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04.03.2004 · IWW-Abrufnummer 040594

Landgericht Duisburg: Urteil vom 10.07.2003 – 8 O 51/02


8 O 51/02

Verkündet am 10. Juli 2003

LANDGERICHT DUISBURG

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit xxx

hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richterin am Landgericht,
den Richter am Landgericht und den Richter

für Recht erkannt.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin und Frau als Mitgläubiger 47.852,15 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2000 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages, die auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank der Sparkasse erbracht werden kann.

Tatbestand:

Die Klägerin ist gemeinsam mit Frau gesetzliche Erbin nach dem am 28.6.2001 verstorbenen. Die Klägerin ist die Tochter des Verstorbenen, Frau dessen Ehefrau.

Die Mutter des Beklagten und des Verstorbenen ist am 14.5.2000 verstorben, dessen Vater am 26.1.1997 vorverstorben. Diese hatten durch Ehegattentestament vom 21.7.1994 den Vater der Klägerin und den Beklagten als Schlusserben zu gleichen Teilen eingesetzt.

Mit der Klage verfolgt die Klägerin im Wege der Prozessstandschaft für die Erbengemeinschaft nach ihrem verstorbenen Vater Ansprüche wegen Schenkungen an den Beklagten.

Die Klägerin ist der Ansicht der Erbengemeinschaft stünde ein Pflichtteilsergänzungsanspruch des verstorbenen Vaters der Klägerin gemäß § 2325 BGB in Höhe von 148.156,90 DM zu, weil die Eltern des Beklagten diesem durch Vertrag vom 6.10.1977 das Hausgrundstück in unter Vorbehalt eines Nießbrauchrechtes auf Lebenszeit übertragen haben.

Die Klägerin ist weiter der Ansicht, der Erbengemeinschaft stünde ein Bereicherungsanspruch gemäß §§ 2287, 812 BGB in Höhe von 40.034,78 DM zu, nachdem die Differenz des Nachlassvermögens der Eltern des Beklagten nach dem Tode des Vaters am 23.1.1997 und des Aktivnachlasses nach dem Tode der Mutter am 14.5.2000 in Höhe von 80.069,56 DM ohne lebzeitiges Eigeninteresse der Mutter des Beklagten an diesen verschenkt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie und Frau einen Betrag in Höhe von 185.658,48 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2000 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt.

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, der Pflichtteilsergänzungsanspruch hinsichtlich der Immobilie sei ausgeschlossen, weil zur Zeit des Erbteils zehn Jahre seit der Schenkung verstrichen seien. Hilfsweise sei ein Betrag von lediglich 18.543,91 DM anzusetzen.

Außerdem habe sich die Erbengemeinschaft Geschenke der Eltern an den verstorbenen Vater gemäß § 2377 BGB anrechnen zu lassen.

Unstreitig insoweit ist, dass von beiden Eltern etwa 1987 an den verstorbenen Vater der Klägerin und dessen Lebensgefährtin 100.000,-- DM aus dem Erlös des Verkaufes der Immobilie verschenkt wurden 10.159,07 DM Guthaben eines Bausparvertrages der Beklagten wurden Mitte der 60er Jahre an den Vater der Klägerin verschenkt, wozu der Beklagte behauptet, insoweit habe es sich um ein Geschenk der Eltern gehandelt, der Vater des Beklagten habe die Prämie des Bausparvertrages bezahlt. Weiter behauptet der Beklagte, zum Ausgleich seines Girokontos habe der Vater der Klägerin 14.000.--DM von den Eltern erhalten, wozu er sich auf ein Schreiben der Rechtsanwälte vom 26.6.1997 (Bl. 116 d. GA) beruft. Außerdem sei ein Geldbetrag von 34.000,-- DM im Wege der Übertragung eines Bausparvertrages an den Vater der Klägerin verschenkt worden. Hierzu stützt er sich auf die Anlagen A 1 bis A 3 (Bl. 130 ? 132).

Schließlich habe der verstorbene Vater der Klägerin diverse Geschenke von 3.500,-- DM, 400,-- DM, 5.200,-- DM und 600,-- DM erhalten.

