28.05.2015 · IWW-Abrufnummer 144594
Oberlandesgericht Brandenburg: Urteil vom 14.12.2011 – 4 U 113/10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Brandenburg
Urt. v. 14.12.2011
Az.: 4 U 113/10
In dem Rechtsstreit
der M... GmbH,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwaltskanzlei ...
g e g e n
die Stadt ...,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 09.11.2011
durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Chwolik-Lanfermann,
die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schäfer und
den Richter am Landgericht Wermelskirchen
für R e c h t erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 09.06.2010 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.376,05 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.02.2008 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.023,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Klägerin zu 58 % und die Beklagte zu 42 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
1
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 48.378,96 € in Anspruch.
2
Grundlage der Forderung ist ein am 22.03.2005 erteilter Auftrag in Bezug auf das Bauvorhaben "Um- und Ausbau der Klosteranlage ... zum ...museum und die Kirche zum Multifunktionsraum" in Bezug auf die Maurer-, Beton- und Stahlbauarbeiten im Los 2 des II. Bauabschnittes.
3
Gegenstand des Streits ist allein die Höhe der Vergütung, die die Klägerin aufgrund eines unstreitig am 21.12.2005 vereinbarten Nachtrages in Bezug auf die Leistungsposition 5.1.3.1 verlangen kann. Diese Leistungsposition 5.1.3.1 ist in dem Nachtrag wie folgt beschrieben:
4
"Zulage zu den Pos. Erdstoffaushub per Hand für die Erschwernis beim Aushub durch mit Bauschutt stark durchsetzten Erdstoffe, Nachweis erfolgt über Lieferscheine z.Z.t. 334,37 m³ (Stand 08.08.2005). Die Entsorgung wird extra über die im Auftrags-LV enthaltene Bedarfsposition 1.1.1.6 abgerechnet."
5
Bei den in dem ursprünglichen Leistungsverzeichnis aufgeführten Positionen, die Erdstoffaushub per Hand zum Gegenstand haben, handelt es sich um Leistungen, die z.B. für die Position 4.1.1.2 wie folgt beschrieben sind:
6
4.1.1.2
"Boden von Hand abschnittsweise, profilgerecht lösen, transportieren und laden, incl. Rückbau Verbau und Abstützungen. In vom a.n. bereitgestellten Behältern sammeln, einschl. Abtransport und Deponiegebühren ..."
7
Bei der Position 1.1.1.6 des ursprünglichen Leistungsverzeichnisses handelt es sich um eine Eventualposition, die wie folgt beschrieben ist:
8
"Entsorgung von nicht kontaminiertem Bauschutt, auf besondere Anordnung der Bauleitung. Lagerung in Containern. Abfuhr und Entsorgung."
9
Die Menge für die Pos. 1.1.1.6 ist in dem ursprünglichen Angebot mit 5 m³ angegeben und der Einheitspreis mit 105,00 €.
10
In dem Nachtragsangebot der Klägerin vom 22.09.2005 ist in Bezug auf diese Position auf der Grundlage einer Menge von 334,370 m³ und eines Einheitspreises von 20,16 € ein Gesamtpreis von 6.740,90 € angegeben, wobei zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Nachtrag am 21.12.2005 zu einem Einheitspreis von 14,00 €/m³ vereinbart wurde.
11
Mit ihrer Schlussrechnung vom 25.09.2006 (Bl. 262 d.A.) rechnete die Klägerin für die Position 5.1.3.1 des 5. Nachtrages eine Menge von 571,27 m³ ab. Insoweit wurde die Schlussrechnung im Rahmen der Schlussrechnungsfeststellung der Beklagten (Bl. 319 d.A.) auf eine Menge von 528,99 m³ gekürzt und in dieser Höhe auch bezahlt.
12
Zusätzlich rechnete die Klägerin mit ihrer Schlussrechnung zur Position 01.01.01.006 eine Menge von 404,20 m³ für die Entsorgung von nicht kontaminiertem Bauschutt ab (Bl. 263). Diese Position kürzte die Beklagte im Rahmen ihrer Schlussrechnungsfeststellung auf insgesamt 7 m³ (Bl. 308). Die sich aus dieser Differenz ergebende Vergütung für Abfuhr und Entsorgung von Bauschutt im Umfang von 397,2 m³ zu einem Einheitspreis von 105,00 €/m³ macht den Streit zwischen den Parteien aus.
13
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Nachtragsvereinbarung zur Position 5.1.3.1 sei dahin zu verstehen, dass sie über die in dem Nachtrag ausgewiesene und berechnete Zulage hinaus die Entsorgungskosten auf der Grundlage der Position 1.1.1.6 des ursprünglichen Leistungsverzeichnisses für die von der Zulagenposition betroffene Menge mit Bauschutt durchsetzten und entsorgten Bodens zusätzlich verlangen könne. Auf eine besondere Anordnung der Bauleitung im Sinne Position 1.1.1.6 des ursprünglichen Leistungsverzeichnisses komme es insoweit nicht an, da eine solche Anordnung in der Vereinbarung des Nachtrages als solcher zu sehen sei. Insoweit handele es sich bei der Verweisung auf Ziffer 1.1.1.6 um eine Rechtsfolgenverweisung.
