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06.05.2005 · IWW-Abrufnummer 050969

Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 14.10.2004 – 1 K 640/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In der Rechtssache XXX

wegen: Einkommensteuer 2000

hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 1. Senat,

aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 14. Oktober 2004

unter Mitwirkung XXX

für Recht erkannt:

Abweichend von dem Einkommensteuerbescheid 2000 vom 13. Juli 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. September 2002 werden bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers weitere Werbungskosten in Höhe von 3.064,29 DM berücksichtigt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 100 v. H. abwenden, wenn nicht die Kläger Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als Rettungsassistent Verpflegungsmehraufwendungen nach den Grundsätzen der Einsatzwechseltätigkeit geltend machen kann.
Das Deutsche Rote Kreuz und der Kläger schlossen am 15. Juli 1974 einen Arbeitsvertrag wonach der Kläger als Krankentransporteur beschäftigt wurde. Durch den Arbeitsvertrag zwischen dem Deutschen Roten Kreuz, Kreisverband G. e. V. und dem Kläger vom 11. Juli 1991 wurde der Kläger mit Wirkung ab 01. Juli 1991 in die Vergütungsgruppe VII FG 15 eingruppiert. Gemäß º 2 des Arbeitsvertrages vom 01. Juli 1991 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach den DRK-Arbeitsbedingungen-Ost. Der Sitz des DRK Kreisverbandes G. e. V. ist in der ...straße 5 in G.

Der DRK Kreisverband G. e. V. betreibt im Auftrag des Landkreises G. zur Durchführung des Rettungsdienstes insgesamt 6 Rettungswachen und ist an der Absicherung der Luftrettungsstation "Christoph ..." beteiligt. Die Standorte der Rettungswachen sind B., G. Süd, G. West, T., Gn. und K.. Bei diesen Rettungswachen sind Rettungstransportwagen stationiert. Der Rettungstransporthubschrauber "Christoph ..." wird vom Bundesgrenzschutz gestellt. Darüber hinaus sind an den Krankenhäusern G., B. und T. Notarzteinsatzfahrzeuge stationiert, die vom Arbeitgeber des Klägers betrieben werden. Alle Einsatzorte sind autark und stellen keine Außenstellen eines anderen Standortes dar. Der Standort K. ist 20 Kilometer, der Standort B. 19 Kilometer, der Standort Gn. 48 Kilometer und der Standort T. 30 Kilometer von G. entfernt.

Der Kläger war im Streitjahr in den, an den Rettungswachen G. West, G. Süd und K. stationierten Rettungstransportwagen, auf dem Rettungstransporthubschrauber Christoph ... und auf dem am Krankenhaus G. stationierten Notarzteinsatzfahrzeug tätig. In dem Streitjahr hat der Kläger an 43 Tagen auf dem Rettungstransporthubschrauber Christoph ..., an 69 Tagen in der Rettungswache in der ...straße, an 28 Tagen in der Rettungswache Südstadt, an 17 Tagen in der Rettungswache K. und an 15 im Krankenhaus G. gearbeitet. Die Einsatzstellen des Klägers wurden mittels eines Dienstplanes geregelt, dessen Laufzeit 10 Wochen betrug. Der Wechsel zwischen den einzelnen Einsatzstellen war unregelmäßig, wiederholte sich jedoch im 5-Wochen-Rhythmus. Innerhalb des 5-Wochen-Rhythmus befand sich eine disponible Woche in der der jeweilige Rettungsassistent als sog. Springer eingesetzt wurde. Dem Kläger wurde von seinem Arbeitgeber ein Betrag von 419,71 DM für Verpflegungsmehraufwand steuerfrei ersetzt.

Mit der am 27. März 2001 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung 2000 machte der Kläger bei den Werbungskosten, bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit u. a. folgende Verpflegungsmehraufwendungen geltend:

94 Tage Abwesenheit mindestens 8 Stunden 94 Tage á 10,00 DM = 940,00 DM
25 Tage Abwesenheit mindestens 14 Stunden 25 Tage á 20,00 DM = 500,00 DM
50 Tage Abwesenheit mindestens 24 Stunden 50 Tage á 46,00 DM = 2.300,00 DM.

Die geltend gemachten Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen belaufen sich auf insgesamt 3.740,00 DM.

