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11.11.2014 · IWW-Abrufnummer 172760

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Beschluss vom 12.01.2012 – 3 TaBV 7/11

  1. Die Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen enthält keine Regelung, die es zulässt, dass Wahlbewerber, die ihre Zustimmung zur Kandidatur zurückziehen vom Wahlvorstand unter Beibehaltung des Wahlvorschlages im Übrigen gestrichen werden können.

  2. Die Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen sieht die Befugnis des Wahlvorstandes, einen Bewerber von Wahlvorschlägen zu streichen und den Bewerber damit unberücksichtigt zu lassen, nur in dem in § 6 Abs. 3 Satz 3 SchwbVWO geregelten Ausnahmefall vor.

  3. Im Übrigen räumt die Wahlordnung dem Wahlvorstand, wie sich aus den Bestimmungen der §§ 7 , 8 SchwbVWO ergibt, nur die Befugnis ein, nach entsprechender Prüfung die Gültigkeit eines Wahlvorschlages insgesamt festzustellen und die Bewerber und Bewerberinnen aus diesen gültigen Wahlvorschlägen bekannt zu machen oder aber einen Wahlvorschlag, wenn dieser ungültig ist, insgesamt, d. h. hinsichtlich aller Bewerber unberücksichtigt zu lassen.

  4. Eine analoge Anwendung der Bestimmungen des § 6 Abs. 2 und 3 SchwbVWO im Fall eines (unterstellt) wirksamen Widerrufs der Zustimmung zur Kandidatur kommt nicht in Betracht.


Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten
1.
- Antragsteller -
Verf.-Bev.:
2.
- Antragsteller -
Verf.-Bev.:
3.
- Antragsteller -
Verf.-Bev.:
4.
- Beschwerdeführerin/Beteiligte -
Verf.-Bev.:
5.
- Beschwerdeführerin -
Verf.-Bev.:
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch die Richterin am Arbeitsgericht Weber, den ehrenamtlichen Richter Bröck und den ehrenamtlichen Richter Maier auf die Anhörung der Beteiligten am 12.01.2012
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Beschwerden der Bet. zu 4 und der Bet. zu 5 gegen den Beschluss des ArbG Stuttgart vom 11.05.2011 - 22 BV 411/10 - werden zurückgewiesen. Zur Klarstellung wird im Hinblick auf die teilweise Antragsrücknahme der Beschluss des ArbG Stuttgart vom 11.05.2011 - 22 BV 411/10 - wie folgt insgesamt neu gefasst:

    Die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung bei der Bet. zu 5, Zentrale S., vom 22.11.2010 wird für unwirksam erklärt.

  2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.



Gründe



A.



Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Wirksamkeit der Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Bet. zu 5 (i. F. Schwerbehindertenvertretung) bei der Bet. zu 4 (i. F. Arbeitgeberin), einem Unternehmen der Automobilindustrie, in deren Zentrale in S..



Die Antragsteller (i. F. Bet. zu 1 - 3) sind in der Zentrale S. beschäftigte, als schwerbehinderte Menschen anerkannte Arbeitnehmer der Arbeitgeberin. Der Bet. zu 3 befindet sich seit 01.10.2011 aufgrund einer mit der Arbeitgeberin getroffenen Altersteilzeitvereinbarung in der Freistellungsphase.



Am 11.10.2010 hat der durch die damalige Vertrauensperson für Schwerbehinderte bestellte Wahlvorstand ein Wahlausschreiben für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung und der stellvertretenden Mitglieder am 22.11.2010 erlassen und bekanntgemacht, in dem es u. a. heißt:



Der Bet. zu 3 reichte am 13.10.2010 beim Wahlvorstand einen Wahlvorschlag für die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung ein, in dem neben ihm selbst die Arbeitnehmer J. und K. zur Wahl vorgeschlagen wurden. Dem von mehr als 17 wahlberechtigten Arbeitnehmern unterzeichneten Wahlvorschlag war u. a. eine schriftliche Zustimmungserklärung des Arbeitnehmers K., der zugleich Mitglied des Betriebsrats, Mitglied des Betriebs- und Personalausschusses und Vorsitzender des Arbeitszeitausschusses war, beigefügt. Herr K. hatte seine Zustimmung zur Kandidatur bereits vor Einreichung des Wahlvorschlages gegenüber dem Wahlvorstand am 12.10.2010 per E-Mail zurückgezogen (vgl. Bl. 103 Akte ArbG). Eine Kopie dieser E-Mail hatte Herr K. an den Bet. zu 3 versandt. Mit Schreiben vom 02.11.2010 teilte der Wahlvorstand dem Bet. zu 3 mit, dass er den Rücktritt von Herrn K. akzeptiere; dessen Kandidatur werde nicht bekannt gemacht und erscheine auf den Stimmzetteln nicht. Auf die Kandidatur des Arbeitnehmers J. und des Bet. zu 3 habe dies keine Auswirkungen; diese bleibe bestehen und gültig (vgl. Anlage AS 12, Bl. 30 Akte ArbG).



