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11.11.2004 · IWW-Abrufnummer 042817

Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 04.03.2004 – 13 U 1877/03

Zahlt der Auftraggeber den Gewährleistungseinbehalt auf ein "Sperrkonto", das auf ihn als Kontoinhaber geführt wird und die alleinige Verfügungsberechtigung des Auftraggebers nicht ausschließt, kann der Auftragnehmer keine Ab- oder Aussonderung nach §§ 84, 47 InsO in der Insolvenz des Auftraggebers beanspruchen.

OLG Dresden, Urteil vom 04.03.2004 - 13 U 1877/03 (nicht rechtskräftig)


In dem Rechtsstreit XXX

wegen Forderung aus Insolvenzverfahren

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2004 durch XXX

für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 09.10.2003 - Az.: 3 HKO 3593/03 - hinsichtlich der unter Ziff. 1 enthaltenen Verurteilung aufgehoben und die dahingehende Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die Original-Gewährleistungsbürgschaft Nr.------------- der -------- Bank AG -------- in Höhe von 342.351,67 Euro an die Klägerin herauszugeben.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

3. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben, von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin 46 % und der Beklagte 54 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Gegenstandswert des Berufungsverfahrens:
Bis zu 380.000,00 Euro. Die Beschwer der Parteien übersteigt 20.000,00 Euro.

G r ü n d e :

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat dem Hilfsantrag der Klägerin stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Klägerin habe an der Auszahlungsforderung des Guthabens auf dem streitgegenständlichen Konto ein (aufschiebend bedingtes) Absonderungsrecht erlangt. Grundsätzlich sei in einer Vereinbarung über eine Einzahlung eines Sicherheitseinbehalts auf ein Sperrkonto die gleichzeitige Pfandrechtsbestellung gemäß den §§ 1279, 1274 BGB enthalten. Die Kennzeichnung des Kontos als Sperrkonto enthalte die Anzeige gegenüber dem Schuldner. Dem könne der Beklagte nicht entgegenhalten, dass die Schuldnerin den Gewährleistungseinbehalt vorliegend nicht auf ein Sperrkonto im Sinne von § 17 Nr. 5, 6 VOB/B eingezahlt habe. Zumindest habe die Schuldnerin das Konto gegenüber der Bank entsprechend bezeichnet, woraus der sachliche Zuordnungsgrund für das Guthaben ersichtlich gewesen sei. Der Klägerin sei wenigstens eine Mitverfügungsbefugnis eingeräumt worden, aufgrund derer sie darauf vertrauen durfte, dass die gesellschaftsrechtlichen Organe der Schuldnerin von ihrer möglichen Alleinverfügungsbefugnis keinen Gebrauch machen würden. Als Absonderungsberechtigte könne die Klägerin nach § 17 Nr. 3 VOB/B den Austausch der Sicherheiten verlangen. Einen Anspruch auf unbedingte Auszahlung des Gewährleistungseinbehalts habe sie hingegen derzeit nicht. Die Nichterfüllungswahl des Beklagten habe keinen Einfluss auf die vereinbarte Gewährleistung und die Gewährleistungsfrist, da der Vertrag bestehen bleibe und lediglich die Erfüllungsansprüche nicht mehr durchsetzbar seien. Ebenso wenig könne der Beklagte Zustimmung zur Auszahlung verlangen. Es sei treuwidrig, wenn er sich auf den Mangel der Form des Kontos berufe.

Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen. Dabei macht die Klägerin geltend, auch Gewährleistungsansprüche seien Erfüllungsansprüche, mithin sei der Beklagte aufgrund der Nichterfüllungswahl mit diesen ausgeschlossen. Dies gelte auch für etwaige Minderungsrechte oder Schadensersatzansprüche, unabhängig davon, dass diese durch den Gewährleistungseinbehalt nicht abgesichert werden sollten. Sie könne daher Auszahlung des Gewährleistungseinbehalts verlangen, ohne zuvor eine Sicherheit in Form einer Gewährleistungsbürgschaft stellen zu müssen. Zutreffend habe das Landgericht ein ihr zustehendes Absonderungsrecht bejaht. Dies folge bereits aus § 84 InsO. Es sei für sämtliche Beteiligten, insbesondere der Bank, erkennbar gewesen, dass ein insolvenzsicheres Gemeinschaftskonto angelegt werden sollte. Absonderungsberechtigt sei sie zudem nach § 50 InsO. Es sei von einer konkludenten Abrede einer Pfandrechtsbestellung am Kontoguthaben auszugehen, wovon die Bank aufgrund der Kennzeichnung als Sperrkonto Kenntnis gehabt habe. Schließlich könne auch angenommen werden, dass sich Bank und Schuldnerin darüber einig waren, dass die Klägerin berechtigte Inhaberin des Pfandguthabens werden sollte. Daher sei sie auch aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter Forderungsinhaberin des Kontoguthabens. Die aufgrund des Urteils zwischenzeitlich unstreitig übergebene Originalgewährleistungsbürgschaft sei daher nicht zu stellen gewesen und vom Beklagten herauszugeben.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, der Auszahlung des auf dem Sperrkonto Nr. --------- der --------------------- -------bank AG, Filiale ----------------------, befindlichen Guthabens in Höhe von 342.351,67 Euro zuzüglich Zinsen an sie ohne Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft zuzustimmen,

2. den Beklagten zu verurteilen, die ihm aufgrund des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Chemnitz vom 09.10.2003 (Az.: 3 HKO 3593/03) übergebene Original-Gewährleistungsbürgschaft Nr. ------------ der -------- Bank AG -------- in Höhe von 342.351,67 Euro an sie herauszugeben,

3. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

1. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

2. das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 09.10.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

3. die Klägerin zu verurteilen, der Auszahlung des auf dem Konto der Schuldnerin bei der --------------------- -------bank AG zu Konto-Nr. --------- befindlichen Guthabens von 342.351,67 Euro in die Masse zuzustimmen.

Der Beklagte wendet ein, es stünde bereits nicht fest, in welcher Höhe ein Sicherheitseinbehalt geschuldet gewesen sei. Schon aus der Klage werde ersichtlich, dass die Schuldnerin bei ihrer Schlussrechnungsprüfung von einem geringeren Betrag ausgegangen sei. In Höhe von 50.294,17 Euro habe die Klägerin daher keine Zahlung auf das streitgegenständliche Konto verlangen können. Bevor die Schlussrechnungshöhe nicht ermittelt sei, sei der hier streitgegenständliche Verfahrensteil noch nicht entscheidungsreif. Ein Absonderungsrecht stünde der Klägerin nicht zu. Zwischen ihr und der Schuldnerin sei ein Gemeinschaftskonto nicht eingerichtet worden, zudem fehle es auch an einer nach § 17 Abs. 2 Nr. 6 Abs. 1 und 2 VOB/B vorzunehmenden Information der Klägerin durch die Bank. Unabhängig davon könne dem unbedingt geltend gemachten Zahlungsanspruch der Klägerin die weiterhin bestehende Befugnis zur Minderung bzw. Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen entgegengehalten werden. Auch diese Gegenrechte seien Gegenstand des abgetrennten erstinstanzlichen Rechtsstreits.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

1. Die Berufung der Klägerin ist hinsichtlich des auf Zustimmung zur Auszahlung des sich auf dem Konto der -------------------------bank AG -------- befindenden Betrags von 342.351,67 Euro gerichteten Antrags nicht begründet. Die Klägerin hat an dem Guthaben keine Rechte zur abgesonderten Befriedigung erlangt.

a) Die Klägerin kann sich nicht auf ein Absonderungsrecht aus § 84 InsO berufen. Nach dieser Vorschrift kann abgesonderte Befriedigung verlangt werden, wenn zwischen dem Schuldner und dem Dritten eine Gemeinschaft nach Bruchteilen, eine andere Gemeinschaft oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit besteht. Unter ein Gemeinschaftsverhältnis in diesem Sinne fällt zwar grundsätzlich auch ein Gemeinschaftskonto (vgl. MüKo/Stodolkowitz, InsO, § 84 Rn. 6, Uhlenbruck/Hirte, InsO, 12. Aufl., § 84 Rn. 4). Doch ist ein solches im Hinblick auf das streitgegenständliche Konto nicht anzunehmen. Vielmehr handelt es sich um ein Konto, dessen Inhaberin allein die Schuldnerin ist.

