26.05.2004 · IWW-Abrufnummer 041329
Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 04.11.2003 – 21 U 36/03
1. Aus der vertraglichen Verpflichtung, vor Arbeitsbeginn Vorauszahlungen auf die Vergütung des Auftragnehmers entrichten zu müssen, resultiert ein gesteigertes Sicherungsinteresse des Auftraggebers; das durch die Gestellung einer Vorleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern angemessen kompensiert wird. Eine dahingehende Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist grundsätzlich wirksam.
2. Die zur Erlangung der Vorauszahlung nach dem Vertrage beizubringende Bankbürgschaft a. e. A. ist keine reine Vorauszahlungsbürgschaft im obigen Sinne, wenn sie auch noch nach Arbeitsbeginn und bis zur Verrechnung mit fälligen Abschlagsforderungen beim Auftraggeber verbleiben soll. Sie dient dann vielmehr auch der Absicherung der Vertragserfüllung für die Zeit nach der Erbringung der dem Wert der Vorauszahlung entsprechenden Vertragsleistung und hat insoweit den Charakter einer Vertragserfüllungsbürgschaft a. e. A., die keine angemessene Kompensation des Leistungsrisikos darstellt. Eine entsprechende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hält der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle deshalb nicht Stand.
3. In einem solchen Fall ist die betroffene Klausel in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zu den Folgen der unwirksamen formularmäßigen Vereinbarung einer Vertragserfüllungsbürgschaft a. e. A. zugunsten des Auftraggebers ergänzend dahin auszulegen, dass der Auftragnehmer die Stellung einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Bürgschaft schuldet (BGH BauR 2002, 1533ff.).
OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.11.2003 - 21 U 36/03
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 15.01.2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten werden, der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten und der Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte und die Streithelferin vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Sicherheitsleistungen dürfen durch Bürgschaft einer im Geltungsbereich der Europäischen Union ansässigen Grossbank oder Sparkasse erbracht werden.
Die Revision wird nicht zugelassen.
GRÜNDE
I.
Die W... AG (im folgenden: Gemeinschuldnerin) bestellte mit Schreiben vom 10.05.2001 (Bl. 71 ff. GA) bei der Streithelferin der Beklagten (im folgenden: Streitverkündete) vier zum Einbau in die Kläranlage der Gemeinde T... vorgesehene Umwälzeinrichtungen (Vertikalrührwerke) zum Preis von insgesamt 57.673,72 EUR. In der Bestellung heißt es u.a. (Schreibfehler korrigiert):
"8. Zahlungsbedingungen
30 % nach Auftragsbestätigung gegen Gestellung einer unbefristeten Bankbürgschaft
60 % nach Lieferung
10 % nach mangelfreier Abnahme durch den Endkunden Gestellung einer unbefristeten Gewährleistungsbürgschaft über
5 % der Auftragssumme bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist.
Bürgschaften sind auf erste Anforderung vorzulegen."
Die Streitverkündete bestätigte den Auftrag mit Schreiben vom 22.05.2001 (Bl. 76ff. GA), forderte von der Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 06.06.2001 die vereinbarte Vorauszahlung von 39.254,40 DM (= 20.070,46 EUR) und übermittelte ihr am 15.06.2001 eine auf erstes Anfordern ausgestellte Vorauszahlungsbürgschaft der Beklagten vom 12.06.2001 über den angeforderten Betrag (Bl. 13 GA). Daraufhin zahlte die Gemeinschuldnerin am 21.09.2001 die verlangten 20.070,46 EUR. Am 20.02.2002 ging beider Streitverkündeten per Telefax ein mit "Stornierung der Bestellung" bezeichnetes, ansonsten mit dem o.g. Bestellschreiben inhaltsgleiches Schreiben der Gemeinschuldnerin ein (Bl. 83ff. GA). Daraufhin rechnete die Streitverkündete unter dem 21.03.2002 ihre bis dahin erbrachten Leistungen ab und verlangte von der Gemeinschuldnerin unter Einbeziehung der Vorauszahlung weitere 16.923,10 EUR.
