R 126/76, BFHE 130, 372, BStBl II 1980, 491; vom 29. November 1983 VIII R 231/80, BFHE 139, 403, BStBl II 1984, 109; vom 10. November 1988 IV R 70/86, BFH/NV 1990, 31, unter II.2.b.cc; vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47; vom 18. Oktober 1994 IX R 46/88, BFHE 175, 572, BStBl II 1995, 169; vom 13. Oktober 1993 X R 81/91, BFH/NV 1994, 620; vom 30. August 1994 IX R 2/91, BFH/NV 1995, 291; vom 19. August 1999 IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179; vom 30. Juli 2003 X R 12/01, BFHE 204, 53, BStBl 2004 II S. 211 unter II.3. a.E. und vom 17. Dezember 2008 III R 22/05, BFH/NV 2009, 1409; Blümich/Ehmcke, EStG, § 6 Rz. 293; Schmidt/Weber-Grellet, § 17 Rz. 158; Schmidt/Glanegger, § 6 Rz. 92; Schmidt/Wacker, EStG, § 16 Rz. 233). Ob stattdessen auch ein versicherungsmathematischer Wert angesetzt werden kann, bedarf keiner Entscheidung, weil die Kläger einen solchen Ansatz nicht begehren und keine Berechnung dazu vorgelegt haben (deshalb ebenso offen lassend z.B. BFH-Urteil in BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47).
2. Nach diesen Grundsätzen hat das FA zu Recht einen Veräußerungsgewinn der Klägerin errechnet, indem es die Anschaffungskosten nach dem Barwert bemessen hat.
a) Die Klägerin hat die GmbH-Anteile von K angeschafft und im Streitjahr veräußert. Eine Situation, die eine Anwendung der Rechtsprechung des BFH zur Übertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge auf einen der beiden Vorgänge erforderte, liegt im Streitfall nicht vor. Vielmehr waren bei Erwerb der GmbH-Anteile im Jahr 1976 wie bei Veräußerung der Anteile zum 1. Januar 2005 Leistung und Gegenleistung von den Vertragsparteien subjektiv gegeneinander abgewogen. Die Veräußerung erfolgte am 1. Januar 2005, so dass der Vorgang im Streitjahr und nicht im Jahr 2004 zu erfassen ist. All dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig.
b) Die Berechnung des Veräußerungsgewinns durch das FA entspricht den unter I.1. dargelegten Grundsätzen und lässt auch sonst keine Fehler erkennen. Ob der Berechtigte über die erwartete Zeit hinaus lebt oder vorher stirbt, wirkt sich nach der Rechtsprechung des BFH einkommensteuerrechtlich nur dahin aus, dass, solange der Berechtigte lebt und Zahlungen erhält, jährlich der Ertrags-/Zinsanteil der geleisteten Zahlung absetzbar ist. Als Anschaffungskosten ist nur der geschätzte Wert der Verpflichtung zur Zeit des Kaufabschlusses anzusetzen. Erhöht sich die erwartete Belastung aus der Verpflichtung, weil der Berechtigte länger als erwartet lebt, so ist das eine Auswirkung des von vornherein eingegangenen Risikos, die die geschätzten Anschaffungskosten ebenso unberührt lässt wie eine nachträgliche Minderung der Rentenlast, die dadurch eintritt, dass der Berechtigte eher als erwartet stirbt (vgl. schon BFH-Urteil vom 11. August 1967 VI R 80/66, BFHE 89, 443, BStBl III 1967, 699). Der Tod des Berechtigten wirkt auch nicht zurück; denn die Beschränkung der Laufzeit durch den Tod des Berechtigten ist ein bereits im Veräußerungszeitpunkt dem Grunde nach bekannter und damit dem Veräußerungsgewinn immanenter Umstand (vgl. BFH-Urteil vom 17. Dezember 2008 III R 22/05, BFH/NV 2009, 1409). Gleiches gilt wegen § 14 BewG für die Anschaffungskosten im Anschaffungszeitpunkt.
c) Der Senat vermag insoweit keinen entscheidungserheblichen Unterschied darin zu sehen, dass es im Streitfall um den Erwerb einer Beteiligung im Privatvermögen (zur Einstufung der Beteiligung als steuerverstricktes Privatvermögen und den möglichen Folgen z.B. BFH-Urteile vom 2. September 2008 X R 48/02, BFHE 223, 22, BFH/NV 2008, 2111; vom 25. Juli 1995 VIII R 25/94, BFHE 178, 418, BStBl II 1996, 684) geht. Auf die Definitionen des § 255 HGB greift der BFH bei § 17 EStG ebenso zurück wie in anderen Bereichen des (Steuer-)Rechts (neben den unter I.1. bereits zitierten Entscheidungen s. z.B. auch BFH-Urteil vom 2. April 2008 IX R 76/06, BFHE 221, 7, BStBl 2008 II S. 706 m.w.N.). Von dem her ist die unter I.1. zitierte Rechtsprechung auf den Streitfall übertragbar, weil sie zum nämlichen Anschaffungskostenbegriff ergangen ist (vgl. auch schon BFH-Urteil in BFHE 89, 443, BStBl III 1967, 699).
