20.11.2003 · IWW-Abrufnummer 032585
Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 05.06.2002 – 11 U 1719/01
1. Ist eine erste Rechnung aus der Sicht des Bauherrn eine Schlussrechnung, so tritt mit der Übersendung der Schlussrechnung die Fälligkeit der gesamten Honorarforderung ein.
2. Zu der Frage, wann eine Rechnung als Schlussrechnung vom Bauherrn aufgefasst werden kann.
3. Auch wenn man die Schlussrechnung lediglich als Teil-Schlussrechnung interpretiert, so muss der Bauherr nach Ablauf der Verjährungsfrist dieser ersten Teil-Schlussrechnung nicht mehr mit einer Erweiterung der Schlussrechnung rechnen.
OLG Dresden, Urteil vom 05.06.2002 - 11 U 1719/01
BGH, Beschluss vom 24.07.2003 - VII ZR 241/02 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
In dem Rechtsstreit ....
wegen Forderung
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2002 durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Söhnen, Richter am Amtsgericht Spangenberg und Richter am Amtsgericht Freiherr von Barnekow
für Recht erkannt:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 29.05.2001, Aktenzeichen: 13-0-0250/99, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von EUR 3.700,00 abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert II. Instanz: EUR 111.692,07 (DM 218.450,71)
Tatbestand:
Der Kläger ist Architekt. Er begehrt von den Beklagten Architektenhonorar für die Leistungsstufen 1 und 2 gemäß § 15 HOAI in Höhe von DM 218. 450, 71.
Der Beklagte zu 3 beauftragte den Kläger im Gespräch vom 04.04.1995 mit Architektenleistungen für das Objekt Chemnitz am Südbahnhof, An der Reichenhainer-, Turn-, Bernsdorfer Straße, Gemarkung 1945, Flurstück 9 bis 12.
Der Kläger hat gegenüber den Beklagten "Honorar-Schlussrechnung (als Ersatz für Rechnungen vom 1 3.11 .1 995 u. a.) für Ihr Projekt Chemnitz" über DM 62.975,09 brutto gelegt und über diesen Betrag im April 1996 gesonderte Mahnbescheide gegen die Beklagten beantragt und zustellen lassen. Nach dem rechtzeitigen Widerspruch aller drei Beklagten zahlte der Kläger den weiteren Vorschuss nicht ein.
In seiner Klagebegründung vom 24.12.2000 hat der Kläger die Klageforderung auf DM 218.450,71 erhöht.
Hierbei legt der Kläger nunmehr eine Schlussrechnung vom 13.08.1998 über erbrachte Leistungsphasen 1 und 2 zugrunde, die den Beklagten am 14.08.1998 übermittelt wurde.
Durch das den Parteien am 13.06.2001 zugestellte Urteil vom 29.05.2001, auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die am 13.07. und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.08.2001 mittels eines am 27.08.2001 eingegangen Schriftsatzes begründete Berufung des Klägers.
Der Kläger behauptet, er sei im Gespräch am 04.04.1995 durch den Beklagten zu 3 beauftragt worden, für die Beklagten zu 1 bis 3, Mitglieder einer Grundstücks-GbR, Architektenleistungen zu erbringen, und zwar die Leistungsstufen 1 und 2 gemäß § 15 Abs. 1 HOAI für die Gebäude und Freianlagen. Die Nebenkosten sollten nach der Vereinbarung gemäß § 7 HOAI aufgrund von Einzelnachweisen abgerechnet werden, die Fälligkeit sich nach § 8 HOAI richten.
Es seien Abschlagszahlungen vereinbart worden.
Der Kläger habe seine Leistungen vereinbarungsgemäß erbracht. Unter Berücksichtigung von anrechenbaren Kosten entsprechend der erstellten Kostenschätzung in Höhe von DM 29.648.453,00 ergebe sich bei der vorzunehmenden Einordnung des Bauobjektes in die Honorarzone 3 bei einem Honorarsatz von 10 % ein Honorar in Höhe von DM 188.043,81 netto. Weiterhin seien Nebenkosten gemäß § 7 HOAI in Höhe von DM 7.588,55 netto zu berücksichtigen. Dies ergebe unter Berücksichtigung der Zahlungen der Beklagten in Höhe von DM 8.482,83 den klageweise geltend gemachten Bruttobetrag.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner DM 218.450,71 nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bestreiten, dass der Beklagte zu 3 Gesellschafter der Grundstücks-GbR ist. Sie behaupten, der Beklagte zu 3 habe den Kläger im Gespräch vom 04.04.1995 lediglich damit beauftragt, für die GbR mit den Gesellschaftern Niesl und Karin Dühl eine Bauvoranfrage für das besagte Grundstück zu erstellen, diese bei der zuständigen Behörde einzureichen sowie das Verfahren zur Erlangung eines positiven Bauvorbescheides durchzuführen, wobei Gegenstand der Bauvoranfrage Art und Ausmaß der zulässigen baulichen Nutzung sein sollte. Für diese Leistung des Klägers sei, ausgehend von geschätzten 50 bis 60 Stunden Aufwand und einem Stundensatz von DM 100,00, ein Pauschalhonorar in Höhe von DM 8.000,00 zzgl. 15 % Mehrwertsteuer vereinbart worden.
