15.07.2015 · IWW-Abrufnummer 144920
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 24.03.2015 – 3 K 1443/13
Zur steuerlichen Behandlung von in steuerfreien Lohnersatzleistungen enthaltenen Sozialversicherungsbeiträgen
Sozialversicherungsbeiträge können nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, soweit sie von steuerfreien Lohnersatzleistungen abgeführt wurden. Sie mindern auch nicht die im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG zu erfassenden Lohnersatzleistungen.
In dem Finanzrechtsstreit
XXX
gegen
XXX
wegen Einkommensteuer 2011
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 3. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. März 2015 durch
die Richterin am Finanzgericht Weiß als Vorsitzende,
die Richterin am Finanzgericht Jakobs
den Richter am Finanzgericht Sobotta
die ehrenamtliche Richterin Geschäftsführerin Hornbach
den ehrenamtlichen Richter Dipl.-Ing. Geschäftsführer Jakob
für Recht erkannt:
Tenor:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen, die auf Lohnersatzleistungen entfallen.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 2011 bezog der Kläger für den Zeitraum vom 16.10.2007 bis 31.12.2011 Verletztengeld nach §§ 45ff SGB VII in Höhe von 91.078,20 €. Darin enthalten waren Beiträge des Klägers zur Rentenversicherung. Ferner musste der Kläger im Streitjahr Arbeitslosengeld I in Höhe von 19.526,40 € zurückzahlen.
In ihrer für das Streitjahr beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung beantragten die Kläger, die Nachzahlung des Verletztengeldes für vorangegangene Veranlagungszeiträume dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG (sog. "Fünftelregelung") zu unterwerfen.
Das Finanzamt beließ die Lohnersatzleistungen in Höhe von 91.078,20 € im angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 15.11.2012 steuerfrei, bezog sie jedoch in voller Höhe abzüglich des zurückgezahlten Arbeitslosengeldes von 19.526,40 € sowie abzüglich des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 1.000 €, mithin in Höhe von insgesamt 70.551 € in die Berechnung des besonderen Steuersatzes gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 b EStG (Progressionsvorbehalt) ein.
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie sich neben weiteren hier nicht streitigen Punkten gegen die Nichtanwendung der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG auf die im Streitjahr erfolgte Nachzahlung des Verletztengeldes wendeten.
Mit Einspruchsentscheidung vom 14.03.2013 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger nunmehr die Berücksichtigung der in dem ausgezahlten Verletztengeld enthaltenen Sozialversicherungsbeiträge als Sonderausgaben. Sie tragen vor, das beklagte Finanzamt habe zutreffend Lohnersatzleistungen mit einem Betrag von 70.551 € in die Berechnung des Steuersatzes einbezogen (Progressionsvorbehalt). In dem im Streitjahr bezogenen Verletztengeld in Höhe von 91.078,20 € seien jedoch auch Arbeitnehmeranteile zur Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 11.791,65 € enthalten. Zum Beleg hierzu reichten die Kläger ein Schreiben der ...-BKK vom 07.06.2013 ein, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl.34 f der Prozessakte).
Diese Sozialversicherungsbeiträge seien, so die Kläger, im Rahmen des § 10 EStG zu berücksichtigen. Hierzu verweisen die Kläger auf die Ausführungen des Finanzgerichts Köln in seinem Urteil vom 09.11.2006 - 10 K 1997/02 - (EFG 2007, 518), in dem eine Kürzung der im Rahmen des Progressionsvorbehalts anzusetzenden Lohnersatzleistungen um abzuführende Sozialversicherungsbeiträge u. a. mit der Begründung abgelehnt wurde, dass andernfalls die Sozialversicherungsabgaben nochmals berücksichtigt würden, obwohl sie das zu versteuernde Einkommen bereits im Rahmen der Sonderausgaben nach § 10 EStG gemindert hätten.