Durch Einkommensteuerbescheid vom 13. Juli 2001 versagte der Beklagte den Werbungskostenabzug für Verpflegungsmehraufwendungen und veranlagte die Kläger im Übrigen erklärungsgemäß. Mit Schreiben vom 22. Juli 2001 haben die Kläger Einspruch eingelegt. Zur Begründung trugen die Kläger vor, dass sich der Tätigkeitsmittelpunkt des Klägers in der ...straße 5 in G. befinde. Weiterhin sei der Kläger in den Rettungswachen K., im Kreiskrankenhaus, in der Südstadt und auf dem Rettungstransporthubschrauber tätig gewesen. Bei seinem Einsatz auf dem Rettungstransporthubschrauber sei er mehr als 8 Stunden vom Tätigkeitsmittelpunkt abwesend gewesen, in den übrigen Rettungsstationen 12 bzw. 24 Stunden. An den meisten Tätigkeitstagen werde der Tätigkeitsmittelpunkt nicht oder nur kurzfristig aufgesucht. Der Bereitschaftsdienst werde in der jeweiligen Rettungswache abgehalten, sei in der Gesamtarbeitszeit enthalten und lasse sich nicht von der Arbeitszeit abgrenzen.
Durch Einspruchsentscheidung vom 30. September 2002 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Unter Hinweis auf Abschnitt 37 Abs. 5 Lohnsteuerrichtlinien (LStR 2000) führte der Beklagte aus, dass vorliegend keine Einsatzwechseltätigkeit gegeben sei, da ein Rettungsassistent nicht an ständig wechselnden Arbeitsstätten eingesetzt werde. Im Rahmen seiner Tätigkeit wechselten nur die Einsatzorte bzw. -stellen, was aber für die Annahme einer Einsatzwechseltätigkeit nicht ausreiche, da der Rettungsassistent nach Beendigung des jeweiligen Einsatzes an seine Arbeitsstätte zurückkehre.
Auch seien keine Verpflegungsmehraufwendungen nach Dienstreisegrundsätzen (º 9 Abs. 5 i. V. m. º 4 Abs. 5 Nr. 5 Einkommensteuergesetz - EStG -) in Ansatz zubringen, da die jeweilige Rettungswache der Tätigkeitsmittelpunkt sei, wohin der Kläger nach jedem Einsatz zurückkehre. Der Kläger habe jedoch nicht belegt, dass er mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der regelmäßigen Arbeitsstätte abwesend gewesen sei. Die eingereichten Bescheinigungen seines Arbeitgebers belegten lediglich die Abwesenheit von der Wohnung nicht aber auch die Abwesenheit von seiner Arbeitsstätte.

Die Kläger haben am 30. Oktober 2002 Klage erhoben. Im Klageverfahren begehren die Kläger nur noch folgende Verpflegungsmehraufwendungen:

110 Tage Abwesenheit mindestens 8 Stunden 110 Tage á 10,00 DM = 1.100,00 DM
18 Tage Abwesenheit mindestens 14 Stunden 18 Tage á 20,00 DM = 360,00 DM
44 Tage Abwesenheit mindestens 24 Stunden 44 Tage á 46,00 DM = 2.024,00 DM.

Die geltend gemachten Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen belaufen sich auf insgesamt 3.484,00 DM, abzüglich der vom Arbeitgeber des Klägers erhaltenen steuerfreien Verpflegungspauschalen i. H. v. 419,71 DM.

Ergänzend zu ihrem Vorbringen im Einspruchsverfahren tragen die Kläger vor, dass der Arbeitgeber des Klägers zwar seinen Sitz in der ...straße in G. habe, jedoch handele es sich bei den einzelnen Rettungswachen des Arbeitgebers des Klägers im Landkreis G. nicht um Betriebsteile des Arbeitgebers, sie dienten lediglich als Aufenthaltsorte der Rettungswagenbesatzungen zwischen den einzelnen Einsätzen. Der konkrete Einsatzort wechsele im Rahmen des Direktionsrechtes des Arbeitgebers oftmals und unvorhersehbar zwischen den einzelnen Rettungswachen. Etwa 50 % der Dienstzeit werde im Einsatz auf einem Rettungsfahrzeug bzw. -hubschrauber abgeleistet, die übrige Zeit in der jeweiligen Rettungswache. Aufgrund des ständigen unvorhersehbaren Wechsels der Tätigkeitsstätten entspreche die Zuerkennung der Verpflegungspauschale der Intention des Gesetzgebers, da der Kläger aus beruflichen Gründen mehr Geld für seine Verpflegung ausgeben müsse, als bei einer üblichen ortsfesten Tätigkeit.

