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08.11.2013 · IWW-Abrufnummer 133393

Sozialgericht Marburg: Urteil vom 31.07.2013 – S 11 KA 871/11

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


S 11 KA 871/11

Der Antragsbescheid vom 18.01.2011 betreffend die Quartale III/10 und IV/10 sowie der Honorarbescheid für das Quartal IV/10, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2011 werden insoweit aufgehoben, als die Beklagte der Klägerin keine QZV gewährt hat. Insoweit wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt 65%, die Klägerin 35% der Gerichtskosten. Die Beklagte trägt 65% der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine Sonderregelung zum RLV für die Behandlung von Schmerzpatienten sowie die Erhöhung der Fallzahlobergrenze für die Quartale III/10 und IV/10.

Die Klägerin ist seit dem 22.05.1995 als Fachärztin für Anästhesiologie zugelassen und seit dem 01.01.1996 mit Praxissitz in A-Stadt niedergelassen. Sie nimmt an der Qualitätssicherungsvereinbarung Schmerztherapie teil, besitzt die Genehmigung zur Abrechnung der Ziffer 30704 und ist ausschließlich schmerztherapeutisch tätig.

Die Klägerin stellte mit Schreiben vom 04.12.2009 einen Antrag auf Fallzahlerhöhung für die Behandlung von Schmerzpatienten für das Jahr 2010.

Mit Bescheiden vom 18.06.2010 bzw. 28.07.2010 und vom 31.08.2010 wies die Beklagte der Klägerin jeweils ein praxisbezogenes RLV für die Quartale III/10 und IV/10 zu. Dieses stellte sich wie folgt dar:

Name/ RLV-Gruppe Quartal RLV- relevante Fallzahl Fallwert Arztgruppe Praxis-individueller Fallwert Fallwert- abstaffellung Altersstrukturquote Aufschlag für BAG RLV
A./ Schmerztherapeuten III/10 314 117,74EUR 244,41EUR 1,0000 0,9899 1,000 36.596,96EUR
IV/10 350 109,70EUR 224,65EUR 1,0000 0,9939 1,000 38.160,79EUR

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 15.07.2010 und 08.09.2010 jeweils Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass die gewährten Fallwerte nicht einmal ausreichten, ein Erstgespräch nach den Ziffern 30700, 30702 und 30704 EBM (entsprechen jeweils 109EUR) abzudecken. Hinzu kämen in der Regel die Ziffern 30706, 30708, 30710-30760 und 35100-35110 EBM und bei Psychotherapie-Zusatzbezeichnung noch die Ziffern 35140-35300 EBM. Der Fallwert sei mindestens auf 159,09EUR zu erhöhen, wenn ein Anpassungsfaktor von 1,3223 zur Berechnung des RLV mit eingerechnet werde. Da Schmerztherapeuten kein QZV zugeteilt bekämen und somit ein QZV Akupunktur und auch belegärztliche Leistungen wegfallen würden, beantrage sie einen Fallwert von mindestens 200EUR.
Die Beklagte entsprach den Anträgen der Klägerin mit Bescheid vom 18.01.2011 insoweit, als ihr für die Quartale III/10 und IV/10 jeweils ein Fallwert von 160EUR zuerkannt wurde und eine Fallzahlerhöhung für das Quartal III/10 auf 360 Fälle und für das Quartal IV/10 auf 375 Fälle gewährt wurde.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 31.01.2011 Widerspruch ein. Ein Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal IV/10 folgte am 20.08.2011. Sie habe in diesem Quartal 387 Patienten behandelt, aber nur 350 Fälle seien berücksichtigt worden.
Das RLV der Klägerin stellte sich im Quartal IV/10 wie folgt dar:

Arzt Arztbezogenes RLV – Obergrenze – Arztbezogenes RLV – angefordert – Abweichung (Über-/Unterschreitung)
A., M. 55.658,40EUR 82.856,80EUR +27.198,40EUR