Am 25.10.2010 um 16:25 Uhr wurde beim Wahlvorstand ein weiterer, mit 14 Stützunterschriften versehener Wahlvorschlag eingereicht, in dem neben den Bet. zu 1 und zu 2 der Arbeitnehmer Z. zur Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung vorgeschlagen wurden. Gleichzeitig wurde ein Wahlvorschlag mit 5 Stützunterschriften eingereicht, mit dem der Bet. zu 2 zur Wahl der stellvertretenden Mitglieder vorgeschlagen wurde. Der Wahlvorstand teilte dem Arbeitnehmer Z., der die Wahlvorschläge eingereicht hatte, am 25.10.2011 um 17:50 Uhr mit, dass die Wahlvorschläge ungültig seien, da es bei beiden an der erforderlichen Anzahl von Stützunterschriften fehle (vgl. Anlage AS 6, Bl. 22 Akte ArbG).



Am 25.10.2010 ging beim Wahlvorstand um 18:28 Uhr ein weiterer, aus zwei Blättern bestehender Wahlvorschlag für die Wahl der Stellvertreter der Vertrauensperson ein, mit dem die Bet. zu 1 und zu 2 und der Arbeitnehmer Z. vorgeschlagen wurden. Bei dem zweiten Blatt des Wahlvorschlages handelte es sich um eine Kopie. Der Wahlvorschlag wurde vom Wahlvorstand am 02.11.2010 mit der Begründung, dass die erforderliche Anzahl gültiger Stützunterschriften nicht erreicht sei, für ungültig erklärt (vgl. Anlage AS 7, Bl. 23 Akte ArbG).



Am 20.10.2010 und 21.10.2010 sah der Bet. zu 2 die Wählerlisten ein und notierte sich hierbei 17 Namen von darin aufgeführten Arbeitnehmern. Mit einer an die Vorsitzenden des Wahlvorstandes gerichteten E-Mail vom 02.11.2010 (vgl. Anlage AS 17, Bl. 112 Akte ArbG) verlangte der Bet. zu 2 vom Wahlvorstand die Wählerliste erneut einsehen zu können, um hierbei die Namen der darin aufgeführten ca. 330 Arbeitnehmer abschreiben zu können. Zur Begründung führte der Bet. zu 2 u. a. aus, "damit ich/wir in vier Jahren bei der nächsten Wahl einen professionelleren Wahlkampf führen kann/können, muß/müssen ich/wir wissen, wer mich/uns potentiell wählen könnte ... Deshalb und nur deshalb will ich mir/wollen wir uns jetzt die Mühe machen und die 330 Namen abschreiben; dann muß ich/müssen wir 2014 nur noch Korrekturen/Ergänzungen durchführen ..." (vgl. Bl. 112 Akte ArbG). Mit E-Mail vom 03.11.2010 teilte die Vorsitzende des Wahlvorstandes dem Bet. zu 2 mit, dass er zwar die Wählerliste erneut einsehen könne, der Wahlvorstand könne ihm jedoch nicht das Recht einräumen, eine Abschrift oder Teilabschrift der Wählerliste anzufertigen, da die persönlichen Daten der darin genannten schwerbehinderten Arbeitnehmer zu schützen seien (vgl. Anlage AS 8, Bl. 24, 25 Akte ArbG). Der Bet. zu 2 trat dem mit E-Mail vom 04.11.2010 (vgl. Anlage AS 9, Bl. 26, 27 Akte ArbG) entgegen.



Am 05.11.2010 machte der Wahlvorstand bekannt, dass aufgrund gültiger Wahlvorschläge als Vertrauensperson Frau K. und der Bet. zu 3 und als Stellvertreter der Vertrauensperson Frau B., Herr J., Frau L. und der Bet. zu 3 zur Wahl vorgeschlagen seien (vgl. Anlage AS 2, Bl. 14 Akte ArbG).



Am 11.11.2010 verlangte der Bet. zu 2 erneut im Sekretariat des Betriebsrats in die Wählerliste Einsicht nehmen zu können. Das Betriebsratsmitglied Frau M. wies den Bet. zu 2 darauf hin, dass er entsprechend einer ihr von der vorübergehend abwesenden Frau K. mitgeteilten Vorgabe des Wahlvorstandes die Wählerliste in einem Nebenraum einsehen könne, er jedoch diese nicht abschreiben, fotografieren oder fotokopieren dürfe. Der Bet. zu 2 verließ nach einer längeren Auseinandersetzung, über deren Einzelheiten zwischen den Bet. Streit besteht, die Räumlichkeiten.



Die Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und die Wahl der Stellvertreter fand am 22.11.2010 statt. Der Wahlvorstand hat am 30.11.2010 das Wahlergebnis bekanntgemacht. Ausweislich der Bekanntmachung entfielen bei der Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen



und bei der Wahl der stellvertretenden Vertrauenspersonen



Der Wahlvorstand stellte fest, dass Frau K. als Vertrauensperson, Frau B. als 1. Stellvertreterin, Frau L. als 2. Stellvertreterin und der Bet. zu 3 als 3. Stellvertreter der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen gewählt worden seien (vgl. Anlage AS 3, Bl. 15 Akte ArbG). Mit einem am 13.12.2010 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingegangenem Schriftsatz haben die Bet. zu 1 bis 3 die Wahl der Schwerbehindertenvertretung angefochten.