Hilfsweise beruft sich der Beklagte auf Entreicherung, weil das Haus inzwischen verkauft sei und behauptet, dass es der Wille der verstorbene Eltern gewesen sei, dass die erfolgten Zuwendungen auf den Pflichtteil anzurechnen seien.

Zu dem Anspruch aus § 2287 BGB behauptet der Beklagte, dass mindestens 100.000,-- DM in das Haus investiert worden seien, weil die verstorbene Mutter die von ihr bewohnten Wohnung habe renovieren lassen wollen und bezieht sich hierzu auf die Rechnung Bl. 25 f. d. GA.

Insoweit behauptet die Klägerin unbestritten, die Mutter des Beklagten habe seit etwa 1993/1994 nicht mehr in der Wohnung, sondern bis zu ihrem Tode im Altenheim gewohnt.

Das Gericht hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Erbengemeinschaft bestehend aus der Klägerin und ihrer Mutter gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 93.592,63 DM (47.853,15 ?) gemäß §§ 2325, 2287, 812 BGB.

I.
Der Erbengemeinschaft steht ein Pflichtteilsergänzungsanspruch des verstorbenen Vaters der Klägerin gemäß § 2325 BGB in Höhe von 53.557,85 DM wegen der Schenkung Immobilie im Jahre 1977 zu.

1. Soweit der Beklagte meint, diese Schenkung bleibe gemäß § 2325 III BGB unberücksichtigt, hat er damit keinen Erfolg. Im vorliegenden Fall hatte sich die Erblasserin nämlich den Nießbrauch bis zum Ihrem Tode vorbehalten, was zur Folge hat, dass der Fristbeginn bis zum Tode hinausgeschoben wird, weil die Erblasserin noch nicht den zur Verhinderung vom Missbrauch verlangten spürbaren Vermögensverlust schon so erlitten hat, dass sie die Folgen selbst noch zehn Jahre lang zu tragen hatte (BGH NJW 1994, 1791).

2. Zur Höhe des Ergänzungsanspruchs das überzeugende Gutachten des Sachverständigen, dem nicht zu folgen keine Veranlassung besteht, ergeben, dass der Wert zum Zeitpunkt des Erbfalles höher war als zum Zeitpunkt der Schenkung. Damit ist nach dem Niederswertprinzip der Wert zum Zeitpunkt der Schenkung (395.000,-- DM) abzüglich des Wertes des Nießbrauchs (220.000,-- DM) zugrunde zu legen. Der hieraus resultierende Betrag von 175.000,-- DM ist umzurechnen auf den Todestag unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes, wobei der Lebenshaltungskostenindex für Oktober 1977 59,2 und der für Mai 2000 106,3 beträgt. Hieraus ergibt sich folgende Rechnung.

175,000,-- DM; 59,2 x 106,3 = 314.231,41 DM.

Da die Pflichteilquote ¼ beträgt, ergibt sich daraus zunächst ein Ergänzungsbetrag 78.557,85 DM.

3. Gemäß § 2327 BGB hat sich die Erbengemeinschaft Geschenke an den verstorbenen Vater anrechnen zu lassen, die ohne zeitliche Grenze zu berücksichtigen sind.

a) Insoweit ist unstreitig, das der Vater der Klägerin und dessen Lebensgefährtin 100. 000,--DM von beiden Eltern aus dem Hauserlös geschenkt bekommen haben.

Auf den verstorbenen Vater der Klägerin entfallen davon ½-Anteil von 100.000,-- DM, weil die andere Hälfte die Lebensgefährtin erhalten hat. Anzurechnen sind daher 25.000,-- DM, womit der Ergänzungsanspruch noch 53.557,85 DM beträgt.

b) Soweit der Beklagte behauptet 10.159,02 DM Bausparguthaben seien Mitte der 60er Jahre an den verstorbenen Vater der Klägerin verschenkt worden, ist unstreitig, dass es sich um einen Bausparvertrag handelte, dessen Berechtigter der Beklagten war. Unerheblich ist insoweit, ob der Vater des Beklagten die Prämien gezahlt hat. Weil es sich insoweit also nicht um ein Geschenk der Eltern bzw. der Erblasserin handelte, kommt eine Anrechnung nicht in Betracht.