Die Kläger beantragen,

abweichend von dem Einkommensteuerbescheid 2000 vom
13. Juli 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. September 2002 weitere Werbungskosten des Klägers in Höhe von 3.064,29 DM bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend zu seiner Einspruchsentscheidung trägt der Beklagte vor, dass es sich bei den Rettungswachen in G. West, G. Süd, K., dem Notarzteinsatzfahrzeug G. und dem Rettungstransporthubschrauber um Zweigbetriebe des Arbeitgebers des Klägers handele. Der Kläger habe mehrere regelmäßige Arbeitsstätten, weil er sich zu den vorgenannten Rettungsstationen mit einer gewissen Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit begebe. Aufgrund seines Arbeitsvertrages sei er verpflichtet, diese Rettungsstationen mehr oder weniger regelmäßig aufzusuchen, um dort einen Teil seiner Arbeitsleistungen zu erbringen. Es komme nicht darauf an, wie lange er in der jeweiligen Rettungsstation tätig sei, denn die Qualifizierung einer Betriebsstätte als Arbeitsstätte hänge nicht davon ab, ob der Arbeitnehmer dort die gesamte tägliche Arbeitsleistung erbringe, denn Intensität und Dauer der täglichen Arbeitsleistung seien keine den Arbeitsstättenbegriff alleine bestimmenden Merkmale.

Die Rettungswachen, in denen der Kläger im Streitjahr tätig gewesen sei, lägen überwiegend in G., weswegen es dem Kläger möglich gewesen sei, einen Wohnsitz in der Nähe der meisten seiner regelmäßigen Arbeitsstätten zu nehmen. Der Beklagte bestreite zudem, dass dem Kläger Mehraufwand für Verpflegungskosten entstanden sei.
Darüber hinaus scheide auch der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen im Rahmen von Dienstreisen aus, da der Kläger nicht vorübergehend von seiner regelmäßigen Arbeitsstätte entfernt tätig werde, denn die Rettungswachen seien gleichermaßen seine regelmäßigen Arbeitsstätten.

Dem Gericht lag ein Band Einkommensteuerakten des Beklagten vor.

Entscheidungsgründe

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (º 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Der Kläger hatte im Veranlagungszeitraum 2000 eine Einsatzwechseltätigkeit ausgeübt und ihm standen die geltend gemachten Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten zu (º 9 Abs. 5 i. V. m. º 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 3 i. V. m. S. 2 EStG).

Werbungskosten sind nach º 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Unterhaltung der Einnahmen. Hingegen sind Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen betreffen, nicht im Rahmen einer Einkunftsart abzuziehen (º 12 Nr. 1 EStG). Ausgaben für die Verpflegung gehören grundsätzlich zu den nichtabziehbaren Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung. Verpflegungsmehraufwendungen sind aber insoweit als Werbungskosten anzuerkennen, als sie ganz überwiegend ausschließlich beruflich veranlasst sind. Bei Steuerpflichtigen, die bei ihrer individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Einsatzstellen tätig sind, werden Mehraufwendungen für Verpflegung bei einer Abwesenheit von mindestens 24 Stunden mit einem Pauschbetrag von 46,00 DM, bei einer Abwesenheit von mindestens 14 Stunden mit einem Pauschbetrag von 20,00 DM und bei einer Abwesenheit von mehr als 8 Stunden mit einem Pauschbetrag von 10,00 DM berücksichtigt (º 9 Abs. 5 i. V. m. º 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 3 i. V. m. S. 2 EStG).

