31.08.2015 · IWW-Abrufnummer 145241
Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 26.02.2015 – 1 K 375/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Thüringen
Urt. v. 26.02.2015
Az.: 1 K 375/11
In dem Rechtsstreit
- Kläger -
gegen Finanzamt
- Beklagter -
wegen Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 2008 Gewerbesteuermessbetrag 2008
hat der I. Senat des Thüringer Finanzgerichts am 26. Februar 2015
für Recht erkannt:
Tenor:
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
3.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten bei der Körperschaftsteuer und der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages des Kalenderjahres 2008 darum, ob der Kläger für die Sammlung und Verwertung von Zahnaltgold die Regelung des § 64 Abs. 5 der Abgabenordnung 1977 (AO) für sich beanspruchen kann.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein und als gemeinnützig anerkannt. Er hat mit einer Medienagentur, der GmbH, eine (undatierte) Vereinbarung geschlossen, in der sich die GmbH dazu verpflichtete, für den Kläger Altgold zu sammeln und zu verwerten. Zu diesem Zweck sprach die GmbH Zahnärzte an, um in deren Praxen Sammelboxen aufzustellen, diese bei Bedarf auszutauschen sowie das Altgold einschmelzen zu lassen. Außerdem verpflichtete sich die GmbH regelmäßig Dankschreiben und Nachlassbriefe zu verfassen und die Spenderpraxen telefonisch zu betreuen. Das Gold wird nach der Vereinbarung zum aktuellen Tageskurs für Industriegold abgerechnet, wobei die GmbH für ihre Tätigkeit 2,81 € für das Gramm Feingold einbehält. Nebenmetalle, auch Fehlmengen, die sich aus den endgültigen Analysen ergeben, sollen jeweils zu Gunsten oder zu Lasten der GmbH abgerechnet werden.
Nach dem Vortrag der Klägerin gestaltete sich das Sammeln des Goldes wie folgt: Die GmbH stellte in den einzelnen Arztpraxen Sammelboxen auf. Auf die Möglichkeit der Altgoldspende wiesen in den Praxen verteilte Flyer des Klägers hin. Die GmbH leerte die Behälter und verkaufte das gesammelte Zahngold bei Scheideanstalten im eigenen Namen. Sie erstellte daraufhin eine interne Abrechnung, auf deren Grundlage sie den auf den Kläger entfallenden Erlös errechnete (Beispiel: Blatt 75 der Gerichtsakte). Die GmbH stellte daraufhin (Netto-) Gutschriften aus, in denen sie - unter Angabe des jeweiligen Abrechnungszeitraums - den auf den Kläger entfallenden Erlösanteil auswies (vergleiche Blatt 73 und 74 der Gerichtsakte).
In seinen Steuererklärungen zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 2008 gab der Kläger Einnahmen aus der Verwertung von Altmaterial i. H. v. 37.007 € nebst Ausgaben i. H. v. 10.301 € (9.618,55 € Lohn- und 682,69 € für Kilometergelderstattungen lt. Gewinnermittlung, Bl. 16 des Jahresabschlusses 2008) an. Er erklärte insoweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. H. v. 7.401 € unter Anwendung des § 64 Abs. 5 AO i. V. m. der Regelung in Nr. 27 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 64 AO (Schätzung der Einnahmen anderen Altmaterials als Altpapier mit 20 % der Einnahmen = 37.007 € X 20%).
In seinen Körperschafts- und Gewerbesteuermessbetragsbescheiden - jeweils vom 9. Dezember 2009 - folgte der Beklagte diesem Antrag nicht. Vielmehr legte er der Besteuerung Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 26.706,00 € zugrunde (37.007 € abzgl. 10.301 €).
Mit seinem Einspruch gegen den Körperschaftssteuer- und Gewerbesteuermessbetrag machte der Kläger geltend, dass die Regelung des § 64 Abs. 5 AO bei seinen Einkünften aus Altmetallverwertung einschlägig sei. Er habe unentgeltlich erworbenes Altmaterial in Gestalt von Zahngold außerhalb einer ständig dafür vorgehaltenen Verkaufsstelle verwertet. Der Gesetzgeber habe nicht ausgeschlossen, dass es sich bei dem gespendeten Altmetall nicht um Edelmetall handeln dürfe. In welcher Güte bzw. Qualität das Altmaterial vorliege, sei für die Anwendung der gesetzlichen Regelung irrelevant.