Bereits durch Beschluss vom 19.12.2001.(Bl. 81 f. GA) hatte das Amtsgericht Münster im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin angeordnet, dass diese nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam über Gegenstände ihres Vermögens verfügen können sollte. Eröffnet wurde das Insolvenzverfahren gemäß Beschluss des Amtsgerichts Münster vom gleichen Tage am 01.03.2002 (Bl. 89 f. GA). Durch einen notariellen Kauf- und Übertragungsvertrag vom 15.03.2002 veräußerte und übertrug der Insolvenzverwalter der Klägerin die den Geschäftsbereich "Klärtechnik/Abwassertechnik" betreffenden Vermögenswerte und trat ihr die dieses Geschäftsfeld betreffenden Forderungen der Gemeinschuldnerin zum Inkasso ab. Die Parteien streiten u.a. darüber, ob auch evt. Forderungen aus der o.g. Vertragsbeziehung zur Streitverkündeten von der Abtretung umfasst waren. In einer weiteren schriftlichen Vereinbarung vom 25.07.2002/08.08.2002 rat der Insolvenzverwalter "sämtliche Ansprüche aus dieser Bürgschaft" - gemeint, war die der Beklagten vom 12.06.2001 -, sodann nach Rechtshängigkeit unter dem 11.01.2002 (Bl. 95 f. GA) "nochmals alle der ursprünglich der Firma W... AG zustehenden Ansprüche aus der Bestellung vom 10.05.2001, einschließlich der Ansprüche aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft der D... Bank AG vom 12.05.2001" an die dies annehmende Klägerin ab. Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin nun die Beklagte auf Auszahlung des Bürgschaftsbetrages in Anspruch.
Sie hat behauptet, die Gestellung einer Vorauszahlungsbürgschaft mit der Streitverkündeten besonders ausgehandelt zu haben und die Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern als Individualabrede für wirksam gehalten. Im übrigen sei der Sicherungsfall eingetreten, weil die Streitverkündete keine Leistungen erbracht habe und die empfangene Vorauszahlung deshalb zurückzahlen müsse. Den dahingehenden Anspruch der Gemeinschuldnerin habe sie ebenso wie den Bürgschaftsanspruch spätestens am 11.11.2002 kraft wirksamer Abtretung erworben. Die Beklagte hat die Verpflichtung zur Gestellung einer Vorauszahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern. in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für unwirksam erachtet und die rechtswirksame Abtretung eines nach Kündigung des Vertrages im übrigen durch Verrechnung mit berechtigten Vergütungsansprüchen erloschenen Rückzahlungsanspruchs der Gemeinschuldnerin an die Klägerin bestritten.
Das Landgericht ist der Argumentation der Beklagten gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an ihrem Klageanliegen festhält. Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Tatsachenvortrag und trägt weiterhin darauf an, die Klage abzuweisen. Dem tritt die Streitverkündete bei, die darüber hinaus ihre der Gemeinschuldnerin unter dem 21.03.2002 erteilte Schlussrechnung im einzelnen erläutert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit den sich aus. den folgenden Ausführungen ergebenden Änderungen und Ergänzungen verwiesen - § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
II.
1.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Maßgebend für die Entscheidung sind die bis zum 31.12.2001 geltenden Vorschriften des Schuldrechts und des AGBG - Art. 229, § 5 EGBGB.
Im Ergebnis zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht entschieden, dass der Klägerin die gegen die Beklagte geltend gemachte Bürgschaftsforderung aus §§ 765, 767 Abs. 1 BGB nicht zusteht, weil der zwischen der Gemeinschuldnerin und der Streitverkündeten im Ausgangsvertrag vereinbarte Sicherungsfall nicht eingetreten ist. Die hiergegen mit der Berufung vorgetragenen Einwendungen führen zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage und geben lediglich zu folgenden, ergänzenden Ausführungen Anlass, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO.
2.
a) Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht als Bürgin für den Anspruch der Gemeinschuldnerin auf Rückzahlung der gemäß Ziffer 8 der Bestellung vom 10.05.2001 nach Auftragsbestätigung geleisteten Vorauszahlung in Höhe von 30 % der Auftragssumme in Anspruch. Der Zahlungsaufforderung muss die Beklagte indes nur dann unabhängig vom Eintritt des Sicherungsfalles und dem Bestand der Hauptverbindlichkeit Folge leisten, wenn es sich bei der Vorauszahlungsbürgschaft um ein solche auf erstes Anfordern handelt. Das ist nicht der Fall. Die dahingehende Sicherungsabrede der Vertragsparteien ist gemäß § 9 AGBG unwirksam.
b) Bei der in Ziffer 8 der Bestellung vom 10.05.2001 (Bl. 71 ff. GA) niedergelegten und durch Bestätigung der Streitverkündeten vom 22.05.2001 zum Vertragsgegenstand erhobenen Bürgschaftsklausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. § 1 Abs. 1 AGBG. Das gilt insbesondere auch für die dort vorgesehene Gestellung einer Vorauszahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern, die sich in der Auftragsbestätigung vom 22.05.2001 sinngemäß durch die dortige Verweisung auf das später von der Beklagten tatsächlich verwendete Bürgschaftsformblatt "EFB-Sich 3" (Bl. 13 GA) wiederfindet.