Gemäß º 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 3 EStG liegt eine Einsatzwechseltätigkeit bei Arbeitnehmern vor, die bei ihrer individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten eingesetzt werden. Kennzeichnend für Arbeitnehmer mit ständig wechselnden Tätigkeitsstätten ist, dass sie einen Beruf ausüben, bei dem ein solcher Wechsel typisch ist (BFH-Urteil vom 11. Juli 1980 VI R 198/77, BFHE 131, 64, BStBl II 1980, 654). Es wird aber nicht auf abstrakte Merkmale eines Berufsbildes abgestellt. Entscheidend ist vielmehr, ob der Arbeitnehmer aufgrund des konkret zu beurteilenden Dienstverhältnisses, also aufgrund seiner individuellen Berufssituation, sich auf Fahrten zu immer wieder neuen Arbeitsstätten einzustellen hat, die er nicht durch eine entsprechende Wohnsitznahme vermeiden kann (BFH-Urteil vom 20. November 1987 VI R 6/86, BFHE 152, 232, BStBl II 1988, 443) bzw. ob der Arbeitnehmer nach dem konkret zu beurteilenden Dienstverhältnis nach dem Direktionsrecht seines Arbeitgebers aller Voraussicht nach damit rechnen muss, dass er seine Arbeitsleistung immer wieder an anderen Arbeitsstellen zu erbringen hat (BFH-Urteil vom 04. Mai 1990 VI R 144/85, BFHE 160, 352, BStBl II 1990, 856). Dabei ist jeder Arbeitnehmer in Bezug auf sein jeweiliges Dienstverhältnis und ggf. für jedes Kalenderjahr eigenständig zu beurteilen.

Mit dem Tatbestandsmerkmal "typischerweise nur" stellt das Gesetz auf die gesamten Betätigungsumstände des Arbeitnehmers ab und nicht - wie das bei einer Dienstreise geschieht - auf die einzelne vorübergehende Auswärtstätigkeit. Für Verpflegungspauschalen bei Einsatzwechseltätigkeit genügt somit nicht, dass überhaupt auswärtige Einsätze erfolgen, sondern das Berufsbild muss vielmehr dadurch geprägt sein, dass die Arbeit auf wechselnden Einsatzstellen erbracht wird. Demgegenüber ist die fehlende Vorhersehbarkeit des jeweiligen auswärtigen Tätigkeitsortes bei keiner der Pauschalen maßgebendes Kriterium (vgl. BFH-Urteil vom 07. Juli 2004 VI R 11/04).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung ist der erkennende Senat zu der Auffassung gelangt, dass die Fahrten des Klägers zu den Rettungsstationen in G., K. und dem Rettungstransporthubschrauber solche zu ständig wechselnden Einsatzstellen waren und der Kläger im Streitjahr die tatbestandlichen Voraussetzungen des º 9 Abs. 5 i. V. m. º 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 3 EStG erfüllt hat. Der Kläger konnte sich aufgrund seiner Tätigkeit als Rettungsassistent und der weiten Fassung seiner dienstlichen Pflichten in seinem Arbeitsvertrag vom 15. Juli 1974 dem ständigen Wechsel seines Einsatzortes nicht entziehen. Für den Beruf eines Rettungsassistenten, der nicht bei dem Betreiber lediglich eines Rettungsfahrzeuges, sondern - wie hier - bei einem Verein arbeitet, der die Durchführung eines Rettungsdienstes in einer großen Gebietskörperschaft garantiert und daher eine Vielzahl von Rettungswachen betreiben muss, um die gesetzlich vorgeschriebene Höchstfahrzeit von 10 Minuten (vgl. º 7 Abs. 2 Nr. 1 Rettungsdienstgesetz GVOBl. M-V 1993, S. 623) zum Einsatzort garantieren zu können, ist ein Wechsel der Rettungsstation schon vom Tätigkeitsbild her typisch.

Da der Kläger aufgrund seines Arbeitsvertrages und der Eigenheiten seiner Tätigkeit mit einem Wechsel seiner Tätigkeit derart rechnen musste, dass er jederzeit an einer anderen Rettungsstation seines Arbeitgebers eingesetzt werden konnte, spielt die Einsatzdauer grundsätzlich keine Rolle (vgl. Hartz/ Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer "Einsatzwechseltätigkeit" Rdnr. 14). Aus der vom Kläger eingereichten Aufstellung über die von ihm geleisteten Dienste im Streitjahr ergibt sich, dass er zum Teil täglich zwischen den einzelnen Rettungsstationen wechseln musste. Insofern spielt die Wiederholung des Dienstplanes im 5-Wochen-Rhythmus keine Rolle, zumal in diesen 5 Wochen stets eine Woche berücksichtigt war, in der der Kläger als Springer tätig war.

Der Einwand des Beklagten, der Kläger habe sicherlich von vornherein gewusst, in welchen Rettungsstationen er zum Einsatz komme, ist nicht geeignet, die Annahme wechselnder Einsatzstellen in Frage zu stellen. Denn die besondere Behandlung von Arbeitnehmern mit ständig wechselnden Einsatzstellen beruht nicht auf der Unvorhersehbarkeit des Wechsels des Einsatzortes, sondern darauf, dass sich der Arbeitnehmer dem ständigen Wechsel nicht entziehen kann.