Nach Vorlage der "Vereinbarung" mit der GmbH (Bl. 29 der Rechtsbehelfsakte) wies der Beklagte mit Entscheidung vom 7. April 2011 die Einsprüche gegen die Bescheide über Körperschaftssteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2008 als unbegründet zurück.
Der Kläger verfolgt mit der vorliegenden Klage weiterhin das Ziel, eine Gewinnschätzung aus der Zahngoldsammlung nach § 64 Abs. 5 AO zu erreichen. Er wiederholt seinen Vortrag aus dem Vorverfahren und verweist darauf, keine gebrauchten Sachen auf Basaren oder ähnlichen Einrichtungen verkauft zu haben (Nr. 25 des AEAO zu § 64 AO). Das regelmäßige Sammeln und Aufstellen von Containern oder Sammelbehältern sei für die Anwendung des § 64 Abs. 5 AO unschädlich (Hinweis auf Buchna/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 9. Auflage, 289). Er habe insoweit wirksam von seinem Antragsrecht nach § 64 Abs. 5 AO Gebrauch gemacht. Auf Nachfrage hätten andere Landesverbände mitgeteilt, dass die Finanzbehörden bei ähnlichen Vereinbarungen (wie mit der GmbH) die Anwendung des § 64 Abs. 5 AO anerkannt hätten.
Der Kläger beantragt,
1.
den Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 9. Dezember 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. April 2011 dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer 2008 in Höhe von 532,00 €, der Solidaritätszuschlag 2008 in Höhe von 29,26 € festgesetzt wird,
2.
den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2008 vom 9. Dezember 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. April 2011 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2008 in Höhe von 122,50 € festgesetzt wird,
3.
hilfsweise die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen,
4.
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist weiterhin der Ansicht, dass § 64 Abs. 5 AO auf die vorliegende Sammlung von Altgold nicht anwendbar sei. Es handelte sich um kein Altmaterial im Sinne der Vorschrift. Auch sehe er bei einer entsprechenden Anwendung die Wettbewerbsneutralität verletzt.
Die Anwendung des § 64 Abs. 5 AO scheitere auch daran, dass die Wertschöpfung bei der Verwertung des Zahngoldes gerade nicht durch ehrenamtliche Tätigkeit - und eigene Mitarbeiter - erfolgt sei, sondern durch einen Dritten, die GmbH.
Zu bedenken sei auch Folgendes: Nach der Vereinbarung mit der GmbH trage der Kläger keinerlei Kosten. Das sei jedoch nicht zu vergleichen mit der Aufwandsneutralität, die durch die ehrenamtliche Tätigkeit im Rahmen einer Verwertung von Altmaterial i.S.d. § 64 Abs. 5 AO vermutet werde. Die GmbH habe durch die Kostenübernahme keine ehrenamtliche Tätigkeit geleistet. Sie erhalte 2,81 € pro Gramm Feingold. Es sei also für diesen Teil der Einnahmen nicht zutreffend, wenn der Kläger formuliere, dass er das in die Behälter gespendete Zahngold gesammelt und verwertet habe.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Entscheidung des Beklagten, auf die Sammlung des Zahngoldes aus Arztpraxen die Regelung des § 64 Abs. 5 AO nicht anzuwenden, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
1. Keine tatbestandliche Anwendung des § 64 Abs. 5 AO bei der Vorgehensweise des Klägers
Nach Ansicht des Senats findet § 64 Abs. 5 FGO bei der gewählten Verfahrensweise des Klägers schon tatbestandlich keine Anwendung.
§ 64 Abs. 5 AO eröffnet dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einer gemeinnützigen Körperschaft (auf Antrag) die Möglichkeit, die Überschüsse aus der Verwertung unentgeltlich erworbenen Altmaterials außerhalb einer ständig dafür vorgehaltenen Verkaufsstelle in Höhe des branchenüblichen Reingewinns zu schätzen. Der Senat hat auf der Grundlage des schriftlichen und mündlichen Vortrags des Klägers nicht feststellen können, dass er Überschüsse aus der Verwertung unentgeltlich erworbenen Altmaterials erzielt hat.