Kontoinhaber wird, wer bei der Kontoerrichtung der Bank gegenüber als Forderungsberechtigter auftritt oder bezeichnet wird. Es ist unter besonderer Berücksichtigung des Einzelfalls zu prüfen, wer nach dem erkennbaren Willen des die Kontoeröffnung Beantragenden Gläubiger der Bank werden sollte (BGH ZIP 1994, 1924). Es ist schon zweifelhaft, ob von der Schuldnerin bei der Kontoeröffnung überhaupt gewollt war, der Klägerin eine Gläubigerstellung zu verschaffen. Jedenfalls wäre dieser Wille nicht objektiv erkennbar zum Ausdruck gekommen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, wer als Kontoinhaber bezeichnet ist. Dieser Umstand ist zwar nicht allein entscheidend, doch kommt ihm jedenfalls mehr als bloße Indizwirkung zu (BGH ZIP 1996, 271; WM 1983, 14). Als Inhaberin hat die Schuldnerin aber lediglich sich selber angegeben. Nur sie wird in dem Kontoeröffnungsantrag näher durch die genaue Anschrift und die Angabe der Handelsregistereintragung konkretisiert. Derartige Angaben im Hinblick auf die Klägerin fehlen hingegen. Eröffnet wurde das Konto auf einem Formular, welches nur einen Kontoinhaber vorsieht. Das für ein Gemeinschaftskonto übliche Formular wurde nicht benutzt. Zudem ist auch nur die Schuldnerin gegenüber der Bank aufgetreten.

Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, es sei aufgrund des Verwendungszwecks von einem Gemeinschaftskonto auszugehen. Zwar trifft es zu, dass, obwohl sich eine Bank um das Innenverhältnis grundsätzlich nicht zu kümmern braucht, bei der Auslegung auch der Verwendungszweck eine Rolle spielen kann. Jedenfalls sind die der Bank insoweit bekannt gewordenen Umstände heranzuziehen (BGH ZIP 1996, 271). Doch lässt der in dem Feld "sachliche Kontobezeichnung" enthaltene Vermerk "Sperrkonto ------------------- AG" nicht ohne weiteres erkennen, dass damit eine weitere Person Mitinhaberin des Kontos werden sollte. Vielmehr kommt dadurch lediglich zum Ausdruck, dass die Disposition über das Konto eingeschränkt war. Rückschlüsse über eine Inhaberschaft des Kontos lässt eine solche Beschränkung aber nicht zu. Sie kann unabhängig davon gegeben sein, ob ein Gemeinschafts- oder ein Einzelkonto besteht. Es musste der Bank daher auch nicht bekannt sein, dass sich die Schuldnerin gegebenenfalls zur Einrichtung eines Gemeinschaftskontos verpflichtet hatte und deshalb ein solches von ihr gewollt war.

Schließlich geht ein Wille der Schuldnerin, ein Gemeinschaftskonto zu errichten, selbst im Zusammenhang mit der erwähnten Kontozusatzbezeichnung auch nicht daraus hervor, dass dem Prokuristen der Klägerin zusammen mit dem Prokuristen der Beklagten Gesamtvertretungsberechtigung eingeräumt worden war. Es ist nach den zugrunde zu legenden Darlegungen der Parteien noch nicht einmal eindeutig feststellbar, ob die Bank überhaupt wusste, dass der in dem Formular "Vertretungsberechtigung und Unterschriftenprobe" (Anlage B 2) genannte Herr --------- Prokurist der Klägerin war. Aus dem Formular geht dies nicht hervor. Erwähnt wird die Klägerin dort nicht. Mithin hätte es sich - aus Sicht der Bank - auch um einen weiteren Prokuristen der Schuldnerin handeln können. Aber auch unabhängig davon kann aus dem Vorliegen der Vertretungsberechtigung nicht auf die Kontoinhaberschaft geschlossen werden. Vielmehr entspricht es der Verkehrssitte und den Gepflogenheiten des Bankverkehrs, Personen Vertretungsberechtigung einzuräumen, ohne das diese zugleich Kontoinhaber werden (vgl. Canaris, NJW 1973, 825, 827).