Für den Überschreitungsbetrag ist nach Durchführung der Abstaffellung ein Honorar von 2.329,54EUR ausgezahlt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2011 half die Beklagte insoweit ab, als sie im Rahmen die im Rahmen des Antragsverfahrens für das Quartal IV/10 bereits zugesagte RLV-Fallwerterhöhung auf 160EUR und die Fallzahlerhöhung auf 375 noch vornahm. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück.
Gemäß § 85 Abs. 4 SGB verteile die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung für die vertragsärztliche Versorgung gezahlte Gesamtvergütung getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung (§ 73 SGB V) an die Vertragsärzte. Sie wende dabei den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an. Grundlage dieser Honorarverteilung durch die KV Hessen sei der Einheitliche Bewertungsmaßstab in der jeweils gültigen Fassung (EBM), der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen entsprechend § 87 SGB V vereinbart wurde. Der vereinbarte EBM 2010 sei als Bestandteil der Bundesmantelverträge sowohl für die Ärzte als auch für die KV verbindlich, vgl. §§ 81 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 3 Abs. 4 der Satzung der Beklagten.
Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit gebe der Gesetzgeber für die Vergütung der Ärzte arzt- und praxisbezogene RLV in § 87b SGB V vor. Auf der Basis dieser Vorgaben habe der Bewertungsausschuss ein Verfahren zur Berechnung und Anpassung der RLV und qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina (QZV) beschlossen. Mit dem Honorarvertrag sowie den Nachtrags- und Ergänzungsvereinbarungen für das Jahr 2010 (HV) habe sie mit den Verbänden der Krankenkassen diese Vorgaben gemäß § 87b SGB V umgesetzt.
Jeder Arzt einer Arztgruppe gemäß Anlage 1 zum HV erhalte ein arztgruppenspezifisches RLV. Dieses resultiere aus der Multiplikation der für das RLV relevanten Fälle des Arztes aus dem Vorjahresquartal mit dem jeweils gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwert sowie weiterhin mit der Fallwertabstaffelung, der Altersstrukturquote und ggf. dem Aufschlag für Berufsausübungsgemeinschaften.
Des Weiteren seien zum 01.07.2010 QZV eingeführt worden, die die sogenannten "freien" Leistungen und Fallwertzuschläge der vorangegangenen Quartale ersetzt hätten. Die Einführung der QZV sei erforderlich gewesen, weil eine erhebliche Ausweitung der freien Leistungen zu einem deutlichen Absinken der RLV-Fallwerte geführt habe.
Ein Arzt habe nun gemäß Abschnitt II Nr. 3.3 HV Anspruch auf die arztgruppenspezifischen QZV, wenn
• er mindestens eine Leistung des entsprechenden QZV im jeweiligen Vorjahresquartal erbracht habe;
• er die zutreffende Gebiets- bzw. Schwerpunktsbezeichnung führe und die sonstigen Voraussetzungen für die Erbringung der Leistungen des QZV nach dem EBM, insbesondere Qualifikationen gemäß §§ 135 Abs. 2, 137 SGB V und Zusatzbezeichnungen, nachgewiesen habe
oder
• die Versorgung der Versicherten mit einer Leistung des QZV aus Sicherstellungsgründen notwendig sei
und/oder
• der Vorstand der Beklagten im Einzelfall eine abweichende Regelung treffe.
Die Höhe des QZV ermittle sich aus der Multiplikation der für die QZV relevanten Fälle mit dem entsprechenden Fallwert.
Hinsichtlich der begehrten Fallzahlerhöhung sei festzustellen, dass im EBM für die Erbringung der Zusatzpauschale nach der Ziffer 30702 EBM in schmerztherapeutischen Einrichtungen ein Zuschlag aufgenommen worden sei, welcher einmal im Behandlungsfall mit der Ziffer 30704 EBM ausschließlich von anerkannten schmerztherapeutischen Einrichtungen abgerechnet werden könne. Hierzu sei in Nr. 6 der Präambel des Abschnitts 30.7 EBM neben einer regelmäßig zu betreuenden Zahl von mindestens 150 Patienten auch eine Begrenzung der Gesamtzahl der schmerztherapeutisch betreuten Patienten von höchstens 300 Behandlungsfällen je Vertragsarzt pro Quartal geregelt.
Diese Begrenzung auf je 300 Behandlungsfälle könne aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten auf Antrag durch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung modifiziert werden.
