31.03.2015 · IWW-Abrufnummer 175879
Hessisches Landesarbeitsgericht: Beschluss vom 05.11.2013 – 4 TaBV 18/13
Tenor:
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Dezember 2012 - 20 BV 392/12 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen zum Teil abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zu der Versetzung der Arbeitnehmer A, B, C und D in die Organisationseinheit AIM/FBM sowie des Arbeitnehmers E in die Organisationseinheit AIM/FB als erteilt gilt.
Auf die Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss dahin abgeändert, dass der Beteiligten zu 1) aufgegeben wird, die Versetzungen der Arbeitnehmer F, G, H, I, J, K, B, D, A und C in die Abteilung AIM/FBM sowie die Versetzung des Arbeitnehmers E in die Abteilung AIM/FBB aufzuheben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über elf Versetzungen.
Die antragstellende Arbeitgeberin ist für die Kontrolle des Flugverkehrs in Deutschland zuständig. Sie betreibt einen der Flugberatung dienenden Betrieb in L, der dem Geschäftsbereich "Aeronautical Information Management (AIM)" zugeordnet ist und dessen regelmäßig mehr als zwanzig Arbeitnehmer umfassende Belegschaft von dem zu 2) beteiligten Betriebsrat repräsentiert wird. Bis November 2010 war der Betrieb in die Bereiche "Betrieb AIM/FBS", "Stab AIM/FB" und "Betriebsbüro AIM/FB" unterteilt. Der operative Bereich war in vier Teams untergliedert, die von sogenannten Supervisoren geleitet wurden. Diese haben ebenso wie die Führungskräfte in den administrativen Bereichen gegenüber den ihnen nachgeordneten Mitarbeitern Disziplinarbefugnisse und sind für die Leistungsbeurteilung zuständig. Für letzteres gilt das sogenannte "Führungs- und Fördersystem" (FFS), das unter anderem ein jährliches Mitarbeitergespräch vorsieht. Für dieses sind in Ziff. 3 FFS unter anderem folgende Regelungen vorgesehen:
"3. Baustein Mitarbeitergespräch
3.1 Funktion des Mitarbeitergesprächs
Das Kernstück des Führungs- und Fördersystems, das für alle Mitarbeiter in der DFS angewendet wird, ist der Baustein "Mitarbeitergespräch".
...
3.2 Durchführung des Mitarbeitergesprächs
Das Gespräch ist einmal im Jahr zu führen. Das Mitarbeitergespräch sollte darüber hinaus bei besonderen Anlässen ... und auf Wunsch von Mitarbeiter oder Führungskraft durchgeführt werden. Bei einem Stellenwechsel sollte das Führen eines Mitarbeitergesprächs selbstverständlich sein, wenn das letzte Gespräch bereits längere Zeit zurück liegt und sich gegenüber diesem Gespräch neue Aspekte ergeben haben.
Das Mitarbeitergespräch wird grundsätzlich von der disziplinarischen Führungskraft mit dem Mitarbeiter geführt.
...
3.3.2 Leistungsbeurteilung: Ziffer 2
Unter Ziffer 2 soll der Mitarbeiter von der Führungskraft eine Leistungsbeurteilung erhalten."
Wegen des vollständigen Inhalts des FFS wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 01. Oktober 2013 (Bl. 233 - 242 d. A.) Bezug genommen. Die erkennende Kammer hat mit Beschluss vom 10. April 2012 im Vorverfahren Hessisches Landesarbeitsgericht - 4 TaBV 172/11 - festgestellt, dass die Beteiligten jährlich eine Betriebsvereinbarung über Bonuszahlung abschließen. In § 3 (5) der Betriebsvereinbarung Bonuszahlung zum 19. Januar 2011 (nachfolgend BV) war unter Anderem folgende Regelung vorgesehen:
"Der individuelle Leistungsbonus wird von der verantwortlichen Führungskraft auf Grundlage des FFS-Gesprächs mitarbeiterbezogen festgelegt."
