23.04.2015 · IWW-Abrufnummer 144335
Landgericht Saarbrücken: Urteil vom 08.03.2010 – 14 O 222/09
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
14 O 222/09
Verkündet am: 8. März 2010
LANDGERICHT SAARBRÜCKEN
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
...
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
gegen
...
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
wegen Ansprüchen aus Versicherungsvertrag
hat die 14. Zivilkammer des Landgerichtes in Saarbrücken
auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2010
durch den Richter am Landgericht ... als Einzelrichter
für R e c h t erkannt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.703,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14. Mai 2009 zu zahlen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 430,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29. September 2009 zu zahlen.
III. Die Kosten des Rechtsstreites fallen der Beklagten zur Last.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Streitwert: Bis 13.000,- Euro (§ 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Tatbestand
Mit seiner am 28. September 2009 zugestellten Klage nimmt der Kläger die Beklagte aus einer Wohngebäudeversicherung in Anspruch.
Zwischen den Parteien bestand seit dem Jahre 1972 unter der Versicherungsnummer ... ein Vertrag über eine Verbundene Gebäudeversicherung gegen Feuer-, Leitungswasser und Sturmschäden (Bl. 127 ff. GA). Bestandteil dieses Vertrages waren die Allgemeinen Bedingungen für die Neuwertversicherung von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungswasser und Sturmschäden (VGB). Mit Wirkung zum 21. Februar 2008 wurde dieser Vertrag durch einen neuen Versicherungsvertrag – „gebündelter Privatschutz“, Versicherungsschein-Nummer ... (Bl. 8 ff. GA) – ersetzt; dem neuen Vertrag liegen die ... Allgemeine Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 2008 - Wert 1914) zugrunde.
Zu einem zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt bemerkte der Kläger an der zur Einfahrt gewandten Seite seines Wohnhauses vom Boden aufsteigende Feuchtigkeit. Der Kläger ließ daraufhin den Boden unmittelbar an der feuchten Hauswand aufgraben, ohne dass dabei die Ursache der Feuchtigkeit gefunden werden konnte. Bei der Suche nach dem Ursprung der Feuchtigkeit wurde der Untergrund in der Einfahrt des klägerischen Anwesen an der Hauswand entlang bis in den zum Hausanwesen des Klägers gehörenden Vorgarten hinein aufgegraben. Im Vorgarten wurde eine schadhafte Wasserzuleitung der Stadtwerke ... vorgefunden.
Der Kläger hat zur Beseitigung des Schadens einen Betrag von 17.140,16 Euro aufgewandt:
- für Ausschachtungsarbeiten
gemäß Rechnung der Firma ... vom 16. Oktober 2008 10.407,- Euro
- für das Entfernen und Wiederherstellen des Pflasterbelages
gemäß Rechnung der Firma ... vom 19. Oktober 2008 2.296,- Euro
- für die Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden am Anwesen
gemäß Angeboten der Firmen ... vom 9. Oktober 2008 2.870,- Euro
und ... vom 31. Oktober 2008 1.415,77 Euro
Der Kläger hat Ersatz seines Schadens zunächst mit Schreiben vom 10. November 2008 (Bl. 71 GA) bei den Stadtwerken ... geltend gemacht. Nachdem mit Schreiben vom 5. Februar 2009 (Bl. 81 GA) eine Zahlung von dort abgelehnt wurde, hat er mit Schreiben seines Versicherungsmaklers vom 12. März 2009 (Bl. 82 GA) die Beklagte von dem Schadenfall informiert und um Regulierung gebeten. Die Beklagte hat nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen ... (Bl. 65 ff. GA) mit Schreiben vom 13. Mai 2009 (Bl. 24 GA) die zur Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden angesetzten Beträge aus den Angeboten der Firmen ... und ... zuzüglich 150,- Euro für Eigenleistungen, insgesamt 4.436,56 Euro als berechtigt anerkannt und bezahlt. Die Rechnungen der Firmen ... und ... hat sie unter Berufung auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Schadensminderung zurückgewiesen.
Der Kläger behauptet, der Versicherungsfall sei nach Abschluss des neuen Versicherungsvertrages eingetreten; erstmals habe er den Feuchtigkeitsschaden im Frühjahr 2008 festgestellt.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.703,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 14. Mai 2009 zu zahlen.