14
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Nachtragsvereinbarung unter Ziffer 5.1.3.1 beziehe sich von vornherein nur auf Leistungen in Bezug auf den Baubereich "Klausur Ost"; die in Bezug auf die Abfuhr von mit Bauschutt durchsetzten Boden klägerseits geltend gemachte Menge betreffe jedoch auch (und sogar ganz überwiegend) andere Baubereiche. Die Kosten für Abtransport und Deponiegebühren seien bereits von den Leistungspositionen des ursprünglichen Leistungsverzeichnisses etwa in der Position 4.1.1.2 oder der Position 4.1.1.4 umfasst. Die Bedarfsposition 1.1.1.6. sei auf völlig andere Leistungsinhalte zugeschnitten. Der Verweis in der Nachtragsposition 5.1.3.1 auf die Position 1.1.1.6 ändere deshalb nichts daran, dass eine Vergütung nur unter den genannten besonderen Voraussetzungen, d.h. insbesondere bei gesonderter Anordnung des Bauleiters, gefordert werden könne. Darüber hinaus hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
15
Im Übrigen wird auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
16
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 09.06.2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klageforderung sei allerdings nicht verjährt. Die Klägerin habe ihre Klage vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist am 31.12.2009 eingereicht. Die Zustellung am 10.02.2010 sei demnächst im Sinne des § 167 ZPO erfolgt.
17
Die Vereinbarung im 5. Nachtrag zur Position 5.1.3.1 vermöge den streitgegenständlichen Anspruch der Klägerin jedoch nicht zu stützen. Zwar sei nach dem Textzusammenhang des 5. Nachtrages davon auszugehen, dass dieser sich nicht nur auf den Bauteil "Klausur Ost" beziehe. Die Nachtragsposition enthalte jedoch keine Vereinbarung dahingehend, dass die Beklagte ohne Weiteres für die Entsorgung des stark mit Bauschutt durchsetzten Erdstoffes einen Einheitspreis von 105,00 €/m³ zu zahlen habe. Alleiniger Auslöser für den von der Klägerin geltend gemachten Mehraufwand seien erschwerte Bedingungen im Rahmen der Positionen zum Erdstoffaushub per Hand gegenüber den im Leistungsverzeichnis angenommenen gewesen. Über die Entsorgung und deren Kosten sei bei den Nachtragsverhandlungen auch nicht gesprochen worden. Aus dem Hinweis auf die im Auftragsleistungsverzeichnis enthaltene Bedarfsposition 1.1.1.6 ergebe sich nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit und Eindeutigkeit, dass die Parteien im Nachtrag festgelegt hätten, dass die Beklagte unbeschadet der weiteren, in der Bedarfsposition enthaltenen Voraussetzung einer Anordnung durch die Bauleitung für die Entsorgung den in Position 1.1.1.6 genannten Einheitspreis zu zahlen habe. Anderenfalls wäre es nicht verständlich, weshalb es des Hinweises auf die Position 1.1.1.6 bedurft habe, anstatt gleich im Nachtrag den Einheitspreis für die Entsorgung festzulegen. Das Argument der Klägerin, es sei nur der Einheitspreis der Zulage für den Aushub vereinbart worden, da die Parteien vorher noch nicht gewusst hätten, wie viel Bauschutt zu entsorgen sein werde, erweise sich als nicht stichhaltig.
18
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiter verfolgt.
19
Sie macht geltend, die Klageabweisung sei für sie überraschend gewesen. Es sei zu keinem Zeitpunkt ersichtlich gewesen, dass es dem Gericht auf die Streitfrage ankomme, ob für die Entsorgung des mit Bauschutt durchsetzten Bodens eine gesonderte Beauftragung der Bauleitung der Beklagten erforderlich sei.
20
Die Klägerin habe bei den Verhandlungen über den 5. Nachtrag keinen Anlass gehabt, die Höhe der Entsorgungskosten zu thematisieren. Sie habe der Beklagten das Angebot zum 5. Nachtrag vorgelegt und diese habe lediglich über einzelne Punkte, wie den Preis für die Erschwerniszulage für den Erdaushub, verhandeln wollen. Für die Zulagepositionen des 5. Nachtrages seien zwangsläufig neue Einheitspreise zu vereinbaren gewesen. Soweit entsprechende Positionen bereits im Haupt-LV vorhanden bewesen seien, wie hier die Position 1.1.1.6, habe die Klägerin den dort bereits vereinbarten Preis nicht neu aufführen müssen. So heiße es etwa auch in Position 5.1.6.5 "Bewehrung wird über Position 4.1.1.1.22 des Ursprungs-LV abgerechnet".
21
Im Übrigen hält die Klägerin daran fest, dass es einer gesonderten Beauftragung der Bauleitung für die Entsorgung des mit Bauschutt durchsetzten Erdaushubes nicht bedurft hätte. Dieser habe zwangsläufig entsorgt werden müssen. Deshalb habe es sich bei der Nachtragsbeauftragung auch bereits um eine besondere Anordnung gehandelt.
22
Die Klägerin beantragt,
23
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 09.06.2010, Az.: 2 O 1/10, abzuändern und
24
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 48.378,96 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.02.2008 zu zahlen,
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2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.379,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
26
Die Beklagte beantragt,
27
die Berufung zurückzuweisen.
28
Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages. Sie hebt ihrerseits insbesondere nochmals hervor, dass bei Vereinbarung des Nachtrages über die Entsorgung deshalb nicht gesondert habe gesprochen werden müssen, weil der Bedarf für die Nachtragsposition nur daher rührte, dass sich bei den Handausschachtungen besondere Erschwernisse ergeben hätten, weil von Hand nun einmal schwerer auszuschachten sei, wenn der Boden mit festen Bestandteilen stark durchsetzt sei. Auf die Entsorgung habe dies überhaupt keine Auswirkungen gehabt. Die Entsorgungskosten hätten auch nur einen Bruchteil jener zusätzlichen 105,00 €/m³ ausgemacht, die von der Klägerin im vorliegenden Verfahren geltend gemacht würden und diese seien bereits in den Ursprungspositionen einkalkuliert gewesen. Sie bestreitet, dass es sich bei der von der Klägerin unter der Pos. 1.1.1.6. abgerechneten Menge um den unter die Nachtragsposition fallenden Bodenaushub versetzt mit Bauschutt gehandelt habe.
