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19.11.2014 · IWW-Abrufnummer 143285

Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 06.06.2014 – 20 U 210/13

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Köln

20 U 210/13

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten werden das am 18. November 2013 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 9 O 173/13- abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

2

I.

3

Der Kläger wurde in den Jahren 2009, 2010 und 2011 regelmäßig ärztlich untersucht und behandelt. Dabei wurden in den ärztlichen Unterlagen die Diagnosen Alopezie, multiple Leberhämangiome, Hypercholesterinanämie, Arteriosklerose, Milzzyste, Skoliose, Herzklappeninsuffizienz und Spannungskopfschmerzen festgehalten. Wegen der Behandlungen nahm er Leistungen seines damaligen Krankenversicherers in Anspruch. Ihm fehlten Ende 2011 drei Zähne.

4

Der Kläger reichte bei der Beklagten unter dem 8. Dezember 2011 über einen Versicherungsmakler, mit dem er seinen Gesundheitszustand telefonisch erörtert hatte, einen Antrag auf Abschluss einer privaten Krankenversicherung ein. Bei der Beklagten ging auf elektronischem Wege ein vierseitiger Antrag ein (Anlage B1). Auf der zweiten Seite dieses Antrags war die Frage nach Beschwerden und Untersuchungen innerhalb der letzten drei Jahre lediglich unter Hinweis auf Bluthochdruck seit 1995 und entsprechende Medikation mit dem Zusatz "keine Herz-Kreislauferkrankung" bejaht. Auf die Frage nach fehlenden Zähnen war auf derselben Seite angegeben, dass dem Kläger ein Zahn fehle. In einem von der Beklagten übersandten Formblatt gab der Kläger am 29.Dezember 2011 an, nicht an Migräne, Kopfschmerzen, Kropf- oder Schilddrüsenerkrankungen zu leiden. Die Beklagte nahm den Antrag mit einem Prämienzuschlag von 60,00 € wegen Bluthochdrucks und mit Wirkung zum 1. Januar 2012 an. Dabei bezeichnete sie den Makler als „Ansprechpartner in allen Versicherungsfragen".

5

Der Kläger erlitt am 1. Mai 2012 einen Herzinfarkt. Er unterzog sich einer Zahnbehandlung.

6

Die Beklagte trat mit Schreiben vom 1. und 26. März 2013 vom Versicherungsvertrag zurück und verwies dabei am 1. März 2013 auf die Behandlungen in den Jahren 2009 bis 2011 und am 26. März 2013 auf die Anzahl der fehlenden Zähne, die der Kläger jeweils nicht korrekt angegeben habe.

7

Der Kläger hat behauptet, ihm sei ärztlicherseits vor Vertragsabschluss regelmäßig versichert worden, dass bei ihm keine Erkrankungen vorlägen. Von dem bei der Beklagten eingegangenen Versicherungsantrag habe er lediglich die erste und die dritte Seite, die ihm vom Makler per Email übersandt worden seien, ausgedruckt, ausgefüllt, unterschrieben, dann wieder eingescannt und dem Makler so per Email zurückgeschickt. Die zweite Seite mit den Gesundheitsangaben habe er weder ausgefüllt noch gesehen. Die Beklagte sei vor Annahme des Antrags über vergangene Krankheitsbilder informiert gewesen.

8

Der Kläger hat beantragt, 1. festzustellen, dass der Krankenversicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer 2xx/0xx 2x4 xx0 X 0xxx6 fortbesteht und nicht durch den Rücktritt der Beklagten zum 1. März 2013 beendet ist; und 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 718,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Juni 2013 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und behauptet, der Kläger habe auch die zweite Seite des bei ihr eingegangenen Antrags ausgefüllt. Er habe auch eine Mitteilung über die Folgen von Anzeigepflichtverletzungen (Anlage B2) erhalten. In Kenntnis der weiteren Behandlungen hätte sie den Antrag abgelehnt.

10

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

11

Das Versicherungsverhältnis zwischen den Parteien sei nicht durch den Rücktritt der Beklagten beendet worden. Das in Anspruch genommene Rücktrittsrecht wegen einer Verletzung der Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 VVG bestehe nicht, denn die Anzeigepflicht entstehe nicht bereits dadurch, dass Fragen des Versicherers irgendwo in Textform existierten, sondern erst, wenn der Versicherer "in Textform gefragt hat". Insoweit sei die Beklagte beweisfällig geblieben. Der hierzu vorgelegte Ausdruck des bei ihr eingegangenen Antragsformulars (Anlage B1) erlaube nicht den Rückschluss, dass dieser dem Kläger vorgelegen habe. Insbesondere sei es möglich, dass die Seite mit den Gesundheitsfragen nachträglich vom Makler eingefügt worden sei. Dem erst nach der mündlichen Verhandlung unterbreiteten Angebot der Beklagten, den Makler als Zeugen zu vernehmen für die Behauptung, dass der gesamte Versicherungsantrag dem Kläger zur Kenntnis gelangt und aufgrund seiner Angaben ausgefüllt worden sei, sei nicht nachzugehen. Auch die Tatsache, dass der Kläger bei gehöriger Sorgfalt hätte jedenfalls erkennen können, dass eine Seite des Antragsformulars fehle, rechtfertige nicht ihn so zu behandeln, als seien ihm die Gesundheitsfragen gestellt worden.