2. die Beklagte ferner zu verurteilen, an den Kläger als Ersatz für vorgerichtliche Anwaltskosten 430,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger habe gegenüber dem Zeugen ... erklärt, dass bereits im Jahre 2007 Feuchtigkeit im Bereich des Untergeschosses bemerkt worden sei. Bei den beiden noch geltend gemachten Rechnungsbeträgen handele es sich nicht um objektiv notwendige Reparaturkosten. Im übrigen bestehe Leistungsfreiheit wegen Verletzung von Obliegenheiten. Der Kläger habe gegen die Anzeigeobliegenheit verstoßen, da er den Schaden – unstreitig – erstmals mit Schreiben vom 12. März 2009 und damit nicht unverzüglich angezeigt habe. Außerdem liege ein Verstoß gegen die Obliegenheit zur Schadensminderung vor, da er die Leckage auf „unkonventionellem Wege“ unter Einsatz sehr aufwendiger Mittel habe orten lassen; bei angemessener Vorgehensweise hätte die Leckage punktgenau geortet werden können, wodurch lediglich Kosten in Höhe von 300,- Euro angefallen wären.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im übrigen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
Das Landgericht Saarbrücken ist gemäß § 215 Abs. 1 VVG in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung zur Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit berufen, da die Klage zeitlich nach Inkrafttreten dieser Gerichtsstandsregelung erhoben worden ist (vgl. Saarl. OLG VersR 2008, 1337 m.w.N.). Die Beklagte hat ihre zunächst schriftsätzlich erhobene Zuständigkeitsrüge in der mündlichen Verhandlung aber auch nicht aufrechterhalten (§ 39 Satz 1 ZPO).
II.
Die Klage ist auch begründet.
Der Kläger hat Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des eingeklagten Betrages aus dem zwischen den Parteien seit dem Jahre 1972 unter der Versicherungsnummer ... bestehenden Versicherungsvertrag.
1. Der streitgegenständliche Sachverhalt beurteilt sich nach dem ursprünglichen Versicherungsvertrag Nr. ... und den diesem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen, nicht hingegen – wie vom Kläger behauptet – nach dem erst mit Wirkung zum 21. Februar 2008 abgeschlossenen Vertrag Nr. .... Denn es steht nicht fest, dass der Versicherungsfall erst nach Inkrafttreten des neuen Vertrages eingetreten ist und damit zeitlich unter den Anwendungsbereich dieses neuen Vertrages fällt.
a) Im Hinblick auf den zeitlichen Rahmen des Versicherungsschutzes haftet der Versicherer nur, wenn schon der Beginn des Versicherungsfalles in den Versicherungszeitraum fällt (vgl. Prölss/Martin/Prölss, VVG, 27. Aufl., § 1 Rn. 33); dies ist nach allgemeinen Grundsätzen vom Versicherungsnehmer zu beweisen (a.a.O. Rn. 41). Auch dem Versicherungsnehmer günstige Vertragsänderungen gelten in gleichem Maße nur für die danach eingetretenen Versicherungsfälle (a.a.O. Rn. 34). Bei dem hier in Rede stehenden Leitungswasserschaden entspricht der Eintritt des Versicherungsfalls dem Zeitpunkt der Einwirkung des Leitungswassers auf die versicherte Sache (Prölss/Martin/Prölss a..a.O. Rn. 31 m.w.N.); auf den möglicherweise lange danach liegenden Zeitpunkt der Entdeckung des Schadens kommt es nicht an.