Ferner tragen die Kläger vor, die Entscheidung des BFH vom 18.04.2012 - X R 62/09 - (BStBl II 2012, 721) betreffe einen anders gelagerten Fall und sei auf den Streitfall nicht anwendbar. In jener Entscheidung habe der dortige Kläger den Sonderausgabenabzug für obligatorische Beiträge an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung begehrt, wobei die zugrunde liegenden Einkünfte nach dem DBA Schweiz steuerfrei gewesen seien. Selbst wenn man die Grundsätze dieses Urteils auf den Streitfall übertragen wollte, würde der Sonderausgabenabzug zwar an dem Abzugsverbot des § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG scheitern, sofern man sich der Auffassung anschließen sollte, dass die Beiträge zur Sozialversicherung im Zusammenhang mit dem steuerfreien Verletztengeld und nicht mit dem später steuerpflichtigen Renteneinkommen stehen. Im Gegenzug müsste jedoch dann eine Kürzung der bezogenen Leistungen im Rahmen des Progressionsvorbehalts um die Sozialversicherungsbeiträge erfolgen. Auf die Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 09.11.2006 - 10 K 1997/02 - werde in diesem Zusammenhang nochmals verwiesen.
Die zitierte Entscheidung des BFH sei auch insoweit mit dem Streitfall nicht vergleichbar, als die Beiträge an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung in der Schweiz im Rahmen der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte steuermindernd berücksichtigt worden seien. Wie der BFH in seiner Entscheidung ausdrücklich klargestellt habe, habe er in seinem Beschluss vom 18.12.1991 (BFH/NV 1992, 382) verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine entsprechende Auslegung des § 10 Abs. 2 EStG gerade für den Fall geäußert, dass ein Steuerpflichtiger weder im Tätigkeitsstaat noch im Inland seine Vorsorgeaufwendungen geltend machen könne.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 15.11.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.03.2013 dahin gehend zu ändern, dass die im Verletztengeld enthaltenen Vorsorgeaufwendungen des Klägers in Höhe von 11.792 € im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt werden;
hilfsweise,
den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 15.11.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.03.2013 dahin gehend zu ändern, dass im Rahmen des Progressionsvorbehalts die angesetzten Lohnersatzleistungen um 11.792 € gemindert werden,
äußerst hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, einer Berücksichtigung der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung stünde § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG entgegen, weil diese Aufwendungen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem steuerfreien Verletztengeld stünden.
Soweit die Kläger einen Sonderausgabenabzug aus dem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 09.11.2006 - 10 K 1997/02 - (EFG 2007, 518) ableiteten, könne dem nicht gefolgt werden. Im Übrigen sei gegen dieses Urteil von dem unterlegenen Kläger Revision eingelegt worden, über die der BFH mit Urteil vom 05.03.2009 - VI R 78/06 - (BFH/NV 2009, 1110) entschieden habe. Hierbei sei der BFH zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Kürzung des nach § 32b Abs. 1 Nr. 1a EStG zu berücksichtigenden Insolvenzgeldes um sogenannte Vorsorgeaufwendungen weder gesetzlich vorgesehen noch aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung geboten sei. Auf die vom Finanzgericht Köln angesprochene doppelte Berücksichtigung als Sonderausgaben und bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes im Falle einer Klagestattgabe sei der BFH mit keinem Wort eingegangen. Die Ausführungen der Kläger seien daher nicht überzeugend.