§ 4 des für die Arbeitgeberin geltenden Eingruppierungstarifvertrages in der Fassung vom 31. August 2012 (ETV) enthält unter Anderem folgende Regelungen:
"(1) Jede zu besetzende Stelle ist von der DFS grundsätzlich auszuschreiben und einer Vergütungsgruppe in einem Band zuordnen. Die Ausschreibung soll die für die ausgeschriebene Stelle vorgesehenen Anforderungen (Anforderungsprofil) hinsichtlich Qualifikation, Kenntnisse und Fähigkeiten enthalten. Vorbehaltlich der Kompetenzvorhaltepflicht und der Auswahlregeln können Stellen sowohl im A-Band wie in den Bänden B bis G ausgeschrieben werden."
Im November 2010 führte die Arbeitgeberin einen neu geschaffenen Arbeitsbereich ein, den sogenannten "Management Support" (AIM/FBM). Dieser Bereich wird von nichtoperativen Führungskräften geleitet, die luftverkehrsrechtlich nicht befugt sind, den operativen Mitarbeitern fachliche Anweisungen zu erteilen. Die Arbeitgeberin ordnete diesem Bereich zehn der vom vorliegenden Verfahren betroffenen Arbeitnehmer zu. Bei den Arbeitnehmern F, H, J, I und K handelt es sich um operativ tätige Flugberater und bei den Mitarbeitern A, B, C und D um administrative Mitarbeiter. Frau G ist zu 51 % als Flugberaterin und zu 49 % als administrative Mitarbeiterin tätig. Die Arbeitsplätze der betroffenen Arbeitnehmer änderten sich durch die Neuzuordnungen nicht. Der administrative Mitarbeiter E wurde zum 01. März 2011 aus dem Bereich AIM/FB in den Bereich AIM/FBB umgesetzt. Dies führte wie bei den anderen betroffenen Arbeitnehmern zu einem Wechsel der für ihn zuständigen Führungskraft.
Der Betriebsrat ist der Ansicht, diese Neuzuordnungen seien als Versetzungen mitbestimmungspflichtig und nahm die Arbeitgeberin im Vorverfahren ArbG Frankfurt am Main - 20 BV 79/11 - = Hessisches LAG - 4 TaBV 172/11 - auf Aufhebung dieser Maßnahmen in Anspruch. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den dem Antrag des Betriebsrats stattgebenden Beschluss des Arbeitsgerichts wies die erkennende Kammer mit Beschluss vom 10. April 2012 zurück. Die gegen diesen Beschluss erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Arbeitgeberin wies das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 16. Januar 2013 - 7 ABN 99/12 - zurück.
Nach dem Beschluss der erkennenden Kammer vom 10. April 2012 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit zwei am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 02. Mai 2012 über ihre Absicht, die Maßnahmen "rückwirkend" zum 01. Februar 2011 durchzuführen. Der Betriebsrat widersprach den Maßnahmen mit zwei am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 07. Mai 2012. Er rügte jeweils, dass eine rückwirkende Versetzung ausgeschlossen sei und dass die von der Arbeitgeberin vorgelegten Unterlagen fehlerhaft und unzutreffend seien. Bezüglich der operativen Mitarbeiter widersprach er gemäß "§ 99 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 5" BetrVG mit folgender Begründung:
1. Der Betriebsrat sieht, dass den betroffenen operativen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Hinblick auf das FFS (Führungs- und Fördersystem) der DFS mit der Versetzung in den administrativen Bereich AIM/FBM Management Support hinsichtlich ihrer Beurteilung im jährlichen Mitarbeitergespräch durch eine nichtoperative Führungskraft Nachteile entstehen werden. Im Leitfaden zum FFS ist u. a. beschrieben, dass die Führungskraft unter anderem die Fachkenntnisse, Arbeitsergebnisse und fachliche Leistung ihrer Mitarbeiter beurteilen muss, was unserer Auffassung nach bei operativen Mitarbeitern nur von einer operativen Führungskraft geleistet werden kann. Das vorgenannte Mitarbeitergespräch bildet zudem die Grundlage für die Bonuszuteilung für Flugberater des AIS-C.