Die Bet. zu 1 bis 3 haben vorgetragen,



die Wahl sei unwirksam, da der Wahlvorstand gegen wesentliche Wahlschriften vorstoßen habe, indem der Zugang zu den in den Räumlichkeiten des Wahlvorstandes ausliegenden Wählerlisten nicht behindertengerecht ausgebaut gewesen sei und indem der Wahlvorstand das Recht der Bet. zu 1 und zu 2, in die Wählerlisten Einsicht zu nehmen, zu Unrecht beschnitten habe, indem er dem Bet. zu 2 das Anfertigen von Notizen, Abschriften oder Kopien untersagt habe. Den Bet. zu 1 und zu 2 sei es deshalb nicht möglich gewesen, zu recherchieren, wer wahlberechtigt sei. Diese hätten in Folge dessen unter den Wahlberechtigten nicht um Stützunterschriften werben können.



Der Wahlvorstand habe darüber hinaus gegen § 6 Abs. 3 SchwbVWO verstoßen, indem er nicht mitgeteilt habe, welche der Stützunterschriften auf dem Wahlvorschlag der Bet. zu 1 und zu 2 ungültig seien. Dies habe zur Nichtberücksichtigung des Wahlvorschlages geführt und das Wahlergebnis beeinflusst, weil die Bet. zu 1 und zu 2 nicht zur Wahl gestanden hätten.



Ein weiterer Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften liege in der Streichung des Kandidaten K. vom Wahlvorschlag der Arbeitnehmer J., K. und des Bet. zu 3. Da Herr K. seine Zustimmung zur Kandidatur wirksam erteilt habe und der Wahlvorschlag mit der erforderlichen Anzahl von Stützunterschriften eingereicht worden sei, habe er vom Wahlvorstand auf die Liste der Wahlvorschläge gesetzt werden müssen. Ein Rücktritt von der Kandidatur sei nach erteilter Zustimmung rechtlich nicht möglich. Das Wahlergebnis sei durch die Nichtberücksichtigung von Herrn K. maßgeblich beeinflusst worden. Unterstelle man einen wirksamen Rücktritt, sei die Vorschlagsliste, wie sich aus § 8 Abs. 2 Nr. 2 WO BetrVG ergebe, hierdurch insgesamt ungültig geworden. Die Nichtberücksichtigung von Herrn K. habe den Wahlvorschlag verändert. Diese Veränderung sei nicht durch die Unterstützer des Wahlvorschlages, die ihre Unterschrift (was unstreitig ist) vor Rücknahme der Kandidatur durch Herrn K. geleistet hätten, getragen. Der Wahlvorstand habe deshalb bei Annahme eines wirksamen Rücktritts den Wahlvorschlag insgesamt zurückweisen müssen. Zudem habe der Wahlvorstand den Bet. zu 3 und Herrn J. nicht rechtzeitig über die Rücknahme der Kandidatur durch Herrn K. unterrichtet. Bei rechtzeitiger Unterrichtung hätten der Bet. zu 3 und Herr J. die Möglichkeit gehabt, den Wahlvorschlag zu überarbeiten und eine gültige Vorschlagsliste einzureichen.



Die Bet. zu 1 bis 3 haben beantragt:



Die Bet. zu 4 und 5 haben beantragt,



Die Bet. zu 4 und 5 haben vorgetragen,



das Büro des Wahlvorstandes sei während des Zeitraums, in dem die Wählerliste ausgelegen hätte, barrierefrei zugänglich gewesen, da die Treppen zum Fahrstuhleingang mit Schienen für Rollstuhlfahrer ausgestattet gewesen seien. Weil § 3 Abs. 2 SchwbVWO lediglich ein Recht vorsehe, die Wählerliste einzusehen, sei dem Verlangen des Bet. zu 2, die Wählerliste abschreiben zu dürfen, nicht entsprochen worden. Das Wahlergebnis könne durch die Ablehnung nicht beeinflusst worden sein, da der Bet. zu 2 diesen Wunsch erst nach Ablauf der Frist zum Einreichen von Wahlvorschlägen am 25.10.2010 geäußert habe. Die vom Bet. zu 1 und 2 eingereichten Wahlvorschläge seien zu Recht als ungültig zurückgewiesen worden, weil im ersten Wahlvorschlag die erforderliche Zahl von Stützunterschriften nicht beigefügt gewesen sei und dem später eingereichten Wahlvorschlag die Stützunterschriften auf Blatt 2 nicht im Original beigefügt gewesen seien. Herr K. sei nicht in die Liste der Wahlvorschläge aufzunehmen gewesen, da dieser seine Kandidatur bereits zurückgezogen habe, bevor der Wahlvorschlag beim Wahlvorstand eingereicht worden sei. Eine Verpflichtung des Wahlvorstandes, den Bet. zu 3 und Herrn J. hierüber vor dem 02.11.2010 zu benachrichtigen habe nicht bestanden, zumal diesen der Rückzug von Herrn K. bereits bekannt gewesen sei.