b) Die Klägerin ist auch nicht aufgrund eines Pfandrechts an dem Auszahlungsbetrag gem. § 17 Nr. 5, 6 VOB/B i.V.m. § 233 Satz 2 BGB zur (aufschiebend bedingten) Absonderung berechtigt. Es kann dahinstehen, ob bei Einrichtung eines Sperrkontos gemäß den Vorgaben des § 17 VOB/B infolge einer analogen Anwendung von § 233 Satz 2 BGB ein gesetzliches Pfandrecht entsteht (so u.a. Nicklisch/Weick, VOB, § 17 Rn. 40; Heyermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 10. Aufl., § 17 Rn. 74). Es wurde bereits kein Sperrkonto errichtet, über das beide Vertragsparteien nur gemeinsam verfügen konnten (vgl. § 17 Nr. 5 VOB/B). Vereinbart wurde lediglich eine nur gemeinschaftliche Vertretung der jeweiligen Prokuristen (wobei auch hier die Bedenken dagegen, dass ein Bezug des Prokuristen --------- zur Klägerin nicht erkennbar war außer Betracht bleiben). Davon blieb aber die Vertretungsmacht der gesetzlichen Organe der Schuldnerin unberührt. Sie wurde durch die getroffene Vertretungsregelung nicht eingeschränkt oder gar ausgeschlossen.

Dem auch von den Vertragsparteien genutzten Formular kommt neben dem Zweck, der Bank zu ermöglichen, die Echtheit der im Geschäftsverkehr vorgelegten Unterschriften nachzuprüfen zwar auch materiell-rechtliche Bedeutung unter dem Gesichtspunkt des § 171 BGB zu. Eine negative Wirkung dergestalt, dass die im Unterschriftsprobenblatt nicht aufgeführten vertretungsberechtigten Personen von der Vertretung gegenüber der Bank ausgeschlossen sind, entfaltet das Unterschriftsprobenblatt hingegen nicht (vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 34 Ziff. 6.1). Es ist dem Geschäftsführer einer GmbH gerade nicht möglich, seine gesetzlich zwingend festgelegte Vertretungsbefugnis durch eigene Erklärung einzuschränken, da er als Organ der juristischen Person im Außenverhältnis (§ 37 II GmbHG) stets allein handlungsfähig sein muss (BGHZ 26, 330, 333; BGHZ 38, 26, 33). Grundsätzlich erfordert der Handelsverkehr auf dem Gebiet der rechtsgeschäftlichen und organschaftlichen Vertretungsbefugnis klare Verhältnisse. Für den Dritten, der auf diesem Gebiet mit einem Vertreter ein Rechtsgeschäft abschließt oder Erklärungen entgegen nimmt, ist es, wenn nicht praktisch undurchführbar, so jedenfalls unzumutbar, sich in jedem Einzelfall über den Umfang der Vertretungsbefugnis des anderen Teils zu informieren. Dies lässt zwar Ausnahmen zu, wenn der Geschäftsführer bei Abschluss eines Vertrages Beschränkungen zum Gegenstand der vertraglichen Regelung macht, da jedenfalls der Vertragspartner dann nicht mehr schutzwürdig ist (vgl. BGH ZIP 1997, 1419). Nur ist eine solche Abrede zwischen der Schuldnerin und der Klägerin nicht ersichtlich und wäre darüber hinaus auch gegenüber der Bank nicht wirksam. Denn selbst wenn man vorliegend unterstellte, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin sich gegenüber der Klägerin verpflichtet hätte, von seiner Verfügungsbefugnis keinen Gebrauch zu machen, könnte eine Kenntnis der Bank hiervon nicht angenommen werden. Dieser gegenüber wäre der Geschäftsführer der Schuldnerin weiterhin uneingeschränkt verfügungsbefugt. Selbst wenn er sich gegenüber der Klägerin schadensersatzpflichtig machte, wenn er Auszahlung an sich oder die Schuldnerin verlangt hätte, hätte ihm die Bank dies nicht verweigern können und dürfen. Um wirksam die alleinige Verfügungsberechtigung des Geschäftsführers der Schuldnerin auszuschließen, wäre die Einrichtung eines Gemeinschaftskontos erforderlich gewesen (vgl. KG WM 1983, 405).