2. Der Betriebsrat sieht weiterhin, dass die zu besetzenden Stellen gemäß § 93 BetrVG auszuschreiben wären. Eine Verpflichtung zur Stellenausschreibung ergibt sich weiterhin aus dem ETV 2011 von 04. November 2011."
Darauf unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit Schreiben vom 08. Mai 2012, dass sie die "am 01. Februar 2011 erfolgten" Maßnahmen vorläufig durchführen werde. Nachdem der Betriebsrat der vorläufigen Durchführung mit Schreiben vom 08. Mai 2012 widersprochen hatte, leitete die Arbeitgeberin am 11. Mai 2012 beim Arbeitsgericht das vorliegende Verfahren ein. Wegen des vollständigen Inhalts der vorgerichtlichen Korrespondenz der Beteiligten wird auf die Anlage zur Antragschrift (Bl. 33 - 45 d. A.) Bezug genommen. Die Arbeitgeberin hat beantragt:
1. Die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Versetzung der Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer F, G, H, I, J und K im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FBS wird ersetzt.
2. Es wird festgestellt, dass die vorläufige Versetzung der Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer F, G, H, I, J und K im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FBS in die Organisationseinheit AIMN/FBM aus sachlichen Gründen dringen erforderlich ist.
3. Die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Versetzung der Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer B und D im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FBB in die Organisationseinheit AIM/FBM wird ersetzt.
4. Es wird festgestellt, dass die vorläufige Versetzung der Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer B und D im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FBB in die Organisationseinheit AIM/FBM aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.
5. Die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Versetzung der Arbeitnehmer A und C im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FB in die Organisationseinheit AIM/FBM wird ersetzt.
6. Es wird festgestellt, dass die vorläufige Versetzung der Arbeitnehmer A und C im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FBB in die Organisationseinheit AIM/FB aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.
7. Die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers E im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FB in die Organisationseinheit AIM/FBB wird ersetzt.
8. Es wird festgestellt, dass die vorläufige Versetzung des Arbeitnehmers E im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FB in die Organisationseinheit AIM/FBB aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge gemäß dem Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen und zur Begründung - kurz zusammengefasst - ausgeführt, eine nachträgliche Beteiligung des Betriebsrats zu den Versetzungen sei nicht zulässig.
Die Arbeitgeberin hat gegen den am 24. Januar 2013 zugestellten Beschluss am 13. Februar 2013 Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Begründungsfrist bis 24. Mai 2013 am 22. Mai 2013 begründet. Der Betriebsrat hat auf die am 28. Mai 2013 zugestellte Beschwerdebegründung am 27. Juni 2013 Anschlussbeschwerde eingelegt.
Die Arbeitgeberin rügt, sie habe keine nachträgliche Zustimmung des Betriebsrats zu den personellen Maßnahmen einholen, sondern diese für die Zukunft formal zutreffend durchführen wollen. Die Formulierung der Unterrichtungsschreiben sei lediglich etwas unglücklich gewesen.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags der Arbeitgeberin wird auf den Schriftsatz vom 21. Mai 2012 Bezug genommen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Dezember 2012 - 20 BV 392/12 - abzuändern und
1. die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Versetzung der Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer F, G, H, I, J und K im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FBS in die Organisationseinheit AIM/FBM zu ersetzen,
2. festzustellen, dass die vorläufige Versetzung der Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer Claudia Behr, G, H, I, J und K im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FBS in die Organisationseinheit AIM/FBM aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist,
3. die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Versetzung der Arbeitsnehmerinnen/Arbeitnehmer B und D im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FBB in die Organisationseinheit AIM/FBM zu ersetzen,
4. festzustellen, dass die vorläufige Versetzung der Arbeitnehmerinnen B und D im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FBB in die Organisationseinheit AIM/FBM aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist,
5. die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Versetzung der Arbeitnehmer A und C im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FB in die Organisationseinheit AIM/FBM zu ersetzen,
6. festzustellen, dass die vorläufige Versetzung der Arbeitnehmer A und C im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FB in die Organisationseinheit AIM/FBM aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist,
7. die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers E im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FB in die Organisationseinheit AIM/FBB zu ersetzen,
8. festzustellen, dass die vorläufige Versetzung des Arbeitnehmers E im Betrieb L von der Organisationseinheit AIM/FB in die Organisationseinheit AIM/FBB aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist,
9. die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.