c) Ebenfalls eine Anrechnung kommt nicht in Betracht, soweit der Beklagte eine Schenkung von 14.000,-- DM behauptet und sich dafür auf das Schreiben der Rechtsanwälte (Bl. 116 d. GA.) beruft. Abgesehen davon, dass hierin lediglich von 13.000,- DM die Rede ist, ergibt sich aus diesem Schreiben dass es sich um Darlehen des Vaters handelte. Selbst wenn man davon ausgeht, dass dieses Darlehen nicht zurückgezahlt wurde, steht damit fest, dass der Vater des Beklagten die Schenkung vorgenommen hat, nicht aber die Erblasserin, weshalb eine Anrechnungspflicht nicht besteht.

d) Gleiches gilt für den im Übrigen unverständlichen Betrag von 34.000,-- DM, der von dem Vater des Beklagten an den verstorbenen Vater der Klägerin verschenkt worden sein soll.

e) Soweit der Beklagte weitere diverse Geschenke aufführt, ist dieser Vortrag trotz entsprechenden Hinweises der Kammer unsubstantiiert geblieben.

4. der Einwand der Entreicherung wegen zwischenzeitlichen Verkaufes der Immobilie hat keinen Erfolg, weil sich nach dem Verkauf der Gegenwert der Immobilie im Vermögen des Beklagten befindet.

5. Soweit der Beklagte vorträgt es sei der Wille der Eltern gewesen, dass die erfolgten Zuwendungen auf den Pflichten anzurechnen gewesen seien, ist dies unerheblich, weil § 2315 BGB nur eingreift, wenn eine Anrechnungsbestimmung vor der jeweiligen Zuwendung abgegeben wurde

Dass dies geschehen ist, ist nicht vorgetragen.

II.
Gemäß §§ 2287, 812 BGB steht der Erbengemeinschaft ein Anspruch des verstorbenen Vaters in Höhe von 40.034,78 DM zu.

Dieser Anspruch ergibt sich daraus, dass davon auszugehen ist, dass die Erblasserin an den Beklagten 80.069,56 DM (die Differenz des Nachlassvermögens der Eltern nach dem Tode des Vaters am 23.1.1997 und des Aktivnachlasses nach dem Tode der Mutter am 14.5.2000) ohne lebzeitiges Eigeninteresse verschenkt hat und damit die Absicht verwirklicht hat, den Vater der Klägerin als Mitbegünstigten des bindend gewordenen Ehegattentestamentes zu beeinträchtigen. Für diese Benachteiligungsabsicht ist zwar grundsätzlich die Klägerin beweispflichtig, jedoch hat der Begünstigte ? hier der Beklagte ? auf die Behauptung, die Erblasserin habe ohne lebzeitiges Eigeninteresse gehandelt, zunächst schlüssig Umstände darzulegen, die für ein solches Interesse sprechen. Erst dann können und müssen die angeführten Umstände widerlegt und die Erblasserabsicht bewiesen werden.

Eine solche schlüssige Darlegung eines lebzeitigen Eigeninteresses durch den Beklagten liegt nicht vor. Soweit dieser behauptet hat, das Geld sei in die Immobilie genossen, weil die Erblasserin die von ihr bewohnte Wohnung habe renovieren lassen wollen, ist dies angesichts der unstreitigen Tatsachen, dass die Erblasserin seit 1992/1994 bis zu ihrem Tode in einem Pflegeheim wohnte, die Rechnungen hingegen, die der Beklagte zu der Renovierung vorgelegt hat, aus den Jahren 1997/1999 stammen, unschlüssig.

Damit steht der Erbengemeinschaft ½ der Schenkung von 80.069,56 DM = 40.034,78 DM zu.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 284, 286, 288 BGB 92, 709 ZPO.

RechtsgebietErbrechtVorschriften§ 2287 BGB

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