Der fehlende Sonderausgabenabzug führe auch nicht zu einer Verletzung des aus Art. 3 Grundgesetz (GG) abgeleiteten Leistungsfähigkeitsprinzips, insbesondere liege kein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip vor. Dies ergebe sich daraus, dass die gezahlten Rentenversicherungsbeiträge aus steuerfreien Einnahmen, nämlich aus dem dem Kläger zugeflossenen Verletztengeld entrichtet worden seien. Insoweit fehle es auch an einer wirtschaftlichen Belastung des Klägers, weil die Vorsorgeaufwendungen von der Krankenkasse getragen und unmittelbar an den Versicherungsträger abgeführt worden seien. Bei Altersvorsorgeaufwendungen werde zwar die Zuordnungsproblematik dadurch erschwert, dass sie sowohl untrennbar mit den steuerbefreiten Einkünften (Verletztengeld) als auch untrennbar mit den zukünftigen steuerpflichtigen Renteneinkünften (Altersrente) verbunden seien. Da es aber systemgerecht sei, für die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG entscheidend auf die Steuerfreiheit der Einnahmen, aus denen die Vorsorgeaufwendungen stammten, abzustellen, obwohl die künftigen Renteneinkünfte besteuert würden, führe auch dies zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
Die streitigen Sozialversicherungsbeiträge könnten auch nicht bei der Berechnung des besonderen Steuersatzes berücksichtigt werden. Nach § 32b Abs. 1 Nr. 1b EStG sei das dem Kläger zugeflossene steuerfreie Verletztengeld im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. In die nach § 32b Abs. 2 Nr. 1 EStG vorgeschriebene Berechnung gingen nur Leistungen ein. Sonderausgaben zählten aber nicht zu den Leistungen, sondern würden erst im Anschluss an die Ermittlung der Einkünfte vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen (§ 2 Abs. 4 EStG). Dies schließe zwangsläufig ihre Berücksichtigung im Rahmen des Progressionsvorbehalts aus (BFH, Urteil vom 03.11.2010 I R 73/09, BFH/NV 2011, 773). Da der Gesetzgeber die Altersvorsorgeaufwendungen mit konstitutiver Wirkung den Sonderausgaben zugewiesen habe (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH, Urteil vom 16.11.2011 X R 15/09, BStBl II 2012, 325), seien die gezahlten Rentenversicherungsbeiträge nicht bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes abzuziehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Das beklagte Finanzamt hat die im bezogenen Verletztengeld enthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zu Recht nicht steuermindernd berücksichtigt, weil diese weder als Sonderausgaben abzugsfähig sind (nachfolgend Ziffer 1) noch im Rahmen der Ermittlung des Steuertarifs die insoweit maßgebenden Lohnersatzleistungen des Klägers mindern können (nachfolgend Ziffer 2).
1.
Die streitigen Rentenversicherungsbeiträge sind nicht als Sonderausgaben abzuziehen.
a) Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind zwar als sog. Vorsorgeaufwendungen nach den Regelungen des § 10 EStG als Sonderausgaben abziehbar (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Sie können aber nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 EStG steuerrechtlich berücksichtigt werden. Erforderlich ist u. a. nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG, dass die geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen.
Zu § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG i. d. Fassung vor dem Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes - AltEinkG - hat der BFH entschieden, dass der Begriff des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs wie bei § 3c EStG auszulegen ist. Ebenso wie dieser gesetzlichen Regelung liegt § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG die Überlegung zugrunde, dass dem Steuerpflichtigen kein doppelter Vorteil dadurch zugute kommen soll, dass er, obwohl die Einnahmen nicht steuerpflichtig sind, gleichwohl steuermindernd Sonderausgaben geltend machen kann (vgl. BFH, Urteil vom 18.07.1980 VI R 97/77, BStBl II 1981, 16; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 10 EStG Rz.305).
Nach überwiegender Ansicht ist ein finaler bzw. zweckgebundener Zusammenhang zwischen den Einnahmen und den Vorsorgeaufwendungen nicht erforderlich, um einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang anzunehmen. Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ist deshalb nicht nur dann zu bejahen, wenn die steuerfreien Einnahmen nach ihrer Zweckbestimmung zur Leistung der Vorsorgeaufwendungen dienen, wie dies etwa bei steuerfreien Zuschüssen des Arbeitgebers zur Zukunftssicherung des Arbeitnehmers nach § 3 Nr. 62 EStG der Fall ist. Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ist vielmehr schon dann gegeben, wenn sich eine klar abgrenzbare Beziehung der Vorsorgeaufwendungen zu den steuerfreien Einnahmen eindeutig feststellen lässt (BFH, Urteil vom 18.07.1980 VI R 97/77, BStBl II 1981, 16). Ein lediglich mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang reicht jedoch nicht aus. Ein solcher liegt z. B. vor zwischen den Beiträgen zu Krankenversicherungen bzw. gesetzlichen Unfallversicherungen und den nach § 3 Nr. 1a EStG steuerfreien Leistungen aus diesen Versicherungen (vgl. Hutter in Blümich, EStG, § 10 Rz. 220).
Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Einnahmen und Aufwendungen ist dann anzunehmen, wenn die Einnahmen und die Aufwendungen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind (BFH, Urteile vom 18.07.1980 VI R 97/77, BStBl II 1981, 16 zum steuerfreien Arbeitslohn aufgrund des Montage-Erlasses; vom 27.03.1981 VI R 207/78, BStBl II 1981, 530 zum gemäß § 3 Nr. 63 EStG 1975 steuerfreien Arbeitslohn für eine Tätigkeit in der Deutschen Demokratischen Republik und vom 29.04.1992 I R 102/91, BStBl II 1993, 149 zu den aufgrund eines DBA steuerfreien Einkünften). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein Steuerpflichtiger steuerfreie Einnahmen erzielt und dieser Tatbestand gleichzeitig Pflichtbeiträge an einen Sozialversicherungsträger auslöst. In diesem Fall geht die Steuerbefreiung dem Sonderausgabenabzug logisch vor. Die mit der Verausgabung der Pflichtbeiträge verbundene Minderung der Leistungsfähigkeit wird bereits durch den Bezug der steuerfreien Einnahmen aufgefangen (BFH, Urteil vom 29.04.1992 I R 102/91, BStBl II 1993, 149; Urteil vom 18.04.2012 X R 62/09, BStBl II 2012, 721).
Der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG ist danach dadurch gegeben, dass die steuerfreien Einnahmen verpflichtend der Finanzierung der Vorsorgeaufwendungen dienen. Hingegen kommt es nicht darauf an, ob die Vorsorgeaufwendungen zu steuerfreien Einnahmen führen (vgl. BFH, Urteil vom 18.04.2012 X R 62/09, BStBl II 2012, 721; Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rz M 13 ff.).
Diese Grundsätze gelten nach der Rechtsprechung des BFH ebenfalls für die Rechtslage nach Inkrafttreten des AltEinkG (vgl. BFH, Urteil vom 18.04.2012 X R 62/09, BStBl II 2012, 721).
b) Vorliegend stehen die von den Klägern geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen. Denn das vom Kläger bezogene Verletztengeld ist nach § 3 Nr. 1a EStG steuerfrei. Die streitgegenständlichen Sozialversicherungsbeiträge sind dem Grunde und der Höhe nach vom bezogenen Verletztengeld abhängig. Sie sind vom Verletztengeld in Abzug zu bringen und an die Sozialversicherungsträger abzuführen. Der Unfall des Klägers, aufgrund dessen das Verletztengeld ausgezahlt wurde, löste somit einerseits die steuerfreien Lohnersatzleistungen und andererseits die Pflichtbeiträge aus. Die Einnahmen und die Aufwendungen sind deshalb durch dasselbe Ereignis veranlasst. Die streitigen Rentenversicherungsbeiträge fallen daher unter das Abzugsverbot des § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG.
c) In dem fehlenden Sonderausgabenabzug liegt keine Verletzung des aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Leistungsfähigkeitsprinzips, insbesondere kein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip. Auf den Umstand, dass die streitigen Rentenversicherungsbeiträge ggf. zu künftigen steuerpflichtigen Renteneinkünften führen, kommt es - anders als die Kläger meinen - nicht an.
Hierzu hat der BFH in seinem Urteil vom 18.04.2012 (X R 62/09, a.a.O.), in dem die steuerrechtliche Berücksichtigung von obligatorischen Beiträgen an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung streitig war, die aus Einkünften stammten, die in Deutschland aufgrund des DBA Schweiz steuerfrei waren, Folgendes ausgeführt:
"Die Altersvorsorgeaufwendungen sind zwar seit der Neuregelung durch das AltEinkG unstreitig ihrer Rechtsnatur nach Werbungskosten. Der erkennende Senat hat aber in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der Gesetzgeber diese Vorsorgeaufwendungen trotz ihrer Rechtsnatur konstitutiv den Sonderausgaben und nicht den Werbungskosten zuweisen konnte (...).