29
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
30
II. Die Berufung ist zulässig; in der Sache hat sie jedoch nur teilweise Erfolg.
31
Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus § 631 BGB i.V.m. Ziff. 5.1.3.1 des 5. Nachtrages vom 21.12.2005 zu dem zwischen den Parteien unter dem 22.03.2005 geschlossenen Vertrag ein Anspruch auf gesonderte Vergütung für die Entsorgung von Bodenaushub, allerdings nur in einer Höhe von 20.376,05 €, zu.
32
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die zu Ziff. 5.1.3.1. des 5. Nachtrages getroffene Regelung dahin auszulegen, dass die Klägerin zusätzlich zu der in der Nachtragsvereinbarung ausgewiesenen Zulage von 14,- € eine gesonderte Vergütung für die Entsorgung des unter die Nachtragsposition fallenden Bodenaushubs verlangen kann.
33
Der Senat teilt allerdings die Auffassung des Landgerichts, soweit dieses zu der Auslegung gelangt ist, dass die Nachtragsposition 5.1.3.1. nicht nur Bodenaushub im Bereich der "Klausur Ost" betrifft, was jedenfalls in der ersten Instanz zwischen den Parteien streitig war. Auch wenn der gesamte Nachtrag die Überschrift 5.1. "Klausur Ost" (Bl. 102 d.A.) trägt, so weist er doch inhaltlich auch Nachtragspositionen auf, die eindeutig zu anderen Baubereichen gehören, wie etwa die Pos. 5.1.6 ff. (Bl. 105 f. d.A.), die den Bereich "Kapelle/Klausur West" betreffen. Darüber hinaus sind in den Unterüberschriften der einzelnen Leistungspositionen die einzelnen Baubereiche regelmäßig gesondert benannt. Eine solche Benennung fehlt aber gerade für die unter 5.1.3 und ihren Unterpunkten zusammengefassten "Nachtragspositionen gemäß Aktenvermerk Besprechung von einzureichenden Nachträgen vom 04.08.2005" (Bl. 102 unten d.A.). Dies lässt sich aber nur dahin verstehen, dass sich dieser Nachtrag auf alle Bereiche beziehen sollte, in denen nach dem Ursprungsleistungsverzeichnis Bodenaushub von Hand erfolgen sollte. Dafür, dass sich das Problem des stark mit Bauschutt durchsetzten Bodenaushubs, der Anlass zu der Erarbeitung eines Nachtrags gegeben hatte, nur auf den Bereich der "Klausur Ost" beschränkte, lässt sich auch dem Aktenvermerk vom 04.08.2005 (Ziff. 1 der Anlage K 12; Bl. 366 d.A.) kein Anhaltspunkt entnehmen.
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Die Sichtweise, die Nachtragsposition 5.1.3.1. enthalte nur insoweit einen Regelungsgehalt, als sie sich auf die Erschwerniszulage für den Erdaushub als solchen beziehe, greift indes zu kurz.
35
Dabei verkennt der Senat nicht, dass der erste Teil der zur Pos. 5.1.3.1. getroffenen Regelung - insoweit ist der Text eindeutig und zwischen den Parteien auch unstreitig - die zusätzliche Vergütung betrifft, die die Klägerin für die Erschwernis erhalten sollte, die bei einem Aushub von Hand entsteht, wenn das auszuhebende Erdreich stark mit Bauschutt durchsetzt ist. Es trifft auch zu, dass sich die in der Nachtragsvereinbarung aufgeführten Preise - Einheitspreis 14,- €/Gesamtpreis 4.681,18 € (bezogen auf 334,37 m³ per 08.08.2005) - nur auf diese Erschwernis beziehen. Die Annahme, damit erschöpfe sich der Regelungsgehalt der Nachtragsposition, berücksichtigt jedoch nicht hinreichend die in dem zweiten Teil getroffene Regelung: "Die Entsorgung wird extra über die im Auftrags-LV enthaltene Bedarfsposition 1.1.1.6. abgerechnet."
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Es ist kein nachvollziehbarer Grund erkennbar, warum die Klägerin, von der das Nachtragsangebot vom 22.09.2005 stammte, eigens einen Hinweis auf Ziff. 1.1.1.6 hätte aufnehmen sollen, wenn dieser in Zusammenhang mit dem Nachtrag wegen der Erschwernis durch den Aushub von mit Bauschutt durchsetztem Boden keine eigenständige Bedeutung erlangen sollte. Insbesondere ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass in Bezug auf die Erschwernis durch mit Bauschutt durchsetzten Boden in besonderem Maße mit einer Entsorgungsanordnungen des Bauleiters zu rechnen war. Im Übrigen vermag ein Verständnis im Sinne eines lediglich deklaratorischen Hinweises nicht zu erklären, warum die Entsorgung ausdrücklich "extra" über Ziff. 1.1.1.6 abgerechnet werden sollte.