c) Ein Recht der Klägerin zur abgesonderten Befriedigung ergibt sich auch nicht aus einer vertraglichen Verpfändung des Anspruchs auf Auszahlung. Grundsätzlich kann zwar in einer Vereinbarung einer Kontosperrung eine Verpfändung liegen (vgl. BGH ZIP 1986, 720). Es ist aber mehr als zweifelhaft, ob die Klägerin und die Schuldnerin eine dafür erforderliche vertragliche Abrede getroffen haben. Diese könnte vorliegend allenfalls konkludent zustande gekommen sein. Dafür müsste das Schreiben der Klägerin vom 28.01.2002 als Angebot und die Eröffnung des zumindest den Vermerk "Sperrkonto" enthaltenen streitgegenständlichen Kontos als Annahme durch die Schuldnerin gewertet werden. Doch spricht gegen einen dementsprechenden Willen der Schuldnerin, dass sie daraufhin die Zahlung des Gewährleistungseinbehalts auf dieses Konto lediglich unter Vorbehalt leistete. Da ein Vorbehalt hinsichtlich des Nichteintretens von Mängeln in der Gewährleistungszeit jeden Gewährleistungseinbehalt immanent ist und daher ein derart zu verstehender Vorhalt überflüssig gewesen wäre, konnte er sich nur auf den zwischen den Vertragsparteien bestehenden Streit über die Schlussrechnungshöhe beziehen. Dann aber erscheint es fragwürdig, dass die Schuldnerin trotz dieser Unsicherheit der Klägerin ein Pfandrecht an dem Auszahlungsbetrag gewähren wollte. Eine vertragliche Pfandrechtsbestellung scheitert aber auch daran, dass sich jedenfalls eine Anzeige der Verpfändung gegenüber der Bank (vgl. § 1280 BGB) nicht feststellen lässt. Insoweit kommt zwar grundsätzlich eine konkludente oder stillschweigende Erklärung in Betracht, nur ist diese vorliegend zu verneinen. Allein aus der Bezeichnung Sperrkonto und der Einzahlung eines Sicherheitseinbehalts war es für die Bank jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar, dass eine Verpfändung gewollt war. Nicht jede "Kontensperrung" stellt zugleich eine Verpfändung dar. Denkbar und jedenfalls nicht unüblich sind auch allein schuldrechtliche Sicherungsabreden. Andere Anhaltspunkte für die Vereinbarung eines Pfandrechts ergaben sich für die Bank nicht. Vielmehr war ihr bekannt, dass die Einzahlung nur unter Vorbehalt erfolgt war. Auch aus Sicht der Bank spricht dieser Umstand gegen die Bestellung eines vertraglichen Pfandrechts.

d) Die Klägerin kann auch nicht Aussonderung als Treuhänderin gem. § 47 InsO verlangen. Die Schuldnerin ist nicht als echte Treuhänderin hinsichtlich des auf dem Konto eingezahlten Betrags zugunsten der Klägerin anzusehen. Eine echte Treuhand ist in der Regel nur dann anerkannt, wenn dem Treuhänder das Treugut aus dem Vermögen des Treugebers übertragen worden war (BGH ZIP 2003, 1613). Eine solche Konstellation ist vorliegend nicht gegeben. Die Einzahlung auf das Konto erfolgte aus dem Vermögen der Schuldnerin. Damit fehlt es an einer Verdinglichung der Treuhandstellung. Diese ist aber erforderlich, um die wirtschaftliche Inhaberschaft eines Treugebers im Rahmen der Aussonderung der rechtlichen Inhaberschaft gleichstellen zu können (vgl. BGH ZIP 1993, 213). Soweit in bestimmten Fällen eine Ausnahme von dem Unmittelbarkeitsgrundsatz zugelassen wird, sind auch die Voraussetzungen dafür - Zahlung auf ein als Treuhandkonto ausgewiesenes Konto auf eine Forderung, die nicht dem Kontoinhaber, sondern dem Treugeber zustand - nicht erfüllt.