Der Vorstand der Beklagten habe bereits im Januar 2008 unter Einbeziehung der Empfehlung der Schmerztherapie-Kommission und des Berufsverbandes der Schmerztherapeuten in Deutschland (BVSD) beschlossen, unter bestimmten Voraussetzungen die Fallzahlbegrenzung für die schmerztherapeutische Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten zu erhöhen, wobei er eine pauschale Fallzahlerhöhung ohne Berücksichtigung der Praxis- und Patientenstruktur als nicht sachgerecht abgelehnt habe. Vielmehr sei eine Fallzahlerhöhung nur zu befürworten, wenn eine einzelfallbezogene Prüfung, die u.a. die Versorgungssituation im Umkreis von 30 bis 50 km zur antragstellenden Praxis sowie den "Überschreitungsanteil" bezogen auf die aktuell versorgten Schmerzpatienten berücksichtige, durchgeführt werde. Da keine grundlegende Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei, habe der Vorstand die o. g. Sonderregelung auch für das Jahr 2010 beschlossen.
Im Quartal III/09 haben die Klägerin die Leistungen der Ziffern 30702 / 30704 EBM bei 314 Patienten abgerechnet. Im Quartal IV/09 seien es 350 Behandlungsfälle gewesen. In beiden Quartalen sei somit die Höchstgrenze von 300 Fällen überschritten worden, weshalb im Wege des Antragsverfahrens für die Quartale III/10 und IV/10 für die Berechnung der Ziffern 30702 / 30704 EBM anstelle von 300 Behandlungsfällen nun 360 bzw. 375 Behandlungsfälle festgesetzt worden seien. Die Prüfung des Antrags habe ergeben, dass die Sicherstellung der vertragsärztlichen schmerztherapeutischen Versorgung mit einer Begrenzung auf 360 Behandlungsfälle im Quartal III/10 und 375 Behandlungsfälle im Quartal IV/10 zur Berechnung der Ziffer 30702 bzw. 30704 EBM gewährleistet sei.
Für die Beurteilung des Aspektes der Sicherstellung sei neben der eigenen Praxissituation maßgeblich, ob im Umkreis von 30 bis 50 km ausreichend Ärzte zur Verfügung stünden, die die vertragsärztliche Versorgung in diesem Bereich sicherstellten. So habe die Bedarfsprüfung ergeben, dass neben der Klägerin weitere Vertragsärzten in und um A-Stadt tätig seien, die die Leistungen nach den Ziffern 30702 und 30704 EBM in vergleichbarem Umfang erbracht hätten. Vor diesem Hintergrund sei eine weitere Erhöhung der Fallzahlobergrenze nicht geboten.
Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass im Fall der Klägerin die neuen Fallzahlobergrenzen im Ergebnis auch als RLV-relevante Fallzahlen zur Ermittlung der arztbezogenen RLV in den Quartalen III/10 und IV/10 einzustellen seien. So sei zwar seitens der Beklagten beschlossen, dass die im Zusammenhang mit der Fallzahlbegrenzung nach der Schmerztherapievereinbarung gewährte Fallzahlobergrenze in den entsprechenden Quartalen jeweils als RLV-relevante Fallzahl heranzuziehen sei. Dies gelte aber nur für den Fall, dass diese höher sei, als die zugewiesene RLV-relevante Fallzahl.
Im Fall der Klägerin habe die Prüfung der Daten ergeben, dass ihre ursprünglich zugewiesenen Fallzahlen niedriger gewesen seien. So betrage die RLV-relevante Fallzahl im Quartal III/10 314 Fälle und im Quartal IV/10 350 Fälle. Vor diesem Hintergrund seien daher bei der Berechnung des jeweiligen arztbezogenen RLV zu Gunsten der Klägerin die RLV-relevanten Fallzahlen in Höhe von 360 bzw. 375 Fällen heranzuziehen.
Hinsichtlich des Fallwertes sei Folgendes festzustellen: Gemäß Anlage 1 zum HV unterlägen ausschließlich schmerztherapeutische Ärzte dem RLV. Der Klägerin sei ursprünglich in dem Quartal ein Fallwert in Höhe von 117,74EUR zuerkannt worden.
In der RLV-Fachgruppe der ausschließlich schmerztherapeutisch tätigen Ärzte würden die Schmerztherapeuten berücksichtigt, die die Voraussetzung gemäß der Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten nach §135 Abs. 2 SGB V erfüllten. Voraussetzung für die Eingruppierung in diese RLV-Fachgruppe der Schmerztherapeuten seien die dauerhafte Behandlung von mindestens 150 Schmerztherapiepatienten sowie die Tätigkeit im Bereich der Schmerztherapie von mehr als 75 % im Referenzquartal. Der Vorstand der Beklagten habe deshalb beschlossen, dass für alle überwiegend schmerztherapeutisch tätigen Ärzte nach individueller Prüfung eine Sonderregelung in Form eines Fallwertes in Höhe von 160EUR in Betracht komme.