b) Vorliegend hat der Kläger schon nicht dezidiert dargetan, dass die Einwirkung des Leistungswassers auf das versicherte Haus erstmals zu einem Zeitpunkt nach Inkrafttreten des neuen Vertrages am 21. Februar 2008 erfolgt ist, weshalb dahinstehen kann, ob nach diesem neuen Vertrag Versicherungsschutz zu gewähren gewesen wäre. Der Kläger hat zunächst vorgetragen (Bl. 3 GA), im „Herbst 2008" vom Boden aufsteigende Feuchtigkeit bemerkt zu haben, die auf eine Rohrleckage hindeutete. Später hat er seine Ausführungen dahin korrigiert, den Feuchtigkeitsschaden „im Frühjahr 2008" (Bl. 92 GA) festgestellt zu haben. In seiner persönlichen Anhörung vor dem erkennenden Gericht hat er erklärt, den Schaden erstmals „etwa im April 2008" entdeckt zu haben; das ist auch mit dem weiteren Verlauf der Dinge, insbesondere dem Zeitpunkt der Ausführung der Sanierungsarbeiten, in Einklang zu bringen. Indes ist damit aber nicht schlüssig dargelegt, dass das streitgegenständliche Schadensereignis auch unter den mit Wirkung zum 21. Februar 2008 abgeschlossenen Vertrag fällt. Denn der Kläger trägt lediglich – und zeitlich wenig konkret – Umstände vor, die darauf schließen lassen, wann er den Schaden entdeckt hat. Über das Vorhandensein einer Einwirkung des Leitungswassers auf die versicherte Sache ist damit aber nichts gesagt. Angesichts der im Kellerbereich üblichen Abdichtung von Wohnhäusern, die Wassereintritte in das Mauerwerk verhindert, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Einwirkung durch das austretende Wasser bereits längere Zeit vor Entdeckung des Schadensbildes durch den Kläger „etwa im April 2008" und damit vor Inkrafttreten des neuen Vertrages am 21. Februar 2008 vorhanden gewesen ist.
c) Soweit der Kläger behauptet hat, dass der Feuchtigkeitsschaden größer gewesen wäre, wenn er – wie von der Beklagten behauptet – bereits „im Jahre 2007" bestanden hätte, war der von ihm angebotene Sachverständigenbeweis nicht zu erheben. Denn für den Nachweis, dass der Schaden unter den erst mit Wirkung zum 21. Februar 2008 abgeschlossenen Vertrag fällt, ist es ohne Belang, ob der Wasserschaden – wie von der Beklagten vorgetragen – bereits im Jahre 2007 eingetreten ist, oder im Jahre 2008, aber vor Inkrafttreten des neuen Vertrages. Auch der vom Kläger – erst in der mündlichen Verhandlung unter das Zeugnis seiner Ehefrau gestellte – Behauptung, der Feuchtigkeitsschaden sei „erst im Jahre 2008" aufgetreten, war nicht nachzugehen. Die Zeugin könnte lediglich bestätigen, dass sie das Schadensbild, wie vom Kläger glaubhaft geschildert, erstmals im Jahre 2008 zur Kenntnis genommen hat; gesicherte Rückschlüsse auf den allein maßgeblichen Zeitpunkt der erstmaligen Einwirkung des Wassers auf die versicherte Sache ließen sich daraus aber wie gesehen nicht ziehen.
2. Da der Versicherungsfall unter die Geltung des früheren Versicherungsvertrages fällt, der vor dem 31. Dezember 2007 abgeschlossen worden ist, und überdies unstreitig jedenfalls vor dem 31. Dezember 2008 eingetreten ist, beurteilt sich die materielle Rechtslage nach dem Versicherungsvertragsgesetz in seiner bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (Artikel 1 Abs. 1 und 2 EGVVG).
3. Die Beklagte ist aus dem früheren Versicherungsvertrag Nr. ... auch in begehrtem Umfange zur Leistung verpflichtet:
a) Ein Versicherungsfall der nach § 4 Nr. 2 Buchstabe b VGB von der Wohngebäudeversicherung gegen Leitungswasserschäden mitumfassten Rohrbruchversicherung ist eingetreten. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass ein Zuleitungsrohr der Wasserversorgung gebrochen ist, dass dieses Rohr der Versorgung des versicherten Gebäudes diente und dass sich die Bruchstelle auf dem Versicherungsgrundstück befand. Für diesen Versicherungsfall ist die Beklagte deshalb dem Grunde nach eintrittspflichtig.
