16.07.2004 · IWW-Abrufnummer 041872
Amtsgericht Pinneberg: Urteil vom 09.01.2004 – 33 OWi 306 Js 20989/03
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
L.S. Rechtskräftig seit dem 14.04.2004
Pinneberg, 04.05.2004
AMTSGERICHT PINNEBERG
URTEIL
im Namen des Volkes
Bußgeldsache gegen
wegen Ordnungswidrigkeit
hat das Amtsgericht Pinneberg -Bußgeldsache- in der Sitzung vom 09.01.2004 für Recht erkannt:
Gegen die Betroffene wird wegen fahrlässiger Ordnungswidrigkeit gemäß § 24 StVG in Verbindung mit §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, 133.1 BKat eine Geldbuße von 50,00 ? festgesetzt.
Die Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
Die 57 Jahre alte Betroffene lebt in wirtschaftlich geordneten Verhältnissen. Es liegt kein Eintrag im Verkehrszentralregister gegen sie vor.
Am 16.07.2003 befuhr die Betroffene um 08.02 Uhr in Pinneberg Hochstraße/Elmshorner Straße mit dem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen PI-EE 963 die Hochbrücke in Pinneberg in Richtung Stadtzentrum. Am Ende der Hochbrücke hielt sie auf der Rechtsabbiegerspur an der Ampelkreuzung Hochstraße/Elmshorner Straße, da die dortige Ampelanlage rot zeigte. An der Ampelanlage ist an dieser Stelle für den Rechtsabbiegerverkehr ein Grünpfeil angebracht. Die Betroffene stand mit ihrem PKW ca. 3 - 4 Metern vor der Kreuzungseinmündung, da sie an 2. Stelle hinter einem PKW vor der Ampelanlage stand.
An der betreffenden Ampelkreuzung gibt es vier Spuren. Eine Linksabbiegerspur, eine Spur für den Verkehr nach links und geradeaus, eine Spur für den Verkehr nach rechts und geradeaus sowie die Rechtsabbiegerspur auf der sich die Betroffene befand. Zudem gibt es an der Kreuzung eine durch Lichtzeichenanlage geschützte querende Radfahrer- und Fußgängerfurt.
Nachdem das vor ihr stehende Fahrzeug angefahren war und rechts abgebogen war, fuhr die Betroffene, ohne an der Haltelinie anzuhalten, um 08.02 Uhr rechts in die Elmshorner Straße hinein. Dabei wurde sie von der zu diesem Zeitpunkt mit ihrem Dienstfahrzeug an der Ampel auf eine der geradeaus Richtung Damm führenden Spuren stehenden Polizeibeamtin Nemitz beobachtet.
Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der erhobenen Beweise, insbesondere aus der Einlassung der Betroffenen.
Die Betroffene hat sich zu den Vorwürfen dahingehend eingelassen, sie habe als zweiter PKW an der Ampel gehalten und gut in die Kreuzung einsehen können. Als der erste PKW angefahren und nach rechts in die Elmshorner Straße eingebogen sei, habe sie sich vergewissert, dass sie keinen Fußgänger, Radfahrer oder andere Verkehrsteilnehmer behinderte oder gefährdete. Sie sei dann aus ihrer Position als zweiter PKW angefahren und in die Elmshorner Straße nach rechts eingebogen, ohne an der Haltelinie zu halten. Ein nochmaliges Anhalten sei nach ihrer Auffassung nicht erforderlich gewesen, da sie zuvor den gesamten Verkehrsraum habe übersehen können.Die Zeugin Nemitz hat ausgesagt, dass die Betroffene rechts abgebogen sei und nicht an der Haltelinie gestoppt habe.
IV.
Die Betroffene hat sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 49, 37 Abs. 2 StVO, § 24 StVG schuldig gemacht.
Gemäß § 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7 StVO ordnet Rot an: ?Halt vor der Kreuzung". Beim grünen Pfeil ist das Rechtsabbiegen trotz des Rotlichts nur erlaubt, wenn der Fahrzeugführer zuvor angehalten hat. Erreicht werden soll dadurch ein zusätzlicher Sicherheitsgewinn, weil der Fahrzeugführer durch das Anhalten im stärkeren Maße die freigegebenen Verkehrseinrichtungen beobachten kann, als beim Abbiegen ohne Fahrtunterbrechung. Für das Anhalten an einer Ampel mit grünem Pfeil für den Abbiegeverkehr gelten dabei grundsätzlich ähnliche Maßstäbe, wie für das Halten beim Stoppschild (vgl. Henschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Auflage, § 37 StVO, Rd.-Nr. 53).
Gemäß § 41 Abs. 2 StVO zum Zeichen 206 (Stoppschild) ist das unbedingte Halteverbot dort zu befolgen, wo die andere Straße zu übersehen ist, in jedem Fall an der Haltelinie. Die Vorschrift ist so zu verstehen, dass an der Haltelinie grundsätzlich ein unbedingtes Halteverbot für jeden einzelnen PKW, der abbiegen will, besteht. Dies gilt schon deswegen, weil es an den meisten Kreuzungen, so auch im vorliegenden Fall, eine durch Lichtzeichenanlage geschützte querende Radfahrer- und Fußgängerfurt gibt (vgl. insoweit BayObLG, NZV 1994, 200). Danach kann die Haltelinie überfahren werden, um bis zur Sichtlinie vorzufahren. Es kommt folglich nicht darauf an, ob die Betroffene vor Erreichen der Haltelinie bereits gehalten hat (so auch KG NZV 1995, 199 f., (200)). Ansonsten entfiele auch schon der Zweck der Haltelinie an einer Ampel mit Grünpfeil. Das Abbiegen ist entsprechend nur erlaubt, wenn Behinderung und Gefährdung anderer ausgeschlossen sind (vgl. Janis-zewski/Jagow/Burmann, StVO 16. Auflage, § 37 Rd.-Nr. 12 a). Dies bedeutet, die Haltelinie darf erst dann überquert werden, wenn die Behinderung und Gefährdung des Querverkehrs zunächst des Radfahrers und Fußgänger, dann des Autoverkehrs - ausgeschlossen ist. Gefordert ist dabei eine über die allgemeine Sorgfaltspflicht des § 1 StVO hinausgehende äußerste Sorgfalt. Dies bedeutet äußerste Umsicht, insbesondere Umblick und zuverlässige Beobachtungsmöglichkeit hinsichtlich der durch die Lichtzeichenanlage freigegebenen Richtungen und der Fußgänger (vgl. Henschel, aaO, § 37 Rd.-Nr. 53).
Der Einwand der Betroffenen, sie habe aus ihrer Halteposition als 2ter PKW gut in die Kreuzung einsehen können, kann die in der vorliegenden Situation geforderte gesteigerte Sorgfalt beim Abbiegen nicht begründen, da eben eine Gefährdung des Querverkehrs - insbesondere des Rad- und Fußgängerverkehrs - nicht ausgeschlossen war. Die Kreuzung ist groß und Werktags um 08.00 Uhr morgens ist mit einem hohen Verkehrsaufkommen zu rechnen, so dass es aus einer Position von 3 - 4 Metern vor der Haltelinie und hinter einem PKW nicht möglich ist die andere Straße, insbesondere den von links kommenden Querverkehr zu über sehen. Im übrigen kann der Einwand der Betroffenen die grundsätzliche Pflicht, in jedem Fall an der Haltelinie zu halten, nicht beseitigen.
V.
Tat- und schuldangemessen war die Betroffene hier mit einer Geldbuße von 50,00 ? zu belegen.
VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 1 OWiG, 465 Abs. 1 Satz 1 StPO.