Da die Klägerin über eine entsprechende Genehmigung verfüge, sei ihr im Rahmen des Bescheids vom 18.01.2011 ein Fallwert in Höhe von 160EUR zuerkannt worden. Somit sei bei der Berechnung des Fallwertes nicht nur der Umstand, dass Sie eine Abrechnungsgenehmigung für die Ziffer 30704 EBM besitze, sondern auch der Anpassungsfaktor von1,3223 berücksichtigt worden. Soweit sie eine darüber hinaus gehende Erhöhung des Fallwertes begehre, sei anzumerken, dass die Voraussetzungen für eine weitergehende Sonderregelung nicht vorlägen. Es stelle sich insoweit die Frage, ob die Klägerin durch ihre Tätigkeit Praxisbesonderheiten aufweise, welche eine Sonderregelung rechtfertigen könnten. Praxisbesonderheiten ergäben sich nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung. Des Weiteren müsse zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe um mindestens 20 % vorliegen.
Hinsichtlich der diesbezüglichen Prüfung habe der Vorstand der Beklagten in seiner Sitzung am 14.02.2011 folgende Vorgehensweise beschlossen: Zunächst sei der praxisindividuelle Fallwert des Aufsatzquartals, also des entsprechenden Quartals des Vorjahresquartals (angefordertes RLV-relevantes Honorarvolumen dividiert durch die RLV-Fallzahl) anhand der Arztrechnung zu ermitteln. Sofern dieser den RLV-Fachgruppenwert um mindestens 20 % übersteige, sei eine detaillierte Prüfung vorzunehmen. Ansonsten sei keine Sonderregelung möglich.
Die detaillierte Prüfung erfolge folgendermaßen: Liege eine Praxisbesonderheit nach den o.g. Kriterien vor, werde für die relevanten Leistungen anhand der Daten aus der Frequenzstatistik des Aufsatzquartals das Volumen der entsprechenden EBM-Leistungen sowie ggf. der dazugehörigen Begleitleistungen (ohne die Grundpauschalen) ermittelt und durch die Fallzahl dividiert. Der sich hieraus ergebende Wert müsse größer/gleich 20 % RLV-Fallwertes der jeweiligen Arztgruppe sein. In diesem Fall sei der RLV-Fallwert um diesen Fallwertanteil zu erhöhen. Ansonsten bestehe keine Möglichkeit für eine Sonderregelung.
Eine Prüfung der vorliegenden Unterlagen habe ergeben, dass der praxisindividuelle RLV-Fallwert der Klägerin im streitgegenständlichen Quartal III/10 bei 244,41EUR und im Quartal IV/10 bei 224,65EUR liege. Der RLV-Fallwert der Arztgruppe betrage 117,74 EUR (III/10) bzw. 109,70 EUR (IV/10). Damit liege eine Überschreitung des RLV-Fallwertes der Arztgruppe in Höhe von 107,58% im Quartal III/10 und von 104,78 % im Quartal IV/10 vor, weshalb eine detaillierte Prüfung vorgenommen worden sei.
Hinsichtlich der von der Klägerin erbrachten Leistungen sei im nächsten Schritt festzustellen, ob einzelne, dem RLV unterliegende Leistungen, einen Anteil von mehr als 20 % des für RLV-Leistungen angeforderten Gesamthonorarvolumens ausmachten.
Die Analyse der Honorardaten für die streitgegenständlichen Quartale habe ergeben, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen des Kapitels 30.7 zwar insgesamt zu einer Erhöhung des abgerechneten RLV-Honorarvolumens geführt hätten. Allerdings handele es sich um Kernleistungen der Arztgruppe, so dass nicht von einer Praxisbesonderheit nach den obigen Vorgaben auszugehen sei. Damit komme eine Sonderregelung für diese Leistungen in Form einer Erhöhung des RLV-Fallwertes nicht in Betracht. Mit dem zugestandenen Fallwert von 160EUR in den Quartalen III/10 und IV/10 seien die Leistungen der Schmerztherapie somit vollständig abgegolten. Insoweit spiegle sich hierin auch der für übrige Leistungen im Rahmen der Schmerztherapie erforderliche Aufwand wieder.
Schließlich stelle sich die Frage, ob die Praxis darüber hinaus Praxisbesonderheiten aufweise, welche eine weitergehende Sonderregelung rechtfertigen könnten. Die Klägerin verfüge über die Genehmigungen zur Erbringung der Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung nach den Ziffern 35100 und 35110 EBM. Hinsichtlich der von ihr in diesem Bereich erbrachten Leistungen sei im nächsten Schritt festzustellen, ob einzelne, dem RLV unterliegende Leistungen, einen Anteil von mehr als 20% des für RLV-Leistungen angeforderten Gesamthonorarvolumens ausmachten. Dies stelle sich für Praxis der Klägerin wie folgt dar:

Quartal III/10
Leistung Wert gesamt Leistungsanteil
35100 EBM 948,15 EUR = 1,24 %
35110 EBM 4.214,00 EUR = 5,49 %
Gesamt 5.162,15 EUR 6,73 %

Quartal IV/10
Leistung Wert gesamt Leistungsanteil
35100 EBM 1.173,90 EUR = 1,49 %
35110 EBM 3.672,20 EUR = 4,67 %
Gesamt 5.162,15 EUR = 6,16 %

Aus dieser Übersicht ergebe sich, dass bei der Klägerin die dem RLV unterfallende Honoraranforderung für Einzelleistungen einen Anteil von 20 % sowohl im Quartal III/10 als auch im Quartal IV/10 nicht überschreite, so dass keine weitere detaillierte Prüfung vorgenommen worden sei. Eine Sonderregelung scheide somit aus.
Somit sei festzustellen, dass eine weitere Erhöhung des durch den Antragsbescheid zuerkannten Fallwertes in den Quartalen III/10 und IV/10 nicht gerechtfertigt sei.
Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass die ab dem 01.01.2009 geltenden Bestimmungen durch den Erweiterten Bewertungsausschuss eindeutig die Gestaltungsmöglichkeiten für die Gewähr einer Sonderregelung zum RLV vorgäben, die im HV 2009 aufgegriffen worden seien. Von diesen könne seitens der Beklagten nicht einseitig abgewichen werden.
Auch der Honorarbescheid für das Quartal IV/10 sei im Übrigen rechtmäßig. Von dem von der Klägerin angeforderten Honorar in Höhe von insgesamt 82.856,80EUR seien lediglich 55.658,40EUR vollständig vergütet worden. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass die honorarvertragliche Regelung nicht etwa zu einem Ausschluss der restlichen Forderung in Höhe von 27.198,40EUR führe, sondern diese mit einer abgestaffelten Quote, die der Arztrechnung zu entnehmen sei, vergütet würden. Dies sei nicht zu beanstanden.
Ferner sei festzustellen, dass die Berechnung zur Feststellung des "Wirtschaftlichkeitsbonus" nach Nr. 32001 EBM korrekt erfolgt sei. Hier sei ersichtlich, dass der "Wirtschaftlichkeitsbonus" nach Nr. 32001 EBM für die wirtschaftliche Erbringung und/oder Veranlassung von Leistungen des Kapitels IV.32des EBM in voller Höhe zur Auszahlung gekommen sei. Dies finde seine Ursache darin, dass die erbrachten und veranlassten Laborleistungen das Laborkostenbudget nicht überschritten hätten. Damit sei die Klägerin hinsichtlich der Vergütung für den Wirtschaftlichkeitsbonus nach Nummer 32001 EBM nicht beschwert.
Weiterhin sei hinsichtlich des Ausgleichsindex maximus (AImax) Folgendes auszuführen: Mit Schreiben vom 15.06.2011, das als Anlage zum Honorarbescheid versendet worden sei, würden alle Vertragsärzte darüber informiert, dass im Quartal IV/10 der sogenannte AImax Anwendung finde. Die Vertreterversammlung der Beklagten habe beschlossen, dass bei Ärzten aus RLV-relevanten Fachgruppen die Verluste, die sich aus einem Fallwert-Vergleich der Quartale IV/08 zu IV/10 ergäben, ausgeglichen würden. Von der Durchführung des AImax seien jedoch Schmerztherapeuten, Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen, Humangenetiker ausgenommen, weil deren Fallwerte durch unterschiedliche Regelungen nicht mehr mit denen des Jahres 2008 vergleichbar seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Klage vom 29.11.2011.
Die Klägerin trägt vor, dass die Beklagte ihr im Quartal II/10 mit Bescheid vom 12.08.2010 aus Sicherstellungsgründen eine Fallzahlerhöhung auf 450 gewährt habe. Im Hinblick auf die Sicherstellung der schmerztherapeutischen Versorgung habe sich in den streitgegenständlichen Folgequartalen III/10 und IV/10 nichts geändert, so dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Fallzahl nicht auch in diesen Quartalen auf 450 angehoben würde. Dies sei insbesondere deshalb bedeutsam, weil die Fallzahl auch der Berechnung des RLV zugrunde gelegt werde. Die im Falle der Klägerin erfolgte Bemessung der Fallzahl sei willkürlich.
Zudem sei in den Quartalen II/09 bis II/10 eine Vergütung der Akupunkturleistungen außerhalb des RLV erfolgt. Diese Leistungen fielen bei der Klägerin nun faktisch ins RLV, da ihr kein QZV Akupunktur gewährt worden sein. Allen nicht überwiegend schmerztherapeutisch tätigen Anästhesiologen würde ein entsprechendes QZV jedoch gewährt.
Aus den Vorgaben des Bewertungsausschusses ergebe sich, dass die Gewährung eines QZV an die Führung einer entsprechenden Gebiets- und Schwerpunktbezeichnung anknüpfe. Da die Klägerin die Gebietsbezeichnung Anästhesiologie trage, erfülle sie die Voraussetzungen zur Gewährung der QZV der Anästhesiologen.
Ein Anspruch auf Zuweisung der QZV ergebe sich auch aus Sicherstellungsgründen.
Der Fallwert sei deshalb wie folgt zu erhöhen:
Quartal QZV 1 (Akupunktur) QZV 16 (psychosomatische Grundversorgung)
III/10 23,21EUR 6,12EUR
IV/10 16,95EUR 5,47EUR

Es ergebe sich insgesamt ein RLV-Fallwert von mindestens 189,33EUR (III/10) bzw. 182,43EUR (IV/10).

Die Klägerin beantragt,
den Antragsbescheid vom 18.01.2011 betreffend die Quartale III/10 und IV/10 sowie den Honorarbescheid für das Quartal IV/10, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie trägt über Ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid hinaus vor, dass sich aus der Regelung für das Quartal II/10 kein Anspruch auf Anerkennung einer entsprechenden Sonderregelung für die Folgequartale ableiten lasse. Die Klägerin habe die GO-Ziffern 30702 und 30704 ausweislich der Frequenzstatistik im Quartal III/10 358mal und im Quartal IV/10 372mal abgerechnet. Die genehmigten Behandlungsfallzahlen habe die Klägerin damit gar nicht überschritten und sei insoweit auch nicht beschwert.
Gründe, nur die RLV-Fallzahl weiter anzuheben, seien nicht ersichtlich, zumal die Klägerin ausweislich der Honorarbescheide im Quartal III/10 nur 375 RLV-relevante Fälle und im Quartal IV/10 nur 387 RLV-relevante Fälle erbracht habe.
Hinsichtlich des Fallwertes sei anzumerken, dass mit der Erhöhung auf 160EUR bereits pauschal alle schmerztherapeutischen Leistungen erfasst worden seien. Die Akupunktur werde ab dem Quartal III/10 innerhalb des RLV vergütet und sei deshalb ebenfalls in dem Betrag von 160EUR enthalten.
Die QZV würden nach den Vorgaben des Bewertungsausschusses arztgruppenspezifisch zugeteilt. Da die Klägerin nicht der Arztgruppe der Fachärzte für Anästhesiologie zugeordnet sei, sondern der Arztgruppe der Schmerztherapeuten könne ihr kein QZV zugeteilt werden.
Die Abstellung des Bewertungsausschusses auf den Leistungsbereich zeige bereits, dass für die Einteilung der Arztgruppen die Tätigkeit maßgeblich sei und nicht die Facharztbezeichnung. Auch Anlage 3 spreche von "Arztgruppen", wobei in der Überschrift der der "Zuordnung von QZV gemäß 2.1" auf I.2.1. des Beschlusses verwiesen werde. Diese Regelung sehe für die benannten Arztgruppen die Bildung von RLV und QZV vor, wobei davon auszugehen sei, dass einheitlich für RLV und QZV die nach den Anlagen für die Honorarverteilung gebildeten Arztgruppen gemeint seien. In der Regelung zwei unterschiedliche Bedeutungen für den Begriff "Arztgruppe" dahingehend zu vermuten, dass für RLV die Arztgruppe nach der Honorareinteilung maßgeblich wäre, für die QZV hingegen die Facharztbezeichnung sei sinnwidrig. Schließlich unterschieden sich die Arztgruppen nach Anlage 3 und Anlage 2 nicht.
Unterschiede bei der Zuteilung der QZV seien auch sachlich gerechtfertigt, weil beispielsweise den Fachärzten für Anästhesiologie deutlich geringere Fallwerte von nur 14,74EUR (III/10) bzw. 16EUR (IV/10) zuerkannt worden seien.