Der Betriebsrat beantragt,
1. die Beschwerde zurückzuweisen,
2. die Beteiligte zu 1) zu verpflichten, die Versetzungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer F, G, H, I, J, K, B, D, A und C in die Abteilung AIM/FBM sowie die Versetzung des Arbeitnehmers E in die Abteilung AIM/FBB aufzuheben.
Der Betriebsrat verteidigt die Würdigung des Arbeitsgerichts wie im Schriftsatz vom 26. Juni 2013 ersichtlich.
II.
Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zum Teil begründet. Die Anschlussbeschwerde ist ebenfalls begründet.
1. Die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen sind als Versetzungen gemäß §§ 99, 100 BetrVG in Verbindung mit § 95 Abs. 3 S. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Dies hat die erkennende Kammer mit Beschluss vom 10. April 2012 im Vorverfahren - 4 TaBV 172/11 - folgendermaßen begründet:
"Nach § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG setzt das Vorliegen einer Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs voraus. Eine Änderung des Arbeitsbereichs eines Arbeitnehmers kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter anderem in der Änderung der Stellung und des Platzes des Arbeitnehmers in der betrieblichen Organisation durch dessen Zuordnung zu einer anderen betrieblichen Einheit liegen. Dazu genügt ein mit keiner organisatorischen Änderung verbundener reiner Vorgesetztenwechsel ohne weiteres nicht. Etwas anderes gilt indessen, wenn für den betroffenen Arbeitnehmer auf Grund des Wechsels ein in seinem konkreten Arbeitsalltag spürbar anderes neues "Arbeitsregime" gilt. Dies kann von den Arbeitskollegen, aber auch von einem neuen Vorgesetzten ausgehen, wenn dieser über die Befugnis zur Erteilung reiner Arbeitsanweisungen hinaus relevante Personalbefugnisse besitzt, etwa die Kompetenz zur Ausübung von Disziplinaraufgaben oder zur Leistungsbeurteilung, und diese Aufgaben eigenverantwortlich wahrnimmt (BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 38/07 - EzA BetrVG 2001 § 95 Nr. 8, zu B II 1 a, d, aa, bb, m. w. N.).
Genau dies trifft hier zu. Die Zuordnung zu einer neuen Führungskraft bewirkt auch ohne eine Änderung von Arbeitsort und Arbeitsinhalt eine spürbare Änderung des Arbeitsregimes, da die Führungskräfte Disziplinaraufgaben gegenüber den ihnen nachgeordneten Arbeitnehmern besitzen und deren Leistungen zu beurteilen haben, was wiederum für die Höhe der den Arbeitnehmern zustehenden Boni relevant ist.
Dagegen wendet die Arbeitgeberin zu Unrecht ein, dass jedenfalls hinsichtlich der operativen Mitarbeiter auf Grund deren variabler Arbeitszeiten keine feste Zuordnung zu bestimmten Führungskräften bestehe. Dies trifft jedenfalls hinsichtlich der Leistungsbeurteilung nicht zu. Für diese ist nach Ziffer 3.2 Absatz 2 Satz 1 FFS, § 3 (5) d BV nicht irgendeine, sondern die für den jeweiligen Arbeitnehmer verantwortliche Führungskraft zuständig. Daher liegt auch bei den operativen Mitarbeitern in der Zuordnung zu einem neuen, von einer anderen Führungskraft geleiteten Team eine Änderung des Arbeitsbereichs im Sinne der §§ 95 Abs. 3 Satz 1, 99 BetrVG."