e) Ein Aussonderungsrecht der Klägerin ergibt sich auch nicht aufgrund eines zwischen der Bank und der Schuldnerin zustande gekommenen Vertrags zugunsten Dritter gem. § 328 BGB. Von dem Abschluss eines solchen Vertrags kann nicht ausgegangen werden. Insbesondere aufgrund der unter c) dargestellten Bedenken kann ein Wille der Schuldnerin, der Klägerin ein unmittelbares Forderungsrecht einzuräumen, nicht angenommen werden. Schließlich lässt sich ein Recht der Klägerin zur Ab- bzw. Aussonderung auch nicht mit den Grundsätzen von Treu und Glauben rechtfertigen. Mag die Schuldnerin gegebenenfalls vertraglich verpflichtet gewesen sein, durch Einrichtung eines Gemeinschaftskontos der Klägerin eine auch in der Insolvenz gesicherte Rechtsstellung zu verschaffen, kann jedenfalls das Berufen der Klägerin auf ein möglicherweise vertrags- und treuwidriges Verhalten der Schuldnerin die fehlende, aber zwingend erforderliche dingliche Sicherung nicht ersetzen.

Fehlt es mithin an einer gesicherten Rechtsposition der Klägerin an dem Guthabenbetrag, kommt es nicht mehr darauf an, ob sie bereits vor Ablauf der Gewährleistungszeit ohne Stellung einer anderen Sicherheit Auszahlung verlangen oder der Beklagte trotz der auch von ihm angenommenen Nichterfüllungswahl dem Gewährleistungsansprüche entgegenhalten kann.

2. Im Hinblick auf den Antrag auf Herausgabe der zwischenzeitlich überreichten Bürgschaft ist die Berufung der Klägerin begründet. Der Beklagte ist zur Herausgabe der Bürgschaft verpflichtet. Er hat den Besitz an der Bürgschaft ohne rechtlichen Grund erlangt. Die Übergabe der Bürgschaft erfolgte aufgrund der Annahme der Klägerin, sie sei dazu verpflichtet, um damit den auf dem streitgegenständlichen Konto eingezahlten Gewährleistungseinbehalt ablösen zu können. An diesem Guthaben hat sie aber - wie aus den Gründen zu Ziff. 1 folgt - keinerlei Rechte erlangt.

3. Ebenso folgt aus den Gründen zu Ziff. 1, dass die Berufung des Beklagten im Hinblick auf den Antrag auf Klageabweisung Erfolg hat. Dagegen ist die Berufung des Beklagten unbegründet, soweit mit ihr widerklagend die Zustimmung zur Auszahlung des Kontoguthabens zur Masse begehrt wird. Einer Zustimmung der Klägerin zu einer Auszahlung an den Beklagten ist im Verhältnis zur ------------------------------bank AG nicht erforderlich. Die Schuldnerin war berechtigt, über das streitgegenständliche Konto allein zu verfügen. Eine nur zusammen mit der Klägerin gegebene Gesamtvertretung lag gerade nicht vor. Damit kann nunmehr der Beklagte die ------------bank unmittelbar in Anspruch nehmen, ohne das es insoweit einer Mitwirkung der Klägerin bedarf.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97, 92 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Im Hinblick auf § 26 Nr. 8 EGZPO war auszusprechen, dass die Parteien mit über 20.000,00 Euro beschwert sind.

RechtsgebieteBGB, VOB/B, InsOVorschriftenBGB § 233; VOB/B § 17 Nr. 6; InsO §§ 47, 84

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