Im Klageverfahren hat am 15.05.2013 ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Eine vergleichsweise Einigung der Beteiligten ist durch Widerruf des Vergleichs durch die Beklagte gescheitert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da insbesondere nach der mündlichen Verhandlung vom 15.05.2013 die Sache keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art mehr aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.

Der Antragsbescheid vom 18.01.2011 betreffend die Quartale III/10 und IV/10 sowie der Honorarbescheid für das Quartal IV/10, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2011 sind insoweit rechtswidrig, als die Beklagten der Klägerin keine QZV gewährt hat. Insoweit hat die Klägerin einen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Nach § 87b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 5. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) mit Geltung ab 01.04.2007, BGBl. I S. 378 (im Folgenden: SGB V) werden abweichend von § 85 die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 1. Januar 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 vergütet.
Nach § 87b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 5. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) mit Geltung ab 01.04.2007, BGBl. I S. 378 (im Folgenden: SGB V) werden abweichend von § 85 die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 1. Januar 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 vergütet.
Nach § 87b Abs. 4 SGB V bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten (Satz 1). Er bestimmt darüber hinaus ebenfalls erstmalig bis zum 31. August 2008 Vorgaben zur Umsetzung von Absatz 2 Satz 3, 6 und 7 sowie Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach Absatz 3 Satz 5 (Satz 2). Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen stellen gemeinsam erstmalig bis zum 15. November 2008 und danach jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres gemäß den Vorgaben des Bewertungsausschusses nach den Sätzen 1 und 2 unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten die für die Zuweisung der Regelleistungsvolumina nach Absatz 5 konkret anzuwendende Berechnungsformel fest (Satz 3). Nach § 87b Abs. 5 SGB V obliegt die Zuweisung der Regelleistungsvolumina an den Arzt oder die Arztpraxis einschließlich der Mitteilung der Leistungen, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, sowie der jeweils geltenden regionalen Preise der Kassenärztlichen Vereinigung; die Zuweisung erfolgt erstmals zum 30. November 2008 und in der Folge jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungsvolumens (Satz 1). § 85 Abs. 4 Satz 9 gilt (Satz 2).
Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben hat der Erweiterte Bewertungsausschuss bzw. Bewertungsausschuss entsprechende Vorgaben gemacht, die die beklagte Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Verbände der Primärkassen sowie die Ersatzkassen in dem Honorarvertrag vom 21.12.2009 für die Zeit ab 01.01.2010 umgesetzt haben (veröffentlicht in info.doc Nr. 1, März 2010, Bekanntmachungen, S. 26 ff.; im Folgenden: HVV 2010).
Die vertragsärztliche Vergütung ab dem 01.01.2010 wurde in Fortschreibung der für das Jahr 2009 gefassten Beschlüsse mit Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses vom 02.09.2009 (15. Sitzung DÄ-Bl. 2009 A 1907) und Beschluss des Bewertungsausschusses vom 22.09.2009 (199. Sitzung, DÄ-Bl 2009, A 2103) geregelt. Teil F (Beschluss vom 22.09.2009) regelte in diesem Rahmen wiederum die Anpassung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen. Mit Beschluss vom 26.03.2010 (218. Sitzung, DÄ-Bl. 2010, Beilage zu Heft 16, S. 1ff.) wurde (nach zwischenzeitlicher geringfügiger Änderung durch Beschluss vom 05.03.2010, 215. Sitzung, DÄ-Bl. 2010 A 408) Teil F des Beschlusses vom 22.09.2009 mit Wirkung zum 01.07.2010 ersetzt, wobei Kernpunkt der Neuregelung die Einführung so genannter qualifikationsgebundener Zusatzvolumen (QZV) ab dem Quartal III/10 ist.
Im Beschluss vom 26.03.2010 heißt es:
1.3.2 Arztpraxisbezogene Zuweisung qualifikationsgebundener Zusatzvolumen Die Zuweisung der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen erfolgt praxisbezogen, wenn mindestens einer der Ärzte, die in der Arztpraxis tätig sind, über die Voraussetzung gemäß Ziffer 3.3 i. V. m. Anlage 3 für das jeweilige qualifikationsgebundene Zusatzvolumen verfügt. Dabei ergibt sich die Höhe des jeweiligen qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens aus der Addition der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen je zur Abrechnung der entsprechenden Leistungen berechtigtem Arzt (unabhängig vom Zulassungsstatus), der in der Arztpraxis tätig ist.

