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15.10.2010 · IWW-Abrufnummer 103363

Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 15.05.2010 – 5 Sa 1295/09

Bei geringfügigen Entgeltüberzahlungen ist im unteren und mittleren Einkommensbereich ohne nähere Darlegung davon auszugehen, dass die zu viel gezahlten Beträge für den Lebensunterhalt verbraucht und eine Bereicherung nicht mehr vorhanden ist (im Anschluss an BAG, Urteil vom 18.09.1986 - 6 AZR 517/83).


5 Sa 1295/09

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.08.2009 - 7 Ca 391/09 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Rückforderungsanspruch wegen Entgeltüberzahlung.

Die Klägerin betreibt u.a. eine Filiale der Restaurantkette "P H " in Köln. Der Beklagte ist Mitglied des in dieser Filiale gebildeten Betriebsrats. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge der Systemgastronomie Anwendung. Der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden Systemgastronomie im Bundesverband der Systemgastronomie e. V. vom 15./23.10.2007 (MTV Systemgastronomie) enthält in § 15 (Ausschlussfrist) folgende Regelung:

"Sämtliche tarifliche und vertragliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb einer Ausschlussfrist von vier Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist schriftlich geltend gemacht werden, verfallen.

Bleibt die schriftliche Geltendmachung erfolglos, so ist der Anspruch innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung bzw. wenn eine Ablehnung nicht ausdrücklich erfolgt, innerhalb von 7 Monaten seit Fälligkeit des Anspruchs gerichtlich geltend zu machen. Wird der Anspruch nicht innerhalb dieses Zeitraums gerichtlich geltend gemacht, verfällt er.

Die Regelungen zur Geltendmachung und gerichtlichen Geltendmachung gelten gleichermaßen für Arbeitgeber und Beschäftigte."

Mit Schreiben vom 11.05.2007 und 05.06.2007 schlug die Geschäftsführerin der Beklagten hinsichtlich der Fassung der Betriebsratszeiten vor, diese gesondert auf einem Extrablatt erfassen zu lassen.

Der Betriebsrat seinerseits teilte mit Schreiben vom 15.06.2007 mit, dass man Betriebsratszeiten mit der Stempelkarte durch Ein- und Ausstempeln erfasse, und zwar, dass ab dem 15.06.2007 die Karte jeweils benutzt werde und zusätzlich jedes Mitglied am Monatsende eine Liste mit Betriebsratstätigkeiten übersenden werde. Im Schreiben hieß es weiter: "Mein Schreiben bedeutet für sie nur Fehler zu vermeiden. (Nicht die Zeiten doppel verrechnet wird, einmal mit Karte und einmal mit Liste)."

Im Zeitraum von August 2007 bis April 2008 listete der Beklagte die Betriebsratszeiten auf. Zugleich wurde seine Arbeitszeit durch ein elektronisches Zeiterfassungssystem erfasst, was letztlich zu einer doppelten Erfassung und Abrechnung der Stunden bei der Klägerin in Höhe des Klagebetrages führte.

Mit Schreiben vom 30.10.2008 forderte die Klägerin den Beklagten u. a. zur Zahlung dieses Betrages auf. Der Beklagte wies die Forderung mit Schreiben vom 10.11.2008 unter Hinweis auf die tariflichen Ausschlussfristen zurück.

Daraufhin hat die Klägerin Klage erhoben und behauptet, erst im Oktober 2008 aufgrund einer routinemäßigen Überprüfung bemerkt zu haben, dass es zu einer doppelten Erfassung gekommen sei.

Das Arbeitsgericht hat im erstinstanzlichen Urteil die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass die Ansprüche nach § 15 MTV Systemgastronomie verfallen seien.

Hiergegen wendet sich die von der Klägerin fristgerecht eingelegte und begründete Berufung.

