03.03.2005 · IWW-Abrufnummer 050609
Oberlandesgericht Karlsruhe: Urteil vom 19.02.2004 – 9 U 112/03
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:
I.
Die Klägerin, eine Versicherungsmaklerin, nimmt den Beklagten für die Vermittlung eines Versicherungsvertrages ?plus-conzept Fondspolice mit Sparzielabsicherung? bei der A. Lebensversicherung S.A. mit Sitz in Luxemburg auf Zahlung von Vermittlungsgebühren in Anspruch. Der Beklagte hat nach Verhandlungen mit dem Zeugen van A. , der für die Klägerin auftrat, nach Prüfung und teilweiser Änderung seiner bestehenden Versicherungen am 6.12.2000 als Altersversorgung eine Versicherung mit einer Beitragssumme von 193.651,92 DM als sogenannte Nettopolice mit einer vorgesehenen Laufzeit von 27 Jahren abgeschlossen. Bei einer solchen Nettoversicherung werden von den Versicherungsbeiträgen keine Vermittlungsgebühren einbehalten und abgeführt. Die Basisleistung Todesfall betrug 232.382,30 ?. Nach dem Versicherungsvertrag wurde eine fondsgebundene Lebensversicherung nach dem Tarif FWU-Plan abgeschlossen. Die Beiträge sollten neben der Abdeckung von Kosten für die Risikoprämie und im übrigen zum Erwerb von Anteilseinheiten der gewählten Anlagestrategie verwendet werden. Nach den Versicherungsbedingungen kann der Versicherungsvertrag jederzeit gekündigt werden. Weiter unterzeichnete der Beklagte eine Vermittlungsgebührenvereinbarung nach der an die Klägerin in den ersten drei Versicherungsjahren eine monatliche Vermittlungsgebühr von 419,25 DM zu zahlen ist. Die Klägerin hat die Gesamtforderung hieraus fällig gestellt und unter Abzinsung eine Forderung von 6.705,30 ? errechnet.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.705,30 ? nebst 12 % Zinsen hieraus seit dem 01.05.2002 sowie 5,00 ? vorgerichtliche Mahnauslagen zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, die geltend gemachte Vermittlungsprovision sei, da auch noch spätere laufend fällig werdende Vermittlungsprovisionen zu berücksichtigen seien, völlig unangemessen mit der Folge, dass der Vertrag sittenwidrig und nichtig sei. Im übrigen seien Hinweis- und Beratungspflichten verletzt worden. Er habe entsprechend der Absprache mit dem Zeugen van A. eine sichere Altersversorgung aufbauen wollen und keine riskante Anlage in Aktien. Auf die atypische Vertragsgestaltung in Bezug auf die auf jeden Fall anfallende Vermittlungsprovision und das Risiko, bei vorzeitiger Beendigung jedenfalls in deren Höhe einen Schaden zu erleiden, hätte er hingewiesen werden müssen. Im übrigen habe die Klägerin Hinweispflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) verletzt.
Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen van A. der Klage stattgegeben.
Hiergegen wendet sich der Beklagte unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags mit seiner Berufung.
Er beantragt,
auf seine Berufung das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 15.05.2003 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch sie ergänzt und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz.
II.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Ohne Erfolg wendet sich der Beklagte gegen den der Höhe nach nicht streitigen Anspruch auf Zahlung von Maklerprovision. Der Maklervertrag ist wirksam. Dem Anspruch steht auch kein Schadensersatzanspruch des Beklagten entgegen, da die Klägerin und der für sie handelnde Zeuge van A. keine vorvertragliche Hinweispflichten verletzt haben.
Es gibt keinen ausreichenden Vortrag des Beklagten dafür, dass der die Parteien verbindende Vertrag sittenwidrig und deshalb gemäß § 138 BGB nichtig ist. Dem angebotenen Sachverständigenbeweis kann nicht nachgegangen werden, da kein ausreichender konkreter Sachvortrag vorliegt. Es ist gerichtsbekannt, dass die Provisionen der Versicherungsmakler nicht nur zwischen 0,4 und 4% der Beiträge liegen, welche im ersten Jahr gezahlt werden. Somit ist schon der Ausgangspunkt unzutreffend. Die Klägerin hat schon vor dem Landgericht unter Bezugnahme auf ein in einem anderen Rechtsstreit vom Amtsgericht Hamburg eingeholtes Gutachten des Sachverständigen R. vom 10.1.1999 zur Angemessenheit der Provisionen vorgetragen und sich weiter zu dieser Frage auf das Gutachten der Unternehmensberatung T.-T. P. vom 14.12.1998 bezogen, die u. a. beauftragt war, zu untersuchen, ob die Obergrenze der Provision für fondsgebundene Lebensversicherungen der A. Lebensversicherungsgesellschaft von 0,2165 % der Beitragssumme als anfänglich Vermittlungsgebühr, jeweils in den ersten 36 Vertragsmonaten zu zahlen und von 1 % des jeweiligen monatlichen Versicherungsbeitrages, zahlbar danach, wie hier, hinsichtlich der insgesamt anfallenden Kosten den Kunden schlechter stellt als ein entsprechender durchschnittlicher anderer Tarif auf dem deutschen Markt. Der Beklagte hat hierauf nichts vorgetragen. Der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens stellt sich daher als unzulässiger Ausforschungsbeweisantrag dar.