2.1 Ärzte und Arztgruppen
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Qualifikationsgebundene Zusatzvolumen kommen für die in Anlage 3 aufgeführten ggf. im Gesamtvertrag modifizierten Arztgruppen und Leistungen zur Anwendung. Die Partner der Gesamtverträge können Zusammenfassungen von qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen in der Anlage 3 auch mit den Regelleistungsvolumen sowie qualifikationsgebundene Zusatzvolumen für weitere Leistungen und Arztgruppen vereinbaren.

3.3 Ermittlung der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen je Arzt
Für die in Anlage 3 aufgeführten Leistungsbereiche werden qualifikationsgebundene Zusatzvolumen gebildet. Ein Arzt hat Anspruch auf die arztgruppenspezifischen qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen, wenn
• er mindestens eine Leistung des entsprechenden qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens im jeweiligen Vorjahresquartal erbracht hat
und
• er die zutreffende Gebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnung führt. Unterliegt die Voraussetzung zur Erbringung von in qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen aufgeführten Leistungen einer Qualifikation nach § 135 Abs. 2 SGB V, § 137 SGB V oder dem Führen einer Zusatzbezeichnung ist der Nachweis zusätzlich erforderlich
oder
• die Versorgung der Versicherten mit einer Leistung des qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens aus Sicherstellungsgründen notwendig ist
und/oder
• die Partner der Gesamtverträge andere Regelungen vereinbart haben (z. B. für Neupraxen).
Die Partner der Gesamtverträge können abweichend von der Vorgabe eines für alle berechtigten Ärzte einheitlichen qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen eine Differenzierung in Gruppen von Ärzten mit unterschiedlich hohem Leistungsbedarf in 2008 der in einem qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen enthaltenen Leistungen oder gemäß § 136 Abs. 4 SGB V vornehmen. Die Partner der Gesamtverträge können Zusammenfassungen von qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen in der Anlage 3 auch mit den Regelleistungsvolumen sowie qualifikationsgebundene Zusatzvolumen für weitere Leistungen und Arztgruppen vereinbaren. Die Berechnung der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen erfolgt je Arzt oder je Fall gemäß Anlage 8. Von der in Anlage 8 beschriebenen Berechnung können die Partner der Gesamtverträge abweichen, wenn im Falle einer niedrigen Anzahl der für ein qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen berechtigten Ärzte eine statistische Ermittlung nicht mehr vertretbar ist. In diesem Fall können sie von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bundesweit ermittelte Werte für die entsprechenden qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen verwenden. Über das Verfahren zur Umsetzung der Berechnung der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen einigen sich die Partner der Gesamtverträge."

Die Beklagte hat diese Vorgaben ohne weitere Veränderungen im HVV 2010 umgesetzt.

Aus diesen Vorgaben ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts ein Anspruch der Klägerin auf die Gewährung von QZV. Die Klägerin erfüllt alle Voraussetzungen der Ziffer 3.3 des Beschlusses.
Sie hat unstreitig in den Vorquartalen Leistungen der Akupunktur und der psychosomatischen Grundversorgung erbracht. Darüber hinaus führt sie die Gebietsbezeichnung Anästhesiologie und erfüllt die weiteren Qualifikationsvoraussetzungen des 2. Spiegelstrichs.
Darüber hinaus käme auch in Betracht, dass der Klägerin die QZV aus Sicherstellungsgründen zu gewähren sind. Dies liegt nahe, zumal die Beklagte im Vorquartal II/10 eine Sicherstellungslücke festgestellt hat. Ob sich die Sicherstellungsproblematik auch auf die Leistungen der QZV 1 und 16 erstreckt, ist bisher nicht festgestellt, liegt aber nahe, wenn es im gesamten schmerztherapeutischen Bereich einen Sicherstellungsbedarf gibt. Insoweit hätte die Beklagte Feststellungen treffen müssen und hinsichtlich der Gewährung von QZV aus Sicherstellungsgründen ihr Ermessen ausüben müssen, was nicht geschehen ist.