12

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und verfolgt ihren Klageabweisungsantrag weiter.

13

Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Anzeigepflicht des Klägers nach § 19 Abs. 1 VVG nicht entstanden sei, weil sie - die Beklagte - den Kläger nicht nach seinem Gesundheitszustand gefragt habe. Der Kläger habe nicht bestritten, dass sie den Antrag mit allen Seiten erhalten habe. Der Versicherungsmakler stehe eindeutig im Lager des Klägers.

14

Jedenfalls sei das Landgericht rechtsfehlerhaft ihrem Beweisantritt, den Makler zu vernehmen, nicht nachgegangen; insbesondere hätte das Gericht darauf hinweisen müssen, dass die Vorlage des bei ihr eingegangenen Antragsformulars nicht genüge.

15

Zudem hätte der Kläger- die Richtigkeit seines Vortrages unterstellt - erkennen müssen, dass eine Seite fehle und dass Vorerkrankungen für den Abschluss einer privaten Krankenversicherung relevant seien. Auch ergebe sich aus der erstinstanzlich vorgelegten Anlage B7 (56, 57 GA) betreffend ihre Rückfrage zum Gesundheitszustand, die der Kläger unterschrieben habe, dass dieser sehr wohl im Antrag Angaben zur Gesundheit gemacht habe.

16

Die Beklagte beantragt,

17

das Urteil des Landgerichts Bonn abzuändern und die Klage abzuweisen.

18

Der Kläger beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

22

II.

23

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

24

25

1.

26

Der Antrag des Klägers auf Feststellung, dass der Krankenversicherungsvertrag fortbesteht und nicht durch den Rücktritt der Beklagten zum 1. März 2013 beendet ist, hat keinen Erfolg; denn der Vertrag ist durch Rücktritt beendet.

27

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 1. März 2013 wirksam den sofortigen Rücktritt vom Versicherungsvertrag erklärt. Hierzu war sie nach § 19 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 VVG berechtigt, da dem Kläger eine Anzeigepflichtverletzung bei Antragstellung zur Last fällt.

28

a.

29

Bei den im Antrag vom 8. Dezember 2011 auf Seite 2 enthaltenen Gesundheitsfragen handelt es sich um Umstände, nach denen der Versicherer in Textform (§ 126 b BGB) im Sinne von § 19 Abs. 1 S. 1 VVG gefragt hat und deren unrichtige Beantwortung gemäß § 19 Abs. 2 VVG ihn zum Rücktritt berechtigt.

30

Dass das Antragsformular und damit auch die Gesundheitsfragen nicht von dem Versicherer, sondern von einer „J- Versicherungsservice ag“ erstellt wurde, ist nicht erheblich. Nach der Zielrichtung der Gesundheitsfragen und dem Inhalt des Antragsformulars ist auch aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers unzweifelhaft zu erkennen, dass es sich bei den Gesundheitsfragen nicht um Fragen eines eingeschalteten Versicherungsmaklers, sondern um Fragen des Versicherers handelt, an den sich der Antrag richtet. Da das Antragsformular sämtliche Informationen enthält, die der Versicherer zur Prüfung der Annahmefähigkeit des Antrages benötigt, erschließt sich bereits aus diesem Zweck, dass auch die Beantwortung der Gesundheitsfragen gegenüber dem Versicherer erfolgt. Überdies verdeutlichen der im Antragsformular vor den Gesundheitsfragen enthaltene Hinweis und die dortige Bezugnahme auf die Schlusserklärung, dass die Gesundheitsfragen als vom jeweiligen Versicherer gestellt gelten sollen. Im Antragsformular heißt es zu den Angaben zum Gesundheitszustand: "Die Gesundheitsfragen des Versicherers sind nach bestem Wissen sorgfältig, vollständig und richtig zu beantworten. Eine Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen, was die Leistungsfreiheit des Versicherers (auch für bereits eingetretene Versicherungsfälle) zur Folge haben kann. Bitte beachten Sie herzu die Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemäß § 19 Abs. 5 VVG in der Schlusserklärung." Aufgrund dieses Hinweises erschließt sich auch dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, dass durch die Beantwortung der Gesundheitsfragen die vorvertragliche Anzeigepflicht gegenüber dem Versicherer erfüllt werden soll und es sich bei den Gesundheitsfragen dementsprechend um Fragen des Versicherers handelt, die von diesem zur Prüfung der Annahmefähigkeit des Antrages gestellt werden. Im Hinblick darauf wird im Antragsformular für einzelne, namentlich genannte Versicherer auch eine Differenzierung bei den Gesundheitsfragen vorgenommen.