Die Beklagten haben gegenüber der klageweise geltend gemachten Forderung die Einrede der Verjährung erhoben.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
1. Zutreffend hat das Landgericht die Passivlegitimation des Beklagten zu 3 verneint.
Der für die bestrittene Gesellschafterstellung des Beklagten zu 3 darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat diese auch zweitinstanzlich nicht bewiesen. Zwar hat sich der Beklagte zu 3 im Schreiben an das Bauordnungsamt der Stadt Chemnitz vom 30.05.1995 (Anlage K 21) missverständlich ausgedrückt, indem er dem Kläger "als unterschriftsberechtigtes Mitglied der Grundstücksgemeinschaft Radebeul GbR ..." bestätigte, ihn beauftragt und bevollmächtigt zu haben, für die GbR die Bauvoranfrage zu unterschreiben und eigenverantwortlich Behörden-Absprachen zu führen und zu treffen. Eine tatsächliche Gesellschafterstellung des Beklagten zu 3 ergibt sich hieraus aber nicht. Aus dem zum Beweis dafür, dass der Beklagte zu 3 Gesellschafter der Grundstücks-GbR geworden sei, in Bezug genommenen notariellen Grundstückskaufvertrag vom 26.07.1994 ergibt sich ausdrücklich, dass lediglich die Beklagte zu 1 und der Beklagte zu 2 Gesellschafter der GbR sind.
Der Beklagte zu 3 trat anlässlich des Notartermins lediglich als Bevollmächtigter für die Beklagte zu 1 als Gesellschafterin der GbR auf.
Dafür, dass der Beklagte zu 3 dem Kläger hier aus einem anderen Verpflichtungsgrund haftet, etwa gemäß § 179 Abs. 1 als Vertreter ohne Vertretungsmacht, hat der Kläger auch zweitinstanzlich nicht ausreichend vorgetragen. Hierzu hätte der Kläger im Einzelnen darlegen und unter Beweis stellen müssen, inwieweit der Beklagte zu 3 in dem Gespräch vom 04.04.1995 ihm gegenüber auch als Gesellschafter der beauftragenden Grundstücks-GbR aufgetreten ist. Dieses hat er nicht getan.
2. Der Kläger hat auch gegen die Beklagten zu 1 und 2 keinen Anspruch auf Architektenhonorar gemäß den §§ 631 Abs. 1 BGB, 8 HOAI.
Diese sind zwar passivlegitimiert, da, wie vom Landgericht zutreffend festgestellt, kein Zweifel an der Idendität der GbR besteht, die lediglich vom Kläger falsch bezeichnet wurde.
Ein etwaiger Anspruch auf Zahlung eines Architektenhonorars für die Leistungsstufen 1 und 2 gemäß § 1 5 HOAI in der nunmehr geltend gemachten Höhe von DM 218.450,71 ist nach Auffassung des Senats jedenfalls verjährt.
Die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Ziffer 7 begann am 31.12.1995 zu laufen. Der Kläger hatte zuvor seine Architektenleistungen ausdrücklich mit Honorar-Schlussrechnung vom 29.11.1995 abgerechnet.
Zweifel daran, dass diese Honorar-Schlussrechnung auch prüffähig ist, hat der Senat nicht. Der Kläger hat unter Anwendung der HOAI nachvollziehbar dargestellt, wie er die Höhe seines Architektenhonorars berechnet hat.
Insbesondere hat er auch eine Untergliederung der Schlussrechnung gemäß § 10 Abs. 2 HOAI vorgenommen sowie eine Ermittlung der anrechenbaren Kosten gemäß § 10 HOAI. Dass die in der Schlussrechnung vom 29.11.1995 bezeichneten Anlagen, die Kostenschätzung nach DIN 276 sowie die Nebenkostenaufstellung im Zusammenhang mit der Schlussrechnung vorgelegt wurden, hat der Kläger nicht in Frage gestellt. Insoweit hat er eingeräumt, dass Kostenschätzung und Nebenkostenaufstellung so vorgenommen wurden, wie in der später vorgelegten weiteren Honorar Schlussrechnung vom 13.08.1998.
Dass die Richtigkeit der anrechenbaren Kosten von den Beklagten bestritten wird, beeinträchtigt die Prüffähigkeit der Schlussrechnung nicht.
Die Verjährung wurde durch Zustellung der Mahnbescheide am 20.04.1996 hinsichtlich des dort gegenüber den Beklagten zu 1 bis 3 gesamtschuldnerisch geltend gemachten Betrages in Höhe von DM 62.975,09 gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 1 BGB unterbrochen. Der Kläger hat nach Einlegung des Widerspruchs durch die Beklagten am 29.04.1996 das Verfahren nicht betrieben, so dass die Unterbrechung der Verjährung jedenfalls mit der letzten Prozesshandlung der Parteien, der Einlegung des Widerspruchs durch die Beklagten am 29.04.1996, durch Stillstand des Verfahrens gemäß § 211 Abs. 2 BGB endete.