b) Zu den von der Beklagten zu ersetzenden Kosten zählt auch der vom Kläger an die mit den Arbeiten zum Aufgraben und Wiederverschließen beauftragten Firmen ... und ... gezahlte Werklohn in Höhe von 10.407,- Euro und 2.296,60 Euro, insgesamt 12.703,60 Euro (brutto). Bei diesen Kosten handelt es sich um Suchkosten in Bezug auf den versicherten Leistungswasserschaden, die vom Versicherer als Kosten der Nebenarbeiten gemäß § 4 Nr. 2 Buchstabe b VGB und ansonsten auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung nach § 66 Abs. 1 VVG zu tragen sind (vgl. OLG Karlsruhe VersR 1999, 1539; OLG Köln RuS 2002, 71; Rüffer, in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 2. Aufl., § 32 Rn. 287, m.w.N.):
aa) Die in den beiden streitgegenständlichen Rechnung abgerechneten Beträge sind dem Kläger als Kosten für die bei der Schadensbeseitigung angefallenen Nebenarbeiten entstanden. Denn der Kläger hat, nachdem sich im Inneren seines Hauses Anzeichen für einen Feuchtigkeitsschaden zeigten, die Firma ... mit der Schadenssuche beauftragt. Entsprechendes gilt für die Kosten aus der Rechnung der Firma ..., die konsequenterweise für das Wiederverschließen der aufgegrabenen Flächen aufgewendet werden mussten. Die Beklagte stellt auch nicht in Abrede, dass die in den beiden Rechnungen bezeichneten Arbeiten insgesamt durch den Rohrbruch verursacht waren, nämlich dem Auffinden der Bruchstelle und der anschließenden Wiederherstellung der Örtlichkeiten dienten.
bb) Die Beklagte kann dem Kläger auch nicht entgegenhalten, die durch die den beiden Rechnungen zugrunde liegenden Arbeiten entstandenen Kosten seien nicht schadensbedingt notwendig gewesen. Gemäß § 66 Abs. 1 VVG hat der Versicherer die Kosten, welche durch die Ermittlung und Feststellung des ihm zur Last fallenden Schadens entstehen, dem Versicherungsnehmer insoweit zu erstatten, als ihre Aufwendung den Umständen nach geboten war. Bei der Frage, welche Aufwendungen den Umständen nach geboten waren, ist ein objektiver Maßstab anzulegen; entscheidend ist, was ein vernünftiger Versicherungsnehmer in der Lage des Klägers für geboten halten durfte (vgl. Prölss/Martin/Voit/Knappmann a.a.O. § 66 Rn. 11; MünchKomm-VVG/Halbach, § 85 Rn. 10). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben:
(1) Der Kläger hat in seiner persönlichen Anhörung dem erkennenden Gericht glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, wie er eines Tages im Kellergeschoss seines Anwesens einen Wasserfleck entdeckt habe. Daraufhin habe er die Sache zunächst eine Zeitlang beobachtet und den Eindruck gewonnen, dass der Fleck größer werde. Nach Erkundigungen im Freundes- und Bekanntenkreis habe er mehrere Bauunternehmer befragt, was man da machen könne. Diese hätten alle nicht sagen können, was Ursache des Wasserflecks sei, sondern einhellig dazu geraten, das Gelände vor der Wand aufgraben zu lassen, dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass in der fraglichen Wand keinerlei Leitungen verlaufen und deswegen jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt nicht davon habe ausgegangen werden können, dass es sich um austretendes Leitungswasser handele. Er habe dann verschiedene Angebote eingeholt über den Sommer hinweg und sich schließlich für die beauftragte Firma ... als günstigstem Anbieter entschieden. Diese habe dann zunächst an der Außenwand vor der feuchten Stelle aufgegraben und feuchtes Erdreich aufgefunden, nicht aber auch austretendes Wasser. Deshalb sei dann die Wand entlang weiter aufgegraben worden in Richtung eines Fallrohres, das als mögliche Ursache angesehen worden sei. Nachdem dieses in Ordnung gewesen sei, das Erdreich aber immer feuchter, hätte ihm der Arbeiter geraten, noch ein bisschen weiter in Richtung der Feuchte zu graben. Sodann seien die Arbeiter auf das Leck im Rohr gestoßen.