31

Der Ansicht des Klägers, der Versicherer habe nicht im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG „in Textform gefragt“, falls das vom Makler ausgefüllte Formular zu den Gesundheitsfragen dem Versicherungsnehmer nicht zur Kenntnis gelangt sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Hat es der Makler übernommen, die Gesundheitsfragen zum Zweck der Antragseinreichung beim Versicherer zu formulieren und anstelle des Versicherungsnehmers zu beantworten, so gelten die Frage nach dem Gesundheitszustand unabhängig davon, ob sie dem Versicherungsnehmer bekannt waren, als Fragen des Versicherers „in Textform“.

32

b.

33

Die im Antrag gestellten Fragen nach Krankheiten, Beschwerden und Störungen (Frage 1) sowie nach Untersuchungen und Behandlungen (Frage 2) jeweils bezogen auf die letzten 3 Jahre sind objektiv falsch beantwortet. Eingetragen sind lediglich Behandlungen wegen Bluthochdrucks seit 1995 und dessen medikamentöse Einstellung mit dem Zusatz "keine Herz-Kreislauferkrankung"; nicht angegeben ist hingegen, dass der Kläger in den maßgeblichen Jahren 2009, 2010 und 2011 regelmäßig ärztlich untersucht und behandelt worden war. Hierbei wurden in den ärztlichen Unterlagen die Diagnosen Alopezie, multiple Leberhämangiome, Hypercholesterinanämie, Arteriosklerose, Milzzyste, Skoliose, Herzklappeninsuffizienz und Spannungskopfschmerzen dokumentiert.

34

c.

35

Die gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG für den Rücktritt vorausgesetzte Erheblichkeit der erfragten und im konkreten Fall verschwiegenen Umstände für die Entscheidung des Versicherers über die Annahme des Krankenversicherungsantrages liegt auf der Hand. Dies ergibt sich bereits aus den zahlreichen Behandlungsdaten und Diagnosen, insbesondere derjenigen der Herzklappeninsuffizienz. Für die Entscheidung des Versicherers kommt es nicht nur auf die Erheblichkeit der einzelnen Erkrankungen an, sondern auch auf das durch die Häufigkeit der behandelten Krankheiten geprägte Gesamtbild des Gesundheitszustandes (vgl. Prölss- Martin/ Prölss, VVG, 28.Aufl. 2010 § 19 Rn. 11).

36

d.

37

Der Rücktritt ist nicht ausgeschlossen nach § 19 Abs. 3 VVG. Dies ist nur der Fall, wenn den Versicherungsnehmer an der Anzeigepflichtverletzung kein Verschulden im Sinne einer mindestens groben Fahrlässigkeit trifft. Davon kann hier allerdings nicht ausgegangen werden.

38

Wenn dem Kläger – wie die Beklagte behauptet - der Fragenkatalog bekannt war und dieser nach seinen Angaben beantwortet wurde, so hat er bewusst, also vorsätzlich, sogar arglistig gehandelt hat. Wer eine derartige Vielzahl von Arztbesuchen und Behandlungen (s. Bl. 33 GA) und zudem die ärztliche Behandlung wegen Herzklappeninsuffizienz nicht offenbart, weiß, dass er mit seinem Verschweigen Einfluss auf die Entscheidung des Versicherers über den Abschluss der Krankenversicherung nimmt. Dies gilt auch dann, wenn einige der festgestellten Diagnosen nach Meinung des behandelnden Arztes keinen besonderen Krankheitswert haben und der Kläger selbst sich für altersüblich gesund hält.

39

Im Ergebnis nichts anderes gilt, wenn- wie der Kläger behauptet – der Makler die Formularseite mit den Gesundheitsfragen eigenmächtig ausgefüllt und dem Antrag erst nach der Unterzeichnung durch den Kläger beigefügt hat. In diesem Fall hat der Makler, dessen Verhalten dem Kläger zuzurechnen ist, arglistig gehandelt.