Die Kammer hält an dieser von der Arbeitgeberin nicht mehr angegriffenen Ansicht fest (zustimmend zu dieser Entscheidung auch Greif JurisPR-ArbR 9/2013 Anm. 3).
2. Die Zustimmungsersetzungsanträge der Arbeitgeberin gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG sind hinsichtlich der operativen Mitarbeiter nicht begründet. Im Übrigen gilt die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt.
a) Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat über die Maßnahmen den gesetzlichen Anforderungen von § 99 Abs. 1 S. 1, S. 2 BetrVG entsprechend unterrichtet. Soweit der Betriebsrat vorgerichtlich die Vollständigkeit und die Richtigkeit der Unterrichtung gerügt hat, beruhte dies ersichtlich auf einem von dem der Arbeitgeberin abweichenden Verständnis über die Zuordnung der Führungskräfte der betroffenen Arbeitnehmer. Dem lag - soweit ersichtlich - lediglich eine abweichende rechtliche Würdigung und nicht eine sachlich unzutreffende Unterrichtung der Arbeitgeberin zugrunde. Jedenfalls wurde diese Rüge vom Betriebsrat im vorliegenden Verfahren nicht weiter verfolgt.
b) Die Zustimmungsersetzungsanträge sind trotz ihrer vermeintlich zum 01. Februar 2011 rückwirkenden Fassung beachtlich. Streitgegenstand eines Zustimmungsersetzungsverfahrens gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ist grundsätzlich die Frage, ob die beabsichtigte personelle Maßnahme gegenwärtig und zukünftig zulässig ist. Verfahrensgegenstand ist dagegen nicht, ob die Maßnahme im Zeitpunkt der Antragstellung oder zu einem früheren Zeitpunkt zulässig war. Maßgeblich für die Begründetheit des Antrags ist daher grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung (BAG 25. Januar 2005 - 1 ABR 61/03 - BAGE 113/218, zu B I 1; 16. Januar 2007 - 1 ABR 16/06 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 52, zu B I 1 a). Aus diesem Verständnis folgt, dass der Arbeitgeber eventuelle Beteiligungsmängel bis zum Schluss der mündlichen Anhörung beseitigen kann. So ist anerkannt, dass er bis zu diesem Zeitpunkt eine unzureichende Unterrichtung des Betriebsrats ergänzen kann (vgl. nur BAG 29. Juni 2011 - 7 ABR 24/10 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 137, zu B II 2 b dd (1)). Nichts anderes gilt, wenn der Arbeitgeber - etwa wie hier aufgrund der Verkennung des Vorliegens des Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG - eine personelle Maßnahme ohne Beteiligung des Betriebsrats durchgeführt hat. Auch hier kann er den Beteiligungsmangel durch eine nachträgliche Unterrichtung des Betriebsrats heilen. Eine faktisch rechtswidrige Durchführung der Maßnahme in der Vergangenheit hindert den Arbeitgeber aufgrund des zukunftsgerichteten Charakters des Verfahrens nach § 99 BetrVG nicht daran, die Ma ßnahme zukünftig auf betriebsverfassungsrechtlich ordnungsgemäßer Grundlage durchzuführen (Hess. LAG 02. Dezember 2008 - 4 TaBV 193/08 - Juris, zu B II 1 a).
c) Der Widerspruch des Betriebsrats gegen die Versetzungen der operativen Mitarbeiter F, H, J, I, K und G wurde gemäß §§ 99 Abs. 3 S. 1 binnen einer Woche nach der Unterrichtung unter Angabe von Gründen erklärt. Er ist auch gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG begründet, weil die nach § 4 Abs. 1 ETV erforderliche Ausschreibung der Stellen unterblieben ist. Insoweit ist unschädlich, dass der Betriebsrat diese Rüge unzutreffend auf den Widerspruchsgrund von § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG gestützt hat, der nicht für tarifvertragliche, sondern nur für Ausschreibungsverlangen des Betriebsrats nach § 93 BetrVG gilt. Die Zielrichtung des Widerspruchs wird bereits aufgrund der Bezugnahme auf den Eingruppierungstarifvertrag im Widerspruchsschreiben nicht in Zweifel gezogen.