Mit Beschluss vom 11.05.2011 hat das Arbeitsgericht dem Antrag der Bet. zu 1 bis 3 stattgegeben. Zur Begründung führte das Arbeitsgericht im Wesentlichen aus, die Wahl sei unwirksam, da der Wahlvorstand den Wahlvorschlag der Arbeitnehmer J., K. und des Bet. zu 3 nicht zur Wahl habe zulassen dürfen und sich dieser Mangel auf das Wahlergebnis ausgewirkt habe. Der Widerruf der Zustimmungserklärung sei vor Einreichung des Wahlvorschlages zulässig. Der Wahlvorstand habe den Wahlvorschlag deshalb insgesamt zurückweisen müssen. Die Streichung des Arbeitnehmers K. habe zu einer Änderung des Wahlvorschlages geführt, die durch die Stützunterschriften nicht gedeckt sei. Diese hätten sich auf die Wahlbewerber in ihrer konkreten Zusammensetzung bezogen und nicht auf jeden Wahlbewerber einzeln. Die weiteren von den Bet. zu 1 bis 3 vorgetragenen Gründe hätten nicht zur Unwirksamkeit der Wahl geführt, weil die Wahlvorschläge der Bet. zu 1 und 2 und des Arbeitnehmers Z. vom Wahlvorstand mit zutreffender Begründung zu Recht zurückgewiesen worden seien und weil das Recht der Bet. zu 1 und 2, die Wählerliste einzusehen, nicht verletzt worden sei. Dieses Recht beinhalte nicht die Befugnis Kopien der Wählerliste anzufertigen.



Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde der Bet. zu 4 am 25.05.2011 und der Bet. zu 5 am 26.05.2011 zugestellt. Die Bet. zu 5 hat gegen den Beschluss am 03.06.2011 Beschwerde eingelegt und die Beschwerde mit einem am 26.07.2011 beim Beschwerdegericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Bet. zu 4 hat gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts am 15.06.2011 Beschwerde eingelegt und diese mit einem am 25.07.2011 eingegangenen Schriftsatz begründet.



Die Bet. zu 4 und 5 tragen vor,



das Arbeitsgericht sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Rücknahme der Zustimmung zur Kandidatur durch Herrn K. wirksam gewesen sei, das Arbeitsgericht habe jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, der Wahlvorstand sei nicht berechtigt gewesen, Herrn K. vom Wahlvorschlag zu streichen. Da es sich bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung und deren Stellvertreter, anders als bei der Betriebsratswahl, zwingend um eine Mehrheitswahl und keine Listenwahl handele, werde mit einer Stützunterschrift jeweils der einzelne Kandidat unterstützt, nicht aber eine bestimmte, auf den Wahlvorschlag angegebene Aufstellung bzw. Liste. Die Streichung des Kandidaten K. habe deshalb nicht zu einer Verfälschung des Willens der Unterstützer führen können, da als Minus zum ursprünglichen Wahlvorschlag die Unterstützer jeweils die verbleibenden Kandidaten mit ihrer Unterschrift hätten unterstützen wollen. Das Arbeitsgericht habe zudem nicht beachtet, dass die Wahl der Vertrauensperson und die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung in getrennten Wahlgängen erfolgt sei und rechtsfehlerhaft beide Wahlen für unwirksam erklärt. Die Streichung des Bewerbers K. habe sich, selbst wenn man davon ausgehe, diese sei nicht zulässig gewesen, auf die Wahl der Vertrauensperson nicht auswirken können, da sich der Wahlvorschlag nur auf die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung bezogen habe.



Die Bet. zu 4 hat ergänzend die Ansicht vertreten, dass der Antrag keinen Erfolg haben könne, weil der Bet. zu 3 mit dem Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit seine Wahlberechtigung verloren habe und das Anfechtungsverfahren deshalb nicht mehr von der erforderlichen Zahl von 3 Wahlberechtigten getragen werde.



Die Bet. zu 4 und 5 haben beantragt:



Die Bet. zu 1 bis 3 haben beantragt:



Die Bet. zu 1 bis 3 wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigen den erstinstanzlichen Beschluss.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Bet. gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der Anhörungstermine verwiesen.



Die Bet. zu 1 bis 3 haben den Antrag, soweit sich dieser auf die Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten bezogen hat, im Anhörungstermin am 12.01.2012 zurückgenommen. Das Verfahren wurde insoweit mit Beschluss vom 12.01.2012 (vgl. Bl. 59 der Akte) eingestellt.



B.



I.



Die Beschwerden der Schwerbehindertenvertretung und der Arbeitgeberin sind gem. § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Diese sind gem. § 87 Abs. 2 ArbGG i. V. m. §§ 66 Abs. 1, 89 Abs. 2 ArbGG in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden.