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Dafür, dass der - für die Beklagte erkennbare - Wille der Klägerin dahin ging, mit dem zweiten Teil der Regelung in Ziff. 5.1.3.1. eine eigenständige, nicht von der Voraussetzung einer gesonderten Anordnung im Sinne der Ziff. 1.1.1.6. des Ursprungsleistungsverzeichnisses abhängige, Grundlage für eine Vergütung der Entsorgung des mit Bauschutt durchsetzten Erdreichs zu vereinbaren, spricht vielmehr auch Folgendes: Die von der Beklagten akzeptierte Berechtigung der Klägerin, für die Leistungen, die einen Bodenaushub von Hand zum Gegenstand hatten, gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B eine Vereinbarung über eine zusätzliche Vergütung verlangen zu können, ergab sich - dies ist zwischen den Parteien unstreitig - daraus, dass der von Hand auszuhebende Boden stark mit Bauschutt durchsetzt war. Dies lässt sich nur damit erklären, dass die Parteien bei der Vereinbarung des ursprünglichen Leistungsverzeichnisses davon ausgegangen sind, dass es sich um nicht verunreinigtes, insbesondere nicht mit Bauschutt durchsetztes, Erdreich gehandelt hat. Dies bedeutet jedoch, dass in die Preise für von Hand durchzuführenden Aushub Kosten der Abfuhr und Entsorgung auch nur für nicht verunreinigtes Erdreich einkalkuliert waren und die Beklagte das Angebot der Klägerin zum ursprünglichen Vertrag auch nur in diesem Sinne verstehen konnte. Stellte sich dann aber heraus, dass es sich bei dem von Hand auszuhebenden Boden in bestimmtem Umfang tatsächlich um stark mit Bauschutt durchsetztes Erdreich gehandelt hat, hatte dies aber nicht nur zur Folge, dass der Aushub von Hand als solcher erschwert wurde (Teil 1 der Regelung in Ziff. 5.1.3.1.), sondern darüber hinaus, dass dieses Erdreich nicht zu Kosten für nicht verunreinigtes Erdreich entsorgt werden konnte, sondern auch für die Entsorgung als solche Mehrkosten entstanden. Dies wird nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass ausweislich des Aktenvermerks der Klägerin (K 12; Bl. 366), dessen Inhalt beklagtenseits nicht bestritten worden ist, Auslöser für die Diskussion über einen Nachtrag die Anzeige der Subunternehmer der Klägerin (Fa. B...) war, dass "der Aushub nicht als Boden entsorgt werden kann" und gerade deshalb Mehrkosten angezeigt worden waren.
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Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass Gegenstand der Verhandlungen in Bezug auf die zum Nachtrag 5.1.3.1 - unstreitig - nur die Höhe der Vergütung für die Zulage zu den Positionen des Ursprungsverzeichnisses, die einen Bodenaushub von Hand zum Gegenstand hatten, d.h. der auf den ersten Teil der der Ziff. 5.1.3.1 bezogene Preis, war. Dies belegt allenfalls, dass die Beklagte der im zweiten Teil des Nachtragsangebotes der Klägerin für die Abrechnung der Entsorgung erfolgten Bezugnahme auf die zu Ziff. 1.1.1.6 des Ursprungsleistungsverzeichnisses getroffene Vereinbarung nicht die gebotene Aufmerksamkeit geschenkt oder sie allein in einem ihr günstigen Sinne verstanden hat. Rechtlich maßgeblich ist jedoch für die Auslegung allein, ob der Erklärungsempfänger unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände bei einer Pr üfung mit gehöriger Aufmerksamkeit nach Treu und Glauben hätte erkennen müssen, was der Erklärende gemeint hat (vgl. nur: Palandt-Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 133 Rn. 9).
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Dem kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Klägerin, wäre sie der Meinung gewesen, dass die gesamte - zum Zeitpunkt des Angebots zum Nachtrag bereits mit 334,37 m³ im Raum stehende - Menge des unter den erschwerten Bedingungen auszuhebenden Erdreichs, über die Bedarfsposition 1.1.1.6 abzurechnen gewesen wäre, für den 5. Nachtrag ein Angebot von insgesamt 70.276,- € netto statt - wie tatsächlich erfolgt - von 35.108,85 € netto hätte unterbreiten müssen. Dies mag aus Sicht der Beklagten wünschenswert gewesen sein, ist aber keineswegs zwingend. Zwingender Gegenstand der von der Klägerin als Auftragnehmerin auf der Grundlage des § 2 Nr. 5 VOB/B geforderten Nachtragsvereinbarung waren bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Einheitspreisvertrag nur die Änderungen in Bezug auf die in dem Ursprungsvertrag vereinbarten Leistungen und der für diese Leistungsänderungen zu vereinbarenden Einheitspreise. Soweit die Klägerin - im Übrigen nicht nur in der Pos. 5.1.3.1., sondern ebenso etwa in der Pos. 5.1.6.3 - darauf verwies, dass Leistungen über Positionen des Ursprungsleistungsverzeichnisses abzurechnen sein sollten, ging es aber nicht um Änderungen der Leistungen als solche.
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2. Der der Klägerin danach aufgrund der Nachtragsvereinbarung zu Ziff. 5.1.3.1 - über die beklagtenseits bereits im Rahmen der Schlussrechnungsfeststellung akzeptierte und beglichene Vergütung der Zulage von 14,- €/m³ für den Aushub von 528,99 m³ hinaus - zustehende Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung für die Entsorgung des Aushubs auf der Grundlage der Vereinbarung zu Pos. 1.1.1.6. des Ursprungsleistungsverzeichnisses ist jedoch nur in Höhe von 20.376,05 € begründet.
41
a) Der Anspruch auf zusätzliche Vergütung für die Entsorgung von mit Bauschutt durchsetztem Boden aus Bodenaushub per Hand steht der Klägerin nur für eine Menge von 330,78 m³ zu.
