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22.01.2004 · IWW-Abrufnummer 032581

Landgericht Düsseldorf: Urteil vom 26.08.2003 – 11 O 62/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Urteil verkündet am 26.08.2003

11 O 62/03

Landgericht Düsseldorf

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Düsseldorf ? 11. Zivilkammer ? auf die mündliche Verhandlung vom 05.08.2003 die Richterin Dr. Dominik als Einzelrichterin für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Rechtsschutzdeckung für das beabsichtigte, auf dem Vorfall vom 13. Juli 2003 beruhende Klageverfahren gegen die Westfälische Provinzialversicherung Aktiengesellschaft, Provinzial Allee 1, 8131 Münster wegen Handelsvertreterausgleichs gemäß § 89 b HGB zu gewähren.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Deckungszusage für einen beabsichtigten Rechtsstreit gegen die Provinzial Versicherung Aktiengesellschaft (im Folgenden. Provinzial), die vormals unter Westfälische Provinzial Feuersozietät firmierte.

Die Klägerin hatte unter dem 19.04.1999 mit der Beklagten einen Unternehmens-Rechtsschutzversicherungsvertrag unter der Versicherungsschein-Nummer R 26744235/5351 abgeschlossen. Vom Versicherungsschutz sind gemäß der Klausel 64 der Versicherungsbedingungen das Risiko von Streitigkeiten aus Handelsvertreterverträgen.

Hintergrund des beabsichtigten Rechtsstreits ist das Begehren der Klägerin, einen Anspruch auf § 89 b HGB auf Handelsvertreterausgleich gegen die Provinzial gerichtlich durchzusetzen. Die Gesellschafter der Klägerin hatten jeweils unter dem 13.04.1987 und dem 26.02.1991 Geschäftsstellenleiter-Verträge mit der Provinzial geschlossen und waren nachfolgend für diese tätig. Mit Schreiben vom 09.03.2001 erklärte die Westfälische Provinzial die Kündigung der bisherigen Zusammenarbeit zum Ablauf des 31.03.2002. Unter dem 02.05.2002 leistete die Westfälische Provinzial Ausgleichszahlungen an die Gesellschafter der Klägerin angewiesen. Diese wurden nach den ?Grundsätzen zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs? (im Folgenden: ?Grundsätze?) berechnet, die in den Geschäftsstellenleiter-Verträgen unter Ziffer 14 aufgeführt sind. Die Abrechnung erfolgte nicht nach § 89 b HGB. Mit Schreiben vom 10. April 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rechtsschutz mit der Begründung ab, dass die Ausschlussbestimmungen des § 4 ihrer ARB 98 greifen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag zur Gewährung von Rechtsschutz gegen die Westfälische Provinzial oder einen ihrer Rechtsnachfolger verpflichtet sei. Die Klägerin sei aktiv legitimiert. Die Gesellschafter haben ? unstreitig ? stets unter der Firma der Klägerin gemeinsam gehandelt und seien gemeinsam aufgetreten. Die Klage verspreche auch die notwendige Aussicht auf Erfolg: die Errechnung der Ausgleichsansprüche richte sich nicht nach benannten Grundsätzen, sondern ausschließlich nach § 89 b HGB. Zudem habe sich die Beklagte vorprozessual nicht auf die mangelnden Erfolgsaussichten berufen.

Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Rechtsschutzdeckungszusage für das beabsichtigte, auf dem Vorfall vom 13. Juli 2003 beruhende Klageverfahren gegen die Westfälische Provinzial Versicherung Aktiengesellschaft, Provinzial Allee 1, 48131 Münster wegen Handelsvertreterausgleichs gemäß § 89 b HGB zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte lehnt die Gewährung von Rechtsschutz ab und trägt dazu im wesentlichen vor: Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert. Nur den Gesellschaftern als Vertragsparteien, nicht aber der Klägerin als OHG stünde ein möglicher Ausgleichsanspruch zu. Der Versicherungsfall sei nicht eingetreten. Der Kern der Streitigkeit liege in der in den Geschäftsstellenleiter-Verträgen enthaltenen Klausel Ziff. 14 über die Berechnung der Ausgleichsansprüche. Da die Verträge vor dem Beginn des Versicherungsschutzes am 01.02.1999 geschlossen worden seien, sei Vorvertraglichkeit eingetreten. Schließlich biete der Rechtsstreit mit der Westfälischen Provinzial keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Wegen des weiteren wechselseitigen Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

1). Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Sie ist Inhaberin eines möglichen Ausgleichsanspruchs gegen die Provinzial nach § 89b HGB. Dem steht nicht entgegen, dass die Gesellschafter der Klägerin Parteien der Geschäftsstellenleiter-Verträge sind. Wenn Gesellschafter einer OHG nach außen als solche auftreten und sämtliche Abrechnungen und Nachweise über Vertragsabschlüsse einheitlich einreichen, stehen auch die Ausgleichsansprüche nicht den Gesellschaftern, sondern der OHG zu (vgl. dazu OLG Nürnberg NZG 1999, 823). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Gesellschafter als Handelsvertreter und nicht, wie in der zitierten Entscheidung des OLG Nürnberg, Versicherungsagenten im Sinne des § 45 VVG waren. Die Rechtssituation ist vergleichbar.

2). Die Klägerin hat einen Anspruch auf Deckungszusage aus §§ 1, 4 Abs. 1 c), 7 ARB-ÖRAG 1998. Die Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalles liegen vor. Die Beklagte kann sich nicht auf § 4 Abs. 3 a) berufen, wonach Rechtsschutz entfällt, wenn eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes am 01.02.1999 vorgenommen wurde, den Verstoß nach Absatz 1 c) ausgelöst hat. Dies ist in Fällen anzunehmen, in denen die Willenserklärung oder Rechtshandlung bereits streitträchtig ist, d.h. den Verstoß im Keim in sich birgt.

Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 a) ARG-ÖRAG 98 liegen hier nicht vor. Die maßgebliche Rechtshandlung oder Willenserklärung ist der Streit um die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach Beendigung der Geschäftsstellenleiter-Tätigkeiten. Diese ist nicht bereits der Abschluss der Geschäftsstellenleiter-Verträge im Jahre 1998, in denen die Klausel Ziff. 14 enthalten war.

Es ist zwar möglich, dass diese Klausel von Anfang an unwirksam war. Zum einen ist aber die Verwendung einer unwirksamen Klausel nicht zwangsläufig Ursache für den Streit über die Höhe des Ausgleichsanspruchs, da dieser erst mit Beendigung des Vertrages zur Entstehung gelangt und ihm vorab kein Vermögenswert zukommt (vgl. BGH NJW 1977, 949). Zum anderen hätte Streit über die Höhe des Ausgleichsanspruchs auch ohne die Aufnahme einer derartigen Klausel entstehen können. Das den Streit auslösende Ereignis ist vielmehr in der Berufung der Westfälischen Provinzial auf die die Grundsätze enthaltende Klausel zu sehen und damit nach Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten.

3). Die Beklagte kann sich auch nicht auf mangelnde Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage gemäß § 18 1 b) ARB-ÖRAG 1998 berufen. Die Berufung auf die mangelnde Aussicht auf Erfolg ist der Versicherung im Deckungsprozess dann versagt, wenn sie sich gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht unverzüglich unter Angabe der Gründe schriftlich auf die mangelnde Erfolgsaussicht berufen hat oder zumindest sich diese Begründung noch vorbehält (OLG Düsseldorf, VersR 1994, 1337; Harbauer, Rechtschutzversicherung, 6. Aufl. München 1998, für § 17 ARB 75 [entspricht § 4 ARB98]). Die Beklagte hat mit sich ablehnendem Schreiben vom 10. April 2002 nicht weiter zu den Erfolgsaussichten der Klage geäußert und sich diesen Einwand auch nicht ausdrücklich vorbehalten. Der Einwand ist ihr somit im Deckungsprozess abgeschnitten. Auf die Frage, ob bereits ein Stichentscheid erfolgt ist oder nicht, kommt es in diesem Zusammenhang aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt an.

Nach einer Ansicht in der Literatur ist, sofern die dem Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB begrenzenden Grundsätze gegen § 89 b Abs. 4 HGB verstoßen, eine vor Entstehen des Ausgleichsanspruchs getroffene Vereinbarung über die Begrenzung unwirksam (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 30 Aufl., § 89 b, Rn. 71).

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 1 ZPO.
Streitwert: 25.008,45

RechtsgebieteRechtsschutz, ARB 98Vorschriften§ 4 ARB

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