II.



Die Beschwerden sind unbegründet. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die Wirksamkeit der Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung, nachdem die Bet. zu 1 bis 3 den Antrag, soweit sich dieser auf die Wirksamkeit der Wahl der Schwerbehindertenvertretung bezogen hat, gem. § 87 Abs. 2 Satz 3 ArbGG wirksam mit Zustimmung der Bet. zu 4 und zu 5 zurückgenommen haben. Das Arbeitsgericht hat diese Wahl zutreffend für unwirksam erklärt.



1. Die formalen Voraussetzungen der Wahlanfechtung sind erfüllt.



Gem. § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX sind für die Wahl der Vertrauensperson und der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung die Vorschriften über die Wahlanfechtung bei der Wahl des Betriebsrats sinngemäß anzuwenden. Vorliegend wurde die Wahl entsprechend § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG von 3 wahlberechtigten Arbeitnehmern angefochten. Bei den Antragstellern handelt es sich um schwerbehinderte Menschen, die zum Zeitpunkt der Wahl und zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigt waren. Die Wahl wurde rechtzeitig innerhalb der gem. § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG einzuhaltenden Anfechtungsfrist angefochten. Das Wahlergebnis wurde am 30.11.2010 bekanntgemacht. Die Antragsschrift zur Einreichung des vorliegenden Beschlussverfahrens ist am 13.12.2010 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingegangen.



a) Der während des Wahlanfechtungsverfahrens eingetretene Verlust der Wahlberechtigung des Bet. zu 3 führt nicht zur Unzulässigkeit des Anfechtungsantrages. Die Wahlberechtigung des Bet. zu 3 ist zwar mit dessen Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit mit Wirkung ab 01.10.2011 entfallen, weil der Bet. zu 3 mit dem Ende seiner aktiven Tätigkeit endgültig aus dem Betrieb der Arbeitgeberin ausgeschieden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich das erkennende Gericht anschließt, muss die Wahlberechtigung des anfechtenden Arbeitnehmers nur zum Zeitpunkt der Wahl gegeben sein. Ein späterer Wegfall der Wahlberechtigung durch Ausscheiden aus dem Betrieb nimmt dem Arbeitnehmer die Anfechtungsbefugnis nicht. Auch das für die Fortsetzung des Wahlanfechtungsverfahrens erforderliche Rechtsschutzbedürfnis entfällt nur dann ausnahmsweise, wenn sämtliche, die Wahl anfechtende Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausgeschieden sind (BAG 16. November 2005 - 7 ABR 9/05 - = NZA 2006, 340 zu B I. 3. b) der Gründe). Hiervon ausgehend ist die Anfechtungsbefugnis des Bet. zu 3 gegeben, da dieser bei Einreichung des Antrags wahlberechtigt war. Das für die Fortsetzung des Verfahrens erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist nicht entfallen, da die Bet. zu 1 und 2 dem Betrieb der Arbeitgeberin weiterhin angehören und wahlberechtigt sind.



b) Der auf die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung beschränkte Wahlanfechtungsantrag der Bet. zu 1 bis 3 ist zulässig. Zur Anfechtung der Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung bedarf es nicht zugleich der Anfechtung der Wahl der Vertrauensperson. Es handelt sich nicht um eine unzulässige Teilanfechtung einer einheitlichen Wahl.



aa) Die für die Anfechtung der Betriebsratswahl geltenden Vorschriften sind für die Anfechtung der Wahl der Schwerbehindertenvertretung gem. § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX sinngemäß anzuwenden, d. h. die für die Anfechtung der Betriebsratswahl geltenden Vorschriften sind für die Anfechtung der Wahl der Schwerbehindertenvertretung in der Weise anzuwenden, dass den bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung bestehenden Besonderheiten gegenüber der Betriebsratswahl Rechnung getragen wird (BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 = NZA-RR 2010, 76 Rn. 16).



bb) Hiervon ausgehend war eine Teilanfechtung der Wahl möglich. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der abzuweichen kein Anlass besteht, handelt es sich bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung und der Wahl der Stellvertreter um zwei getrennt durchgeführte Wahlen, weil die Schwerbehindertenvertretung anders als der Betriebsrat kein Kollegialorgan ist, sondern aus einer Person besteht (vgl. BAG 07. April 2004 - 7 ABR 35/03 = NZA 2004, 1103 zu II. 1. a) der Gründe). Das SGB IX und die zu seiner Durchführung ergangene Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen vom 19.06.2001 (SchwbVWO) bezeichnen die stellvertretenden Mitglieder ausdrücklich als "gewählt". Dies ergibt sich z. B. aus den §§ 95 Abs. 1 Satz 4, 96 Abs. 4 Satz 4, Abs. 8 Satz 2 SGB IX und den §§ 2 Abs. 4, 5 Abs. 1 Nr. 6, 13 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3, 14 Abs. 1 und Abs. 2, 15, 17 SchwbVWO. Das Wahlrecht wird getrennt für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung und der stellvertretenden Mitglieder ausgeübt; diese werden in getrennten Wahlgängen gewählt. Die gleichzeitige Stimmabgabe der Wahlberechtigten für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung und der stellvertretenden Mitglieder steht der Annahme einer getrennten Wahl nicht entgegen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Stimmabgabe für beide Wahlgänge zur Reduzierung des mit dem Wahlverfahren verbundenen Aufwands zusammengefasst hat (vgl. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - a.a.O. Rn. 20). Hiervon ausgehend ist eine auf die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung beschränkte Anfechtung zulässig.