42
Zwar hat die Klägerin mit der Schlussrechnung vom 25.09.2006 zur Position 1.1.1.6 eine Menge von 404,20 m³ abgerechnet, von denen die Beklagte 7 m³, die unstreitig aufgrund einer besonderen Anordnung der Bauleitung in Zusammenhang mit archäologischen Grabungen angefallen sind, im Rahmen ihrer Schlussrechnungsfeststellung als vergütungspflichtig akzeptiert hat. Es lässt sich jedoch auf der Grundlage des Vortrages der Parteien und der vorgelegten Entsorgungsnachweise nicht feststellen, dass die Klägerin tatsächlich Entsorgungsleistungen in einem Umfang der danach verbleibenden Differenz von 397,20 m³ erbracht hat, die der mit dem Nachtrag 5.1.3.1 vereinbarten Entsorgung von mit Bauschutt durchsetztem Boden zuzuordnen sind. Dies trifft vielmehr nur auf eine Menge von 330,78 m³ zu.
43
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 21.06.2011 - als solches unbestritten - vorgetragen, dass sie (bzw. ihrer Subunternehmerin) im Zeitraum vom 12.05.2005 bis zum 21.12.2005 bei dem Bauvorhaben "..." angefallene Abfälle in einem Umfang von insgesamt 829 m³ entsorgt hat. Von diesen Entsorgungsleistungen entfallen (nur) 470,218 m³ auf die Abbruchmaterialien, die in Zusammenhang mit den von der Klägerin zu erbringenden Stemm-/Abbruch- und ähnlichen Arbeiten angefallen sind. Dies ergibt sich unter Berücksichtigung eines (zwischen den Parteien unstreitigen) Auflockerungsfaktors von 1,4 aus dem von der Beklagten als Anlage BB 1 (Bl. 587 d.A.) vorgelegten Aufmaß, wonach die Abbruchmaterialien für diese Arbeiten eine Menge von 335,87 m³ ausgemacht haben. Da aber - etwas anderes ist trotz ausdrücklichen Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2011 auch von der Beklagten nicht vorgetragen worden - über die in dem vorgenannten Aufmaß bezeichneten Arbeiten und die bereits erwähnten 7 m³, die unstreitig gesondert über die Pos. 1.1.1.6 des Ursprungsleistungsverzeichnisses abzurechnen waren, hinaus bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben zu entsorgende, Bauschutt und oder mit Bauschutt durchsetzten Boden betreffende Abfälle nur bei den den Bodenaushub von Hand betreffenden Leistungen angefallen sind, kann die verbleibende Menge von 358,78 m³ nur in Zusammenhang mit diesen Leistungen gestanden haben.
44
Davon auszunehmen sind lediglich solche Entsorgungsleistungen, für die nach der Art der entsorgten Materialien ein Zusammenhang mit einem Erdaushub per Hand nicht erkennbar und von der Klägerin - auch dies war Gegenstand der mündlichen Verhandlungen vom 23.03.2011 und vom 09.11.2011 - auch nicht vorgetragen worden ist. Dies betrifft jedoch nur eine Menge von insgesamt 28 m³, die sich auf Aufträge zur Entsorgung von "Mischholzabfällen unbehandelt" (Auftrag vom 23.08.2005 - B 1; Bl. 177 d.A./Auftrag vom 28.11.2005 - BK 4; Bl. 651 d.A./Auftrag vom 17.10.2005 - BK 4; Bl. 676) bzw. "Teerpappe" (Auftrag vom 25.10.2005 - BK 4; Bl. 663 d.A.) beziehen.
45
Soweit danach eine Menge von 330,78 m³ verbleibt, sind die Einwendungen der Beklagten unerheblich. Dies gilt insbesondere für die Berechnungen der Beklagten auf der Grundlage der ihrem Schriftsatz vom 27.04.2011 beigefügten Tabellen (Bl. 592 ff. d.A.). Hier hat die Beklagte die als Anlage B 3 (Bl. 168 ff. d.A.) vorgelegten Entsorgungsnachweise, die den Zeitraum vom 10.05.2005 bis zum 26.09.2005 betreffen, mit den ausweislich des Bautagebuches im gleichen Zeitraum durchgeführten Arbeiten verglichen und dabei ermittelt, dass sich nur eine Menge von 100,10 m³ auf ausgehobenes Erdreich beziehen könne. Diese Erwägungen der Beklagten sind vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass ihr die Klägerin zum Nachweis der zur Pos. 1.1.1.6 abgerechneten Entsorgungsleistungen lediglich die beklagtenseits als Anlage B 3 vorgelegte Zusammenstellung nebst daraufbezogenen Entsorgungsaufträgen und -belegen betreffend den Zeitraum vom 10.05.2005 bis zum 26.09.2005 vorgelegt hatte. Daraus lässt sich jedoch lediglich schließen, dass die klägerseits der Beklagten vorgelegten Nachweise zum Beleg der mit ihrer Schlussrechnung geltend gemachten Forderung unzureichend waren. Im vorliegenden Rechtsstreit ist jedoch allein entscheidend, ob und in welchem Umfang die Klägerin die geltend gemachten Leistungen tatsächlich erbracht hat. Den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 21.06.2011 als Anlage BK 5 auch für den Zeitraum nach dem 26.09.2005 vorgelegten Bautagebüchern lässt sich jedoch - dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede - entnehmen, dass Erdaushubarbeiten von Hand auch noch nach dem 26.09.2005 stattgefunden haben.
46
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es angesichts der zur Nachtragsposition 5.1.3.1 getroffenen Vereinbarung auch nicht darauf an, dass das von der Klägerin entsorgte Abbruchmaterial ausweislich der Entsorgungsnachweise - jedenfalls ganz überwiegend - unter dem Entsorgungsschlüssel 17 01 02 und nicht unter einem Entsorgungsschlüssel für Boden mit der Kennziffer 17 05 entsorgt worden ist. Zum einen weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass der Entsorgungsschlüssel letztlich von dem Entsorgungsunternehmen festgelegt (oder zumindest geprüft) wird. Zum anderen ist für die der Klägerin geschuldete Vergütung auf der Grundlage der Pos. 1.1.1.6 allein entscheidend, dass sich die entsorgten Materialien den von der Klägerin in Bezug auf den Erdaushub von Hand zu erbringenden Leistungen zuordnen lassen. Dies ist jedoch - wie bereits ausgef ührt - für eine Menge von 330,78 m³ der Fall.