Einem Verstoß gegen Pflichten nach dem WpHG steht entgegen, dass die Klägerin im Sinne von § 1 WpHG keine Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen erbracht hat. Gegenstand der Tätigkeit der Klägerin war nicht die Anschaffung und die Veräußerung von Wertpapieren. Der von der Klägerin vermittelte Versicherungsvertrag ist kein Wertpapier im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes. Solche sind Aktien, Zertifikate, die Aktien vertreten, Schuldverschreibungen, Genussscheine, Optionsscheine und andere Wertpapiere, die mit Aktien oder Schuldverschreibungen vergleichbar sind, wenn sie auf einem Markt gehandelt werden können, der von staatlich anerkannten Stellen geregelt und überwacht wird, der regelmäßig stattfindet und für das Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglich ist (von Heymann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., § 5 Rdnr. 36 und § 11 Rdnr. 4). Die vermittelte Versicherung ist nicht handelbar. Für private und öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen selbst ist das WpHG nach dessen § 2 a Abs. 3 Nr. 4 ohnehin nicht anwendbar.
Die Klägerin hat als Maklerin auch keine ihr obliegenden Hinweispflichten verletzt. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte eines besonderen Hinweises und einer Belehrung in Bezug auf die Anlage des überwiegenden Teils der Versicherungsbeiträge in einem Aktienfonds bedurfte. Diese von der bisherigen Lebensversicherung des Beklagten abweichende Gestaltung war gerade der Anlass für den Neuabschlusses und die abweichende Gestaltung der Altersversorgung des Beklagten. Sie ergab sich deutlich aus den vertraglichen Unterlagen und war Gegenstand des Beratungsgespräches mit dem Zeugen van A. . Es ist nicht erkennbar, dass dem Beklagten die allgemeinen Risiken einer Anlage in einem Aktienfonds nicht bekannt waren und er insoweit einer besonderen Belehrung bedurfte. Besondere Risiken des hier in Rede stehenden Fonds sind nicht hinreichend dargetan. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kann ohnehin davon ausgegangen werden, dass sich bei einem Zeithorizont von 28 Jahren und entsprechender Risikostreuung negative Kursentwicklungen wieder ausgleichen. Da der Versicherungsvertrag des Beklagten bereits nach wenigen Monaten notleidend wurde, kann zu solchen Entwicklungen ohnehin nicht vorgetragen werden. Bei dem Beklagten hat sich nur dadurch ein Risiko realisiert, dass er die als langfristige Anlage zur Altersvorsorge gedachte Lebensversicherung bereits nach kurzer Zeit beendete und deshalb ohne langfristige Vorteile einer solchen Altersvorsorge zu erlangen, zur Zahlung der vereinbarten Maklerprovision verpflichtet ist. Auf diese Konsequenz der vertraglichen Gestaltung hat die Klägerin aber eindeutig, sogar fett gedruckt, hingewiesen. Nach diesem Hinweis ist die Maklercourtage für drei Jahre zu zahlen. Die Vermittlungsgebührenansprüche bleiben von der vorzeitigen Beendigung des Versicherungsvertrages unberührt. Dies entspricht im übrigen auch ohne besondere Vereinbarung der gesetzlichen Regelung in § 652 BGB. Die Maklerprovision ist bereits mit dem Zustandekommen des vermittelten Vertrages verdient und entfällt nicht bei späterer Auflösung des Vertrages. Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe die Verträge ungelesen unterzeichnet. Er hätte die Verträge sogar noch nach der Unterzeichnung in Ruhe prüfen können und von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht, über das er belehrt wurde, Gebrauch machen können, was aber nicht geschehen ist. Auch bei Versicherungsverträgen ohne Nettopolice werden zunächst die Unkosten berechnet mit der Folge, dass sich bei vorzeitiger Beendigung in den ersten Jahren meist für die Versicherung kein Rückkaufswert errechnet. Damit, dass der Beklagte den als langfristige Altersvorsorge gedachten Vertrag bereits nach wenigen Monaten scheitern lässt, war nicht zu rechnen.
Da die Berufung des Beklagten keinen Erfolg hat, hat er gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.