2. Der Antrag ist begründet. Das Arbeitsgericht hat die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung zu Recht für unwirksam erklärt, auch wenn es nicht zwischen dieser und der Wahl der Schwerbehindertenvertretung differenziert hat. Die Wahl ist anfechtbar, weil gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen wurde und nicht auszuschließen ist, dass das Wahlergebnis bei einer ordnungsgemäßen Wahl anders ausgefallen wäre, §§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX, 19 Abs. 1 BetrVG. Die Zulassung des Wahlvorschlages der Arbeitnehmer J., K. und des Bet. zu 3 unter Nichtberücksichtigung des Arbeitnehmers K. stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Es ist nicht auszuschließen, dass das Wahlergebnis anders ausgefallen wäre, wenn der Wahlvorschlag nicht in dieser Form zur Wahl zugelassen worden wäre. Ob weitere Anfechtungsgründe gegeben sind, kann dahingestellt bleiben.



a) Gem. § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 1 BetrVG kann die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.



b) Hiervon ausgehend ist die Wahl anfechtbar.



aa) Es ist bereits fraglich, ob der Arbeitnehmer K. seine Zustimmung zum Wahlvorschlag wirksam widerrufen konnte. Die Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen enthält anders als etwa die Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz, die in § 9 Abs. 2 2. Halbsatz BPersVWO ausdrücklich regelt, dass die Zustimmung nicht widerrufen werden kann, keine ausdrückliche Regelung. Wendet man die allgemeinen Bestimmungen über Willenserklärungen an, so wäre gem. § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Widerruf nur wirksam, wenn dieser vor Zugang oder gleichzeitig mit der Zustimmungserklärung bei deren Empfänger einginge. Hiervon ausgehend wäre zu fragen, wer Adressat der Zustimmungserklärung ist. Gem. § 6 Abs. 2 Satz 3 SchwbVWO ist die schriftliche Zustimmung dem Wahlvorschlag beizufügen. Allein hieraus lässt sich nicht ableiten, ob die Zustimmung gegenüber dem Wahlvorstand oder dem Einreicher des Wahlvorschlages abzugeben ist. Für Letzteres spricht, dass nur solche Bewerber in den Wahlvorschlag aufgenommen werden können, die der Aufnahme zugestimmt haben. Die Aufnahme erfolgt durch den Einreicher des Wahlvorschlages, der sicherzustellen hat, dass der Wahlvorschlag allen gesetzlichen Voraussetzungen entspricht. Mit der vorgenannten Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 30.10.1964 - VII P 5.64 (= Beck RS 1964 30423770) angenommen, dass die Zustimmungserklärung gegenüber dem Einreicher des Wahlvorschlages abzugeben sei und ausgeführt, dass gem. § 130 Abs. 1 BGB iVm. §§ 182, 183 BGB die Zustimmung mit ihrer Erklärung gegenüber dem Einreicher des Wahlvorschlages wirksam werde und nach Aufnahme des Bewerbers in den Wahlvorschlag als dem zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäft, nicht widerrufen werden könne (vgl. ebenso: Altvater, Boden u.a., BPersVG, 7. Aufl. 2011, § 9 WO BPersVG Rn. 3; Ramm, Die Zustimmungserklärung zu einem Wahlvorschlag, in ZfPR 2012, 9 mwN.; a. A.: Richardi, Dörner, Weber-Dörner, Personalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 19 BPersVG Rn. 86, der von einer Widerruflichkeit der Zustimmungserklärung bis zur Einreichung des Wahlvorschlages beim Wahlvorstand ausgeht). Auch in § 6 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz ist lediglich geregelt, dass die schriftliche Zustimmung der Bewerber und Bewerberinnen zur Aufnahme in die Liste dem Wahlvorschlag beizufügen ist, nicht aber, gegenüber wem die Zustimmung zu erklären ist und ob diese nach ihrer Erteilung widerrufen werden kann (ablehnend: Fitting, BetrVG, 25. Aufl. 2010, § 6 WO Rn. 10; DKK-Schneider, BetrVG, 12. Aufl. 2010, § 6 WO Rn. 34; zustimmend: Richardi-Thüsing, BetrVG, 12. Aufl. 2010, § 6 WO 2001 Rn. 12; GK-Kreutz, BetrVG, 9. Aufl. 2010, § 6 WO Rn. 11).