Die am 29.04.1996 erneut beginnende Verjährungsfrist endete am 29.04.1 998.
§ 201 BGB, nach dem die Verjährung im Lauf des Jahres fällig gewordener Ansprüche erst mit Jahresschluss beginnt, ist nicht anwendbar. § 211 Abs. 2 BGB ist im Verhältnis zu § 201 BGB die speziellere Vorschrift. Mit dem Ende der Unterbrechung der Verjährung, hier dem 29.04.1996, begann sofort die neue Verjährungsfrist zu laufen (BGHZ 93, 87, 294). Das anwaltliche Schreiben des Klägers vom 23.12.1998 mit der Bitte um Abgabe an das im Mahnbescheid bezeichnete Landgericht Dresden vermochte also die bereits eingetretene Verjährung nicht erneut zu unterbrechen.
Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung auch ausdrücklich erhoben.
Dem steht hier nicht entgegen, dass der Kläger nach Eintritt der Verjährung am 29.04.1998 erneut am 13.08.1998 Schlussrechnung legte, nunmehr über DM 238.772,27 brutto, wobei er neben der in der Schlussrechnung vom 29.11.1995 in Rechnung stellten Grundlagenermittlung auch eine Vorplanung berechnete.
Die Beklagten durften hier darauf vertrauen, dass der Kläger die für das Projekt Chemnitz erbrachten Architektenleistungen mit der Schlussrechnung vom 29.11.1995 insgesamt abrechnen wollte. Dafür spricht nicht nur die Bezeichnung "Honorar-Schlussrechnung" anstelle von Teil-Honorarschlussrechnung, sondern auch die rechnerische Einbeziehung der weiteren zuvor gestellten Rechnungen für dieses Projekt, sowie die Berücksichtigung bisher erhaltener Zahlungen durch den Kläger.
Das aus Sicht der Beklagten die Schlussrechnung vom 29.11.1995 eine abschließende Berechnung des Bauvorhabens Chemnitz dargestellt hat, ergibt sich auch daraus, dass der Kläger diesen Betrag den Mahnverfahren gegen die Beklagten zu 1 bis 3 als Honorar-Schlussrechnung zugrunde gelegt hat.
Im Übrigen haben die Beklagten zu 1 bis 3 durch ihr Verhalten auch nicht dazu beigetragen, dass der Kläger eine neue, erweiterte Schlussrechnung gelegt hat. Bereits gegenüber der Rechnungsstellung aus der Schlussrechnung vom 29.11.1995 über DM 62.975, 09 haben sich die Beklagten nicht auf deren mangelnde Prüffähigkeit berufen, sondern geltend gemacht, der Kläger sei lediglich beauftragt worden, auf der Grundlage detaillierter Vorstellungen der Auftraggeber die zur Bescheidung einer Bauvoranfrage notwendigen Unterlagen zu erstellen und habe das hierfür vereinbarte pauschalierte Honorar in Höhe von DM 8.000,00 zzgl. Mehrwertsteuer bereits erhalten. Eine Rüge der Prüffähigkeit der Schlussrechnung vom 29.11.1995 erfolgte seitens der Beklagten zu 1 bis 3 nicht.
Im Übrigen verstößt die Nachforderung nach erteilter Schlussrechnung vom 29.11.1995 nach Auffassung des Senats auch dann gegen Treu und Glauben, wenn unter Berücksichtigung der genannten Umstände diese erste Schlussrechnung lediglich als Teil-Schlussrechnung zu interpretieren wäre. Auch in diesem Fall ergibt sich hier die Schutzwürdigkeit der Beklagten zu 1 und 2 als Auftraggeber. Diese mussten nicht mehr damit rechnen, dass der Kläger seine Rechnung vom 29.11.1995 nach Ablauf der Verjährungsfrist noch einmal ersetzen und erweitern würde.
Der Kläger hat seine der Anspruchsbegründung zugrunde liegende Schlussrechnung vom 1 3.08.1 998 mehr als 2 Jahre und 8 Monate, d.h. nicht mehr zeitnah zur ersten Schlussrechnung gestellt. Besondere Gründe dafür, dass die Beklagten trotz dieses Zeitablaufes hier mit einer Nachforderung rechnen mussten, hat der Kläger nicht vorgetragen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre gesetzliche Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Soweit die Entscheidung die Rechtsfrage der Bindungswirkung einer Schlussrechnung betrifft, liegt hierzu bereits eine Entscheidung des 7. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (BGHZ 120, 133 bis 141) vor, in der der Bundesgerichtshof Grundsätze für die Einzelfallprüfung von Nachforderungen unter dem Gesichtspunkt schutzwürdigen Vertrauens und unzulässiger Rechtsausübung aufgestellt hat. An diesen hat sich die vorliegende Entscheidung orientiert.