Die Auslegung nach dem Wortlaut des Beschlusses veranlasst entgegen der Auffassung der Beklagten keine Beiladung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder des SKV-spitzenverbandes.
Soweit die Beklagte vorträgt, es sei davon auszugehen, dass einheitlich für RLV und QZV die nach den Anlagen für die Honorarverteilung gebildeten Arztgruppen gemeint seien, so widerspricht diese Ansicht dem insoweit klaren Wortlaut der Ziffer 3.3, der ausdrücklich auf die Gebiets- und Schwerpunktbezeichnung abstellt.
Es ist auch nicht sinnwidrig, dass der Begriff der "Arztgruppe" insoweit unterschiedlich verwendet wird. Schließlich unterliegen RLV und QZV unterschiedlichen Regelungssystematiken, Regelungsvorgaben und für beide existieren separate Anlagen. Nach den Vorgaben des Bewertungsausschusses in Ziffer 2.1. gibt es gerade Arztgruppen für das RLV nach Anlage 3 und Arztgruppen für die Bemessung des QZV nach Anlage 2.
Darüber hinaus statuiert Ziffer 3.3. ausdrücklich die Voraussetzung, dass ein Arzt die zutreffende Gebiets- und Schwerpunktbezeichnung führen muss. Hätte der Bewertungsausschuss an die Arztgruppe anknüpfen wollen, so hätte er an dieser Stelle sicherlich formuliert "wenn er der entsprechenden Arztgruppe zugehört" o.ä.
Auch der Einwand der Beklagten, mit dem Fallwert von 160EUR seien pauschal alle schmerztherapeutischen Leistungen abgegolten, trägt nicht. Vielmehr hat die Beklagte selber vorgetragen, dass aufgrund eines Vorstandsbeschlusses zur Sicherstellung der schmerztherapeutischen Versorgung den Schmerztherapeuten seit Jahren RLV-Fallwerte von 160EUR gewährt werden. Diese Fallwerte betrafen und betreffen ausschließlich RLV-relevante Leistungen. Da es vorliegend jedoch gerade um Leistungen geht, die in den Vorquartalen als freie Leistungen und damit außerhalb des RLV abgerechnet und vergütet wurden und die Regelungssystematik für die QZV gerade diesen Leistungsbereich aufgreift, besteht überhaupt kein Grund, nunmehr anzunehmen, der RLV-Fallwert von 160EUR schließe die ehemals freien Leistungen z.B. der Akupunktur nunmehr mit ein. Vielmehr überzeugt gerade das Gegenteil. Es ist konsequent, diejenigen Ärzte, die bis zum Quartal II/10 die freien Leistungen abrechnen konnten, nunmehr auch an den QZV zu beteiligen. Warum dies für Schmerztherapeuten gerade nicht gelten soll, ist bei teleologischer Betrachtung gerade nicht nachvollziehbar. Die Arztgruppe der Klägerin zeichnet sich gerade dadurch aus, dass in ihr Ärzte mit unterschiedlichen Gebietsbezeichnungen tätig sind, vor allem Fachärzte für Anästhesiologie, Orthopädie oder Allgemeinmedizin. Die Regelungssystematik des Beschlusses des Bewertungsausschusses ermöglicht, dass diesen Schmerztherapeuten jeweils die QZV ihrer Gebietsbezeichnung zugewiesen werden, sofern die Partner der Gesamtverträge nicht für die Schmerztherapeuten eigene QZV bilden.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitergehende Fallzahlerhöhung, auch nicht betreffend die RLV-Fallzahl.
Die Klägerin ist nur insofern beschwert, als ihr bei der RLV-Berechnung nur 360 statt 375 Fälle (III/10) und 375 statt 387 Fälle (IV/10) angerechnet wurden.
Schmerztherapeuten sind nach der Schmerztherapievereinbarung grundsätzlich auf eine Fallzahl von 300 Fällen/Quartal begrenzt. Sofern die Beklagte aus Sicherstellungsgründen hiervon Abweichung billigt, steht dies in ihrem Ermessen. Das Ermessen ist auch nicht unter Vertrauensschutzgesichtspunkten auf Null reduziert. Vertrauensschutz gründet sich nicht allein darauf, dass eine Kassenärztliche Vereinigung in der Vergangenheit im Rahmen ihres Ermessens eine für den Arzt günstigere Regelung getroffen hat. Die Klägerin hatte jedenfalls keine Anhaltspunkte, die darauf hingedeutet haben, dass die Beklagte ihre Entscheidung für das Quartal II/10 auch für die Folgequartale aufrecht erhalten würde.
Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass nicht nachvollziehbar ist, warum die Beklagte, losgelöst vom tatsächlichen Leistungsgeschehen in der Praxis der Klägerin, im Quartal II/10 ausdrücklich aus Sicherstellungsgründen eine Fallzahl von 450 Fällen bewilligt, dies in den Quartalen III/10 und IV/10 jedoch bei unveränderter Sachlage nicht fortsetzt. Gleichwohl hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine entsprechende weitergehende Fallzahlerhöhung. Die Ermessensausübung der Beklagten dahingehend, für die Quartale III/10 und IV/10 die tatsächlich erbrachte Fallzahl der Honorarabrechnung und auch der RLV-Berechnung zugrunde zu legen, ist insbesondere nicht willkürlich, sondern knüpft nachvollziehbar an das tatsächliche Leistungsverhalten der Klägerin in.
Darüber hinaus ist insbesondere nicht nachvollziehbar, weshalb eine Fallzahlerhöhung über die tatsächlich erbrachten RLV-relevanten Fälle hinaus zugestanden werden müsste. Die Klägerin ist insofern nicht beschwert.

Schließlich besteht auch kein Anspruch auf eine weitergehende Sonderregelung aufgrund von Praxisbesonderheiten. Der Besonderheit der klägerischen Praxis im Hinblick auf die Genehmigung zur Erbringung von Akupunkturleistungen und Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung ist mit der Gewährung der entsprechenden QZV hinreichend Rechnung getragen.
Darüber hinausgehende Gesichtspunkte, die eine weitergehende Sonderregelung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Das Gericht verweist insoweit nach § 136 Abs. 3 SGG auf die ausführlichen Gründe des Widerspruchsbescheides.

Nach alledem konnte die Klage nur teilweise Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 VwGO und berücksichtigt, dass im Ergebnis der Fallwert der Klägerin nicht die beantragten 200EUR erreicht, jedoch mit der Gewährung der QZV im Schnitt der beiden streitgegenständlichen Quartale von 160EUR um 25EUR ansteigt. Dies entspricht einem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens von 65% zu 35%.

RechtsgebietSGB VVorschriften§ 87b SGB V

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