bb) Ob der Arbeitnehmer K. die Zustimmung zum Wahlvorschlag wirksam widerrufen konnte, kann vorliegend letztlich dahingestellt bleiben. Im Fall einer unwirksamen Rücknahme der Zustimmung zum Wahlvorschlag wäre der Vorschlag gem. § 8 SchwbVWO in seiner ursprünglichen Fassung bekannt zu machen gewesen, so dass mit der Nichtberücksichtigung des Arbeitnehmers K. gegen wesentliche Bestimmungen des Wahlverfahrens verstoßen worden wäre. Aber auch im Fall eines wirksamen Widerrufs wäre der Wahlvorstand nicht berechtigt gewesen, den Wahlvorschlag unter Beschränkung auf den Arbeitnehmer J. und den Bet. zu 3 zur Wahl zuzulassen.



(1) Eine Befugnis des Wahlvorstandes, Bewerber von einem Wahlvorschlag zu streichen, ist lediglich in § 6 Abs. 3 Satz 2 und 3 SchwbVWO vorgesehen. Gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 und 3 SchwbVWO ist eine Person, die mit ihrer schriftlichen Zustimmung auf mehreren Wahlvorschlägen für dasselbe Amt benannt ist, vom Wahlvorstand aufzufordern, innerhalb von 3 Arbeitstagen zu erklären, auf welchem Wahlvorschlag sie benannt bleiben will. Wird diese Erklärung nicht fristgerecht abgegeben, wird der Bewerber oder die Bewerberin von sämtlichen Wahlvorschlägen gestrichen. Die Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen enthält keine Regelung, die es zulässt, dass Wahlbewerber, die ihre Zustimmung zur Kandidatur zurückziehen vom Wahlvorstand unter Beibehaltung des Wahlvorschlages im Übrigen gestrichen werden können. Eine analoge Anwendung der Bestimmungen des § 6 Abs. 2 und 3 SchwbVWO im Fall eines (unterstellt) wirksamen Widerrufs der Zustimmung zur Kandidatur kommt nicht in Betracht. Die Bestimmungen der Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen stellen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, ein vollständiges und in sich widerspruchfreies Regelungswerk dar. Aus den Regelungen der §§ 6 und 7 SchwbVWO wird deutlich, dass der Verordnungsgeber die Möglichkeit unzulänglicher Wahlvorschläge gesehen hat. Durch Wahlordnungen werden dem Wahlvorstand im Interesse der Rechtssicherheit detaillierte Vorgaben für die Durchführung der Wahl gegeben. Aufgabe des Wahlvorstandes ist es dementsprechend, die maßgeblichen Verfahrensvorschriften genau zu beachten. Dagegen ist grundsätzlich nicht Sache des Wahlvorstandes, das Regelungswerk der einschlägigen Wahlordnung durch von ihm für sinnvoll erachtete weitere Regelungen zu ergänzen (vgl. BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/2008 = NZA 2010, 1435 Rn. 24). Die Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen sieht die Befugnis des Wahlvorstandes, einen Bewerber von Wahlvorschlägen zu streichen und den Bewerber damit unberücksichtigt zu lassen, nur in dem in § 6 Abs. 3 Satz 3 SchwbVWO geregelten Ausnahmefall vor. Im Übrigen räumt die Wahlordnung dem Wahlvorstand, wie sich aus den Bestimmungen der §§ 7, 8 SchwbVWO ergibt, nur die Befugnis ein, nach entsprechender Prüfung die Gültigkeit eines Wahlvorschlages insgesamt festzustellen und die Bewerber und Bewerberinnen aus diesen gültigen Wahlvorschlägen bekannt zu machen oder aber einen Wahlvorschlag, wenn dieser ungültig ist, insgesamt, d. h. hinsichtlich aller Bewerber unberücksichtigt zu lassen.