Die Klägerin trägt vor, sie habe einen Anspruch auf Rückgewähr der zuviel gezahlten Vergütung aus §§ 812, 818 BGB. Der vom Arbeitsgericht angewandte § 15 MTV Systemgastronomie finde keine Anwendung. Denn dieser beziehe sich nur auf tarifliche und vertragliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, nicht aber auf Rückzahlungsansprüche aus Entgeltüberzahlungen. Das dieser Auffassung entgegenstehende Urteil des BAG vom 01.10.2002 - 9 AZR 215/01 - sei ein Fehlurteil. Das BAG habe ohne tatsächliche Anhaltspunkte den Wortlaut der ihm zur Entscheidung vorliegenden tariflichen Bestimmung erweitert und die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien untergraben. Es müsse auch dem Informationsvorsprung Rechnung getragen werden, den der Arbeitnehmer im Falle einer Entgeltüberzahlung habe. Ferner werde die von der Klägerin vertretene Auffassung durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 04.06.2003 - 10 AZR 527/02 - gestützt. Denn dort habe das BAG festgestellt, dass die Ausschlussfrist des MTV nur für die dort geregelten Ansprüche aus "diesem Tarifvertrag", d. h. für Ansprüche aus dem MTV gelte. Hätten die Parteien auch bereicherungsrechtliche Ansprüche in den Geltungsbereich der Ausschlussklausel aufnehmen wollen, hätten sie dies im Wortlaut klar zum Ausdruck bringen können. Im Übrigen sei der Rückgewähranspruch auch erst mit Kenntnis der Klägerin von der Überzahlung im Oktober 2008 fällig geworden. Denn erst durch die Überprüfung durch die Buchhaltung habe die Klägerin von den maßgebenden Berechnungsgrundlagen erfahren. Schließlich könne sich der Beklagte wegen § 242 BGB nicht auf die tarifvertragliche Verfallfrist berufen, denn er habe die irrtümliche Berechnung seiner Vergütung verursacht. Die Rückzahlungspflicht umfasse den gesamten Bruttobetrag, hilfsweise werde der Nettobetrag geltend gemacht.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten unter dahingehender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 05.08.2009 zu Az.: 7 Ca 391/09 zu verurteilen, an die Klägerin 580,33 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise

2. den Beklagten unter dahingehender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 05.08.2009 zu Az.: 7 Ca 391/09 zu verurteilen, an die Klägerin 459,91 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Verfallklausel des § 15 MTV Systemgastronomie finde Anwendung. Es handele sich um einen vertraglichen Anspruch, der aus der arbeitsvertraglichen Regelung i. V. m. § 37 BetrVG folge. Die Doppelerfassung der Zeiten habe die Klägerin durch ihre Anweisungen maßgeblich verursacht. Hintergrund sei gewesen, dass die Klägerin dem Betriebsrat vorgeworfen habe, Betriebsratszeiten nicht korrekt anzugeben. Daraufhin habe der Betriebsrat beschlossen, sämtliche Betriebsratszeiten mit Stempelkarte zu stempeln, um dafür Sorge zu tragen, dass nicht der Eindruck entstehe, es würden falsche Zeiten für die Betriebsratstätigkeiten angegeben. Im Gegensatz dazu habe die Klägerin gefordert, dass der Betriebsrat die Zeiten dennoch zusätzlich notieren solle. Dies sei den Wünschen der Klägerin entsprechend geschehen.

Im Übrigen berufe sich der Beklagte vorsorglich auf Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB, da es sich jeweils um sehr geringfügige Überzahlungsbeträge handele. Die Berufung auf die Ausschlussfrist sei nicht treuwidrig. Ein schuldhaftes oder vorsätzliches Verhalten des Beklagten sei nicht gegeben. Die Buchhaltung der Klägerin habe die Stunden zu berechnen und auszuweisen. Fehler die sie hierbei mache, gingen zu Lasten der Klägerin.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I. Der Hauptantrag der Klägerin gerichtet auf die Erstattung der Bruttoüberzahlung ist nicht begründet. Ein Anspruch der Klägerin besteht nicht.