Die Auffassung der Arbeitgeberin, es liege keine zu besetzende Stelle im Sinne von § 4 Abs. 1 ETV vor, trifft nicht zu. Jede Versetzung ersetzt gemäß § 95 Abs. 3 S. 1 BetrVG die Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs und damit eine neue Stellenbesetzung voraus. Auch ist der Begriff "grundsätzlich" in § 4 Abs. 1 S. 1 ETV ersichtlich nicht als Einschränkung zu verstehen, sondern als Vorgabe, dass zu besetzende Stellen generell auszuschreiben sind.
d) Bezüglich der operativen Arbeitnehmer A, B, C, D und E fehlt dagegen eine erkennbare Bezugnahme des Betriebsrats auf einen der Widerspruchsgründe von § 99 Abs. 2 BetrVG, was Voraussetzung eines beachtlichen Widerspruchs wäre (vgl. etwa BAG 10. Oktober 2012 - 7 ABR 42/11 - AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 51, zu B I 4 b bb). Die Rüge einer entgegen § 99 Abs. 1 S. 1, S. 2 BetrVG nicht ausreichenden Unterrichtung des Betriebsrats über eine personelle Maßnahme bezieht sich nicht auf den Widerspruchsgrund von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, sondern betrifft die ordnungsgemäße Einleitung des Beteiligungsverfahrens (vgl. BAG 10. August 1993 - 1 ABR 22/93 - NZA 1994/187, zu B I 1). Die Zustimmung des Betriebsrats zu diesen Versetzungen gilt daher gemäß § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG als erteilt. Dies ist im Tenor festzustellen (BAG 18. Oktober 1988 - 1 ABR 33/87 - BAGE 60/57, zu B II).
3. Die Anträge gemäß § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG sind zurückzuweisen, da die Arbeitgeberin den Betriebsrat entgegen § 100 Abs. 2 S. 1 BetrVG nicht unverzüglich über die Durchführung der Maßnahmen unterrichtet hat. Das Verfahren gemäß § 100 BetrVG ist anders als das nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht zukunftsbezogen, sondern regelt die vorläufige Durchführung der jeweiligen personellen Maßnahme bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihre dauerhafte Durchführung (BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 45/03 - AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 41, zu B II 4). Gemäß § 100 Abs. 2 S. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat unverzüglich über die Durchführung der Maßnahme zu unterrichten. Verletzt er diese Unterrichtungsobliegenheit, ist die vorläufige Durchführung der personellen Maßnahme unzulässig. Es fehlt eine Verfahrensvoraussetzung (ständige Rechtsprechung, etwa Hess. LAG 21. Mai 2013 - 4 TaBV 298/12 - LAGE AÜG § 1 Nr. 9, zu II 2, m. w. N.). Danach kam im Jahr 2012 eine vorläufige Durchführung der bereits seit Februar 2011 durchgeführten Maßnahme nicht mehr in Betracht.
4. Auf die Anschlussbeschwerde ist der Arbeitgeberin die Aufhebung der personellen Maßnahmen gemäß § 101 S. 1 BetrVG aufzugeben. Es fehlt - auch hinsichtlich der nichtoperativen Mitarbeiter - derzeit eine Rechtsgrundlage für die Beschäftigung der vom vorliegenden Verfahren betroffenen Arbeitnehmer auf der Grundlage der Versetzungen. Das Verfahren gemäß § 100 BetrVG wurde gemäß den Ausführungen unter II 3 nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Die Entscheidung über die Zustimmungsersetzungsanträge nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist bisher nicht rechtskräftig.
5. Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne der §§ 72 Abs. 2, 92 Abs. 1 S. 2 ArbGG besteht nicht.
Hinweise
Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde durch Beschluss des BAG vom 17.07.2014 - 1 ABN 49/14 - verworfen.