(2) Die auf Herrn J. und den Bet. zu 3 beschränkte Zulassung des Wahlvorschlages stellt zudem einen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften dar, weil sich die Stützunterschriften nicht auf einen auf diese beiden Bewerber beschränkten Wahlvorschlag bezogen haben. Ein Wahlvorschlag ist nicht lediglich ein Vorschlag seines Einreichers, sondern aller, die ihn unterzeichnet haben. Er ist ungültig, wenn er ohne das Einverständnis der ihn unterstützenden Unterzeichner geändert wird (vgl. zur Betriebsratswahl: BAG 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 = NZA 2006, 116 zu II. 1. a) der Gründe; BAG 15. Dezember 1972 - 1 ABR 8/72 = AP § 14 BetrVG 1972 Nr. 1; GK-Kreutz, § 14 BetrVG Rn. 71; Fitting u. a., 25. Aufl. 2010, § 6 WO Rn. 10; DKK-Schneider, aaO, § 6 WO Rn. 34; Richardi-Thüsing, aaO, § 6 WO 2001 Rn. 12; LAG Hamburg 02. April 2001 - 27 GaBV 2/01 = [...]; LAG Düsseldorf 14. Januar 2011 - 9 TaBV 65/10 Rn. 69 = [...]). Der Wahlvorstand hat vorliegend einen Wahlvorschlag, der nicht durch die gem. § 6 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO erforderlichen Stützunterschriften gedeckt war, zur Wahl zugelassen. Die Nichtberücksichtigung des Bewerbers K. stellt eine Änderung des Wahlvorschlages dar, der durch die Unterschriften der Wahlberechtigten, die den Wahlvorschlag in seiner ursprünglichen Fassung unterzeichnet haben, nicht gedeckt ist, weil die Änderung ohne deren Einverständnis erfolgte und ein in der Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen geregelter Fall, in dem der Wahlvorstand zur Streichung berechtigt gewesen wäre, nicht gegeben ist. Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 4 und zu 5 kann aus dem Umstand, dass es sich bei der Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung um eine Mehrheitswahl handelt, nicht geschlossen werden, dass die Unterstützer eines Wahlvorschlages die darin aufgeführten Bewerber unabhängig voneinander und nicht in der konkreten, im Wahlvorschlag aufgeführten Zusammensetzung unterstützen wollten. Auch bei einer Mehrheitswahl ist es möglich, dass Wahlberechtigte einen Wahlvorschlag nur unterzeichnen, weil sich mit diesem Wahlvorschlag ein bestimmter Bewerber zur Wahl stellt und der Wahlvorschlag ohne diesen Bewerber keine Unterstützung durch die Unterzeichner gefunden hätte. Es ist vorliegend nicht auszuschließen, dass die Wahlberechtigten, die durch ihre Unterschrift die Bewerbungen der Arbeitnehmer J., K. und des Bet. zu 3 unterstützt haben, den Wahlvorschlag nicht unterzeichnet hätten, wenn mit diesem allein der Arbeitnehmer J. und der Bet. zu 3 als Bewerber vorgeschlagen worden wären.



cc) Durch die Zulassung des Wahlvorschlages der Arbeitnehmer J. und K. sowie des Bet. zu 3 unter Nichtberücksichtigung des Arbeitnehmers K. konnte das Wahlergebnis beeinflusst werden.



(1) Gem. § 19 Abs. 1 letzter Halbsatz BetrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis objektiv nicht ändern oder beeinflussen konnte. Eine verfahrensfehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtung ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend dasselbe Wahlergebnis zustande gekommen wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, ist die Wahl unwirksam (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 = NZA 2006, 116 zu B II. 2. d) aa); BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08, aaO, Rn. 43).



(2) Vorliegend kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Wahl anders ausgefallen wäre, wenn der Wahlvorschlag in seiner ursprünglichen Fassung zugelassen worden wäre. Es ist möglich, dass der Arbeitnehmer K. in diesem Fall gewählt worden wäre oder die Verteilung der Stimmen in Übrigen und damit das Wahlergebnis aufgrund von Stimmen für den Arbeitnehmer K. anders ausgefallen wäre. Ebenso kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Wahl bei Zurückweisung des Wahlvorschlages insgesamt und der Nichtzulassung der Arbeitnehmer J. und des Bet. zu 3 zur Wahl anders ausgefallen wäre. Letzteres ergibt sich bereits daraus, dass der Bet. zu 3 als stellvertretendes Mitglied gewählt wurde. Dies wäre bei Nichtzulassung des Wahlvorschlages nicht möglich gewesen. Die Wahl ist damit unabhängig davon, ob man die Rücknahme der Zustimmung des Arbeitnehmers K. zum Wahlvorschlag als zulässig ansieht, unwirksam.



III.



Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da Gerichtskosten nicht erhoben werden, § 2 Abs. 2 GKG.



Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.

Weber
Bröck
Maier

Verkündet am 12.01.2012

Vorschriften§ 6 Abs. 3 SchwbVWO, § 3 Abs. 2 SchwbVWO, § 87 Abs. 1 ArbGG, § 87 Abs. 2 ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 89 Abs. 2 ArbGG, § 87 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX, § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, §§ 95 Abs. 1 Satz 4, 96 Abs. 4 Satz 4, Abs. 8 Satz 2 SGB IX, §§ 2 Abs. 4, 5 Abs. 1 Nr. 6, 13 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3, 14 Abs. 1, Abs. 2, 15, 17 SchwbVWO, §§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX, 19 Abs. 1 BetrVG, § 19 Abs. 1 BetrVG, § 9 Abs. 2 2. Halbsatz BPersVWO, § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 6 Abs. 2 Satz 3 SchwbVWO, § 130 Abs. 1 BGB, §§ 182, 183 BGB, § 8 SchwbVWO, § 6 Abs. 3 Satz 2 und 3 SchwbVWO, § 6 Abs. 2, 3 SchwbVWO, §§ 6, 7 SchwbVWO, § 6 Abs. 3 Satz 3 SchwbVWO, §§ 7, 8 SchwbVWO, § 14 BetrVG, § 6 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO, § 19 Abs. 1 letzter Halbsatz BetrVG, § 2 Abs. 2 GKG, §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG

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