Die in Rede stehende Klausel ist nach dem Aufbau, der Gestaltung und dem Wortlaut des Bestellschreibens eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte, von der Gemeinschuldnerin gestellte Vertragsbedingung (§ 1 Abs. 1 AGBG), wie das Landgericht mit ausführlicher Begründung überzeugend dargelegt hat (S. 7 f. des angefochtenen Urteils, Bl. 115 f. GA). Dem schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Die Vertragsparteien haben die Stellung einer Vorauszahlungsbürgschaft entgegen der mit der Berufung wiederholten Einwendung der Klägerin nicht feststellbar ausgehandelt (§ 1 Abs. 2 AGBG). Es ist nichtschlüssig dargetan, dass die Klausel gegen ihre inhaltlich und optisch auf eine Vielfachverwendung ausgelegte Erscheinung nicht nur Gegenstand der Verhandlung der am Vertragsschluss beteiligten Vertreter der Vertragsparteien war, sondern - wie erforderlich - besonders zwischen diesen ausgehandelt wurde. Schon der Vortrag der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren hierzu genügte nicht den Anforderungen an einen konkreten, einer geordneten Beweiserhebung zugänglichen Prozessvortrag (S. 3 des SS. v. 07.11.2002, Bl. 53 GA, und S. 2 des SS. v. 03.12.2002, Bl. 98 GA). Es ist völlig unklar geblieben, wann und unter welchen Umständen was konkret ausgehandelt worden sein soll. Hierzu hätte die Klägerin spätestens im Berufungsverfahren im einzelnen vortragen können und müssen. An einem in dieser Weise nachvollziehbaren Tatsachenvortrag fehlt es indes auch jetzt noch (S. 7 f. BB, Bl. 157 f. GA). Die vermisste Erhebung des angebotenen Zeugenbeweises war mithin schon im Verfahren erster Instanz untunlich; sie ist auch jetzt nicht veranlasst.
Aus dem Inhalt der schriftlichen Auftragsbestätigung der Streitverkündeten vom 22.05.2001 (Bl. 76 f. GA) kann die Klägerin in diesem Zusammenhang ebenfalls nichts zu ihren Gunsten herleiten. Richtig ist zwar, dass die im Bestellschreiben vom 10.05.2001 niedergelegten Zahlungsbedingungen im Bestätigungsschreiben nicht wortgleich wiedergegeben werden. Darauf kommt es im Ergebnis jedoch nicht an. Denn eine inhaltliche Abänderung der Bestellung enthält die Auftragsbestätigung jedenfalls in Bezug auf die Verpflichtung, die ausbedungenen Bürgschaften als solche auf erstes Anfordern stellen zu müssen, nicht. Ihr Erklärungswert erschöpft sich deshalb bei verständiger Auslegung (§§ 133, 157 BGB) in der Kundgabe des Einverständnisses mit der entsprechenden Klausel in der Bestellung der Gemeinschuldnerin, die hierdurch wirksam in den Vertrag einbezogen worden ist (§ 2 AGBG), ohne zuvor erkennbar ausgehandelt worden zu sein.