1. Es fehlt bereits an einem Anspruch gemäß § 812 BGB, denn der Beklagte kann sich mit Erfolg auf Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen. Der Beklagte hat in der Berufungserwiderung den Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB erhoben und sich darauf berufen, es habe sich jeweils um sehr geringfügige Beträge gehandelt. Demgegenüber hat die Klägerin geltend gemacht, der Beklagte habe nicht vorgetragen, wofür er die überzahlten Beträge ausgegeben habe.

Hierbei übersieht die Beklagtenseite, dass dies bei geringfügigen Entgeltüberzahlungen nicht erforderlich ist. Denn bei Überzahlungen von Arbeitnehmern in unteren oder mittleren Einkommensgruppen ist dann, wenn es sich um geringfügige Überzahlungen handelt, ohne nähere Darlegung davon auszugehen, dass die zu viel empfangenen Beträge für den Lebensunterhalt ausgegeben worden sind und eine Bereicherung nicht mehr vorhanden ist (siehe BAG, Urteil vom 18.09.1986 - 6 AZR 517/83 - , AP BGB § 812 Nr. 5; Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 29.09.1988 - 9 Sa 375/88 - , DB 1989, Seite 1826). Diese Erleichterung kommt allerdings nur bei kleineren und mittleren Arbeitseinkommen und geringfügigen Überzahlungen zur Geltung, nicht hingegen bei hohen Einkommen. Denn nur bei kleineren und mittleren Einkommen ist erfahrungsgemäß und typischerweise anzunehmen, dass die Zuvielzahlung für den laufenden Lebensunterhalt, insbesondere für konsumtive Ausgaben verbraucht worden ist, so dass ohne besonderen Verwendungsnachweis aufgrund der Lebenserfahrung zugunsten des Empfängers die Vermutung besteht, dass die Überzahlung konsumiert und eine Bereicherung nicht eingetreten ist (siehe BAG, Urteil vom 25.04.2001 - 4 AZR 497/99 - , NZA 2001, Seite 966, Rn. 25).

Im vorliegenden Fall gehört der Beklagte mit einem Stundenlohn von 7,60 EUR pro Stunde zur Gruppe der unteren Einkommen. Bei der Bemessung der Überzahlung ist von einem Richtwert von 10 % der dem Arbeitnehmer jeweils zustehenden Bezüge auszugehen (siehe BAG, Urteil vom 18.09.1986 - 6 AZR 517/83 - , DB 1987, Seite 598). Da sich der von der Klägerseite geltend gemachte Überzahlungsbetrag nur auf wenige 100,-- EUR beläuft und sich zudem auf insgesamt 9 Monate verteilt, ist für keinen Vergütungszeitraum diese Größenordnung überschritten.

Daher kann sich der Beklagte ohne nähere Darlegung auf § 818 Abs. 3 BGB berufen. Ein Anspruch besteht demnach nicht.

2. Unabhängig vom Vorhergesagten wäre ein Rückzahlungsanspruch auch gemäß § 15 MTV Systemgastronomie verfallen. Auf die zutreffenden und umfänglichen Darlegungen des erstinstanzlichen Urteils kann in vollem Umfang Bezug genommen werden. Zur Unterstreichung und im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz ist Folgendes festzuhalten.

a. Nach § 15 MTV verfallen tarifliche und vertragliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, sofern sie nicht innerhalt einer Ausschlussfrist von 4 Monate nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Diese Frist ist hinsichtlich aller Überzahlungen einschließlich der letzten Überzahlung für den Monat April 2008 versäumt worden. Die Fälligkeit für den letzten Überzahlungsanspruch trat am 05.05.2008 ein mit der Vornahme der Überzahlung. Die schriftliche Geltendmachung erfolgte unstreitig jedoch erstmals mit Schreiben vom 30.10.2009. Damit war die viermonatige Frist der ersten Stufe der Geltendmachung überschritten.