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b) Eine zusätzliche Vergütung für die auf der Grundlage des Nachtrages 5.1.3.1 zu erbringenden Entsorgungsleistungen kann die Klägerin schließlich nur zu einem Preis von 61,60 €/m³ verlangen. Der zur Position 1.1.1.6 vereinbarte Preis von 105,- €/m³ ist gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B im Hinblick auf die im Verhältnis zu dem Vordersatz von 5 m³ zu Pos. 1.1.1.6 des Ursprungsleistungsverzeichnisses durch die Vereinbarung des Nachtrages 5.1.3.1 in Bezug auf die Entsorgungsleistungen eingetretene erhebliche Mengenmehrung anzupassen.
48
aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Anwendungsbereich des § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B eröffnet. Dem steht nicht entgegen, dass sich die von der Klägerin wegen des geschuldeten Erdaushubs per Hand insgesamt zu entsorgende Menge ausgehobenen Materials als solche nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin nicht erhöht hat.
49
Dies ändert nichts daran, dass sich infolge des Umstandes, dass der Aushub, entgegen der bei Abschluss des ursprünglichen Vertrages bestehenden Erwartungen nicht aus nicht verunreinigtem Erdreich, sondern aus stark mit Bauschutt durchsetztem Erdreich, diejenige Menge vergrößert hat, die als Bauschutt entsorgt werden musste, und damit diejenige Menge, auf die sich die Preisvereinbarung zu Pos. 1.1.1.6 des Ursprungsleistungsverzeichnisses bezog.
50
bb) Einer Preisanpassung gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B steht nicht die Vereinbarung des Nachtrages zu Ziff. 5.1.3.1. als solche entgegen.
51
Dieser Sichtweise der Klägerin, der sich anzuschließen der Senat - wie in der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2011 erläutert - zwar durchaus erwogen hat, kann letztlich nicht gefolgt werden.
52
Auch wenn die zu Ziff. 5.1.3.1 getroffene Vereinbarung, wie bereits unter 1. ausgeführt, gerade deshalb dahin auszulegen ist, dass die Klägerin die in Zusammenhang mit dem Erdaushub per Hand zu erbringenden Entsorgungsleistungen gesondert über die Position 1.1.1.6 des Ursprungsleistungsverzeichnisses in Rechnung stellen durfte, weil die Beklagte den darauf gerichteten Willen der Klägerin bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen können und müssen, gilt dies doch nicht gleichermaßen für den zu Pos. 1.1.1.6 des Ursprungsleistungsverzeichnisses vereinbarten Einheitspreis.
53
Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Einheitspreis von 105,- €/m³, den die Parteien für die Bedarfsposition 1.1.1.6 des Ursprungsleistungsverzeichnisses unstreitig darauf beruhte, dass insoweit nur mit einer sehr kleinen Menge (5 m³) gerechnet wurde, für die eine Subunternehmerin der Klägerin extra anfahren, einen Behälter aufstellen sowie individuell für die Abfuhr hätte sorgen müssen, während die Entsorgungskosten, die in Zusammenhang mit von der Klägerin im Übrigen zu erbringenden Leistungen - sei es beim Erdaushub per Hand, sei es bei Abbrucharbeiten - zwangsläufig anfielen, in die Einheitspreise der jeweiligen Hauptleistungen mit erheblich geringeren Beträgen einkalkuliert waren.
54
Wenn die Beklagte vor diesem Hintergrund in Bezug auf das Nachtragsangebot vom 22.09.2005 nur über den Preis für den Erdaushub von Hand als solchen verhandelt und dabei immerhin eine Reduzierung von 20,- € auf 14,- € erzielt hat - was unstreitig ist -, lässt sich dies nur damit erklären, dass sie die mit der Vereinbarung einer gesonderten Vergütung für die Entsorgung des bei dem Erdaushub per Hand anfallenden Materials eintretende Mengenmehrung in Bezug auf die zur Position 1.1.1.6 zu erbringenden Leistungen und die damit einhergehende Möglichkeit, ihrerseits eine Minderung des zu dieser Position vereinbarten Einheitspreises zu verlangen, übersehen hat. Dies musste auch die Klägerin erkennen, so dass sie die Erklärungen der Beklagten weder dahin verstehen konnte, dass diese auch für die Entsorgung der bei dem Erdaushub per Hand anfallenden Mengen mit dem zur Position 1.1.1.6. des Ursprungsleistungsverzeichnisses vereinbarten Einheitspreis von 105,- €/m³ einverstanden war, noch dass die Beklagte auf ein ihr gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B zustehendes Recht auf Anpassung des Einheitspreises verzichten wollte. Dagegen spricht auch nicht, dass zum Zeitpunkt der Verhandlungen über den Nachtrag angesichts des Umfangs der bereits per 08.08.2005 für den erschwerten Aushub per Hand angefallenen Menge von 334,37 m³, die ausdrücklich in den Text des Nachtrages aufgenommen wurde, bereits feststand, dass auch für die Entsorgung dieses Aushubs erhebliche Mengen anfallen würden. Der infolge der eingetretenen Erschwernis bei dem Erdaushub von Hand gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B zu bildende neue Preis war Gegenstand der Verhandlung und Vereinbarung über den Nachtrag 5.1.3.1. nur, soweit er die Zulage zu den Leistungspositionen Erdaushub von Hand als solche betraf.