Im Übrigen trifft der Vortrag, die Gesamthöhe der Zahlungen hätte im Veräußerungszeitpunkt festgestanden, tatsächlich nicht zu; auch die Klägerin musste im Rahmen ihrer Gewinnermittlung zu einer Schätzung anhand der Lebenserwartung der K greifen.
d) Ebenfalls zu Recht hat das FA bei der Berechnung des Barwerts die späteren Anpassungen außer Betracht gelassen; denn nach der Rechtsprechung des BFH bleibt zwar z.B. eine Veräußerungsrente nur mit dem Ertragsanteil als Werbungskosten abziehbar (z.B. BFH-Urteil vom 19. August 2008 IX R 56/07, BFHE 222, 481, BStBl II 2010, 24), die Anschaffungskosten bleiben aber nach Auffassung des BFH gleichwohl unberührt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 89, 443, BStBl III 1967, 699; vom 29. November 1983 VIII R 231/80, BFHE 139, 403, BStBl II 1984, 109).
3. Der Senat muss nicht entscheiden, ob er der Auffassung folgen kann, dass auch nach Ablauf der statistischen Lebenserwartung der K die Zahlungen der Klägerin wegen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 und 2 EStG nur mit dem Ertrags- bzw. Zinsanteil und nicht voll oder – wegen § 3c Abs. 2 EStG–zur Hälfte als Werbungskosten der Klägerin bei den Einkünften i.S. des § 20 EStG abziehbar waren bzw. sind.
a) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem Beschluss vom 22. September 2009 2 BvL 3/02 (BFH/NV 2009, 2119, unter B.2.b.aa) die Auffassung des Gesetzgebers wiedergegeben, dass sobald der Empfänger der Leibrente die voraussichtliche Laufzeit der Rente überlebe, nach der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Rentenbarwert verzehrt sei. Soweit das BVerfG dort weiter die Auffassung des Gesetzgebers zitiert hat, die weiteren Bezüge gingen dann über den Barwert und die Verzinsung hinaus und die Rentenzahlung sei ab diesem Zeitpunkt in vollem Umfang als Ertrag des Rentenstammrechts außerhalb einer Kapitalrückzahlung anzusehen, wirft dies die Frage auf, ob das BVerfG damit möglicherweise andeuten will, dass nach diesem Zeitpunkt – entgegen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG – beim Zahler der volle bzw. in Fällen des § 3c Abs. 2 EStG hälftige Werbungskostenabzug im Zahlungsjahr gerechtfertigt ist, weil aus der Erwägung, dass in den vom Zahlenden aufgewendeten Beträgen fortan keine Kapitalrückzahlung/kein Barwertanteil mehr enthalten ist, folgen könnte, dass die Zahlungen fortan nicht mehr unter den Begriff der Leibrente bzw. dauernden Last (dazu Schmidt/Weber-Grellet, § 22 EStG Rz. 31) zu subsumieren sind (kritisch zur Gleichsetzung z.B. Schmidt/Drenseck, EStG, § 9 Rz. 98 f.).
b) Darauf kommt es jedoch vorliegend nicht an. Selbst wenn man nämlich davon ausginge, dass aufgrund der Ausführungen des BVerfG dem von den Klägern zur Begründung herangeführten objektiven Nettoprinzip dadurch zum Durchbruch verholfen werden könnte, dass die laufenden Zahlungen nach Verzehr des Barwerts im Streitfall als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 EStG wegen § 3c Abs. 2 EStG hälftig abziehbar sind, könnte dies der Klage im Streitjahr nicht zum Erfolg verhelfen, weil die sich dadurch ergebende Einkommensteuer immer noch über dem vom FA (nach § 163 Satz 1 AO aus Billigkeitsgründen deutlich niedriger) festgesetzten Betrag läge. Gleiches würde selbst bei Vollabzug gelten. Auch auf die Einordnung als Leibrente oder dauernde Last kommt es deshalb hier nicht an.
4. Zudem bedarf keiner weiteren Sachaufklärung, ob ein Bilanzgewinn des Jahres 2004 als „zusätzlicher Kaufpreis” zum 30. Juni 2005 an die Klägerin gezahlt wurde. Die Einkünfte der Klägerin könnten dadurch allenfalls höher (aber nicht niedriger) ausfallen.
5. Die vom FA ausgesprochene Billigkeitsmaßnahme ist nach übereinstimmender Erklärung beider Beteiligter vorliegend nicht Verfahrensgegenstand.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
III. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zugelassen (vgl. zu diesem Zulassungsgrund z.B. BFH-Beschluss vom 29. Dezember 2008 X B 123/08, BFH/NV 2009, 752), da sich der BFH noch nicht zu den im BVerfG-Beschluss vom 22. September 2009 2 BvL 3/02 (BFH/NV 2009, 2119, unter B.2.b.aa) enthaltenen Ausführungen des BVerfG zum BFH-Beschluss vom 14. November 2001 X R 33/01 (BFH/NV 2002, 417, unter II.2.c) geäußert hat.
IV. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).