b. Die Ausschlussfrist beginnt bei Entgeltüberzahlungen in dem Zeitpunkt, in dem dem Arbeitgeber die Überzahlung bekannt war und hätte bekannt sein müssen (siehe BAG, Urteil vom 10.03.2005 - 6 AZR 217/04 - ). Bereits bei Eintritt der Überzahlung hätte der Klägerin die Überzahlung bekannt sein können und bekannt sein müssen. Denn der Betriebsrat hatte bereits aufgrund der Schreiben der Geschäftsführerin vom 11.05.2007 und vom 05.06.2007 seinerseits mit Schreiben vom 15.06.2007 mitgeteilt, dass er zum Nachweis der Betriebsratszeiten auf jeden Fall die Stempelkarte benutzen werde und zusätzlich - wie von der Geschäftsführerin verlangt - die Betriebsratszeiten auflisten werde. Der Betriebsrat hatte bereits in dem Schreiben vom 15.06.2007 auf die Gefahr hingewiesen, dass die Zeiten doppelt verrechnet werden könnten. In jenem Schreiben heißt es: "Nicht die Zeiten doppel verrechnet wird, einmal mit Karte, und einmal mit Liste." Das Faktum, dass der Betriebsrat die Betriebsratszeiten auch durch Benutzung der Stempelkarte dokumentieren würde, musste der Geschäftsleitung daher bekannt sein. Es kann auch nicht beanstandet werden, dass der Betrieb den Weg beschritten hat, die Betriebsratszeiten auch durch den Einsatz der Stempelkarte zu dokumentieren. Denn die Vergütung der Zeit für Betriebsratstätigkeit ist als Arbeitszeit zu werten; aus § 37 Abs. 2 BetrVG ergibt sich der Anspruch, dass diese Zeiten wie Arbeitszeiten zu behandeln sind und das Arbeitsentgelt für diese Zeit entsprechend dem Arbeitsvertrag fortzuzahlen ist. Daher war der Betriebsrat, auch um jeglichen Beweisschwierigkeiten von vornherein vorzubeugen, in jeder Hinsicht berechtigt, die Betriebsratszeiten mit der Stempelkarte zu erfassen. Wenn die Geschäftsführerin der Beklagten es darüber hinaus für notwendig hielt, den Betriebsrat zu verpflichten, die Betriebsratsstunden nochmals separat aufzulisten, so änderte dies nichts an der Berechtigung des Betriebsrats, seinerseits den Nachweis durch Benutzung der Stempelkarte zu führen. Da der Betriebsrat zudem die Geschäftsführung auch noch darauf hingewiesen hatte, dass durch das von der Geschäftsführerin veranlasste Verfahren die Gefahr der Doppelbuchung bestehe, hatte er seinerseits alles Zumutbare veranlasst, um der Klägerin eine ordnungsgemäß Abrechnung zu ermöglichen. Jedenfalls ist vor diesem Hintergrund festzuhalten, dass die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs bereits mit der Überzahlung eintrat, da der Klägerin zu diesem Zeitpunkt alle Fakten bekannt waren bzw. hätten bekannt sein müssen. Dem entspricht es auch, dass die Klägerin keinerlei konkrete Fakten hat vortragen können, die zusätzlich erst bei der internen Überprüfung im Oktober 2008 bekannt geworden wären, außer dem Umstand, dass sich die Mitarbeiter der Klägerin bei der Entgeltabrechnung geirrt haben. Schon nach dem Schreiben des Betriebsrats vom 15.06.2007 hätten der Klägerin alle Fakten bekannt sein können und müssen.