Verfassungsrechtlich kann die Einordnung der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben nur dann einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen, wenn die daraus resultierenden unterschiedlichen Rechtsfolgen zu einer nicht gerechtfertigten steuerlichen Ungleichbehandlung der Altersvorsorgeaufwendungen im Vergleich zu anderen vorweggenommenen Werbungskosten führen (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2010, 421, [BFH 18.11.2009 - X R 45/07] unter II.2.b cc).
So ist die unterschiedliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und anderen (vorweggenommenen) Werbungskosten, wie der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, vor dem Hintergrund, dass diese Aufwendungen keinen ausschließlichen Werbungskostencharakter haben, sachlich gerechtfertigt, zumal es sich eher um Ausnahmefälle mit nicht besonders gravierenden unterschiedlichen Rechtsfolgen handelt, so dass die damit verbundenen Nachteile vor allem aus Gründen der Praktikabilität hinzunehmen sind (...).
Im Streitfall ist jedoch bereits keine Ungleichbehandlung zu erkennen. Bei einer Einordnung der ausländischen Vorsorgebeiträge als Werbungskosten wäre zwar nicht § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG, dafür aber § 3c Abs. 1 EStG zu prüfen gewesen. Danach dürfen Ausgaben nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.
Da der Wortlaut beider Abzugsverbote im Kern identisch ist, ist davon auszugehen, dass auch der Begriff "unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang" in beiden Vorschriften gleich auszulegen ist (...). Das bedeutet dann aber auch, dass es zu einer verfassungsrechtlich problematischen Ungleichbehandlung nicht kommen kann, unabhängig davon, ob § 3c Abs. 1 EStG oder § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG anzuwenden ist.
So wären im Streitfall die AHV-Beiträge, die wegen der gewerblichen Tätigkeit in der Schweiz zu entrichten waren, wegen ihres unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs mit steuerfreien Einnahmen i.S. des § 3c Abs. 1 EStG selbst dann nicht abziehbar, wenn sie einkommensteuerrechtlich als Werbungskosten anzusehen wären.
Bei Altersvorsorgeaufwendungen wird die Zuordnungsproblematik dadurch erschwert, dass sie sowohl untrennbar mit den steuerbefreiten Einkünften als auch untrennbar mit den zukünftigen steuerpflichtigen Renteneinkünften verbunden sind. Diese Konstellation ist mit der Sachlage vergleichbar, bei der Werbungskosten oder Betriebsausgaben, die zu steuerpflichtigen Einnahmen führen, steuerfrei erstattet werden und deshalb wegen § 3c Abs. 1 EStG nicht abziehbar sind. Das Abzugsverbot basiert in den Fällen des Aufwendungsersatzes auf der Annahme, dass ein Abzug wegen des Fehlens einer wirtschaftlichen Belastung nicht gerechtfertigt sei (...). Nach der Senatsrechtsprechung bedarf es im Rahmen des § 3c Abs. 1 EStG keines unmittelbaren Zusammenhangs innerhalb derselben Einkunftsart, da entscheidend ist, dass die Ausgaben und die steuerfreien Einnahmen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind (...). Damit ist ein den Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ausschließender unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Einnahmen und Ausgaben auch dann gegeben, wenn steuerfreie Einnahmen der einen Einkunftsart Werbungskosten einer anderen Einkunftsart ersetzen. Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ist dann jedoch nicht gegeben, wenn die steuerfreien Einnahmen lediglich der bloßen Finanzierung von Aufwendungen dienen (...).
Bei Zugrundelegung dieser Rechtsprechung wäre im Streitfall der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang i.S. des § 3c Abs. 1 EStG erfüllt gewesen, da aufgrund der obligatorischen Verpflichtung in Art. 1a Abs. 1 Buchst. b AHVG die steuerfreien gewerblichen Einnahmen des Klägers unmittelbar und untrennbar mit den AHV-Beiträgen verbunden waren; die steuerfreie Tätigkeit des Klägers war allein ursächlich."
Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze, denen sich der erkennende Senat vollinhaltlich anschließt, käme auch im Streitfall bei Einordnung der streitgegenständlichen Rentenversicherungsbeiträge als (vorweggenommene) Werbungskosten das Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 EStG zur Anwendung. Denn da nach der Rechtsprechung des BFH der Begriff des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs in § 3c Abs. 1 EStG ebenso wie in § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG auszulegen ist, ist das Erfordernis des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs als Voraussetzung für das Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 EStG bei den streitgegenständlichen Vorsorgeaufwendungen aus den bereits unter Ziffer 1 Buchstabe b dargelegten Gründen erfüllt. Die streitigen Altersvorsorgeaufwendungen wären daher auch dann nicht steuermindernd zu berücksichtigen, wenn sie als (vorweggenommene) Werbungskosten anzusehen wären.
Zudem stellt der BFH für die Anwendbarkeit des Abzugsverbots in § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG auf die Steuerfreiheit der Einnahmen, aus denen die Vorsorgeaufwendungen stammen, und nicht auf die zukünftigen steuerpflichtigen Renteneinkünfte ab. Hierzu hat der BFH in seinem Urteil vom 18.04.2012 (X R 62/09, a.a.O.) ausgeführt:
"Dass es systemgerecht ist, für die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG entscheidend auf die Steuerfreiheit der Einnahmen, aus denen die Vorsorgeaufwendungen stammen, abzustellen, obwohl die künftigen Renteneinkünfte dem deutschen Besteuerungsrecht unterliegen und gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG nicht mehr lediglich mit dem Ertragsanteil, sondern mit dem Besteuerungsanteil - und ab dem Jahr 2040 vollständig - besteuert werden, zeigt die umgekehrte Konstellation, in der die Vorsorgeaufwendungen aus steuerpflichtigen Einkünften stammen und zu steuerfreien Einkünften führen.
Für diese Sachlage hat der erkennende Senat entschieden, dass im Ausland geleistete Sozialversicherungsbeiträge in dem durch § 10 Abs. 3 EStG vorgegebenen Rahmen im Inland abziehbar sind, obwohl sie zu künftigen nach dem DBA steuerfreien Alterseinkünften führen, da die Beiträge aus im Inland steuerpflichtigen Einkünften stammen (...). Auf die steuerliche Behandlung der Altersrenten kommt es daher für die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht an (siehe zur vergleichbaren Konstellation beim Sonderausgabenabzug von Krankenversicherungsbeiträgen, die zu nach § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerfreien Leistungen führen, KSM/Söhn, a.a.O., § 10 Rz M 13)."
Auch diesen Ausführungen schließt sich der Senat vollinhaltlich an. Denn wäre für die Anwendbarkeit des Abzugsverbots in § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG entscheidend, ob die Vorsorgeaufwendungen später zu steuerpflichtigen oder steuerfreien Einnahmen führen, wäre bereits der Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen oder von Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung als Sonderausgaben ausgeschlossen, weil solche (späteren) Versicherungsleistungen - wie im Streitfall - nach § 3 Nr. 1a EStG steuerfrei sind.
Der Einwand der Kläger, die Grundsätze aus dem vorgenannten BFH-Urteil seien mit dem Streitfall nicht vergleichbar, weil der dortige Kläger seine Beiträge an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung in der Schweiz im Rahmen der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte steuermindernd berücksichtigten konnte, verfängt nicht. Soweit die Kläger mit diesem Einwand sowie mit dem Hinweis auf die in jenem Urteil aufgeführten und im Beschluss des BFH vom 18.12.1991 - X B 126/91 - (BFH/NV 1992, 382) geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine entsprechende Auslegung des § 10 Abs. 2 EStG für den Fall, dass ein Steuerpflichtiger weder im Tätigkeitsstaat noch im Inland seine Vorsorgeaufwendungen geltend machen kann, einen Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip geltend machen möchten, kann ihnen nicht gefolgt werden. Denn der dem vorgenannten BFH-Urteil zugrunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem Streitfall insofern, als dort eine Besteuerung der gewerblichen Einkünfte, auf die der dortige Kläger Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten hatte, in der Schweiz erfolgte, wohingegen hier steuerfreie Leistungen vorliegen. Anders als im vorgenannten Urteilsfall wurden die hier streitgegenständlichen Sozialversicherungsbeiträge nicht aus versteuerten Einnahmen bestritten, so dass es an einer wirtschaftlichen Belastung der Kläger fehlt.