(2) Angesichts dieser vom Kläger geschildeten Umstände, die der Beklagtenvertreter im Termin zwar mit Nichtwissen bestritten hat, die das Gericht jedoch aufgrund der in jeder Hinsicht plausiblen und durch die von beiden Parteien vorgelegten Dokumente und Lichtbilder gestützten Darstellung als glaubhaft und zutreffend erachtet, vermag das Gericht die von der Beklagten geäußerten Bedenken gegen die objektive Gebotenheit der vom Kläger aufgewandten Kosten nicht zu teilen. Gewiss war der Kläger – wie jeder Versicherungsnehmer – gehalten, die Schadensbeseitigung wirtschaftlich möglichst günstig vorzunehmen und nur die Kosten aufzuwenden, die auch ein nicht versicherter Geschädigter auf sich genommen hätte. Der Kläger hat nach seiner glaubhaften Darstellung hier jedoch so gehandelt, wie es jeder andere objektiv vernünftige Versicherungsnehmer in seiner Lage getan hätte. Der Kläger konnte als technischer Laie nicht wissen, welche Ursache der von ihm entdeckte Wasserfleck hatte. Unstreitig verlaufen in der fraglichen Wand keinerlei Rohrinstallationen; das hat auch der von der Beklagten eingesetzte Gutachter (Seite 3 seines Gutachtens, Bl. 67 GA), festgestellt. Der Kläger hat sich vor Aufnahme der Schadenssuche umfassend, zunächst bei Bekannten und sodann bei Fachfirmen, kundig gemacht und sich schon bei der Auslobung und der Vergabe des Auftrages in jeder Hinsicht wirtschaftlich vernünftig verhalten. Bei der Entscheidung, welche Arbeiten im einzelnen durchgeführt werden sollten, konnte und durfte er sich als Laie auf die Ansicht der von ihm hinzugezogenen Fachunternehmen verlassen (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O.). Diese aber haben ihm sämtlich dazu geraten, an der fraglichen Stelle im Außenbereich aufgraben zu lassen und so nach der Schadensursache zu suchen. Dem Kläger durfte dies als Laien auch ohne weiteres nachvollziehbar erscheinen, zumal in der Wand keine Rohre verlaufen. Entsprechendes gilt für den weiteren Verlauf der Dinge. Nachdem das erste Ausgraben lediglich dazu führte, dass im Boden vorhandenen Feuchtigkeit gefunden wurde, diese aber nicht näher zu lokalisieren war, durfte sich der Kläger auf den ihm gegebenen Rat seines Fachunternehmers verlassen, der Feuchtigkeit folgend den Boden weiter aufzugraben. Bessere Kenntnis als die von ihm beauftragten Unternehmen kann von ihm nicht erwartet werden.
(3) Aus alledem folgt, dass die Beklagte vorliegend auch nicht mit dem Argument gehört werden kann, anstelle der durchgeführten Schadenssuche hätte eine punktgenaue Leckageortung erfolgen müssen, bei der maximal ein Betrag von 300,- Euro angefallen wäre; allein dies hätte dem objektiv Gebotenen entsprochen. Der Kläger musste, nachdem in der fraglichen Wand keine Rohre verlaufen und sich der Hausanschluss auf der anderen Hausseite befindet, den Umständen nach nicht davon ausgehen, dass der von ihm festgestellte Feuchtigkeitsschaden auf einem Leck einer Wasserleitung beruhte. Anlass für eine punktgenaue Ortung eines Leitungsschadens bestand daher aus objektiver Sicht eines vernünftigen Versicherungsnehmers ohne technische Spezialkenntnis nicht. Vielmehr durfte der Kläger sich auch insoweit auf die aus damaliger Sicht nachvollziehbare Einschätzung der von ihm beauftragten Fachfirma verlassen, die ihm zunächst zum Öffnen der betroffenen Stelle und sodann, im Hinblick auf die im Boden festgestellte Feuchtigkeit, zum weiteren Aufgraben geraten hat. Dass diese fachliche Einschätzung sich im Nachhinein gewissermaßen als unrichtig erwiesen hat, weil der Boden im Ergebnis zunächst an einer falschen Stelle geöffnet worden ist und die hierdurch veranlassten Kosten damit letzten Endes unwirtschaftlich waren, kann dem Kläger jetzt nicht zum Nachteil gereichen. Es liegt im Wesen der Suchkosten, dass diese vom Versicherer nicht nur dann zu entschädigen sind, wenn sie insgesamt erfolgreich waren; vielmehr sind sie auch dann zu erstatten, wenn sie – wie hier – nach der Ansicht des Fachmanns bei vorausschauender Betrachtung erfolgversprechend waren (vgl. OLG Karlsruhe VersR 1999, 1539) und eine versicherte Schadensursache gefunden wird (OLG Köln RuS 2002, 71). Insoweit kann nichts anderes gelten, als für die Erstattungsfähigkeit vorprozessualer Sachverständigengutachten; auch diese sind selbst dann zu ersetzen, wenn sie sich als objektiv unbrauchbar erweisen (vgl. KG KGR 2005, 226). Die Beklagte wird hierdurch auch nicht nachhaltig benachteiligt, da etwaige Regressansprüche, die dem Kläger gegen den Unternehmer – in casu die Firma ... – wegen dessen unwirtschaftlicher Sachbehandlung möglicherweise zustehen, gemäß § 67 VVG auf sie übergehen.