55
cc) Ebenso wenig hat die Beklagte ihr Recht zur Anpassung des Preises für die infolge des Nachtrages zu Ziff. 5.1.3.1. über die Pos. 1.1.1.6 des Ursprungsleistungsverzeichnisses abzurechnende Mengenüberschreitung in Bezug auf die Entsorgung des mit Bauschutt durchsetzten Bodens verwirkt.
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Verwirkung setzt zum einen ein Zeitmoment, d.h. einen erheblichen Zeitraum, in dem ein Recht nicht geltend gemacht wurde, und zum anderen ein Umstandsmoment voraus, d.h. auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen.
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Zwar mag man auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es für ein Preisanpassungsverlangen gemäß § 2 Nr. 3 VOB/B grundsätzlich keine zeitliche Grenze (BGH Urteil vom 14.04.2005 - VII ZR 14/04 - Rn. 20) gibt, an die Erfüllung des Zeitmoments denken können, da die Beklagte den aus ihrer Sicht infolge der Mengenmehrung erheblich überhöhten Preis erstmals mit der Klageerwiderung vom 09.03.2010, d.h. immerhin mehr als vier Jahre nach Abschluss der Nachtragsvereinbarung vom 21.12.2005 und dreieinhalb Jahre nach der unter dem 25.09.2006 erfolgten Schlussrechnungslegung durch die Klägerin, geltend gemacht hat.
58
Es fehlt jedoch an dem erforderlichen Umstandsmoment. Die Verhandlungen über den Nachtrag zu Ziff. 1.5.1.3. und der Abschluss der Vereinbarung am 21.12.2005, ohne dass die Beklagte in diesem Zusammenhang den in dem Ursprungsleistungsverzeichnis zu Pos. 1.1.1.6 vereinbarten Preis in Frage gestellt hatte, konnten ein Vertrauen der Klägerin darein, dass die Beklagte ihr Recht auf Preisanpassung gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B nicht geltend machen wolle, aus den bereits zu bb) erläuterten Gründen nicht begründen. Nach Erhalt der Schlussrechnung vom 25.09.2006 hat die Beklagte die Berechtigung der zur Pos. 1.1.1.6 geltend gemachten Vergütungsforderung aber durchgehend - wenn auch aus anderen Gründen als der Höhe des in Ansatz gebrachten Einheitspreises - in Abrede gestellt.
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dd) Die danach gebotene Anpassung des Preises für die in Zusammenhang mit dem Nachtrag zu Ziff. 5.1.3.1 über die Position 1.1.1.6 abzurechnende Menge von 330,78 m³ ist wie folgt vorzunehmen:
60
Da es bei § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B um eine vertraglich geregelte Preisanpassung für über 10 % hinausgehende Mehrmengen handelt, müssen Ausgangspunkt für die Berechnung des neuen Preises die Preisermittlungsgrundlagen des bisherigen Einheitspreises sein (vgl. nur: Ingenstau/Korbion - Keldungs, VOB, 17. Aufl., VOB/B, § 2 Abs. 3 Rn. 18). Verlangt - wie hier - der Auftraggeber die Herabsetzung des Preises, bedeutet dies grundsätzlich, dass der Auftragnehmer ihn in der Weise zu unterstützen hat, dass er dem Auftraggeber seine bisherige Kalkulation zur Verfügung zu stellen hat (Ingenstau/Korbion, aaO., Rn. 19).
61
Eine Ermittlung des für die Mengenüberschreitung bei der Position 1.1.1.6 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages auf der Basis der dem ursprünglichen Preis von 105,- € zugrunde gelegten Kalkulation ist im vorliegenden Fall jedoch nicht mehr möglich, da die Klägerin die von ihr zum Ursprungsleistungsverzeichnis angebotenen und vereinbarten Preise in der Form kalkuliert hat, dass sie die mit ihrer Subunternehmerin, der Fa. B..., vereinbarten Einheitspreise um 12 % erhöhte und Unterlagen zu der Kalkulation der Subunternehmerin der Klägerin auch bei dieser nicht mehr vorhanden sind.
62
Der neue Preis für die Mengenüberschreitungen bei der Position 1.1.1.6 kann deshalb nur - dazu bedarf es im vorliegenden Fall allerdings keiner Einholung eines Sachverständigengutachtens - aus den Preisansätzen für andere Positionen des Ursprungsleistungsverzeichnisses unter Berücksichtigung der durch die Mengenmehrung eingetretenen Veränderungen des Leistungsinhalts der Entsorgung des mit Bauschutt durchsetzten Erdreichs ermittelt werden.
63
Nach dem - nicht bestrittenen - Vortrag der Beklagten ergab sich der Preis von 105,- €/m³ für die Entsorgung von Bauschutt in dem Ursprungsleistungsverzeichnis insbesondere daraus, dass über diese Position solcher Bausschutt entsorgt werden sollte, für den die Klägerin bzw. deren Subunternehmerin eigens einen Container an- und abfahren musste. Dies erklärt die Beklagte an dem Beispiel der von ihr als über die Pos. 1.1.1.6 abzurechnen anerkannten 7 m³ dahin, dass es sich um Bauschutt gehandelt habe, den ABM-Kräfte, d.h. wohl andere als bei der Klägerin bzw. ihrer Subunternehmerin beschäftigte Kräfte, am 08.09.2006 (B 1; Bl. 140) aus dem Kellerbereich der Ostklausur in Container verbracht haben, die dann von der Subunternehmerin der Klägerin entsorgt wurden.