Der Werbungskostenabzug war dem Kläger auch nicht deswegen zu versagen, weil sich seine Einsatzstellen im Streitjahr in unregelmäßigen Abständen wiederholten und er sich auf die jeweilige Verpflegungssituation hätte einstellen können. Zwar hat der BFH in seinem Urteil vom 18. Februar 1994 VI R 65/92 (BFHE 174, 69, BStBl II 1994, 532)entschieden, dass unabhängig davon, ob sich ein Arbeitnehmer auf einer eintägigen Dienstreise oder einer Einsatzwechseltätigkeit befindet, ein Verpflegungsmehraufwand nicht zum Werbungskostenabzug anzuerkennen ist, wenn der Einsatzort für die übrigen dort tätigen Arbeitnehmer deren regelmäßige und dauerhafte Arbeitsstätte ist und wenn der Arbeitnehmer dort den gleichen Verpflegungsbedingungen unterworfen ist. Diese Voraussetzungen liegen jedoch im Streitfall nicht vor, da es an den jeweiligen Einsatzstellen keine regelmäßig dort tätigen Arbeitnehmer gab. Vielmehr wechselten sich die jeweiligen Rettungswagenbesatzungen ab.

Aber auch die weitere Einschränkung, dass Fahrten zu wechselnden Einsatzstellen dann nicht vorliegen, wenn die Einsatzstellen innerhalb eines in sich geschlossenen, nicht weit auseinander gezogenen Gebietes liegen, trifft im Falle des Klägers nicht zu. Denn die möglichen Einsatzstellen für den Kläger liegen nicht nur in der Stadt G., sondern auch in den Orten K., T., Gn. und B., die zwischen 19 und 48 Kilometer vom Wohnort des Klägers entfernt liegen. Unerheblich ist, dass der Kläger nicht in allen Rettungsstationen eingesetzt war, denn aus seinem Arbeitsvertrag ergab sich keine Möglichkeit für den Kläger, seine Einsatzorte zu beschränken. Da sein Arbeitgeber aufgrund des Vertrages mit dem Landkreis G. den Rettungsdienst im Landkreis organisierte, musste der Kläger damit rechnen, an allen Rettungsstationen im Landkreis G. eingesetzt zu werden.

Soweit der BFH in seinem Urteil vom 27. Juli 2004 (VI R 43/03) entschieden hat, dass die Dreimonatsfrist des º 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG auch bei einer Einsatzwechseltätigkeit Anwendung findet, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Kläger ist an keiner Rettungsstation länger als 3 Monate ohne Unterbrechung tätig gewesen.

Erfüllte der Kläger demnach die Voraussetzungen einer Einsatzwechseltätigkeit, so stand ihm der vom Gesetzgeber in º 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 EStG geregelte Pauschbetrag zu.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob dies im Einzelfall zu einer unzutreffenden Besteuerung führt (vgl. v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, EStG, º 9 Rdnr. G 158), weil - wie der Beklagte ohne konkrete Ermittlung meint - keine erhöhten Verpflegungsmehraufwendungen angefallen seien. Ebenso wie der Einzelnachweis von Verpflegungsmehraufwendungen durch die Neuregelung in º 4 Abs. 5 Nr. 5 S. 1 EStG ab 1996 entfallen ist, ist die Gewährung der Pauschalen bei Vorliegen der im Gesetz aufgeführten Betätigungsformen nur noch von den Abwesenheitszeiten abhängig. Die gesetzliche Regelung ist nicht unter dem generellen Vorbehalt erfolgt, dass die abziehbaren Pauschbeträge nicht zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen dürfen (vgl. BFH-Urteil vom 10. April 2002 VI R 154/00, BFHE 198, 559, BStBl II 2002, 779).

Die Kostenentscheidung beruht auf º 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf den ºº 151, 155 FGO i. V. m. der entsprechenden Anwendung von º 708 Nr. 10 und º 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Der erkennende Senat hat die Revision gemäß º 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.

Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten und seine Aufhebung beantragt wird.
Sie muss ferner die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich eine Rechtsverletzung durch das Urteil ergibt; soweit Verfahrensmängel gerügt werden, muss sie auch die Tatsachen angeben, aus denen sich der Mangel ergibt.

Bei der Einlegung und Begründung der Revision sowie in dem weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Straße 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/92 31-201.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG

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