c) Die Beklagte ist auch nicht wegen einer vom Kläger begangenen Obliegenheitsverletzung von ihrer Leistungspflicht freigeworden:
aa) Die Beklagte ist nicht wegen der Verletzung der Anzeigeobliegenheit (§ 15 Nr. 1 Buchstabe a VGB) durch den Kläger von ihrer Leistungspflicht freigeworden.
(1) Gemäß § 15 Nr. 1 Buchstabe a VGB hat der Versicherungsnehmer bei Eintritt eines Versicherungsfalles, aus dem er Entschädigung verlangt, innerhalb dreier Tage nach Kenntniserlangung den Eintritt des Versicherungsfalles dem Versicherer oder dessen Agenten schriftlich oder mündlich anzuzeigen. Die Anzeigepflicht entsteht mit positiver Kenntnis des Versicherungsnehmers vom Versicherungsfall; dieser muss – bei Rohrbruch oder Leitungswasser – wissen, dass ein Wasserrohr undicht geworden oder dass Leitungswasser ausgetreten ist (BGH VersR 2008, 905). Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn sich dem Versicherungsnehmer lediglich ein Schadensbild präsentiert, dass zwar den möglichen Schluss auf einen Versicherungsfall nahe legt, dieser Schluss aber nicht gezogen wird (BGH a.a.O.).
(2) In Anwendung dieser Grundsätze stellt der Umstand, dass der Kläger nach Entdecken des Feuchteflecks in seinem Wohnhaus der Beklagten zunächst hiervon keine Nachricht gegeben hat, keine Verletzung einer Anzeigepflicht dar. Denn der Kläger musste angesichts der Umstände des Falles seinerzeit nicht davon ausgehen, dass dieser Fleck auf ein versichertes Ereignis – Leitungswasser oder Rohrbruch – zurückzuführen war. Unstreitig verlaufen in der betroffenen Wand keine Rohre. Selbst die vom Kläger eingeschalteten Fachunternehmer vermochten offenbar nicht den Schluss zu ziehen, dass es sich bei der eindringenden Feuchte um solche handelt, die auf einen Wasserrohrbruch zurückzuführen ist. Insoweit liegt daher schon keine Obliegenheitsverletzung des Klägers vor.
(3) Allerdings hat der Kläger auch nach Entdecken des Wasseraustritts aus dem Rohr – im Herbst 2008 – die Beklagte zunächst unstreitig nicht über den Schaden informiert, sondern erst mit Schreiben seines Versicherungsmaklers vom 12. März 2009. Darin liegt eine objektive Verletzung der in § 15 Nr. 1 Buchstabe a VGB vorgesehenen Obliegenheit. Die Verletzung dieser Obliegenheit führt indes nicht dazu, dass die Beklagte aus diesem Grunde nicht zur Leistung verpflichtet wäre. Bei Verletzung der Anzeigeobliegenheit tritt nach § 15 Nr. 3 Satz 1 VGB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG Leistungsfreiheit des Versicherers ein, es sei denn, die Verletzung beruhte weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit. Letzteres aber ist hier der Fall:
(a) Der Kläger hat die Anzeigeobliegenheit nicht vorsätzlich verletzt. Dass der Versicherungsnehmer die Obliegenheitsverletzung schuldhaft, nämlich vorsätzlich oder grobfahrlässig herbeigeführt hat, wird zwar von Gesetzes wegen vermutet (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG); es ist dann Sache des Versicherungsnehmers, die Voraussetzungen eines Entschuldigungsgrundes darzutun und zu beweisen. Allerdings ist, geht es um die Verletzung der Anzeigeobliegenheit, zunächst davon auszugehen, dass ein Versicherungsnehmer seinen Versicherungsschutz regelmäßig nicht dadurch aufs Spiel setzen will, dass er die Information des Versicherers über das Schadensereignis oder die Erhebung eines Anspruchs willentlich unterlässt oder ihr Ausbleiben wenigstens in Kauf nimmt (BGH VersR 1981, 321; Saarl. OLG, VersR 2002, 51). Vorliegend hat der Kläger erklärt, erst nach Ablehnung einer Entschädigung durch die Stadtwerke und Einschaltung seines Rechtsanwaltes sei ihm bewusst geworden, dass es sich möglicherweise um einen Versicherungsfall handeln könnte; daraufhin habe er sich an die Beklagte gewandt. Diese Darstellung erscheint in jeder Hinsicht plausibel. Aus Sicht des zunächst nicht anwaltlich vertretenen Klägers lag es auf der Hand, in erster Linie nicht von einem Versicherungsfall seiner eigenen Versicherung auszugehen, sondern von einem Schaden, der von den Stadtwerken als Betreiber des Rohres abzuwickeln ist. Ein willentliches Vorenthalten der Schadensanzeige durch den Kläger lag daher nach Überzeugung des Gerichtes hier nicht vor.