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Dies bedeutet, dass die Mengenmehrung durch den infolge des Nachtrages zu 5.1.3.1. zu entsorgenden Bauschutt in dem Umfang zu einer Reduzierung des Preises in der Pos. 1.1.1.6 Anlass gibt, in dem die Klägerin bzw. ihre Subunternehmerin für diesen Bauschutt keine zusätzlichen Container an- und wieder abfahren musste. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das An- und Abfahren von Containern zur Entsorgung des Aushubmaterials bei den Leistungen des Aushubs per Hand bereits in den Preis für die diese Leistungen betreffenden Positionen des Ursprungsleistungsverzeichnisses, etwa die Position 4.1.1.2, eingepreist waren. Nach dem ebenfalls unstreitigen Vortrag der Klägerin blieb die Menge des zu entsorgenden mit Bauschutt durchsetzten Bodens im Verhältnis zu der Menge des bei den Positionen des Ursprungsleistungsverzeichnisses einkalkulierten zu entsorgenden (nicht verunreinigten) Erdreichs gleich, so dass davon auszugehen ist, dass auch die Anzahl der Container, die die Klägerin für den Aushub von Hand auszuhebenden Bodens in die Positionen des Ursprungsleistungsverzeichnisses einkalkuliert hatte, mit derjenigen Menge an Containern übereinstimmt, die sie für die Abfuhr des nach der Nachtragsvereinbarung zusätzlich über die Pos. 1.1.1.6 abzurechnenden mit Bauschutt durchsetzten Bodens benötigt hat. Dies bedeutet, dass der Preis von 105,- €/m³ um diejenigen Kosten zu reduzieren ist, den die Klägerin für die An- und Abfuhr der Container in diesen Preis einkalkuliert hatte oder - anders gewendet - dass sie für die Mehrmenge von 330,78 m³ nur einen Preis verlangen kann, der dem für die Entsorgung als solche ursprünglich kalkulierten Preis (zuzüglich Gemeinkosten und Gewinn) entspricht.
65
Für die danach erforderliche Ermittlung des kalkulatorischen Ansatzes für die Entsorgung als solche kann ebenfalls fruchtbar gemacht werden, dass - anders als bei den nach dem Ursprungsleistungsverzeichnis über die Pos. 1.1.1.6 abzurechnenden Leistungen - in die Positionen des Ursprungsleistungsverzeichnisses, die einen Aushub von Hand betrafen, auch der Preis für die Entsorgung von (nicht mit Bauschutt durchsetztem) Boden bereits einkalkuliert waren. Dies bedeutet, dass bei der Bildung eines neuen Preises für die über die Pos. 1.1.1.6 abzurechnenden Mehrmengen der kalkulierte Preis für nicht mit Bauschutt durchsetzten Boden herauszurechnen ist. Da - wie bereits ausgeführt - die Menge des in den Positionen des Ursprungsleistungsverzeichnisses einkalkulierten zu entsorgenden Bodens mit der Menge des dann tatsächlich entsorgten mit Bauschutt durchsetzen Bodens übereinstimmt, folgt daraus, dass der Preis für die über die Pos. 1.1.1.6 abzurechnende Mehrmenge letztlich nach der Differenz zwischen dem kalkulierten Preisansatz für die Entsorgung reinen, nicht verunreinigten Bodens und demjenigen für die Entsorgung von Bauschutt zu bestimmen ist.
66
Für die Höhe dieser Differenz bietet aber ebenfalls das Ursprungsleistungsverzeichnis einen hinreichenden Anhaltspunkt, soweit als Bedarfsposition nicht nur die Pos. 1.1.1.6 für Bauschutt, sondern als Pos. 1.1.1.5 auch eine entsprechende Position für "nicht kontaminiertes Bodenmaterial" - und zwar ebenfalls mit einer Menge von 5 m³ - vorgesehen war. Da anzunehmen ist, dass auch diese Bedarfsposition die Entsorgung von entsprechendem Material betreffen sollte, das aufgrund von Entsorgungen mittels gesondert an- und abzufahrenden Containern anfiel, entspricht die Differenz von 68,60 €/m³ zwischen dem Preis für die Pos. 1.1.1.5 (36,40 €/m³) und dem Preis für die Pos. 1.1.1.6 (105,- €/m³) demjenigen, der dem ursprünglichen Vertrag für die Entsorgung nicht verunreinigten Bodens zugrunde gelegt worden ist.
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In einem letzten Schritt ist schließlich für die Ermittlung des in Bezug auf die Mehrmenge von 330,78 m³ nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B zu bildenden neuen Preises zu berücksichtigen, dass in die Preisansätze für die Positionen des Ursprungsleistungsverzeichnisses, die einen Aushub von Hand betrafen, eine Vergütung für die Entsorgung des Aushubmaterials einkalkuliert war, die die Beklagte - unbestritten - mit 6,- bis 8,- €/m³ beziffert hat. In diesem Umfang ist die zu erbringende Leistung der Entsorgung des Aushubmaterials - auch soweit es die streitgegenständliche Mehrmenge betrifft - bereits über den Preis der entsprechenden Positionen des Ursprungsleistungsverzeichnisses vergütet. Unter Abzug von 7,- €/m³ verbleibt danach ein für die Mehrmenge von 330,78 m³ als über die Position 1.1.1.6 abzurechnender Preis von 61,60 €/m³.
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Der Klägerin steht mithin für die streitgegenständlichen Leistungen ein Anspruch in Höhe von insgesamt 20.376,05 € (330,78 m³ x 61,60 €) zu.
69
3. Dieser Anspruch der Klägerin ist aus den bereits vom Landgericht ausgeführten Gründen, denen der Senat nichts hinzufügen muss, nicht verjährt.
70
Die Nebenforderungen sind aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 2 BGB begründet, für die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus den bereits ausgeführten Gründen allerdings nur bezogen auf einen Gegenstandswert bis 22.000,- €.
71
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
72
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO).
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 48.378,96 € festgesetzt.