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10.02.2004 · IWW-Abrufnummer 040374

Landgericht Zwickau: Urteil vom 24.06.2003 – 6 S 67/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Zwickau

6 S 67/03 LG Zwickau
1 C 01065/02 AG Aue

Verkündet am: 24.6.2003

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Verfahren xxx

wegen Schadenersatz

erlässt das Landgericht Zwickau ? 6. Zivilkammer ? durch Richterin am Landgericht xxx als Einzelrichterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.6.2003 folgendes

Endurteil

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Amtsgerichts Aue vom 11.02.2003 (Az.: 1 C 1065/02)

aufgehoben.

Die Zahlungsklage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die Sache wird zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs wie auch die Kosten des Rechtsstreits an das Amtsgericht Aue zurückverwiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte wie begründete Berufung des Klägers hat vorläufig Erfolg. Der Rechtsstreit war auf Antrag des Klägers gem. § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO n. F. bei Erlass eines Grundurteils an das Amtsgericht Aue zurückzuverweisen.

I.

Der Kläger begehrt von den Beklagten die Erstattung restlicher Mietwagenkosten, welche infolge eines von dem Beklagten zu 1) am 25.01.2002 verursachten Verkehrsunfalls entstandne sind. Der Kläger mietete bei der xxxxxAutovermietungxxxxx einen Mercedes Benz CLK im Zeitraum 29.01. ? 13.02.2002. Hierfür berechnete ihm die xxxxxAutovermietungxxxxx unter dem 19.02.2002 3.590,20 EUR.
Die Beklagte zu 2) überwies nach längerem Schriftwechsel am 06.08.2002 dem Kläger 2.170,70 EUR und stellte den Beklagten mit Schriftsatz vom gleichen Tage von weiteren Mietwagenkosten frei.

Das Amtsgericht Aue hat die Klage auf Zahlung restlicher Mietwagenkosten mit der Begründung abgewiesen, dass dem Kläger, welcher unstreitig die Mietwagenrechnung noch nicht bezahlt habe, nur ein Freistellungsanspruch, nicht aber ein Zahlungsanspruch zustehe. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, welcher seinen Zahlungsantrag mit der Berufung weiter verfolgt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n. F. auf den Tatbestand der amtsgerichtlichen Entscheidung verwiesen.

II.

Der Kläger hat gegen die Beklagten gem. § 7 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1, Nr. 2 PflVG i.V.m. §§ 249 ff. BGB einen Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten.

1. Der Kläger kann die Bereitstellung des Schadensersatzes in Geld verlangen und muss sich nicht auf den Freistellungsanspruch gegenüber der Autovermietung verweisen lassen. Gem. § 249 Satz 2 BGB wird der erforderliche Geldbetrag zur Schadensbeseitigung geschuldet, denn die Kosten, welche für die Inanspruchnahme eines Ersatzfahrzeuges für die Zeit des reparaturbedingten Ausfalls des eigenen Pkws anfallen, sind dem Herstellungsaufwand zuzurechnen. Der Kläger kann aus diesem Grunde von den Beklagten in den durch § 249 BGB gesetzten Grenzen grundsätzlich den Betrag verlangen, welchen er zur Schadensbeseitigung bereits geleistet hat oder aber noch leisten muss.

2. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hängt dieser Anspruch nicht davon ab, ob der Geschädigte die Mietwagenrechnung bereits beglichen hat oder nicht. Der Schaden des Geschädigten besteht in der Belastung mit der Verbindlichkeit, welche er in dem Zeitpunkt begründete, als er das Ersatzfahrzeug anmietete. Der Geschädigte verliert sein Dispositionsrecht nicht dadurch, dass er seinerseits einen Schadensersatzanspruch gegen die Schädiger hat. Auch aus dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot folgt nicht, dass der Geschädigte in Vorlage treten oder gar den notwendigen Betrag zunächst kreditieren muss. Nicht selten vereinbaren Mietwagenunternehmer und Unfallgeschädigter eine Stundung bis zur Klärung des Schadensfalles, welche im Ergebnis den Schädigern zugute kommt. Der Schaden ist als Belastung mit der Verbindlichkeit aus dem Mietvertrag bereits entstanden, ohne dass es einer gesonderten Vermögenseinbuße beim Geschädigten bedarf. Die vom Amtsgericht favorisierte Lösung ist darüber hinaus mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden, da der Geschädigte bei der Entwicklung sein Verhalten von dem Geschäftsgebaren des Vermieters abhängig machen muss.

3. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger den Schädiger bzw. dessen Versicherung zunächst gem. § 250 Satz 1 BG unter Fristsetzung zur Zahlung an die Autovermietung hätte auffordern müssen. Der Bundsgerichtshof hat die Frage, ob nach § 249 BGB oder aber nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 250 BGB ein eigener Zahlungsanspruch besteht, bislang dahingestellt lassen. Der Berufungskammer des Landgerichts Zwickau erscheint die Meinung, wonach ein Geschädigter grundsätzlich zunächst Freistellung verlangen muss, zu formaljuristisch, als dass dem gefolgt werden könnte. Es ist im Ergebnis nicht einzusehen, warum ein Geschädigter keine Berechtigung haben sollte, seinen Vermieter selbst befriedigen zu dürfen. So ist auch der der Befreiungsanspruch gem. § 257 BGB als eine Wahlmöglichkeit des Ersatzberechtigten gestaltet, nicht etwa als Einwendung des Ersatzverpflichteten.

Der Kläger muss sich auch hier nicht auf einen Freistellungsanspruch gegenüber der Autovermietung verweisen lassen. Es muss nicht entschieden werden, ob die Beklagte gem. § 250 Satz 1 BGB zunächst unter Fristsetzung zur Zahlung an die Autovermietung hätten aufgefordert werden müssen. Die Beklagte zu 2) hat hier nämlich jegliche weitere Zahlung an den Kläger abgelehnt, was gerade eine solche Fristsetzung im Sinne von § 250 BGB entbehrlich macht. In dem vehementen Bestreiten liegt gerade eine endgültige und ernsthafte Ablehnung im Sinne von § 250 Satz 2 BGB mit der Folge, das sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umwandelt.

4. Hieran ändert auch die Freistellungserklärung der Beklagten zu 2) vom 06.08.2002 nichts. Der Kläger braucht sich hierauf nicht verweisen lassen. Wie sich aus dem vorprozessualen Verhalten der Beklagten deutlich ergibt, vertritt sie die Auffassung, dass der Autovermietung über die bereits erfolgte Zahlung an den Kläger keine weiteren Ansprüche mehr zustehen. Im Ergebnis will die Beklagte zu 2) den Kläger nicht etwa durch eine weitere Zahlung freistellen, sondern den Anspruch der Autovermietung aus dem Mietvertrag auf restliche Mietwagenkosten zu Fall bringen. Der mit der Freistellung bezweckte Erfolg, nämlich die Entlastung des Geschädigten, tritt hierbei gerade nicht ein. Vielmehr ist der Kläger als Geschädigter und Vertragspartner der Autovermietung weiter den Ansprüchen der Autovermietung ausgesetzt. Da ihm bislang nur ein Teil der Mietwagenkosten erstattet worden sind, entsteht ein weiterer Konflikt. Macht sich der Geschädigte, der von seiner Verpflichtung zur Mietzinszahlung im Innenverhältnis weiß, die Rechtsauffassung der Versicherung zu eigen, so ist in der Freistellungserklärung bezüglich des Restbetrages quasi eine Anforderung an den Geschädigten zum Vertragsbruch zu sehen. Begleicht der Geschädigte die Mietwagenrechnung selbst, werden die Beklagten die Bezahlung mit Verweis auf die Freistellung ablehnen. Darüber hinaus ist fraglich, ob das Verhalten der Versicherung, welche dem Kläger die vollständige Freistellung der Mietwagenkosten in Aussicht stellt und sich damit in Widerspruch zu ihrer eigenen, offen bekundeten Rechtsauffassung stellt, die Mitwagenkosten seien insgesamt nicht objektiv erforderlich gewesen, nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt (vgl. BGH MDR 1996, 1123).

III.

Die Aufhebung des klageabweisenden Urteils und die Zurückweisung gibt Gelegenheit zur Überprüfung, ob der Kläger der Höhe nach einen weiteren Zahlungsanspruch gegen die Beklagten hat.

1. Die Beklagten sind grundsätzlich verpflichtet, dem Kläger die objektiv erforderlichen Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges zu erstatten, denn die Beklagten sind gem. § 249 BGB verpflichtet, dem Geschädigten die Aufwendungen zu ersetzen, die dieser zur Herstellung der wirtschaftlichen Lage verwendet, in der er sich ohne den Schadensfall befinden würde. Der Kläger konnte während der reparaturbedingten Ausfallzeit seinen Pkw trotz Nutzungswillen nicht nutzen. Der Kläger hat seinen Mobilitätsanspruch durch Anmietung des Ersatzfahrzeuges durchgesetzt und so seine Fahrbereitschaft wieder hergestellt. Die Inanspruchnahme eines Mietwagens erweist sich als erforderlich. Allein die während der Mietzeit zurückgelegten Kilometer belegen den Fahrbedarf des Klägers.