(b) Ob der Kläger die Anzeigeobliegenheit grobfahrlässig verletzt hat, es sich ihm also mit anderen Worten hätte aufdrängen müssen, die Beklagte umgehend in Kenntnis zu setzen, mag offenbleiben. Denn auch bei grobfahrlässiger Verletzung bleibt der Versicherer zur Leistung insoweit verpflichtet, als die Verletzung Einfluss weder auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VVG). Der Versicherungsnehmer soll in diesem Fall nur den von ihm verschuldeten Mehrschaden nicht ersetzt erhalten (vgl. Prölss/Martin/Prölss, a.a.O. § 6 Rn. 104). Für das Fehlen der Kausalität ist der Versicherungsnehmer beweisbelastet; allerdings trifft den Versicherer insoweit eine sekundäre Aufzeigelast im Hinblick auf Art und Maß der Kausalität (a.a.O. Rn. 105). Vorliegend macht die Beklagte Nachteile im Hinblick auf die Feststellung des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht nicht geltend; diese sind angesichts der erfolgreichen Begutachtung durch den Sachverständigen ... auch nicht ersichtlich. Die Beklagte beruft sich vielmehr allein darauf, dass bei zeitnäherer Anzeige „der Feuchtigkeit“ die Leckageortung punktgenau hätte erfolgen können, der Schaden mit anderen Worten geringer ausgefallen wäre. Das aber geht bereits von der – unrichtigen, vgl. BGH VersR 2008, 905 – Prämisse aus, den Kläger hätte bereits bei Entdecken des Feuchteflecks eine Anzeigeobliegenheit getroffen. Dagegen waren zu dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger erstmals hätte erkennen können, dass ein Versicherungsfall eingetreten ist, sämtliche hier streitgegenständlichen Kosten bereits entstanden. Die von der Beklagten als „Brachialsuche“ qualifizierten Aufgrabungsmaßnahmen waren abgeschlossen; zugleich bestand auch bereits die Notwendigkeit einer anschließenden Wiederverfüllung des Geländes. Damit aber steht zugleich fest, dass die Verletzung der Anzeigeobliegenheit durch den Kläger nicht kausal im Sinne des § 6 Abs.3 Satz 2 VVG für die von der Beklagten beanstandeten Kosten gewesen ist.
(c) Letztlich ist es der Beklagten aber auch aus anderem Grunde versagt, sich auf die Folgen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers zu berufen. Denn die Beklagte hat nach Anzeige des Schadens und Durchführung der Schadensermittlung ihre Leistungspflicht mit Schreiben vom 13. Mai 2009 (Bl. 24 GA) vorbehaltlos anerkannt und lediglich die Kosten der Schadenssuche der Höhe nach als unberechtigt zurückgewiesen. Dabei hatte sie zu diesem Zeitpunkt bereits vollumfänglich Kenntnis von dem zugrunde liegenden Sachverhalt, insbesondere der verspäteten Schadensanzeige. Indem sie gleichwohl vorbehaltlose Schadensabrechnung erteilte, hat sie – auch unter Anlegung des hierbei gebotenen strengen Maßstabes, vgl. Stuttgart VersR 2007, 391 – erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass sie auf die Rechtsfolgen der Obliegenheitsverletzung des Klägers verzichtet (vgl. BGH VersR 1953, 316; Prölss/Martin/Prölss a.a.O § 6 Rn. 128; MünchKomm-VVG/Wandt, § 28 Rn. 260). Deshalb darf sie sich nunmehr im Nachhinein auch aus diesem Grunde nicht mehr auf ihre Leistungsfreiheit wegen der Obliegenheitsverletzung berufen.