c) Die in Rede stehende Vertragsklausel hält einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG nicht stand, soweit sie vorschreibt, dass die dort ausbedungenen Bürgschaften auf erstes Anfordern gestellt werden müssen. So hat der Bundesgerichtshof die Vereinbarung von Vertragserfüllungsbürgschaften auf erstes Anfordern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für unwirksam gehalten, weil die Verpflichtung des Bürgen, ohne die sich aus §§ 767, 768 BGB ergebenden Einwendungsmöglichkeiten auf bloßes Anfordern zahlen zu müssen, nicht nur das Liquiditätsrisiko einseitig zu lasten des Auftragnehmers verschiebt; sondern ihm darüber hinaus auch das Risiko einer Insolvenz des Auftraggebers im Rückforderungsprozess aufbürdet (BGH BauR 2002, 1239ff; BauR 2002, 1533ff.). Aus nämlichen Gründen kann auch eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern jedenfalls dann nicht wirksam durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart werden, wenn die Beibringung der Bürgschaft die einzige Möglichkeit für den Auftragnehmer darstellt, den Gewährleistungseinbehalt des Auftraggebers vor Ablauf der Gewährleistungsfrist abzulösen (vgl.: BGH BauR 2002, 1392; BauR 2001 1093; BauR). Diese Grundsätze finden auch im vorliegenden Fall Anwendung, wenngleich die vom Bundesgerichtshof in den vorerwähnten Fällen entwickelten Maßstäbe für die Unangemessenheit formularmäßiger Bürgschaftsklauseln nicht ohne weiteres auf die hier in Rede stehende Bürgschaft anzuwenden sind. Deren Besonderheit liegt nämlich darin, dass sie zunächst dazu bestimmt war, eine vertragliche Vorauszahlungsverpflichtung abzusichern, durch die der Auftraggeber abweichend vom gesetzlichen Leitbild des Werkvertragsrechts und deshalb systemwidrig zu Zahlungen ohne tatsächlichen Gegenwert veranlasst wird. Daraus resultiert ein gesteigertes Sicherungsinteresse des Auftraggebers, das grundsätzlich durch die Gestellung einer Vorleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern angemessen kompensiert wird (Messerschmidt in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, Teil B, § 16 Rn 162; ebenso BGH BauR 2002, 123 für die Vertragserfüllungsbürgschaft bei 50 Vorauszahlung und leistungsunabhängigem Zahlungsplan). Hier liegen die Dinge indes anders. Nach der in der Bürgschaftsurkunde niedergelegten Zweckvereinbarung sollte die Bürgschaft die Vorauszahlung von 30 % des Vertragspreises bis zu ihrer Tilgung durch Anrechnung auf fällige Zahlungen absichern. Weitere Zahlungen konnten nach den Zahlungsbedingungen in der Bestellung vom 10.05.2001 allerdings erst mit Lieferung der im Betrieb der Streitverkündeten fertig herzustellenden Umwälzeinrichtungen fällig werden. Also konnte auch die Vorauszahlung frühestens zu diesem Zeitpunkt mit fälligen Forderungen der Streitverkündeten verrechnet werden und die Gemeinschuldnerin musste die Bürgschaft erst dann heraus eben. Daraus folgt dann al dass die zur Erlangung der Vorauszahlung beizubringende Bankbürgschaft eben keine reine Vorauszahlungsbürgschaft darstellte, sondern auch der Absicherung der Vertragserfüllung für die Zeit nach der Erbringung der dem Wert der Vorauszahlung entsprechenden Vertragsleistung dienen sollte, zumal die Vorauszahlungsbürgschaft nach der Rechtsprechung des BGH, zu § 7 MaBV (vgl.: BGH BauR.2002, 1390, BGH BavR 1999, 659ff.) auch die Geldansprüche des Auftraggebers wegen mangelhafter oder unterlassener Erfüllung des Vertrages sichert und insoweit ohnehin dem Charakter einer Vertragserfüllungsbürqschaft entspricht. In Erwägung all dessen neigt der Senat zu der Auffassung; dass die Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern zur
Absicherung der bis zur vollständigen Leistungserbringung (Lieferung) bei der Gemeinschuldnerin verbleibenden Vorauszählung keine angemessene Kompensation des Vorleistungsrisikos darstellt und die entsprechende Vertragsklausel in Ziffer 8 der Bestellung deshalb einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand hält.
Letztlich kommt es darauf nicht an. Denn die, in der Bestellung isoliert für alle ausbedungenen Bürgschaften festgelegte Verpflichtung, diese auf erstes Anfordern stellen zu müssen, bezog sich unzweifelhaft auch auf die nach mangelfreier Abnahme zur Herbeiführung der Fälligkeit der Schlussrate beizubringende Gewährleistungsbürgschaft. Sie war. mithin schon deshalb nach obigen Grundsätzen insgesamt unwirksam; eine Beschränkung ihres Regelungsgehaltes: auf die ebenfalls zu leistende Vorauszahlungsbürgschaft scheitert am Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (grundlegend:. BGHZ 84, 109, 114 ff.; BGHZ 90 69, 73; BGHZ 92, 312, 314 f.)
3.