40

Der Versicherungsnehmer muss sich das Handeln und die Kenntnis eines von ihm eingeschalteten Maklers über § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen (BGH VersR 2014, 565; VersR 2008, 809). Auf die Zurechenbarkeit eines etwaigen Fehlverhaltens des Maklers hat sich die Klägerin auch hilfsweise berufen (Bl. 90 d.A). .

41

Unstreitig hat der Kläger den Versicherungsmakler X mit der Vermittlung eines für ihn günstigen Versicherungsvertrages beauftragt. Zwar gibt es Ausnahmefälle, in denen das Maklerverhalten dem Versicherungsnehmer nicht zuzurechnen ist. Übernimmt ein Vermittler mit Wissen und Wollen einer Vertragspartei - etwa des Versicherers - Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, steht der Vermittler - unabhängig von seiner etwaigen Selbständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Vertragspartner – in ihrem Lager, wird in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist als ihre Hilfsperson zu betrachten (BGH VersR 2014, 565; VersR 2001, 188; BGHZ 194, 39). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor. Die Erfüllung der vorvertraglichen Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 S. 1 VVG gehört zu den Pflichten des Versicherungsnehmers. Macht der Makler in diesem Zusammenhang Angaben gegenüber dem Versicherer, wird er im Pflichtenkreis des Versicherungsnehmers tätig. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Makler die Angaben nicht in einen vom Versicherer zur Verfügung gestellten Fragebogen einträgt, sondern in ein Formular, das er selbst erstellt hat, denn dieses enthält die typischen Gesundheitsfragen des Versicherers und dient der Erfüllung der Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers.

42

Auf der Grundlage des Klägervortrags hat der Makler arglistig gehandelt. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger – wie dieser bei seiner Anhörung durch das Landgericht erklärt hat (Bl. 81R. d. A.) – im Telefonat mit dem Makler „locker über meine Erkrankungen gesprochen“ und welche Beschwerden, Behandlungen und Diagnosen er ihm mitgeteilt hat. In jedem Fall ist eine dem Kläger zuzurechnende ( vgl BGH VersR 2014, 565) Arglist des Maklers anzunehmen, und zwar unabhängig davon, ob dieser die Aufnahme ihm vom Kläger offenbarter ärztlicher Behandlungen in das Formular unterlassen und damit bewusst verschwiegen oder ohne konkrete Kenntnis die Gesundheitsfragen – bis auf die Angabe des Bluthochdrucks – „ins Blaue hinein“ verneint hat. Als Makler war er sich der Bedeutung der im Antragsformular aufgeführten Gesundheitsfragen für die Entscheidung der Beklagten zweifellos bewusst.

43

e.

44

Der Rücktritt scheitert auch nicht etwa daran, dass eine ausreichende Belehrung über die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung fehlen würde (§ 19 Abs. 5 S. 1 VVG).

45

Zum einen befand sich eine Belehrung in Textform oberhalb der Gesundheitsfragen; auch hat der Kläger hat auf S. 3 des Antrags die Bestätigung unterschrieben, dass er eine ausführliche Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG erhalten hat. Zum anderen kann sich der arglistig Handelnde jedenfalls nicht auf das Fehlen einer Belehrung berufen (BGH VersR 2014, 565).

46

f.

47

Der Rücktritt ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte die verschwiegenen Umstände etwa bereits bei Antragstellung gekannt hätte (§ 19 Abs. 5 S. 2 VVG).

48

Hierzu macht der Kläger geltend, im Hinblick auf die Nachfrage der Beklagten vor Vertragsschluss nach Schilddrüsenerkrankung und Migräne sei davon auszugehen, dass die Beklagte Angaben von Vorversicherern eingeholt habe. Indessen hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast dazu, wie es zu der Nachfrage gekommen war, dadurch genügt, dass sie die Nachfrage mit einer Verwechslung mit einem anderen Versicherungsnehmer erklärt hat. Das ist auch plausibel, da eine Identität zwischen den nachgefragten Vorerkrankungen und den verschwiegenen Erkrankungen nicht besteht. Für eine Kenntnis der Beklagten, für die der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist, bestehen damit keine ausreichenden Anhaltspunkte.

49

2.

50

Der Antrag zu 2 des Klägers auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist ebenfalls unbegründet. Als Nebenforderung teilt er das Schicksal der Hauptforderung.

51

III.

52

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

53

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; die Zulassung ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Vielmehr sind die Fragen, auf die es hier alleine ankommt, in der obergerichtlichen Rechtsprechung im Grundsätzlichen hinreichend geklärt. Die Entscheidung beruht auf einer Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls.

54

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt: 8.434 EUR

RechtsgebieteVVG, BGBVorschriften § 19 Abs 1 VVG, § 19 Abs 2 VVG, § 19 Abs 3 VVG, § 126b BGB, § 166 BGB

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