bb) Die Beklagte ist auch nicht leistungsfrei, weil der Kläger gegen die in § 15 Nr. 1 Buchstabe b VGB vorgesehene Obliegenheit zur Schadensminderung verstoßen hätte:
(1) Gemäß § 15 Nr. 1 Buchstabe b VGB hat der Versicherungsnehmer bei Eintritt eines Versicherungsfalles, aus dem er Entschädigung verlangt, nach Möglichkeit für die Abwendung oder Minderung des Schadens zu sorgen und dabei die Weisung des Versicherers oder seines Beauftragten zu befolgen; gestatten es die Umstände, so hat er solche Weisung einzuholen. Die sogenannte Rettungsobliegenheit beginnt objektiv spätestens mit dem Versicherungsfall, ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Versicherungsnehmers; welche konkreten Maßnahmen der Versicherungsnehmer jeweils zu ergreifen hat, richtet sich nach dem „pflichtgemäßen Ermessen eines ordentlichen Versicherungsnehmers (BGH VersR 1972, 1039; Prölss/Martin/Voit/Knappmann a.a.O. § 62 Rn. 2, 11 ff.). Der Nachweis eines objektiven Verstoßes gegen die Rettungsobliegenheit ist nach allgemeinen Grundsätzen vom Versicherer zu führen (BGH a.a.O.).
(2) Vorliegend kann schon nicht festgestellt werden, dass der Kläger objektiv gegen die in § 15 Nr. 1 Buchstabe b VGB vorgesehene Rettungsobliegenheit verstoßen hätte. Die Beklagte beruft sich auch insoweit darauf, dass ein ordentlicher Versicherungsnehmer in der Lage des Klägers den Schaden „punktgenau“ hätte lokalisieren lassen. Das aber verfängt schon aus den oben dargelegten Gründen nicht. Nach der eingehenden und glaubhaften Schilderung des Klägers, die durch die Umstände des Einzelfalles gestützt wird, musste und konnte dieser nicht davon ausgehen, dass der von ihm in seinem Haus festgestellte Feuchtefleck auf ein Leck einer Wasserleitung zurückzuführen ist. Vielmehr durfte sich der Kläger als technischer Laie auf die Empfehlungen der von ihm hinzugezogenen Fachbetriebe verlassen, die es als erforderlich ansahen, die fragliche Stelle aufzugraben und dem Wasservorkommen nachzuspüren. Daher kann eine Obliegenheitsverletzung des Klägers insoweit nicht festgestellt werden.
(3) Letztlich wäre es der Beklagten aber auch insoweit versagt, sich auf die für den Kläger nachteiligen Folgen einer Obliegenheitsverletzung zu berufen, da sie jedenfalls durch ihre vorbehaltlose Zahlung in Kenntnis aller Umstände darauf verzichtet hat; auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.
d) Ist die Beklagte dem Kläger mithin aus dem Versicherungsvertrag (i.V.m. § 66 Abs. 1 VVG) zur Erstattung der streitgegenständlichen Kosten der Schadenssuche verpflichtet und kann sie sich dem Kläger gegenüber auch nicht auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzungen berufen, so besteht ein Anspruch des Klägers auf Zahlung des von ihm begehrten Betrages wegen der beiden von ihm bezahlten streitgegenständlichen Handwerkerrechnungen, deren Höhe die Beklagte im übrigen nicht angegriffen hat.
4. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befindet sich jedenfalls seit 14. Mai 2009 im Verzug, nachdem sie mit Schreiben vom 13. Mai 2009 die Zahlung streitgegenständlichen Rechnungen zurückgewiesen hat (§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB).
5. Die Beklagte hat dem Kläger als Verzugsschaden (§ 280 Abs. 2, 286 BGB) die ihm unstreitig entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 430,66 Euro zu erstatten. Dieser Betrag ist antragsgemäß ab Rechtshängigkeit gesetzlich zu verzinsen (§ 291 BGB).
Nach alledem war der Klage vollumfänglich zu entsprechen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
...