Das Gericht folgt zunächst nicht der Argumentation des Beklagten, dass Altgold nicht dem tatbestandlichen Begriff des "Altmaterials" im Rahmen des § 64 Abs. 5 AO unterfällt. Wie die Vertreter des Klägers zu Recht vorgetragen haben, lässt sich dem Gesetz keine Einschränkung auf relativ wertlose Altmaterialien entnehmen.
Darüber hinaus geht das Gesetz in diesem Zusammenhang (selbstverständlich) davon aus, dass die gemeinnützige Körperschaft im Rahmen ihres wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs selbst die Überschüsse aus der Verwertung des Altmaterials erzielt. Das hat der Senat auf der Grundlage der mit der GmbH abgeschlossenen Vereinbarung nicht feststellen können.
Aus der (undatierten) "Vereinbarung" geht hervor, dass die GmbH für den Kläger bei den Arztpraxen anfragt, ob Sammelboxen aufgestellt werden können. Sie organisiert das Aufstellen, Reinigen, Austauschen, Leeren der Sammeldosen und verkauft im eigenen Namen das Zahngold an Scheideanstalten. Sog. Nebenmetalle werden jeweils zu Gunsten oder zu Lasten der GmbH abgerechnet, wobei die Abrechnung gegenüber dem Kläger auf der Grundlage des Tageskurses für Industriegold erfolgt.
Insoweit lässt sich festhalten, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt - auch nicht über die Vereinbarung eines Besitzkonstitutes - Besitz an dem Zahngold erlangt (hat) und die Abrechnung gegenüber den Scheideanstalten auf Rechnung der GmbH erfolgt (ist). Die gegenüber dem Kläger erstellten Abrechnungen weisen lediglich den nach der vereinbarten Berechnung verbleibenden Nettobetrag aus.
Bei dieser Verfahrensweise kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger sich bei der Besorgung und Organisation von Altmaterialsammlungen eines (dann auch bezahlten) Beauftragten bedienen kann, der in die Organisation und Verwertung von Altmaterialien eingeschaltet wird. Denn nach der vorliegenden "Vereinbarung" und ihrer tatsächlichen Durchführung hat (und hatte) der Kläger lediglich einen Anspruch darauf, aus der organisierten Zahnaltgoldverwertung eines Dritten ein Entgelt - wohl für die Verwendung seines Namens im Rahmen der Sammlungen - zu erhalten. Diese Vorgehensweise stellt jedoch keine "Verwertung unentgeltlich erworbenen Altmaterials" i.S.d. § 64 Abs. 5 AO dar.
2. Keine Anwendung des § 64 Abs. 5 AO im Wege teleologischer Reduktion
Die durch die GmbH organisierte Zahnaltgoldsammlung- und -verwertung diente nicht der Verwirklichung der satzungsmäßigen gemeinnützigen Zwecke des Klägers. Vielmehr stand allein die Beschaffung zusätzlicher Mittel für die Tätigkeit des Klägers im Vordergrund.
Der Gesetzgeber hat § 64 Abs. 5 AO durch das Gesetz zur Verbesserung und Vereinfachung der Vereinsbesteuerung (Vereinsförderungsgesetz) vom 18. Dezember 1989 (Bundesgesetzblatt -BGBl- I 1989, 2212, Bundessteuerblatt - BStBl - I 1989, 499) eingefügt. Im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung war die Vorschrift nicht enthalten. Sie wurde erst im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens auf Empfehlung des Finanzausschusses ins Vereinsförderungsgesetz aufgenommen (Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses des Bundestages, Drucksache des Bundestages - BTDrucks -11/5582, S. 8). Der Finanzausschuss nahm hierbei einen Ergänzungsvorschlag des Bundesrates auf, nach dem sich die Schätzung auf "Überschüsse aus der Verwertung gespendeter und gesammelter Sachen" erstrecken sollte. Der Bundesrat wollte mit diesem Vorschlag neben Altmaterialsammlungen ausdrücklich auch Flohmärkte und Basare in die Schätzung einbeziehen (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 11/4176, S. 15 f., Stellungnahme des Bundesrates; vgl. auch Gesetzentwurf des Landes Baden-Württemberg zur Vereinfachung der Vereinsbesteuerung, Drucksache des Bundesrates - BRDrucks - 132/85, S. 9).
Der Vorschlag des Bundesrates wurde von der Bundesregierung unter Verweis auf Wettbewerbsgesichtspunkte und Abgrenzungsprobleme abgelehnt (Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BTDrucks 11/4305, S. 1 f.). Der Finanzausschuss trug den Bedenken der Bundesregierung dadurch Rechnung, dass er die vom Bundesrat vorgeschlagene Regelung auf Altmaterialsammlungen begrenzte. Er verzichtete darauf, Verkaufsveranstaltungen wie Basare und Flohmärkte in die Schätzung des Überschusses - abweichend vom Vorschlag des Bundesrates - einzubeziehen, da ansonsten schwierige Abgrenzungsprobleme entstünden und die Aufnahme im Gesetz unter Wettbewerbsgesichtspunkten nicht gerechtfertigt sei (Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks 11/5582, S. 31, Einzelbegründung zu § 64 Abs. 5 AO; Kröger, Deutsche Steuer-Zeitung 1990, 79, 83).
§ 64 Abs. 5 AO bezweckt die Vereinfachung der Vereinsbesteuerung, indem der Überschuss aus der Verwertung von Altmaterial unter Berücksichtigung fiktiver Lohnaufwendungen niedriger geschätzt wird, als er ohne diese Lohnaufwendungen tatsächlich ist (Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, ebenda; Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 11.2. 2009 I R 73/08, Sammlungen des Bundesfinanzhofs -BFHE- 224, 212, BStBl II 2009, 516 [BFH 11.02.2009 - I R 73/08] m. w. N.). Die Schätzung sollte die bis zur Einführung der Vorschrift in der Praxis vielfach anzutreffende Gestaltung, Löhne an die ehrenamtlichen Helfer der Vereine zu zahlen, die von diesen als Spenden zurückgezahlt wurden, entbehrlich machen (Thiel/Eversberg, Der Betrieb 1990, 344, 347; Seer in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, § 64 AO Rz 23 [Okt. 2012]).
Das vorgegebene gesetzliche Ziel der Vereinfachung der Vereinsbesteuerung durch Berücksichtigung fiktiver Lohnaufwendungen durch eine Schätzung kann im vorliegenden Fall nicht erreicht werden. Denn der Kläger hatte keine eigenen Lohnaufwendungen, die es rechtfertigen würden, die Überschüsse aus der Verwertung des Zahnaltgoldes in Höhe des branchenüblichen Reingewinns zu schätzen.
Der Argumentation des Klägers, aus dem Gesetz sei nicht ersichtlich, dass er seine Überschüsse aus der Altmetallverwertung nicht im Schätzwege ermitteln dürfe, folgt der Senat nicht. Denn für die Anwendung des § 64 Abs. 5 AO fehlt der innere Regelungszusammenhang. Wie sich dem Gesetzgebungsverfahren entnehmen lässt, hat der Gesetzgeber lediglich beabsichtigt, für gemeinnützige Körperschaften (und die Finanzverwaltung) eine Vereinfachungsregelung zu schaffen, die den Besonderheiten der Altmaterialsammlungen Rechnung tragen soll. Andere Formen der Geldbeschaffung (für die verfolgten gemeinnützigen Zwecke) hat er aus wettbewerbsrechtlichen Gründen (Verkäufe auf Flohmärkten und Basaren usw.) bewusst ausgeschlossen. Sammelt er jedoch nicht selbst, sondern bedient sich (zur Geldbeschaffung) dem Dienstleistungsangebot eines Dritten, ist für die Anwendung des § 64 Abs. 5 AO kein Raum. Denn bei der vorliegenden Gestaltung der vertraglichen Vereinbarungen im Rahmen der "Vereinbarung" hat nicht der Kläger, sondern die GmbH Edelmetallreste gesammelt (s.o.1.). Die Anwendung des § 64 Abs. 5 AO hätte in diesem Fall eine wettbewerbsverzerrende Wirkung. Denn die GmbH (und der Kläger) träte (n) bei dieser Verfahrensweise in Wettbewerb zu anderen Anbietern und Verwertern von Altgold. Diese (potentielle) Besserstellung lässt sich im Bereich der Gewinnermittlung auch systematisch nicht erklären.