Der Senat legt in Anlehnung an die jüngste Rechtsprechung des BGH zu den Folgen der unwirksamen Vereinbarung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Bürgschaftsklausel in Ziffer 8 der Bestellung zugunsten der Klägerin ergänzend dahin aus, dass die Streitverkündete jedenfalls die Stellung einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Bürgschaft schuldete (BGH BauR 2002, 1533ff.), deren Inanspruchnahme dann allerdings den von der Klägerin darzulegenden und zu beweisenden Eintritt des Sicherungsfalls voraussetzt (§§ 767 Abs. 1 S. 1, 768 Abs. 1 BGB). Dieses Erfordernis ist vorliegend nicht erfüllt. Der Gemeinschuldnerin stand kein Anspruch auf Erstattung der geleisteten Vorauszahlung zu, den sie an die Klägerin hätte abtreten können.
Die Stornierung der Bestellung durch Schreiben der Gemeinschuldnerin vom 20.02.2002 stellt rechtlich eine freie Kündigung i S.d. § 649 S. 1 BGB dar, weicher der vorläufige Insolvenzverwalter seine gemäß §§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 22 Abs. 2, 24, 81, 82, InsO erforderliche Zustimmung spätestens konkludent dadurch erteilt hat (§§ 182, 184 BGB), dass er auf die kündigungsbedingte Abrechnung der Streitverkündeten unter dem 04.04.2002 nicht etwa mit Widerspruch; sondern mit der Erklärung reagierte, den Geschäftsbetrieb der Gemeinschuldnerin nicht weiterzuführen und die Streitverkündete wegen " etwaiger bereits gelieferter .Waren an die Klägerin verwies (s Seite 4, des im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen, den Beteiligten bekannten Urteils des Landgerichts Münster vom 04.10.2002 - Az: 4 0420/02, Bl 43 GA). Daraus folgt, dass der Streitverkündeten der verträgliche Werklohn grundsätzlich in voller Höhe zusteht und sie sich lediglich ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb anrechnen lassen muss, soweit sie die geschuldeten Leistungen nicht erbracht hat. Die Beklagte hat unter Hinweis auf das von der Klägerin selbst mit der Klageschrift vorgelegte Rechnungsschreiben der Streitverkündeten vom 21.03.2002 (Anlagen 5 und 6 zur Klageschrift, Bl.20 - 22 GA) spätestens im Berufungsverfahren unter Zuhilfenahme des Vorbringens der Streitverkündeten (S. 20 ff. des -SS. V. 22.09.2003, Bl. 209 ff. GA) und der dort bezeichneten Rechnungsunterlagen (Anlagen Bl. 221 ff. GA) schlüssig dargelegt, Aufwendungen zur Durchführung des Vertrages erbracht zu haben, die den Vorauszahlungsbetrag weit übersteigen: Es war Sache der für weitere Ersparnisse oder anderweitigen Erwerb beweispflichtigen Klägerin, diesen Vortrag zu entkräften. Das kann mit schlichtem Bestreiten (S. 3 des SS. v. 06.10.2003, Bl. 242 GA) nicht gelingen. Auf die Beantwortung der zuvor, in den Mittelpunkt der Argumentation gestellten Frage, ob die Streitverkündete auf Nachfrage Maschinen oder Maschinenteile hat vorzeigen können, kommt es nicht an.
Wenn der Streitverkündeten demnach ein den vorschoss übersteigender Vergütungsanspruch aus § 649 S. 2 BGB zustand und sie diesen Anspruch ausweislich der Rechnung vom 21.03.2002 (Bl. 20 f. GA) mit dem Vorschuss der Gemeinschuldnerin verrechnet hat, so folgt daraus, dass der der Klägerin auch aus abgetretenem Recht kein Anspruch auf Rückzahlung des Vorschusses zusteht. Die Vorauszahlung ist - wie in der B ürgschaftsurkunde ausdrücklich vorgesehen durch Anrechnung auf fällige Zahlungen getilgt. Damit ist der Sicherungszweck entfallen und die Bürgschaftsforderung kann nicht mehr geltend gemacht werden, und zwar unabhängig davon, ob der Insolvenzverwalter etwaige Ansprüche der Gemeinschuldnerin gegen die Streitverkündete aus der in Rede stehenden Rechtsbeziehung an die Klägerin abgetreten hat oder nicht.
4.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichtes auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechsprechung erforderlich erscheint - § 543 Abs. 12 ZPO.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 20.070,46 EUR.