2. Der Kläger hat einen Anspruch auf ein Ersatzfahrzeug, das vom Typ seinem eigenen Kfz vergleichbar ist. Dies gilt selbst dann, wenn sein Pkw schon älter war. Durch die Anmietung eines neuwertigeren Fahrzeuges derselben Gruppe entsteht dem Geschädigten kein Vorteil. Es kann hier unterstellt werden, dass das angemietete Fahrzeug augrund geringerer Laufleistung in einem besseren Erhaltungszustand war und gegebenenfalls auch mehr Komfort als der drei Jahre alte Mercedes des Klägers geboten hat. Dies ist dem Geschädigten jedoch nicht anzurechnen, da es keinen Markt zur Anmietung von älteren Kfz gibt. Typischerweise halten die Autovermietung nur neuwertige Pkw vor, welche abgestoßen werden, sobald die Reparaturanfälligkeit steigt.
Der Aufwendungsersatzanspruch ist jedoch um die ersparten Eigenbetriebskosten des Geschädigten zu kürzen. Dieser hat durch die Nutzung des fremden statt des eigenen Fahrzeuges einen Vorteil in Form geringeren Verschleißes, anteiliger Reparaturkosten und Abnutzung erhalten, der nach allgemeinen Grundsätzen gem. § 287 ZPO anzurechnen ist. Der Eigenersparnisanteil beträgt nach ständiger Rechtsprechung der Berufungskammer des Landgerichts Zwickau 10 %.
Diese Abrechnung unterbleibt nur dann, wenn sich der Geschädigte mit einem Pkw als Mietwagen zufrieden gab, welcher einer niedrigen Klasse angehört, was noch abzuklären ist.

3. Ein Geschädigter hat grundsätzlich Anspruch darauf, einen mit Winterreifen ausgerüsteten Mietwagen anzumieten, sofern die Jahreszeit diese Ausstattung erfordert und sein eigenes Fahrzeug über dieses Ausstattungsmerkmal verfügt. Daneben ist weitere Voraussetzung, dass im Innenverhältnis zwischen dem Kläger und der xxxxxAutovermietungxxxxx wirksam ein Zuschlag für Winterreifen vereinbart worden ist. Ausweislich des Mietvertrages haben die Parteien ? entgegen der sonstigen Übung der xxxxxAutovermietungxxxxx, welche der Berufungskammer aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt ist ? Winterreifen hier nicht als aufpreispflichtiges Sonderzubehör aufgenommen. Es ist deshalb der Frage nachzugehen, ob eine Berechtigung der xxxxxAutovermietungxxxxx besteht, die Ausstattung mit Winterreifen gesondert vergütet zu bekommen.

4. Der Kläger hat nur dann einen Anspruch auf die Kosten der Haftungsbefreiung, wenn sein eigenes Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt vollkaskoversichert war. Zwar spricht die Vorlage der Versicherungsbescheinigung für das Jahr 1999 sowie der Wert des beschädigten Kfz dafür, dass der Wagen im fraglichen Zeitpunkt vollkaskoversichert war. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger diese Versicherung gekündigt und er zwischenzeitlich eine Änderungsmitteilung bekommen hat. Es obliegt dem Kläger, durch geeignete Nachweise, insbesondere die Versicherungspolice mit den jeweils dazugehörigen Zahlungsbelegen diesen Umstand nachzuweisen.

5. Des Weiteren ist der Frage nachzugehen, ob der Kläger dadurch gegen seine Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. BGB verstoßen hat, dass er keinen Preisvergleich vorgenommen hat, obwohl ihm bereits nach Vorlage des Sachverständigengutachtens klar sein musste, dass die Reparatur seines Fahrzeuges länger dauern wird. Ein Preisvergleich war dem Kläger in der konkreten Situation auch zumutbar, da zwischen dem Unfall und der Anmietung des Fahrzeuges noch einige Tage verstrichen. Dieses Unterlassen wirkt sich aber nur dann aus, wenn die bei der xxxxxAutovermietungxxxxx angefallenen Mietwagenkosten nicht mehr als erforderlich angesehen werden können, weil sie erheblich außerhalb des orts- und branchenüblichen Niveaus lagen. Hierbei ist gegebenenfalls durch Einholung eines Sachverständigentutachtens abzuklären, zu welchem Preis der Kläger bei anderen Autovermietungen einen Pkw der gleichen Klasse hätte anmieten können. Dabei ist auf den Markt abzustellen, der sich dem Kläger bei wahrheitsgemäßer Angabe, einen unverschuldeten Verkehrsunfall erlitten zu haben, eröffnet hätte. Sonderkonditionen, welche zum Beispiel nur bei Anmietung an Wochenenden, bei der Bestellung via Internet oder nur im entfernten Umland angeboten wurden, können hierbei keine Berücksichtigung finden.

6. Nur vorsorglich weist die Berufungskammer darauf hin, dass der Schadensersatzanspruch nicht deshalb zu küren ist, weil möglicherweise der Geschädigte seinerseits im Verhältnis zur Autovermietung einen Schadensersatzanspruch aus falscher oder unterlassener Aufklärung über die Tarifgestaltung haben könnte. Sollte dies der Fall sein, bleibt es den Beklagten unbenommen, sich diesen Anspruch vom Kläger abtreten zu lassen.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Die Zulassung zur Revision war in Ermangelung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht veranlasst.

RechtsgebieteBGB, StVG, PflVGVorschriften§ 249 Satz 2 BGB, § 250 Satz 1 BGB, § 254 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. BGB, § 257 BGB § 7 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1, Nr. 2 PflVG § 287 ZPO

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