Vor diesem Hintergrund ist die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs spätestens am 15.05.2008 eingetreten, so dass die Geltendmachung der Klägerin nicht mehr rechtzeitig war.

c. Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin gegen die Anwendbarkeit des § 15 MTV Systemgastronomie. Der pauschale Vorwurf, dass einschlägige Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 01.02.2002 (9 AZR 215/01) sein ein Fehlurteil, hilft der Klägerin nicht. Mit den entscheidenden Argumenten dieses Urteils setzt sich die Klägerin nicht auseinander. Entscheidend ist der Zweck tarifvertraglicher Ausschlussklauseln. Die Tarifvertragsparteien wollen mit einer derartigen Klausel typischerweise langwierige Streitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen von tariflichen Ansprüchen vermeiden. Dabei besteht kein Unterschied, ob der Streit deshalb entbrennt, weil vermeidlich zu viel oder zu wenig gezahlt worden ist (siehe auch BAG, Urteil vom 19.01.1999 - 9 AZR 637/97 -). Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts werden von dem Begriff "tarifliche Ansprüche" auch solche gesetzlichen oder vertraglichen Ansprüche erfasst, deren Bestand von einem tarifvertraglich ausgestalteten Anspruch abhängig ist (BAG, Urteil vom 23.02.1999 - 9 AZR 737/97 -).

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass es, wie es § 15 MTV Systemgastronomie verlangt, um einen vertraglichen Anspruch geht. Denn der Anspruch auf Vergütung der Betriebsratstätigkeit resultiert aus dem Arbeitsvertrag und der dort getroffenen Vergütungsregelung, auf die § 37 Abs. 2 BetrVG Bezug nimmt. Da eine Ausschlussfrist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der die Kammer folgt, sowohl Ansprüche auf Zuwenigzahlung wie auch Ansprüche auf Zuvielzahlung erweist, unterfällt auch die vorliegende Konstellation der Ausschlussfrist in § 15 MTV Systemgastronomie.

d. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 04.06.2003 - 10 AZR 577/02 - . Denn in jenem Verfahren lag ausweislich des Tatbestandes eine ganz andere Ausschlussfrist, nämlich § 14 des Spezialmanteltarifvertrages vom 10.04.1997 zugrunde. Die dort maßgebende Ausschlussfrist lautete:

"Ansprüche aus diesem Tarifvertrag sind innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen."

Während also in jenen Verfahren tarifliche Ausschlussfrist nur auf "Ansprüche aus diesem Tarifvertrag" Bezug nahm, ist die vorliegend maßgebliche Ausschlussfrist dadurch gekennzeichnet, dass "sämtliche tarifliche und vertragliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von 4 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen sind".

Damit ist unmittelbar ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien des § 15 MTV Systemgastronomie einen wesentlich umfangreicheren Geltungsbereich der Ausschlussklausel erreichen wollten, als diejenigen Tarifvertragsparteien, die sich auf den Wortlaut des § 14 Spezialmanteltarifvertrag verständigt haben. Während in letzterem Fall die Ausschlussfrist lediglich Ansprüche aus "diesem Tarifvertrag" erfassen soll, macht bereits die Formulierung " tarifliche und vertragliche Ansprüche" in § 15 MTV Systemgastronomie deutlich, dass ein umfassender Anwendungsbereich der Ausschlussfrist gewollt war.

e. Die Berufung auf die Ausschlussfrist ist schließlich eine Treuwidrigkeit und verstößt nicht gegen § 242 BGB. Dies gilt schon deshalb, weil wie oben ausgeführt, die Klägerin schon durch das Schreiben des Betriebsrats vom 15.06.2007 Kenntnis davon haben musste, dass die Betriebsratsmitglieder ihre Arbeit für den Betriebsrat mittels Benutzung der Stempelkarte nachweisen würden.

3. Die Berufung bezogen auf den Hauptantrag musste folglich erfolglos bleiben.

II. Auch der Hilfsantrag der Klägerin konnte keinen Erfolg haben, da der Klägerin, wie ausgeführt, keinerlei Zahlungsanspruch zustand.

III. Insgesamt war die erfolglose Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Divergenz vorlag und die Rechtssache auch keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hatte, sondern eine Entscheidung auf der Basis höchstrichterlicher Rechtsprechung in Einzelfällen zu treffen war.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 242 BGB § 812 Abs. 1 BGB § 818 Abs. 3 BGB

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