3. Keine Anwendung des § 64 Abs. 5 AO mangels ausreichender Aufzeichnung
Der Kläger kann § 64 Abs. 5 AO nicht in Anspruch nehmen, da er nicht die notwendigen Aufzeichnungen geführt hat.
Die Verwaltung verlangt in Nr. 34 zu § 64 AO in ihrem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO), dass die Körperschaft bei Anwendung des § 64 Abs. 5 AO die mit diesen Einnahmen in Zusammenhang stehenden Einnahmen und Ausgaben gesondert aufzeichnet. Der Senat folgt dieser Betrachtung, da nur auf diese Art und Weise sichergestellt ist, dass die Höhe der Einnahmen nachvollziehbar ausgewiesen und insbesondere sichergestellt ist, dass eine Versteuerung bei Überschreiten der Grenze gemäß § 64 Abs. 3 AO stattfindet.
Gegen diese Aufzeichnungspflicht hat der Kläger vorliegend verstoßen. Seine Aufzeichnungen betreffen - ausweislich der internen Abrechnungsunterlagen der GmbH (Blatt 75 der Gerichtsakte) - lediglich Mitteilungen der GmbH in Form sog. Gutschriften, in denen die GmbH lediglich den Nettoanteil des Klägers ausgewiesen hat. Auf diese Weise ist nicht einmal sichergestellt, dass der Kläger sämtliche Einnahmen hat angeben können. Denn einen Überblick darüber, welche Einnahmen welcher Höhe die GmbH erzielt hat, hatte (und hat) er nicht. Er ist darauf angewiesen, dass die GmbH ihm den entsprechenden "Anteil" in den Gutschriften benennt. Bis zum Entscheidungszeitpunkt lagen dem Gericht auch keine Unterlagen darüber vor, welche Gesamteinnahmen die GmbH erzielt hatte. Eine Rückrechnung war wegen des Restmetallanteils und dessen Kostenanteil am Altgold auch nicht möglich.
Dass das Vorgehen des Klägers nicht dem § 64 Abs. 5 AO unterfällt, zeigt sich auch aus den Konsequenzen des Vertrags mit der GmbH: Der Kläger hat dem Finanzamt nicht die nach § 64 Abs. 5 AO maßgeblichen Überschüsse benannt. Die Gewinnschätzung nach dieser Vorschrift beruht nämlich darauf, dass sämtliche Einnahmen aus der Verwertung des Altmaterials angegeben werden, um dann pauschaliert den branchenüblichen Reingewinn der Besteuerung zugrunde zu legen. Der Kläger hat dem Finanzamt jedoch lediglich "seinen Anteil" aus der Verkaufstätigkeit der GmbH mitgeteilt. Nicht einmal zum gegenwärtigen Zeitpunkt steht daher die Bemessungsgrundlage der Gewinnschätzung fest.
Bei dieser Sachlage brauchte der Senat nicht darüber zu befinden, ob die Gewinne - unabhängig von der Frage der Überschüsse - mit einem anderen Reingewinnsatz hätten geschätzt werden müssen. Zwar verweisen die Vertreter des Klägers zu Recht darauf, dass nach der Nr. 27 der AEAO zu § 64 AO der branchenübliche Reingewinn bei der Verwertung von Altpapier mit 5 % und bei der Verwertung von u.a. Altmaterial mit 20 % der Einnahmen anzusetzen ist. Dabei kann jedoch unterstellt werden, dass die Finanzverwaltung bei der Abfassung der Verwaltungsrichtlinie kein Edelmetall im Blick hatte. Darüber hinaus wäre eine entsprechende Schätzung zu korrigieren, wenn sie zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führen würde.
Die Entscheidung hinsichtlich der Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Für die Zulassung der Revision sieht der Senat keinen Anlass, § 115 Abs. 2 FGO.