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18.09.2015 · IWW-Abrufnummer 145398

Landgericht Aachen: Urteil vom 02.07.2015 – 2 S 327/14

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Aachen

2 S 327/14

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten gegen das am 08.10.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen – 115 C 422/13 – wird die angefochtene Entscheidung abgeändert, und die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird nach §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen.

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Entscheidungsgründe

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I. Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 08.10.2014 ist vollumfänglich begründet. Denn die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 535, 536c Abs. 2, 538 BGB, weil sie den Nachweis einer schuldhaften Pflichtverletzung der Beklagten nicht erbracht hat und teilweise auch ein ersatzfähiger Schaden nicht vorliegt.

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1. Die Klägerin hat zunächst keinen Anspruch auf Erstattung der Vergütung für den außergerichtlich beauftragten Sachverständigen X i.H.v. 454,58 €.

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a) Zwar ist die Kammer in der Sache an die nach Beweisaufnahme getroffene und in berufungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Feststellung gebunden, dass sich die Parteien darauf geeinigt haben, es solle diejenige Seite die Gutachterkosten übernehmen, die für die Feuchtigkeitsprobleme in der streitgegenständlichen Mietwohnung verantwortlich ist. Diese Vereinbarung ist auch dahingehend auszulegen, dass die Kostenlast denjenigen treffen soll, der tatsächlich – und nicht etwa nur nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens – die Feuchtigkeit verursacht hat.

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b) Gleichwohl kommt auch danach eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten nicht in Betracht, weil sie nicht im Sinne dieser Vereinbarung für die Schimmelerscheinungen im Schlafzimmer verantwortlich sind. Den entsprechenden Nachweis hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht erbracht. Dem gegenteiligen Ergebnis des Amtsgerichts liegt insoweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung zu Grunde, welche die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen T in der mündlichen Verhandlung am 27.08.2014 nicht ausreichend berücksichtigt.

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(1) Dabei ist zunächst die grundsätzliche Beweislastverteilung im Mietrecht zu berücksichtigen, von der das Amtsgericht auch ausgegangen ist, und die sowohl im Bereich von § 536a BGB als auch im – hier eher relevanten – Anwendungsbereich von §§ 280 Abs. 1, 538 BGB gilt. Danach muss in der hier zu beurteilenden Konstellation der Vermieter zunächst beweisen, dass die Ursache eines Mangels nicht in seinem Gefahrenbereich liegt. Denn in diesen Fällen wird ein ursächliches Verschulden des Vermieters mit der Folge einer Beweislastumkehr und der Möglichkeit eines Entlastungsbeweises vermutet (BGH, Urteil vom 22.10.2008 – XII ZR 148/06; BGH, Urteil vom 10.11.2004 – XII ZR 71/01; BGH, Urteil vom 15.03.2000 – XII ZR 81/97; Ehlert, in: Bamberger/Roth, Beck‘scher Online-Kommentar BGB, Stand: 01.05.2014, § 536a Rn. 38; Häublein, in: Münchener Kommentar BGB, 6. Auflage 2012, § 536a Rn. 32; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 74. Auflage 2015, § 536a Rn. 7). Erst wenn dieser Beweis geführt ist, trifft den Mieter eine umfassende Entlastungspflicht, wobei sich ein offenes Beweisergebnis zulasten der Vermieterseite auswirkt (BGH, Beschluss vom 25.01.2006 – VIII ZR 223/04; Ehlert a.a.O. § 538 Rn. 25).

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(2) Die Klägerin hat vorliegend schon diesen Entlastungsbeweis nicht geführt. Vielmehr steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die streitgegenständliche Mietwohnung deshalb mangelhaft ist, weil sie den Mietern in Abhängigkeit von der jeweiligen Möblierung ein überobligationsmäßiges Lüften abverlangt, ohne dass die Klägerin hierauf in ausreichender Weise hingewiesen hat.

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(a) Zwar spricht zunächst das schriftliche Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen T auf den ersten Blick eine andere Sprache. Denn darin heißt es, die im März 2013 aufgetretene Schimmelbildung sei nicht auf bauseitige Mängel zurückzuführen. Auch hat der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung am 27.08.2014 ursprünglich ausgeführt, über die beanstandungsfreien baulichen Gegebenheiten hinaus bestünden in der Wohnung der Beklagten auch keine besonderen Anforderungen an das Lüftungsverhalten. Vielmehr habe der Schimmelpilzbefall durch ein normales Lüftungsverhalten vermieden werden können. Diese – schriftlichen und mündlichen – Ausführungen sind grundsätzlich geeignet, das vom Amtsgericht gefundene Ergebnis zu tragen.

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(b) Allerdings hat der Sachverständige seine Erläuterungen insoweit eingeschränkt, als die Möblierung des Schlafzimmers der Beklagten als zusätzliches Problem für die ausreichenden Belüftungsmöglichkeiten hinzutrete. Die an der Außenwand befindlichen Schränke haben danach zu einer Absenkung der Innenoberflächentemperatur geführt, was wiederum durch ein verstärktes Lüftungs- und Heizungsverhalten habe ausgeglichen werden müssen. Die Aussage, auch normales Lüftungsverhalten hätte den Schimmelpilzbefall verhindert, gelte nur, wenn man die Problematik der Möblierung nicht berücksichtige. Daraus folgt im Ergebnis unmissverständlich, dass die Schadensursache in einer Kombination aus normalem Lüftungsverhalten und Möblierung bzw. Möblierung und unterbliebener überobligationsmäßiger Lüftung/Heizung gelegen hat.

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(c) Diese Ausgangskonstellation wiederum erforderte jedoch nach zutreffender und weit verbreiteter Ansicht in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum einen entsprechenden Hinweis des Vermieters, ohne den eine schuldhafte Pflichtverletzung der Mieter nicht vorliegt. Denn es gehört jedenfalls zum vertragsgemäßen Gebrauch, dass der Mieter seine Möbel grundsätzlich an jedem beliebigen Platz nahe der Wand aufstellen darf, wobei der ausreichende Abstand zur Vermeidung von Feuchtigkeit regelmäßig durch Scheuerleisten gewahrt wird. Ein u.U. erforderlicher größerer Abstand von der Wand erfordert einen entsprechenden Hinweis des Vermieters (LG Münster, Urteil vom 22.03.2011 – 3 S 208/10 m.w.N.; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013, § 536 BGB Rn. 235 m.w.N.). Die hiergegen vorgebrachten Einwände der Klägerin sind insgesamt nicht überzeugend. Zum einen ersetzt der immer wieder erhobene Vorwurf einer tendenziösen Kommentierung gegen den Autor der erwähnten Literaturfundstelle nicht eine Auseinandersetzung in der Sache. Zum anderen begründet eine – von wem auch immer stammende – allgemeine Empfehlung zum richtigen Lüften und Aufstellen von Möbeln nicht ein von den Beklagten zu erfüllendes Pflichtenspektrum im Sinne der §§ 280 Abs. 1, 535 Abs. 1 BGB; dieses kann vielmehr nur durch eine ausdrückliche oder konkludente vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien aufgestellt werden. Weiterhin hält die Kammer auch an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest, wonach die Notwendigkeit eines täglichen drei- bis viermaligen Lüftens einen Fehler der Mietsache begründet, auf den zumindest hinzuweisen oder der als vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung über die Mietsache einer gesonderten Einigung der Parteien bedarf. Anders als die Beklagten meinen hat auch der BGH in dem von ihnen erwähnten Urteil vom 18.04.2007 (VIII ZR 182/06) nichts Gegenteiliges entschieden. Und schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob den Vermieter auch eine Hinweispflicht trifft, wenn das Problem in früheren Mietverhältnissen noch nicht aufgetreten war. Denn selbst wenn diese Frage zu verneinen wäre, würde es noch immer nicht zu der erforderlichen positiven Feststellung einer schuldhaften Pflichtverletzung durch die Beklagten führen.

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(d) Die nach alledem erforderlichen Hinweise bzw. Vereinbarungen liegen im hier zu beurteilenden Fall nicht vor. Sie sind insbesondere auch nicht in § 9 Nr. 8, 9 des Mietvertrages vom 07.07.2011 enthalten. Denn die dortigen Hinweise gehen über allgemeine Eventualitäten nicht hinaus und haben keinen individuellen Bezug zu der konkreten Mietwohnung. Dass die streitgegenständliche Wohnung bzw. das Schlafzimmer die in § 9 Nr. 9 als möglich beschriebene Möblierung tatsächlich erfordert, ergibt sich aus diesen Bestimmungen nicht. Vor allem führt auch die Formulierung, wonach im Einzelfall ein größerer Abstand der Möbel von den Außenwänden als vertraglich vereinbart gilt, wenn dieser erforderlich ist, nicht zu einem entsprechenden Pflichtenprogramm der Beklagten. Denn die Klausel ist insofern vollkommen unbestimmt und stellt vor allem auch einen Zirkelschluss dar. Auch sonstige Hinweise sind nicht vorgetragen; vielmehr ist unstreitig, dass es besondere Hinweise des Vermieters diesbezüglich nicht gegeben hat.

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2. Weiterhin hat die Klägerin auch keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung von 1842,55 € für das Einbringen von Calcium-Silikatplatten in die betroffene Schlafzimmerwand.

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a) Zum einen gelten auch hier dieselben Erwägungen wie für die Kosten des privaten Sachverständigengutachtens: Die Beklagten haben schon keine schuldhafte Pflichtverletzung begangen, die sie zu einem Schadensersatz gegenüber der Klägerin verpflichten würde.

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b) Zum anderen handelt es sich bei der geltend gemachten Position auch nicht um einen ersatzfähigen Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB. Dies ergibt sich schon aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin, die vorträgt, es handele sich bei den in Rede stehenden Arbeiten um einen Schritt „aus Gründen äußerster Vorsicht, aber nicht um eine unbedingt notwendige Maßnahme“. Dann aber macht die Klägerin nicht den nach § 249 Abs. 1 BGB erforderlichen Ausgleich einer unfreiwilligen Vermögenseinbuße geltend, sondern eine nicht erforderliche Aufwendung, für welche die Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einzustehen haben.

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II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

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III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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IV. Dem Antrag der Klägerin auf Zulassung der Revision war nicht zu entsprechen. Die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Insbesondere kommt es – anders als die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 16.06.2015 meint – auch nicht darauf an, ob eine Hinweispflicht des Vermieters auf Umstände besteht, die bisher so noch nicht bekannt geworden sind. Denn im vorliegend entschiedenen Einzelfall konnte jedenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten unter Berücksichtigung der diesbezüglich geltenden und höchstrichterlich anerkannten Beweislastverteilung nicht festgestellt werden. Eine weitere revisionsrechtliche Überprüfung ist deshalb nach Auffassung der Kammer nicht geboten.

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Berufungsstreitwert: 2297,13 €

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 280 Abs. 1, § 535, § 536 c Abs. 2, § 538

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