Die allenfalls marginale Belastung der Kläger aufgrund des Einbezugs der steuerfreien Lohnersatzleistungen in die Berechnung des besonderen Steuersatzes nach § 32b Abs. 1 Nr. 1b EStG reicht nach Ansicht des Senats nicht aus, in der gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG fehlenden Berücksichtigung der auf diese steuerfreien Einnahmen entfallenden Vorsorgeaufwendungen einen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzips zu sehen.
2.
Das im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b Abs. 1 Nr. 1b EStG zu berücksichtigende Verletztengeld ist nicht um die darin enthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zu kürzen.
Hat ein zeitweise oder während des gesamten Veranlagungszeitraums unbeschränkt Steuerpflichtiger Verletztengeld bezogen, so ist gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1b EStG auf das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden. Der besondere Steuersatz ist nach § 32b Abs. 2 Nr. 1 EStG der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um die Summe der Leistungen nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, soweit dieser nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar ist. Dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nach kann die Summe der Lohnersatzleistungen allein um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag gekürzt werden, sofern jener nicht bereits bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Berücksichtigung gefunden hat; in diesem Falle ist die Summe der Lohnersatzleistungen ungekürzt in Ansatz zu bringen. Weitere Minderungen der anzusetzenden Lohnersatzleistungen sieht das Gesetz nicht vor (BFH, Urteil vom 05.03.2009 VI R 78/06, BFH/NV 2009, 1110).
Ferner hat der BFH in seinem Urteil vom 18.04.2012 - X R 62/09 - (BStBl II 2012, 721) zur Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes nach § 32b EStG Folgendes ausgeführt:
"Die streitigen Aufwendungen zur AHV können nicht bei der Bemessung des auf das zu versteuernde Einkommen des Kl ägers anzuwendenden Steuersatzes berücksichtigt werden.
a) Nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG sind die durch ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der deutschen Besteuerung freigestellten Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. Daran anknüpfend bestimmt § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG, dass die betreffenden Einkünfte den anzuwendenden Steuersatz erhöhen oder vermindern, so dass in die von § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG vorgeschriebene Berechnung nur "Einkünfte" eingehen. Sonderausgaben zählen nicht zu den Einkünften, sondern werden erst im Anschluss an die Ermittlung der Einkünfte vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen (§ 2 Abs. 4 EStG). Dies schließt ihre Berücksichtigung im Rahmen des Progressionsvorbehalts aus (...).
b) Da der Gesetzgeber die Altersvorsorgeaufwendungen mit konstitutiver Wirkung den Sonderausgaben zugewiesen hat (...), sind die vom Kläger gezahlten AHV-Beiträge nicht bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes abzuziehen. Die unterschiedliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und anderen (vorweggenommenen) Werbungskosten ist, wie oben unter B.II.2.c aa ccc dargestellt, sachlich gerechtfertigt. Für die Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen im Rahmen des § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG gilt nichts anderes."
Gemessen hieran scheidet eine Kürzung des nach § 32b Abs. 1 Nr. 1b EStG zu berücksichtigenden Verletztengeldes um die abgeführten Sozialversicherungsbeiträge aus.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Weil zu der Frage, ob von steuerfreien Entgeltsersatzleistungen abgeführte Sozialversicherungsbeiträge als Sonderausgaben abzugsfähig sind, was der erkennende Senat verneint, keine höchstrichterliche Rechtsprechung ersichtlich ist und das Finanzgericht Köln einen solchen Sonderausgabenabzug in seiner Entscheidung vom 09.11.2006 - 10 K 1997/02 - (EFG 2007, 518) offensichtlich angenommen hat, wird die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen.